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Schwäb. Landwirt.
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Nagold, Donnerstag den 1Z. Juni
1901.
politische Kundschau.
Besatzung der englischen und deutsche» Handelsflotte.
Man weiß allgemein, daß in der englische» Handelsmarine die Zahl der fremden Seeleute einen ziemlich großen Prozents« tz ausmacht; wie sehr aber daS Verhältnis der fremden zu den heimischen Mannschaften im Laufe der Jahre angestiegrn ist, dürft« wrnigsr brkannt sei». Die Zahl der Fremden betrug im Jahre 1854 erst 13,200 gegen 149,215 Engländer, war bis 1899 aber aus 36,064 außer LaSeagen und Asiaten (83,805) gegenüber 174,266 Engländern gewachsen, so daß jetzt auf 100 Engländer 21 Fremde kommen gegen 1854 nur 9. Diese Zahlen find von besonderem Interesse gegenwärtig, weil bri der Volkszählung deutscherseits im Dezember 1900 auch die Ermittelung sich daraufhin erstreckt hat, wieviel fremde Mannschaft sich auf deutschen Handelsschiffen befindet. Die Zusammenstellung der Resultate ist allerdings noch nicht völlig abgeschlossen, jedoch kann man immerhin schon berechnen, daß nicht viel mehr als 7000 Fremde in der deutsche« Handelsmarine ausgestellt sind. Die Besatzung der deutschen Handels- fiotte beträgt rund 45,000. Nun ist hierbei zu bedenken, daß unter der großen Zshl der fremden Seeleute in brr englischen Handelsmarine überwiegend Deutsche vertreten find, so daß wohl dir deutsche Handelsmarine ihren Bedarf durch heimische Monnschaft decken konnte, während das bei der englischen Handelsmarine nicht der Fall ist.
Deutsch-russische Beziehungen.
Die gegenwärtigen trefflichen Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland erhalten eine Bestätigung durch die etwas beklommene Meldung eines englischen Blattes, daß Generalmajor v. Mollke, der binnen kurzem dort eintrifft, dem Zaren rin Handschreiben Kaiser Wilhelms über bringt. Es verlaute, der Besuch habe politische Gründe und Kaiser Wilhelms Brief berühre politische Tagesfragen. Tenersl v. Moltke bringt dem Zaren auch das Modell eines sehr leichten in der deutschen Armee ringesührten Tornisters zur Inspektion. Oberst Orodnekow, ei« junger Lehrer an der Militärakademie, erhielt Befehl, sich Graf Moltke während seines Aufenthalts in Rußlands zur Disposition zu stellen. General v. Mollke wird vom Zaren im LUxan« drowski-Pslafi bei Prterhos empfangen werden.
Uorlrag über Obstbau.
-s- Haitrrbach, 11. Juni.
Leber den weiteren Verlauf der am letzten Sonntag hier abgehaltene« Versammlung des Beztrksobstbau- Vereins geht uns noch nachstehender Bericht zu. Als S. Gegenstand der Tagesordnung folgte ein Vortrag von Hrn. Jul. Raas-Nagold über Obstbaumpflege mit , besonderer Berücksichtigung der Zwrrgobstbaumzucht nebst praktischer Demonstration.
Er führte u. a. auS: Wenn wir beim Rückblick auf den reichen Obstsege« des vergangenen Jahres dankbar derer gedenken, die uns durch Pflanzung und Pflege un- gezählte fruchtbare Bäum« hinterlassen haben, so ist es auch Pflicht für «ns, selber wieder solche zu pflanzen und zu pflegen für das nachwachsende Geschlecht. Eine der wichtigsten Arbeiten ist wohl die richtige Düngung der Bäume, die leider noch viel zu wenig geschieht. Wie manche Bäume im Lande bleiben ungrdüngt. Aus Mangel an Nahrung verhungern sie nach und «ach, werde« wohl auch von tierischen «der pflanzliche« Schädlingen befallen und gehen so frühzeitig zu gründe. Zu den gefährlichsten Schädlingen unserer Obstbäume find die Pilze und die Blatlfollkrarkheit zu rechnen. Vielfach sind di« Obstbaumbefitzer über das Wese« derselben nicht unterrichtet, deshalb ist es ein anerkennenswertes Bemühen, wenn unsere Ortsbaumwärter sich der Aufgabe bereitwillig unterziehen, die Interessenten hierüber zu belehren. Die Blätter sind die Atmungs- und Ver- Lauungswerkzeugr des Baumes. Was aus der Luft an Kohlensäure und aus der Erde an Rohssst der Baum auf- aimmt, wird in den Blättern in BildungS-(Nahru»gs)saft umgewandrlt. Hieraus geht hervor, daß di« Blätter dt« Hauptarbeit zum Gedeihen des Baumes «ud seiner Fruchtansätze zu leisten haben und daß durch Erkrauken der Blätter der ganze Baum zu leiden hat.
Unter de« Pilzen, welche au unser« Obstbäumen verheerend wirken, find besonder- der Polsterschimmel und der »pfrlschurf zu nenne«. Bei manchen Obstsorte« werde« nur die Früchte, bei andere« brssndrrs di« jungen Triebe befallen. Als bestes Bekämpfung-mittel gegen diesen Pilz ist daS sorgfältige Heransschneide« und Verbrennen aller befallenen Zweige, sowie da- pünktlich« Auslesen «nd sofortige Vernichten der saulen Früchte zu empfehlen. Als Vorbeugung-mittel gegen diese Pilze und gegen die Blatt
fallkrankheit wird auch das Bespritzen der Bäume mit 8°/»igrr Kupfervitriollösung mit gutem Erfolg angewrndet. Sehr brauchbare Spritzen für diesen Zweck liefern Grbr. Holser in Urach. Noch ist zu erwähnen, daß bei erkrankten Bäumen eine kräftige Untergrundsdüngung vorgenommrn werden muß. Als bestes Düngemittel ist Sülle und Latrine zu bezeichnen, weil in ihnen die Hauptnährfiossr für die Bäume enthalten sind; aber auch Kunstdünger wie Kal», Ehili- salprtrr, Ammoniak x. thun gute Dienste.
Redner gab sodann noch einige Ausführungen über Zwergobstbaumzucht, die folgendermaßen lautete«: Unser Bezirksobstbauverein besteht jetzt 17 Jahr«. Seine anfängliche Mitglirderzahl von 30 Personen ist bis auf 300 an- gewachsen, so daß er wohl als einer der stärksten dieser Vereine deS Landes gelten kann. Gr hat sich auch jederzeit bemüht, den Obstbau im Bezirk aus jede ihm zweckdienliche Art zu fördern. Der Erfolg davon ist nicht aus- geblieben, er zeigt sich an dem regen Interesse, das überall der Obstbaumzucht entgegengcbrscht wird, sowie an den größtenteils richtig gepflegten hochstämmigen Bäumen. Aber noch vielfach werden bei uns die Anlagen von Zrvrrg- obstgärten und di? Bekleidung der Wände, Mauern, Zäune rc. mit geeignetem Spalierobst vermißt. Es sollte deshalb in den nächsten Jahren der Verein sein Augenmerk mit allen ihm zu Gebot stehenden Mitteln darauf richten, daß überall Zwrrgobst- und Spalieranlagen gepflanzt werden unter Beachtung der für unser« Bezirk paffenden Sorten. Sehr zu empfehlen ist der senkrecht« Kordon, weil da jeder sein Bäumchen selbst pflege» kann ohne gärtnerische Beihilfe; die Bäumchen stehen 50—60 em von einander und sangen im 2. oder 3. Jahr schon zu tragen an. Man braucht nur von Zeit zu Zeit die Seitenzweige einzvstutzen.
Vorstand Bi hl er dankte dem Redner für seinen gediegenen Vortrag und forderte die Anwesenden auf, durch Erheben von ihren Sitzen ihrer Anerkennung Ausdruck zu verleihen, was geschah.
Es entspann sich nun «och eine cllgemeine Debatte über verschiedene Punkte. Gutspächter Könekamp hata« seinen Bäumen und Beerensträuchern viel Ungeziefer, wir auch viele Ameisen wahrgrnommen.
Gärtner Raas erwiderte: Die Ameisen schaden nicht, wenn sie sich auf Pflanzen staden, so ist dies ein Zeichen, daß sich auf denselben infolge von Gaftstockung Blattläuse finden, denen sie nachstellrn.
Vorstand Bihler brachte das Anstreicher» der Bäume in Anregung und fragte den anwesende« Obrramtsbaum- wart de« Bezirks Horb, wie es damit dort gehalten werde.
Oberamtsbaumwart Bleibel von Galzstelten ist dafür, daß der Anstrich alle Jahre erfolgen sollte, da man günstige Erfahrungen damit gemacht habe, ks geschehe aber nicht überall, weil den Gemeinden die Kosten zu hoch seien.
Gutspächter Könekamp findet die- nicht zutreffend, er Hobe z. B. mit einem Aufwand von os. 20 ^ 1200 Bäume angestrichen.
Baumwart Wurster von Schönbronn teilte mit, daß er jedes Jahr Mitte Oktober seine Gemeindebäume anstreiche; diese« Beispiel kommen dann die Bürger nach.
Schullehrer Renz teilt auS einem Aussatz über Obstbau von Lehrer Fritzgärtner in Reutlingen mit, daß der Kalkanstrich die Bäume nicht nur vor den schädlichen Insekte«, sonder« auch vor den nachteiligen Wirkungen ver Winterkälte schütze.
Die Frage, ob der Anstrich jedes Jahr oder nur alle 2 Jahre, ob im Frühjahr oder Herbst vorzunehmen sei, beontwortete StadlschuUheiß Krauß; er ist der Ansicht, daß der Anstrich jdes Jahr im Herbst zu geschehe« hat. Di« Kosten seien nicht so groß, wie vielfach behauptet wird, und sie lohnen sich erfahrungsmäßtg reichlich, wenn das Geschäft richtig besorgt wird. Wenn der Baumwart mit gute« Beispiel vorangrhr, so bleiben die andern Bürger nicht zurück.
Nach 5 Uhr schloß der Vorsitzende dir lebhaft geführten Verhandlungen unter DankeSbezeugung für die allseitige rege Beteiligung.
Tages-Hterrigketten.
Äru Statt n»ö Land.
Ragolb, IS. Juni.
Vs« Rathaus. In der gestrigen GemeinderastS- sitzung, die n«r kurze Zeit in Anspruch nahm, kamen wenig« Gegenstände von allgemeine« Interesse zur Erledigung. Unter anderem hatte Oekonom Ehr. Lehre in Jfelhaufe« das Gesuch gestellt, seinen auf Nagolder Markung gelegenen Acker durch den JselShausener Pferch beschlagen lassen zu dürfe«. Der Konftquenzen wegen wurde daS Gesuch ab- gewiesen. — Vom hiesigen Posaunenchor, der sich vo«
Jünglingsvrrein losgesagt hat. liegt eine Eingabe vor, in der dir Stadt um Ueberlassung der in ihrem Besitz befindlichen Instrumente ersucht wird. Hiegegen verspreche» die 14 Musikanten, bet jeder festlichen Gelegenheit um mäßigen Preis spiele« zu wollen, später auch Konzerte zu veranstalten. Da es schon länger hier an einer verläßlichen Kapelle gebricht und alle Aussicht vorhanden ist, daß der unter strebsamer Leitung stehend« Lhor sich vielversprechend entwickelt, beschloß das Kollegium, der Bitte zu willfahren und in widerruflicher Weise den Spiellrnten aus dem Vorrat städtischer Instrumente die Auswahl za überlassen, wobei sie für deren Instandhaltung auch die Verantwortung zu übernehmen haben. — Am nächsten Sonntag findet die erste diesjährig« Hauptübung der freiwillige« Feuerwehr statt, mit der auch die übliche Musterung der Geräte rc. verbunden wird. Da Verbesserungen zu erwarte« find, werden, um deren Berechtigung zu konstatieren, vom Vorsitzenden einige Mitglieder des Kollegiums um Teilnahme an der Musterung «sucht, was geschehe» wird. — Im Lauf der Verhandlungen kam auch die Sprache auf die Ausführung der Straßenbesprengung unter Hinweis auf die in unserem Blatt kürzlich erschienene» Artikel, in denen um ausgiebige Bekämpfung des Ttraßenstaubes gebeten worden war. ES zeigte sich aber keine Geneigtheit, über den Rahmen der bisher üblichen Maßregeln hinauszugehe«, vielmehr soll eS auch künftig beim zweimaligen Besprengen in der Woche sein Bewenden haben. Um eine rasche zweckmäßige Reinigung der Straßen durchführen zu können wurde die Beschaffung einer Kehrmaschine als notwendig bezeichnet, doch fand darüber eine Erörterung nicht statt.
Grwerorverrin. Zur Besprechung einer Anzahl vorliegender dringender Gegenstände fand am Dienstag abend unter Vorfitz von Eeminaroberlehrer Köbele in der Traube eine öffentliche Auöschußsttzung deS Vereins statt. Vom Verband der «ürtt. Gewerdevrreine wird eine Statistik erhoben, um das Verlangen einer progressiven Besteuerung der Warenhäuser beider Regierung zu begründen. Z» diesem Zweck wurde» an die einzelnen Vereine Fragebogen versandt, um den schädlichen Eirfluß dieser Geschäfte auf daS VrrkehrSlrben zu ermitteln. Beobachtungen dieser Art stad hier bis j-tzt nicht gemacht worden. Rächstdr« war ebenfalls ein Fragebogen zu erledigen, den die Handwerkerkammer Reutlingen ringesandt und der aus die Regelung der Gesellenprüfungen Bezug hatte. Nachstehend soll die vereinbarte Beantwortung der umfangreichen Fragen in der Hauptsache aufgesührt werden: In sämtliche« Gewerben sollen die Prüflinge ein Gesellenstück liefern. Für wichtiger wird jedoch die Ablegung einer Arbeitsprobe erachtet; diese sollte womöglich vo« ollen Lehrlingen verlangt werden und fir wird daher auch allein für genügend erachtet für die Gtwrrbr der Bäcker, Metzger, Bierbrauer, Pflästerrr, Schieferdecker, Tuchmacher, Gerber, Färber und Maurer. Bon allen Lehrlingen der hier nicht genannten Gewerbe kann die Ablegung sowohl des Gesellenstückes wir auch der Arbeitsprobe verlangt werden. Möglichst sollte aber ersteres in der Werkstatt deS Lehrmeisters gefertigt werden, also nicht in einer fremden Arbeitsstätte, da in dieser der P.üfling mit dem HanLwilkSzmg nicht vertraut ist. Allen PrüfuagSmeistrrn soll zur Pflicht gemacht und da« Recht eingeräumt werden, jederzeit den Fortgang der Arbeit zu prüfen; auSgirbigrr Gebrauch dieses Rechts wird gewünscht, auch «ran der Lehrmeister scheel dazu steht. Bei dieser Gelegenheit wurde auS der Mitte der Versammlung der Bestellung fremder Meister auS andere« Bezirken daS Wort geredet, ebenso der Errichtung von LrhrlingkprüfungSwerkstä.teu; dieser Vorschlag fand aber andererseits Bedenken wegen der entstehenden zu hohen Kosten. Auf alle Fälle soll weiter in der neuen Prüfungsordnung di« Ablegung der ArbeitSprobr, daun aber bei den Gewerben, wo es angeht, auch diejenige des Gisellenstück« zur Bedingung gemacht werden. Dabei soll es dem Prüfling freistehrn, eine Anzahl von Arbeiten, die er zu fertigen versteht, zu benennen; unter diesen wird ihm dann der Prüfungsausschuß eine zur Ausführung bestimmen. Umgrkehrt kann auch der Ausschuß eine Anzahl Arbeiten dem Lehrling zur W. hl stelle», von denen dieser eine bestimmen kann. Zur Abhaltung der Prüfungen wird der April als am geeignetsten bezeichnet; es kann jedoch für Lehrlinge, dir z. B. nur 2'/» Jahre lernen, auch im Herbst eine Prüfung abgrhalten werden. Ille Prüflinge, und zwar ohne Unterschied deS Handwerks, habe« et«r gleich hoch bemessene PiüfungSgrbühr zu erlegen, doch soll diese den Satz von 3 nicht überschreiten. Bezüglich der Zusammensetzung deS Prüfungsausschusses wurde gewünscht, daß die Berufung hiezu immer kurz vor de« Prüfung-- termin erfolgen solle. Damit waren die Fragen erschöpft. Von den übrigen Gegenständen ist noch eine Anfrage des Verbands der Sewrrbeoereine zu erwähnen über die Er»