marke als Anweisung zur Empfangnahme der Gabe erhalten, mit einem Stempel in den Neisepapieren vorgemerkt. Im Fall der Unzulänglichkeit der eingehenden Beiträge tritt die Stadtkaffe ins Mittel. Dieses Unterstützungsverfahren hatte sich bis jetzt gegenüber von andern Eindämmungsarten des lästigen Handwerksburschenbettels, z. B. auch der Naturalverpflegung, am besten bewährt._
Würzburg, 28. Jan. Am vergangenen Mittwoch gegen 4 Uhr nachm, war der Pöstexpedikor in Oberältertheim beschäftigt, verschiedene Gelder zur Absendung an die k. Bezirkskaffe nach Würzburg fertig zu stellen. Ein Fremder kam an den Schalter und verlangte eine Postkarte, bat hierauf den Expeditor, daß er dieselbe in seinem Bureau schreiben könne, welchem Wunsche der nichtsahnende Beamte nachkam. Dort eingelassen, setzte sich der Fremde einige-Minuten hin, um zu schreiben, sprang sodann auf, hielt dem Expeditor einen Revolver hin, packte ihn dann am Hals, würgte und betäubte ihn. Nun machte er sich über den Inhalt der Kaffe im Betrage von 1279 her und suchte das Weite. Bis zur Stunde gelang es
nicht, den Gauner dingfest zu machen.
Wevnrifchtes.
— Von der Beleuchtung in San Remo am Abend des 25. Januar, des 30. Hochzeitstags des kronprinzl. Paares, erzählt der Berichterstatter dxr Magdeb. Z.: Die Sonne schwand hinter dem Kap Nero, und nun lag "ein Unbeschreiblicher, goldenvioletter Ton über dem ganzen Landschaftsbilde, während alle Fenster wie in einer plötzlichen Illumination für einige Augenblicke erglänzten. Der goldige Ton der verglühenden Sonne wich dem silbernen des aufsteigenden Mondes, einzelne Sterne blitzten auf, der schöne Tag war zu Ende. Aber die Luft blieb mild und weich, und erst später als sonst kehrten die Spaziergänger vom Strande heimwärts. Und während sonst, sobald es dunkel geworden, ganz San Remo still und verschlafen daliegt, wars heute auf den Straßen ganz ungewöhnlich lebendig; in Hellen Scharen ging's in der siebenten Stunde der Villa Zirio zu', deren hell erleuchtete Fenster freundlich durch die dunkeln Palmenbüschel hindurchschimmerten. Die meisten Deutschen versammelten sich in dem geräumigen zum Meere abfallenden Garten des Hotels Möditerranöe, von dessen Giebel heute die schwarz-weiß-rote Flagge herniederwehte, aber auch auf der Straße zwischen Hotel und Villa stand die Menge Kopf an Kopf, während wieder andere an dem Strand sich postiert hatten. Alle Häuser in der Nähe der Villa strahlten in Hellem Lichterglanz, vor Allem das Hotel de Rome, dessen Schauseite von oben bis unten mit langen Ketten buntschimmernder Lämpchen behängt war. In Flammen erglühend lag der „Barbarigo" in der Bucht, umkränzt von einer ganzen Flotille kleiner Boote, auf denen es bald grün, bald rot, bald blau aufleuchtete, so daß das Meer zu brennen schien. Er war eine Abendstunde von unbeschreiblicher Lieblichkeit: kein Lüftchen regte sich, die See lag still und groß, und still und groß stand die silberne Mondscheibe an dem tiefklaren Himmel. Da plötzlich, während gleichzeitig im Garten der Villa Zirio die Kapelle das „Heil Dir im Siegerkranz" intonierte, dessen Klänge feierlich zu dem Abendhimmel emporstiegen, zischte eine Rakete auf und fuhr raffelnd und prasselnd himmelwärts, um dann oben zu tausend und abertausend Funken zu versprühen; eine zweite, eine dritte folgte und nun Hub ein Feuerzauber an von einer Pracht und Herrlichkeit, der gegenüber alle Kunst der Schilderung ohnmächtig bleiben muß. Hier die mit den entzückendsten Reflexen überflutete See. dort die in mattem Silberlicht schimmernde dunkle Bergwand, bekrönt mit den von Pinien überragten, von Orangen halb verdeckten Villen; grade vor uns das in bengalischem Lichte erstrahlende Heim unseres Kronprinzen mit dem herrlichen Garten, der nur mit Bäumen besetzt ist, welche das Laub nie verlieren, und in dem zwischen Palme und Eucalyptus die baumhohen, wie vielarmige Kandelaber geformten Blütenstengel der Agaven emporragen, und der nun bald von einem rötlichen, bald von einem magisch-grünen Lichtschimmer übergoflen dalag. Und in dieser Szenerie nun, hart am Strande, ein Glühen und Leuchten, ein Funkeln und
Glizern, als sei ein Märchen aus „Tausend und eine Nacht", lebendig geworden. Unaufhörlich schaffen riesige Feuergarben an dem dunklen Himmel empor, um dann wie flüssiges Gold wieder herabzurieseln; Raketen flogen auf, neigten sich und schütteten ganze Bündel glühender Rosen oder ganze Haufen blizblanker Sternthaler auf die Erde; dazu donnerten die Kanonenschläge, ein mächtiges Echo in den Bergen erweckend, und die ganze Landschaft flammte zwischendurch bald in tiefroter, bald in blauer, bald in grüner Beleuchtung. Dann wieder glühte in weißlichem Brillantfeuer der Anker der Hoffnung oder der verschlungene Namenszug des kronprinzlichen Paares oder die Kaiserkrone und das Reichswappen, während ringsum alles in Flammen zu stehen schien und die Raketen wie in Salvenfeuer emporschossen. Und als dann endlich unter den Klängen der „Wacht am Rhein" die Kaiserkrone allmählich verglüht war, da begann ein neues Feuerschauspiel an Bord des Kriegsschiffes, das leuchtend auf der dunklen Meerflut sich schaukelte. Dort flammten plötzlich elektrische Sonnen auf und im Nu war die Villa Zirio mitsammt ihrem Garten von Tageshelle übergoffen. Eine zweite Sonne warf ihren Lichtschein auf die alte, an den Berg geklebte Stadt, eine dritte auf den Molo; dann wieder huschte das Licht über die Flut, einen neuen Zielpunkt suchend, während zugleich Raketen aufstiegen uno Böllerschüsse über das Wasser dröhnten. Erst gegen'9 Uhr erloschen die letzten Lichter an Bord des Avisos: der schöne Festtag der Deutschen in San Remo war zu Ende.
LitterxaviscHes.
Von der „Illustrierten Geschichte Deutschlands" (Emil Hänselmann's Verlag in Stuttgart) liegt nunmehr der erste Band vollendet vor. Preis 10. — in eleg. Leinenband, »L 11 — in hochfeinem Halbfrzbd. Derselbe beginnend mit der Urgeschichte des deutschen Volkes schließt mit dem Untergang des hohenstaufischen Kaisergeschlechts und enthält 52 Bogen Text mit 243 Illustrationen und 33 Vollbilder in Tondruck. Wir glauben wohl sagen zu dürfen, daß die großen Erwartungen, die man an das Erscheinen dieses Werkes knüpfte, sich auch im vollsten Maße erfüllt haben. War eS doch das einmütige Bestreben des Verlegers und der Herausgeber, auf gesund nationaler Basis und geleitet von einem geläuterten künstlerischen Geschmack ein Werk zu schaffen, das in jeder deutschen Familie Aufnahme finden, das einem jeden seiner Leser interessanten Stoff genug zum Nachdenken über die Geschichte unseres Volkes in Vergangenheit und Gegenwart bieten sollte.
Der Verfasser hat es verstanden, durch gründliche und gewandte Darstellung seine Leser zu fesseln; dadurch, daß er die Kulturgeschichte gleichsam als leitenden Faden benützt, hat er der Lebenswahrheit der historischen Bilder eine mächtige Stütze geschaffen, welche am besten geeignet ist, die Zeitbilder schärfer zu gestalten und interessanter zu machen.
Die Illustrationen von kundiger Hand ausgewählt, stehen im engsten Zusammenhang mit dem Text und gliedern sich in Darstellungen überkommener Altertümer und in die Wiedergabe jüngerer historischer Bilder, die sich, die Vorwürfe in älterer Zeit suchten und bereits allgemeine Anerkennung gefunden haben.
Die Verlagshandlung hat zudem auf die Ausstattung die größte Sorgfalt verwendet und wir dürfen wohl hoffen, daß dieser prächtige Band seinen Eindruck auf das gesamte deutsche Publikum nicht verfehlen wird und daß der Zweck des Buches, die Hebung und Förderung des patriotischen Bewußtseins und die Kräftigung der Liebe zu unserem deutschen Vaterlande erreicht wird.
In dem uns vorliegenden Henerak-Katakog des Herrn K. ß. Keinem«»«, Hoflieferant, Samen- und Pflanzenhandlung in Erfurt, finden wir unter dem Aeltesten und Bewährtesten verschiedene Neuheiten, die wir mit Recht allen Interessenten aufs Wärmste empfehlen können.
1. Samen: a. Gemüsesamen, b. Blumensamen-Sortimente in elegantem, verschließbarem Blechkasten mit Schlüssel. Inhalt für einen Keinen Garten ausreichend,
A. 3
2. Pflanzen: Großblumige Clematis für immerwährenden Flor, 5 Sorten 6 -4i, ä Stück 1allerneueste Cactus-Dahlien (Georginen), 5 Sorten 7 ^L, L Stück 2 u-, Pelargonien, 10 Sorten 2'/- ^, ä Stück 30 L; Fuchsien, 10 Sorten 4 ä Stück 50 I; allerneueste Fuchsien wie: Professor Dr. Wittmack und Esmeralda, ä Stück 1
3. Aeeren: Neue englische Stachelbeere „Industrie", ä Stück 1'/- -H, 2 Stück 2
4. Nässender Jimmerfchmuck : Miniatur-Gewächshaus, neu! leer ä. 10 incl. Emballage, mit Pflanzen ä 14 mit Aussaattöpfen und Erde zur Anzucht feiner Pflanzen, L Stück 11
Alle von Erfurt ausgebotenen Artikel der Garten- und deren verwandten Branchen, welche hier nicht aufgeführt, werden von A. E. Keinem«»» zu den bissigsten Nreisen und in bester Qualität geliefert. (Siehe die Beilage in heutiger Nummer.)
„Man soll sich doch ein solches Kind in der Schlacht vorstellen", sprach nun ein narbenbedeckter Reiteroffizier, „wo Mann gegen Mann kämpfen muß, da wir Säbelhiebe und Bajonettstiche austeilen müssen! Was soll da nun ein solcher Lasse, der der Rute des Lehrers entsprungen ist?"
„Wer wird aber den Aermsten festhalten, wenn solch' ein Gewitter entsteht, -wie jüngster Tage?" witzelte Brownie, der heiterste und munterste aller Offiziere. „Der Wind wird das kleine zarte Knäblein, in die Luft wirbeln und ins Meer wehen, wenn es sich nicht an eine Kanone festbinden läßt. . . ."
Noch lange scherzten die Offiziere unter einander über den jungen Krieger -und alle einigten sich dahin, abzuwarten, wie lange er die Sache aushalten werde. Es unterliegt keinem Zweifel, daß er schon in der Woche seine Entlassung erreichen wird, oder sich als Staffelte mit den Wetterberichten Lord Raglan's wird heimsenden lassen; oder daß er im besten Falle als Marodeur nach Balaklava, unter die sorgende Pflege der wackeren Miß Nightingale gelangt.
* 4 -
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Auf den schönen Tag folgte eine schändliche, miserable Nacht. Der Regen goß in Strömen bis zum Morgen; als der Tag zu grauen begann, erhob sich ein kalter Nordwest, der Herzen und Mäntel durchkältete und bis zum Morgen waren die Kotmassen zu Stein gefroren, während die wackeren Soldaten, die während voller zehn Stunden schier zu Wasser geworden waren, über ihre Uniformen eine glänzende Eisdecke erhielten, als wären sie thatsächlich mit Zucker bestreut. Die Mäntel konnte man nicht auswinden, sondem man mußte sie brechen und wer Stiefel an den Füßen hatte, schien wahre Elefantenfüße zu haben, so dick war die angefrorene Kotkruste.
„Ooä bloss us!" brummte der irländische Artillerieoffizier, einen Fuß gegen den andern schlagend. „Jetzt hätte ich nichts dagegen, wenn der Pater hier wäre und einiges von der Hölle sprechen wollte; das würde etwas warm machen. Wenn man wenigstens Heizen könnte!"
Unter dem Worte Heizen verstand er seine Kanonen. Der gute Christ! er selbst fror und dennoch wollte er dem Feinde Heizen.
„Was mag wohl aus dem Milchbart geworden sein?" murmelte er in seiner Langeweile vor sich hin. „Na, der ist sicherlich im Koth festgefroren, daß man ihn Herausschmelzen muß."
„Seither hat er sich gewiß in die Krankenliste eintragen lassen: Der arme Jüngling! ob er wohl ein Futteral über seine Nase gezogen hat. Es thäte mir leid, wenn ihm die Nase abfrisren würde."
Am Morgen begannen die Ambulanzen die des Nachts in den Laufgräben erkrankten Soldaten aufzulesen. Es war wirklich eine grimmige Nacht gewesen; ein Wagen folgte dem andern. Cholera, Typhus und Lungenentzündung dezimierten die Soldaten, wem blos Hände und Füße abgefroren waren, wurde gar nicht berücksichtigt.
„Wer kocht dem armen Kerl Thee, wenn er Magenbeschwerden hat?" sann der Artillerist scherzend, als er die langen Wagentransporte an sich vorüberziehen sah. „Wenn die liebe Mama dies daheim wüßte!"
Er sollte indessen nicht lange um den Gegenstand seiner Befürchtungen besorgt sein, denn derselbe kam zu seiner nicht geringen Verwunderung auf seinen eigenen Füßen auf ihn zu. Seine Wangen waren zwar von der Kälte gerötet, doch seine Nase war durchaus nicht abgefroren, ja nicht einmal ein Shawl um seinen Hals geschlungen! Das gestrige leichte Halstuch war auch heute in einem breiten Knoten um seinen Nacken gebunden, der mit dem Oberteile der Brust unverhüllt aus dem halb offenstehenden Hemdkragen herausguckte. Auch sonst war keinerlei Verändemng an dem jungen Manne wahrzunehmen, mit Ausnahme des Patenttothes, welchen die Firma Balaklava gratis liefert.
„Oberst Egerton läßt Sie zu sich bitten", sprach der junge Offizier reinen Hellen Tones zu dem Artilleriekommandanten.
In der That! nicht einmal heiser war er!
. (Fortsetzung folgt.)