78. Jahrgang.

Erscheint

Montag, Mittwoch, Donnerstag und SamStag.

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Gratisbeilage»: Das Plaudcrstübchen und

Schwab. Landwirt.

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Amtliches.

Die Sch«ltheifte»»äwter

welche mit dem am 15. v.- Mts., Gesellschafter dir. 92, verlangten Bericht über den Einzug der «steuern vom ver­flossenen Rechnungsjahr 1900 1901 noch im Rückstand sind, wollen den Bericht in Bälde anher einsenden.

Nagold, den 5. Juli 1901.

K. O beramt. Ritter.

Die Herren Geschäftsmänner,

welche mit der Anlegung des neuen Steuerbuchs noch im Rückstand sind, werden dringend aufgefordert, das Geschäft so zu beschleunigen, daß die Vorlage der neuen Steuer­bücher unbedingt längstens auf 1. August d. I. erfolgen kann.

Nagold, den 5. Juli 1901.

K. Oberamt. Ritter.

Zur Erleichterung des Besuchs der vom 2b. Mai bis Ende Juli in Berlin stattfindenden internationalen Aus­stellung für Feuerschutz und FcuerrettungSwesen wird den Offizieren und Mannschaften der freiwilligen und Berufs­feuerwehren, welche sich als solche durch entsprechende äußere Abzeichen und eine ortspolizeiliche Bescheinigung über ihre Eigenschaft als Feuerwehrmitglied ausweisen, Fahrpreis­ermäßigung in der Weise eingeräumt, daß die nach den preußischen bezw. sächsischen Uebergangsstationeu Frankfurt a. M., Eberbach, Ritschenhausen, Probstzella oder Hof auszugebenden einfachen Personen- und Schnellzugsfahr­karten II. und III. Klasse zur Rückfahrt innerhalb 10 Tagen berechtigen.

Ab diesen Uebergangsstationeu sind die für die preu­ßischen bezw. sächsischen Staatsbahnen eingerämnten Ver­günstigungen in Anspruch zu nehmen. 2b Ku Freigepäck wird erst ab den vorbezeichneten Uebergangsftarionen gewährt.

Parlamentarische Nachrichten.

Württembergischer Landtag.

r. Stuttgart, 4. Juli. In ^sündiger Sitzung ge­nehmigte heute der Landtag die Einführung des Dienstaltervorrückungssystems für die katholischen Kapläne mit einem Mehraufwand von 12,000 und verwies den Antrag Liesching betr. Schaffung eines Gesetz­entwurfs über das Pfandrecht an Privateisenbahnen und Kleinbahnen und die Zwangsvollstreckung in die­selben an die Justizgesetzgebungskommission, nachdem anläß­lich einer kurzen Debatte der Ministerpräsident erklärt hatte, daß das Staatsministerium in dieser Sache noch keinen Beschluß gefaßt habe. Morgen wird über das Gesetz betr. Beschaffung von Mitteln für außerordentliche Bedürfnisse der Verkehrsanstaltenverwaltung verhandelt.

Uages-Weuigkeiten.

Aus Stadt u»d Land.

t. Altensteig, 4. Juli. Einer Einladung des Holz­händlers Wurster von Jgelsberg folgend, fand sich gestern

Nagold, Samstag den 6. Juii

mittag eine Gesellschaft von etwa 20 Herren und Damen von Pfalzgrafenweiler und hier in Erzgrube ein, um ge- gemeinsam per Floß hierher zu fahren. Die Fahrt ging flott von statten und gewährte, zumal der Himmel ein freundliches Gesicht zeigte, in dem herrlichen, von würzigen Tannenwäldern umrahmten Thal einen köstlichen Genuß. In der verhältnismäßig kurzen Zeit von 2 Stunden war die ca. 18 icm lange Strecke zurückgelegt. - Am 14. Juli soll ebenfalls eine gemeinschaftliche Floßpartie von hier ab nach Nagold ausgeführt werden.

Obcrjcttingcii, 5. Juli. Eine kleineKneißlaffaire" spielte sich heute vormittag in unserem Dorfe ab. Als die allein ini Hause anwesende Ehefrau des Bauern Gack ihre Bühne betrat, würde sie von einem mit Dolch und Brech­werkzeug versehenem Individuum angefallen. Auf ihr Hilfegeschrei kamen sofort die Nachbarn herbei, worauf sich der Einbrecher im Hause versteckte. Von der inzwischen hcrbeigceilten männlichen Bevölkerung wurde das Haus umstellt, um ein Entwischen des Diebes zu verhindern. Einige beherzte Männer drangen in das Gebäude ein und es gelang ihnen nach heftiger Gegenwehr den verwegenen Burschen dingfest zu machen. Es ist dies der von Nagold gebürtige, am 29. Juni aus dem Zelleu- gefäugnis in Heilbronn entlassene 26jährige CH. M., welcher es ohne Zweifel auf den dem Gack vor wenigen Tagen eingehändigten größeren Geldbetrag für Milchlieferung an das Genesungsheim abgesehen hatte.

r. Rottcndurg, 4. Juli. Der steckbrieflich verfolgte, etwa 80 Jahre alte Gärtner Oertle von Rottenburg, ein übel beleumundetes Individuum, wurde lt. Tübinger Chronik heute früh zwischen 3 und 4 Uhr von dem Landjäger K. in einem Schäferkarreu zwischen Rottenburg und Sülchen aufgestöbert. Der ihm angekündigten Verhaftung widcrsetzte sich Oertle thätlich; er riß sich schließlich von dem Land­jäger los und ergriff die Flucht. Als der Verfolgte auf wiederholtes Anrufen nicht stehen blieb, inachte der Land­jäger von feiner Schußwaffe Gebrauch und traf den Oertle derart in den Rücken, daß er tot zusammenstürzte.

r. Eßlingen, 5. Juli. Vergangene Woche kam auf einem Filialort ein Handwerksbursche zu einem dortigen Einwohner, und bat um Unterstützung. Im weiteren Ver­lauf nahm derselbe auch Augenschein von der Einrichtung des Hauses, lobte den Viehstand u. s. w. Nichts Böses ahnend, verließen die Eigentümer, Mann und Frau, das Haus, entdeckten aber bei ihrer Rückkunft, daß ihnen ein Portemonnaie mit Inhalt und eine goldene Brosche ge­stohlen war.

r. Göppingen, 4. Juli. Der verheiratete, etwa 80 Jahre alte Fabrikant Louis Schüler jun. hier, Teilhaber der bedeutenden Maschinenfabrik L. Schüler hier, hat sich ver­gangene Nacht durch Erhängen im Walde an der Straße nach Jebenhausen das Leben genommen. Die Motive der unglückseligen That sind nicht bekannt.

r. Mergentheim, .4. Juli. Bei der heute nattgehabten Sladtschultheißenwahl wurden von 359 wahlberechtigten

1901 .

Bürgern 807 Stimmen abgegeben. Hievon sielen 297 auf Oberamtspfleger Klotz büch er, die übrigen find zersplittert. .Kochbücher ist somit gewühlt.

r. Heilbron», 5. Juli. Aus Anlaß seines öOjäbrigen Jubiläums im Dienste der Stadt Heilbronn wurde Stadt­pfleger Füger vorgestern abend von den städtischen Be­amten gelegentlich einer hiezu veranstalteten Feier, welcher auch Oberbürgermeister Hegelmaier anwohnte, ein prächtiger silberner Pokal überreicht. Die Militärkapelle brachte dem Jubilar gestern mittag, der Singkranz gestern abend ein Ständchen.

Deutsches Reich.

Berlin, 3. Juni. Beim Lundesrat ist von Bayern der Antrag eingebracht worden, die Vorschriften über die Prüfung der Tierärzte dahin abzuändern, daß die Zu­lassung zur Prüfung bedingt wird durch den Nachweis des Reifezeugnisses eines deutschen humanistischen Gymnasiums oder Realgymnasiums. In einer dem Antrag beigefügten ausführlichen Begründung wird darauf hingewiesen, daß die Einführung der Gymnasialreife als Vorbedingung für das Studium der Tierheilkunde eine seit geraumer Zeit wieder- kehrcnde Forderung der tierärztlichen Standesvertretungen und der landwirtschaftlichen Kreise bildet. Es lasse sich in der That auch nicht verkennen, daß die zurzeit von den Studierenden Tierheilkunde geforderte allgemeine Vorbildung nicht mehr im Einklang stehe mit der hohen Stufe, welche die tierärztliche Wissenschaft erreicht hat, und mit der Be­deutung, welche der tierärztliche Stand, insbesondere, soweit der beamtete Tierarzt in Betracht kommt, durch seine sich täglich mehrende Und wissenschaftlichen Verhältnisse tief ein­greifende Berufsaufgabe gewonnen hat. Die Anforderungen, die das Studiuni der Tiermedizin heutzutage stellt, sind gleich denen in jedem anderen Hochschulstudium. Hieraus ergebe sich die Notwendigkeit der Erfüllung gleicher Voraus­setzungen seitens der Studierenden.

r. Pforzheim, 5. Juli. Auf einem Holzplatz spielten Kinder des Zeichners Gutekunst auf einem hoch aufge­setzten Bretterstoß. Plötzlich fiel derselbe um, begrub die Kinder und verletzte sie schwer. Das eine 2jährige Kind erlitt einen Schenkelbruch, das größte 5jährige Kind da­gegen wurde so schwer verletzt, daß es wohl sterben wird.

Karlsruhe, 4. Juli. Die 45tägige Giltigkeit der Rück­fahrtkarten im Verkehr mit den preußisch-hessischen Stationen ist nunmehr auch im Durchgang durch Elsaß und die Pfalz zugestanden worden. Ferner wird vom 6. Juli die Giltig­keitsdauer der Rückfahrtkarten im Innern Badens und iin direkten Verkehr mit Stationen der württeinbergischen und bayrischen Staatseisenbahn, der Reichseisenbahn in Elsaß- Lothringen, sowie der pfälzischen Eisenbahnen gleichfalls sich auf 45 Tage erstrecken.

Waldkirch, 3. Juli. Eine schreckliche Nachricht wird soeben von hier berichtet. Heute morgen zwischen 7 und 8 Uhr überfiel der Stadtrechner Litzelmann seinen Bruder, den Messerschmied L., der mit Briefschreiben be­schäftigt war, und brachte ihm mit einem Sattlermesser von hinten einen Stich in den Hals bei. Der Messerschmied L. sprang auf und eilte in seine Werkstatt, wo er in den

Gnglorrds Eduarde und ihre Zeit.

(Schluß.)

So glorreich das Jahrhundert der drei Eduarde, so trostlos war die von 13771485 währende Periode, wo der englische Adel um Besitz und Beherrschung der Krone rang. Richard II (137799), ein Mann des trägen Ge­nusses, wurde verdrängt von seinem Vetter-Heinrich Boling- broke aus der Linie Lancaster, der als Heinrich IV <13991413) zwar den Thron behauptete, aber nur, indem er sich den Baronen, also dem Parlamente, fügte. Immer wiederholte Aufstände ließen den übrigens bedeutenden Mann des Thrones nicht froh werden. Im folgte sein Sohn Heinrich V (141322), dessen kurze aber glänzende Regierung durch das Wiederaufleben der Kriegszüge nach Frankreich gekennzeichnet ist. Nach dem Siege von Azin­court (1415) und dem Frieden von Troyes (1420) war Heinrich V tatsächlich König von Frankreich und England.

Noch einmal schienen die Plantagenets die Lilien und die Leoparden in einem Wappen zu vereinen, aber mit .Heinrichs V Tod war die Herrlichkeit zu Ende. Heinrich VI, der bei dem Ableben seines Vaters erst ein Jahr alt war, ist sein Lebenlang ein Kind geblieben, ein Schwächling. Während seiner Minderjährigkeit gingen die Eroberungen in Frankreich infolge der Erhebung, die an den Namen der Jungfrau von Orleans geknüpft ist, größtenteils verloren, und Mitte des 15. Jahrhunderts, als der Krieg ohne Ariedensschluß endete, war nur Calais noch englisch. 1451

eröffnete Richard, Herzog von Jork, dessen Linie ein näheres Anrecht auf den Thron hatte als die Linie Lancaster, den 30jährigen Thronfolgekrieg der von dem Helmschmucke der Parteihäupter der Krieg der weißen und der roten Rose heißt.

Das Kriegsglück führte Richards Sohn Eduard IV (146183) auf den Thron. Er war hochbegabt, sehr be­redt, und der schönste Mann seines Reiches. Unermeßlich beliebt und nicht am wenigsten bei den Frauen, ausgerüstet von der Natur mit ungewöhnlichen Kräften, ließ er seiner sardanapalischen Natur die Zügel schießen und schwelgte in allen Lüsten. Dabei war er sehr wetterwendisch und launen­haft. Er wollte ein König der armen Leute sein, aber seine Charakterlosigkeit ließ die Durchführung dieses Gedankens nicht zu. Im Laufe des fortdauernden Kriegs wurde er 1470 gestürzt und zur Flucht nach Holland genötigt, doch kehrte er schon im nächsten Jahre mit burgundischer Unter­stützung zurück und gewann den Sieg. Heinrich VI, der viermal den Thron mit dem Kerker vertauscht hatte, wurde nun im Tower ermordet. Ein Kriegszug gegen Frankreich im Jahre 1475 endete schwächlich, indem Eduard sich von Louis XI mit einer Jahresrente abfinden ließ. Auf der blutbefleckten Krone ruhte ein Fluch; sie brachte dem Hause Uork kein Glück. Als Eduard mit Hinterlassung zweier unmündiger Prinzen, Eduard und Richard, 1483 starb, ließ sein jüngster Bruder Richard (III), noch ehe der Erstgeborene als Eduard V gekrönt war, beide im Tower erwürgen und bemächtigte sich des Thrones. Richard III von Blut- thaten erfüllte Regierung war -von kurzer Tauer. Ihn stürzte Heinrich von Richmond aus dem wallifischen Adels­

geschlecht Tudor. Am 22. August 1485 fiel Richard in der Schlacht bei Bosworth von Heinrichs Hand, und mit diesem Tage schließt die ältere englische Geschichte.

Die Tudor, die nun eine Epoche der populären Tyrannis heraufführten, waren ein Herrschergeschlecht von ungewöhn­lich reicher Begabung, lauter trefflichen Regenten, wenn auch zum Teil seltsame Naturen. Hemrich VII (14851509), streng, herzlos, ein schlauer und geschickter Rechner, be­trachtete als seine Aufgabe die Beugung des Adels und die Schaffung eines Mittelstandes, und diese Aufgabe hat er durchgeführt. Heinrich VIII,König Blaubart" (1509 47), der grundsätzlich auf Gewinnung der Massen ausging nnd dem Königtum mit einem entschiedenen Los von Rom die geistliche Suprematie verschaffte, bildete zugleich die Selb­ständigkeit seines Königtums bis zur völligen, vom Parla­ment unabhängigen Despotie aus, wobei er w klug war, jeden Prinzipienstreit mit dem Parlament zu vermeiden. In seinem Sohne Eduard vi (154753) erscheint noch einmal (zum letztenmal für 348 Jahre) dieser so stolze Erinnerungen weckende Name, aber sein jugendlicher Träger, der schon mit 16 Jahren an der Schwindsucht starb, hat eine selbständige Rolle nicht gesvielt.

Kleine Chronik.

Vom Schah. Der Schah von Persien beabsichtigt, 1902 Marienbad aufzusuchen und nach vollendeter Kur Besuche am Berliner nnd Londoner Hof zu machen.

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