VS. Aahrsaus.

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Schwäb. Landwirt.

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Amtliches.

Königliche Baugewerkschule in Stuttgart.

Im Wintersemester 1901/1902 soll für solche Schüler, denen es besonders schwer fällt, die Schule im Sommer­semester zu besuchen, eine Abteilung der 3. Klasse für Bautechniker eingerichtet werden. Da in diese Abteilung nur eine beschränkte Zahl von Schülern Aufnahme finden kann, so muß die Zulassung der Angemeldeten vom Ver­mögensstand, Alter und vorangegangenen Schulbesuch ab­hängig gemacht werden. Meldungen sind spätestens bis 20. Aug. einzureichen. Denselben sind außer den Schul- und Berufszeugnissen von der Heimatgemeinde ausgestellte Ver­mögenszeugnisse beizulegen. Diejenigen Schüler, die für das Wintersemester in diese Abteilung ausgenommen sind, werden bis zum 1. September hievon benachrichtigt.

Stuttgart, den 30. Juli 1901.

Die Direktion:

Walter.

K. Amtsgericht Nagold.

Als Gerichtsvollzieher für die Gemeinde Gültlingen wurde jung Jakob Friedrich Schneider, Zimmermaun daselbst, gewählt und bestätigt.

Den 9. August 1901.

Amtsrichter: Schmid.

Amtliches. Am 9. Aug. ist von der Evangelischen Oberschulbehörde die Schulstelle inHuzenbach, Bez. Freuden­stadt, dem Schulamtsverweser Georg Reichart in Dornhan übertragen worden.

Hages-Neuigkeilen.

Ans Stadt und Land.

Nagold, 12. August.

Waldfcst. Echte, wahre Freundschaft verbindet die Sänger fest und innig; das Lied befreit die Seele und macht auch den von Sorgen Gedrückten froh und glücklich, sein Teil zum harmonischen Ganzen beitragen zu dürfen. Da ist jeder bestrebt, sein ganzes Können den Sanges- brüdern zu widmen, damit der Vortrag einen guten, reinen Klang gieb-. Ter Gesang im Verein ist ein deutsches Erbteil, auf das wir Deutschen stolz sein dürfen, das wir aber auch fort und fort pflegen und hoch in Ehren halten wollen. Deshalb sollen wir auch keine Gelegenheit vorübergehen lassen, den Sängern unsere sympathischen Gesinnungen kund zu geben. Die Mitglieder des hiesigen Liederkranzes zeigten denn ihren lieben Sängern gestern nachmittag auf unserem prächtigen Schloßberg, wie sehr sie sich zu ihrer Kunst hin­gezogen fühlen und wie gerne sie ihren erhebenden Weisen lauschen. Ein ansehnliches Publikum, darunter ein reicher Flor von Damen, hatte sich ans dem Schloßberg eingefunden, um fröhlich zu sein. Und echte Fröhlichkeit herrschte von Anfang bis zu Ende. Der ebenso tüchtige als liebens­würdige Direktor, Schullehrer Blum, wußte in seinem reichhaltigen Programm so recht die zum Herzen dringenden Melodien zu treffen; die Zuhörer gaben ihrem herzlichen Dank durch warmen Beifall beredten Ausdruck. Auch die

Die Kirche auf der Straße.

In angelsächsischen Landen wird dem Fremden der An­blick von Gottesdiensten, die mitten im Gewühl der Straßen abgehalten werden, bald ein gewohntes Schauspiel, bei dem er im Anfänge gerne neugierig verweilt, dem er zuletzt aber, wenn es ihm, besonders des Sonntags, überall, beinahe an jeder Ecke entgegentritt, und wenn es sich gar zu laut und abgeschmackt, in der barocken Manier der Heilsarmee, aufdrängt, ebenso gern aus dem Wege geht.

Zu den rührigsten Straßenpredigern der amerikanischen Union, die auch des Wochentags snim ka^oir mitten im ärgsten Gedränge ihre Kanzel aufschlagen, zählt die Sekte der Wiederbeleber, derRevivalisten". Da kann man in irgend einer Großstadt bemerken, wie sich das Gewühl der Wagen und Fußgänger plötzlich verwickelt und staut, wie sich Knäuel von Fuhrwerken und Gruppen von Vorbei­gehenden bilden, die anscheinend um irgend eines auffälligen Ereignisses willen Halt gemacht haben. Was geht vor? Der Mnkee hat im allgemeinen zum Stehenbleiben keine Zeit. Es ist auch nicht so neugierig, wie etwa die Berliner, die ein Spaßvogel mit einem imaginären Luftballon, dessen Laufbahn durch die Wolken er mit größtem Eifer zu beob­achten sich anstcllt, gleich zu Hunderten herbeilocken und um sich versammeln kann.

Einen Wagen nach Art des Kremsers, mit zwei Reihen Sitzplätzen, die von einer Schaar junger Damen besetzt find, und zwar Damen von bester Herkunft, wie sich erkennen läßt, macht mitien auf dem Fahrdamm Halt. An dem

Nagold, Montag den 12. August

guten Leistungen der Hailfinger Musikkapelle trugen zur Unterhaltung bei; die liebe Jugend benützte natürlich die schöne Gelegenheit zu einem Tänzchen. Welche Mutter wäre ganz glücklich, wenn nicht auch ihrem Herzchen eine Freude bereitet würde? Und so war denn auch für die lieben Kinder gesorgt, auch sie konnten sich an den üblichen, immer wieder neue Freude bereitenden Wettspielen ergötzen. Eine große Freude fiel aber in's Wasser, ging vielmehr im Feuer auf. Ein mächtiger Luftballon, ob lenkbar haben wir nicht untersucht, sollte aufsteigen, wurde aber sofort ein Raub der Flammen. So vergingen die Stunden bei schönem Gesang, bei Musik, Tanz, Spiel und guter Bewirtung als der heitere Himmel sich grau und schwarz überzog. Das war für viele das Zeichen zum Aufbruch; auch die andern folgten bald im Fackelzug, der sich, einen reizenden Anblick bietend, mit Musik durch die Stadt zum Postplatz bewegte, wo er sich auflöste. Es war wieder ein herrlicher Auf­enthalt auf unserem schönen Hohen-Nagold, wo das deutsche Lied erklang und frohe Menschen die alten Ruinen mit neuem Leben umgaben.

X. Heidelbecrernte. Zur Heidelbeerernte wird uns vom Lande folgendes mitgeteilt: In den Waldorten ist die Heidelbeerernte immer noch in vollem Gang. Einheimische Branntweinbrenner lassen sich in einzelnen Orten ihre Fässer mit Beeren füllen. Stoch mehr werden aber solche von aus­wärtigen Händlern ausgekauft, und in Körben von den Stationen Altensteig, Berneckund Ebhausen aus überall­hin versandt. Während anfangs 1 ^ 60 F bis 2 für das Simri bezahlt wurden, werden jetzt noch massenhaft solche zu 1 40 F bis 1 50 angeboten. Dieser

Rückgang im Preis, trotz der starken Nachfrage, beweist, daß die Ernte eine ergiebigere ist, als viele anfangs ver­muteten. Bei der gegenwärtigen prächtigen Witterung reifen die späteren, darum aber nicht minder süßen Früchte noch vollkommen aus und sind sowohl znr Gewinnung von Heidel- beergeist wie zum Einmachen vorzüglich geeignet. In An­betracht der massenhaft vorhandenen Beeren in manchen Wald­teilen hat es darum in verschiedenen Orten des östlichen Bezirks Befremden und Mißmut unter den ärmeren Klaffen der Bewohner erregt, daß verschiedene Waldgemeinden so rigoros vorgingen, indem sie durch öffentliche Bekannt­machung das Sammeln vonBeeren jederArt (!) in ihren Gemeinde-und Privatwaldungen bei Strafe den Frem­den verboten. In erfreulichem Gegensatz stand das Verhalten der Kgl. Forstverwaltung, die derartige Verbote nicht erließ und jedermann das Sammeln von Beeren in den Staats­waldungen gestattcre. Noch sei hier erwähnt, daß auch die Stadtgemeinde Altensteig, die Freiherrlich v. Gültlingen'sche Gutsherrschast und die Stadtgemeinde Berneck, ferner die Gemeinden Warth, Wenden und Schönbronn ebenfalls den auswärtigen Beerensammlern ihre Gemeinde- und Privat­waldungen nicht verschloß. Daß trotzdem bei gehöriger Ausnützung der Heidelbeerernte für die Ortsansässigen noch genug Verdienst abfällt, beweist, daß beispielsweise allein von Warther Sammlern bis jetzt nahezu für 3000 ^ Heidelbeeren verkauft wurden.

Bienenzucht. Die hiesigen Bienenzüchter haben auch Heuer wieder eine größere Anzahl von Bienenvölkern zur Aus­einen Ende dieses Gefährts ist ein Harmonium aufgestellt. Der Deckel ist geöffnet, ein Notenheft aufgeklappt, ein junges Mädchen sitzt davor, bereit, auf den Wink des Dirigenten, der noch irgendwo verborgen ist, die Tasten zu rühren.

Ein mächtiger, leerer Lastwagen, der eben vorbeirasseln will, wird jetzt von mehreren Herren in schwarzem Frack und weißer Binde ausgehalten und zum Stehen gebracht. Die Herren sprechen ein Weilchen mit dem Kutscher, der vergnügt nickt, vom Bocke springt, seine Pferde ausspannt und mit ihnen und mit klingendem Spiel davontrabt.

Nun besteigen die Herren, denen sich noch andere, eben­falls in voller Gesellschaftstoillette, angeschlossen haben, den verlassenen Wagen. Einer der befrackten Herren klettert aus den ziemlich hohen Kutscherbock, so daß er weithin sichtbar wird. Das ist das Zeichen zum Beginn der Musik. Die Orgelspielerin intoniert ein Präludium. Man hört nicht viel davon, der Lärm übertöm viele Passagen. Plötz­lich aber fällt der Chor der jungen Damen ein und singt mit Hellen, das Rollen, Klappern und Schreien weithin übertönenden Stimmen einen Choral. Schon der zweite Vers des Kirchenliedes dringt lauter als der erste durch. Sticht als ob die jungen Kehlen sich zu verdoppelter An­strengung erhoben hätten! Aber der Amerikaner ist der ritterlichste Mann der Erde, und wenn eine Dame spricht oder singt, muß alles andere davor verstummen. Die Wagen auf der Straße halten inne oder biegen in eine andere, entlegenere Straße ein; was keine Zeit hat oder nicht stehen bleiben will, eilt davon, aus dem Wege. Der Platz, wo das fromme Schauspiel vor sich geht, leert sich

1901.

Nützung der Heideblütetracht, die sehr schöne Erfolge verspricht, nach Neuweiler gebracht. JnBreslau findet vom 17.26. Aug. dieWanderversammlungder deutschen, österreichischen und ungarischen Bienenzüchter statt. Für die mit der Versammlung verbundene Ausstellung haben das Staats­ministerium und die Stadt Breslau je 3000 bewilligt.

Manöverpostsendungen. Aus Anlaß der bevorstehenden Herbstübungen der Truppen wird auf die Wichtigkeit einer deutlichen und genauen Aufschrift bei den Postsendungen und Telegrammen für die Truppen aufmerksam gemacht. Zur genauen Aufschrift gehören: Vorname und Familien­name (unter Umständen auch die Ordnungsnummer zu letzterem), ferner Dienstgrad und Truppenteil, sowie für gewöhnlich der Garnisonort, zutreffendenfalls mit dem Vermerk:In das Manöver nachzusenden" oderbeim Wachkommando." Die Angabe des jeweiligen Quartierorts des Adressaten empfiehlt sich in der Regel nicht. Als postlagernd" dürfen die Sendungen nur bezeichnet werden, wenn sie von dem Adressaten selbst, also nicht von der Ordonnanz des Truppenteils, abgeholt werden. Da die Stäbe und die einzelnen Teile desselben Truppenkörpers ihre Postsachen häufig bei verschiedenen Postanstalten abholen lassen, so ist bei Sendungen sowohl an Offiziere als an Mannschaften die genaue Benennung des Truppenteils un-- erläßlich. Hiezu gehört nicht nur die Angabe des Regiments, des Bataillons, der Abteilung, sondern auch die Bezeichnung der Kompagnie, der Batterie, der Eskadron u. s. w. Die­jenigen Sendungen an Offiziere und Einjährig-Freiwillige, die in der Aufschrift nur die Wohnungsangabe des Adressaten im Garnisonort, dagegen keine nähere Bezeichnung des Truppenteils enthalten, erleiden wegen der notwendigen Feststellung dieses letzteren durch Umfragen und dergleichen seitens der Garnisonpostanstalten häufig Verspätungen in der Weiterbeförderung. Sollten Sendungen an die aus­marschierten Truppen nicht in das Manöver nachgesandt werden, wie z. B. Sendungen mit Zivilkleidern für die zur Entlassung kommenden Mannschaften, so ist dies durch den Vermerk:nicht nachsenden" in der Aufschrift zum Ausdruck zu bringen. Zweckmäßig ist bei Sendungen an die Mannschaft die Verwendung von Briefumschlägen mit entsprechendem Vordruck, wie solche bei den Postanstalten, Posthilsstellcn und Landpostboten käuflich (2 Stück zu 1 F) zu haben sind. Zu Postanweisungen an die im Manöver befindlichen Truppen sind ausschließlich Kartensormulare zu verwenden.

:j: Nothfelden, 12. Aug. Letzten Samstag kam die Kommission der Hagelversicherungs-Gesellschaft Borussia von Berlin hieher, bestehend aus den Herren v. Schulz aus Stettin und Nüchting von Magdeburg, um die Ein­schätzungen vorzunehmen. Es wurden 1040"> ausbezahlt. Das späte Erscheinen der Kommission erklärt sich dadurch, daß dieselbe in den letzten Wochen über 4000 Sckäden aufzunehmen hatte. Die Ernte ist größtenteils zn Hause, die Oehmdernte hat bereits ihren Anfang genommen und verstricht einen guten Ertrag.

r. Oberndorf, 9. Aug. Die hiesige Waffensabrik, die schon seit Jahren einen verminderten Betrieb hatte, hat

von Fuhrwerken, der Lärm verhallt in der Ferne, und deutlich und klar steigen jetzt die Stimmen der Sängerinnen zum Himmel empor.

Sobald das Lied geendigt ist, öffnet der befrackte H.rc hoch oben aus dem Kutschersitz seine Lippen und beginnt in weithin schallendem Tone eine Predigt. Es ist eine donnernde Philivpika gegen die Sünden, Thorhciten und Eitelkeiten dieser Welt. Wenn man ihn hört, so glaubt man wirklich das jüngste Gericht schon vor der Thür: Geht in Euch, ihr Lasterhaften!" ruft er.Der Herr hat uns gesendet, Euch vom Todesschlaf Eurer Sünd­haftigkeit zu erwecken. Bald wird die gewaltige Posaune ertönen, und die Gräber werden sich öffnen." . . .

Wären diese erhabenen Worte in einer Kirche gefallen, so würden sie nicht lächerlich werden.Austern! frische Austern!" klingt nämlich in diesem Augenblick der Ruf eines Verkäufers aus einer Nebengasse herüber und schließt sich so in der abgeschmacktesten Weise an die heiligen Ermahnungen des Predigers an.

Dieser hat jetzt geendet. Ein neuer Choral von den Lippen der schönen, jungen Mädchen, neues Orgelspiel, und ein zweiter Redner vettert ans den Kutscherbock, die zweite Predigt beginnt. Sie hat das Laster der Trunksucht, die leider in Amerika so viele Opfer fordert, zum Gegenstand und veranlaßt die Schankwirte in der unmittelbaren Um­gebung, die im Kreise ihrer Gäste inzwischen unter die Thür ge- tretenstnd,zumanchhämischenZwischenrufenundbilligen Witzen.

Der nächste Prediger ist ein nicht befrackter Mann. Er ist, wie sich gleich heransflellt, ein neu bekehrter Sünder