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im neuen Jahre eine Monatsversammlung ab. Der Vorstand des Vereins begrüßte die anwesenden Mitglieder in einer beifällig aufgenommenen Ansprache, gab einen kurzen Rückblick auf das Vereinsleben im vergangenen Jahre, forderte die Sänger zu neuem Fleiß und Eifer im Gesang auf und betonte besonders, daß nur vereinte Kraft, vereintes Streben zu weiteren Erfolgen führen werde. Treu für die Kunst, für alles Schöne, Hohe möge der Liederkranz' auch ferner unentwegt stehen und durch des deutschen Liedes heilge Weihe wachsen, blühen und gedeihen. Die Zahl der Mitglieder beträgt nun 219. Wie wir hören, soll für den am 11. Februar stattfindenden Maskenball ein reichhaltiges, gediegenes Programm festgestellt sein, um die Mitglieder in jeder Weise zu befriedigen.

7 Breitenberg, 28. Jan. Ein hiesiger Bürger fiel beim Nachhause- gehen von Neuweiler so unglücklich, daß er ein Auge verletzte und zu dessen Heilung nach Tübingen mußte.

Stuttgart. Geflügelausstellung. Wie wir bereits früher mitteilten, findet dieses Jahr in hiesiger Stadt die Württ. Landesverbands­ausstellung der Vogelfreunde statt. Für die Ausstellung sind die Tage des Pferdemarktes in Aussicht genommen. Als Ausstellungsraum ist die Galerie der Gewerbehalle genehmigt worden. Die Ausstellung verspricht eine sehr reichhaltige zu werden, zumal dieselbe als eine internationale veranstaltet wird. Gestern vormittag wurde hier ein 19 Jahre alter Schreinergeselle festgenommen, welcher schon seit Monaten in fast sämtlichen hiesigen Juwelier­läden unter dem Vorgeben, goldene Ringe kaufen zu wollen, sich solche vor­legen ließ, dabei aber die nächste Gelegenheit benützte um Ringe zu stehlen. War ihm letzteres gelungen so feilschte er eine zeitlang um irgend einen Ring, verließ dann aber schnell den Laden, angeblich um bei seiner Schwester Geld zu holen. Die gestohlenen Ringe hat derselbe sofort verkauft.

Fellbach, 27. Jan. Leider ist schon wieder von einem Verbrechen zu berichten. Ein 14jähriges Mädchen, das vom Effentragen nach Cannstatt auf einem seitwärts gelegenen Fußwege zurückkehrte, wurde von zwei ihr be­gegnenden Handwerksburschen angehalten, zu Boden geworfen und nußhandelt. Auf die sofort gemachte Anzeige sind eifrige Nachforschungen nach den zwei Unmenschen angestellt worden, doch bis jetzt ohne Erfolg.

Reutlingen, 26. Jan. Unter großer Teilnahme der Bevölkerung wurde'gestern Fabrikant Heinrich Finkh sen. beerdigt. Als füherer Vor­stand der deutschen Partei und der Museumsgesellschaft war er eine angesehene und beliebte Persönlichkeit, weshalb er auch in den siebziger Jahren die hiesige Stadt im Landtage vertreten durfte.

Heiden heim, 23. Jan. Die Pferdezucht in unserem Bezirk, namentlich auf der Alb, ist im Zunehmen. Viele Oekonomen beschäftigen sich mit der Aufzucht von jungen Pferden. Leider werden aber bis jetzt noch nicht alle Fohlen bei uns gezüchtet, sondern durch Händler aus Bayern und den Niederlanden in unsere Gegend verkauft. Ein oder zwei Jahre später werden dann die Tiere, je nachdem, um 400800 ^ wieder von Händlern aufgekauft und ins Ausland geführt. Um nun die eigene Pferde­zucht etwas zu fördern, hat der landwirtschaftliche Vsreinsausschuß, ähnlich dem Geislinaer, letzten Samstag beschlossen, zwei Hengste (Normännische Rasse) aufkaufen zu lassen, unter Zuziehung eines Mitglieds der K. Gestüts­kommission. und die beiden Tiere, das eine für das obere, das andere für das untere Brenzthal aufzustellen. Der Ausschußsitzung wohnte auch Land­tagsabgeordneter Bantleon von Waldhausen an, welcher den Ankauf zweier guter Rassehengste, überhaupt die Hebung der Pferdezucht in unserem Bezirk warm befürwortete.

Heidenheim, 26. Jan. Unsere Gegend wird wirklich von Hand­werksburschen schwer heimgesucht und die meisten treten mit seltener Keckheit auf. Der Bettel muß sich aber auch noch lohnen, denn dieser Tage zählten in ihrer Herberge einige Fechtbrüder ihren Nachmittagsverdienst. Der geringste hatte 1 Mark 40 Pfennige, der beste 2 Mark 60 Pfennige erfochten, während es hier Familienväter giebt, die sich in der Fabrik den ganzen Tag um 1 Mark 50 Pfennige abhärmen. Gestern drang ein Handwerksbursche in ein Zimmer, dessen Bewohner abwesend waren. Er entwendete dort zwei Taschenuhren und machte sich dann auf und davon.

Blaubeuren, 24. Jan. An der Maschine des nachmittags 4.45 von Sigmaringen hieherkommenden Zugs ist, wie derBlaum." schreibt, heute ein Radreif gesprungen. In Folge dessen mußte die Maschine hier abgekuppelt^ und zur Weiterführung des Zugs eine Hilfsmaschine von Ulm hierhergebracht werden. Der Zug erhielt hiedurch eine Verspätung von einer Stunde; er fuhr daher erst abends 6 Uhr von hier ab.

Ulm, 25. Jan. DemSchm. B." wird von hier geschrieben: Eine Mahnung zur Vorsicht in amerikanischen Erbschaftsangelegenheiten dürfte sich aus nachfolgendem Vorkommnis ergeben. Einem in Amerika verschollenen Württemberger war eine Erbschaft von 70,000 zugefallen und von der diesseitigen Behörde wurden die üblichen Ausschreibungen und Aufforderungen an den Verschollenen in amerikanischen Blättern erlassen. Dies ersah sich einer der zahlreichen Gauner jenseits des großen Wassers als erwünschte Gelegenheit. Er schrieb an das württembergische Stadtpfarramt unter dem' Namen des Verschollenen und ließ sich Stammbaum und Geburtsschein schicken; damit ging er zu einem amerikanischen Notar, der ihm die Ueber- einstimmung seiner Person mit dem gesuchten Württemberger beglaubigte. Auf Grund der vorgelegten Papiere nahm dann das deutsche Konsulat keinen Anstand, der Ausfolgung der beträchtlichen Summe an den Schwindler statt­zugeben. Der Betrug kam an den Tag, als sich einige Zeit später der wirklich Erbberechtigte meldete. Da war aber weder von dem Geld, noch von dem Betrüger mehr eine Spur zu finden. Amerikanischen Erbschafts­papieren gegenüber ist das größte Mißtrauen am Platz.

Ulm, 27. Jan. Kürzlich wurde der Laufbursche eines hiesigen Handlungshausc» beauftragt, eine Posteinzahlung im Betrag von 58 15 H

zur Post zu besorgen. Er kehrte auch nach einiger Zeit mit dem unter­schriebenen Postquittungsbuch zurück, hatte aber das Geld nicht eingezahlt, sondern die Unterschrift des Postbeamten so täuschend ähnlich nachzumachen verstanden, daß niemand von dem Komptoirpersonal Verdacht schöpfte. Erst als einige Knaben die Fetzen des von dem Burschen zerrissenen Einzahlungs­kartons in das betreffende Geschäft brachten, wurde die Fälschung entdeckt und eine halbe Stunde später auch der Betrag der Einzahlung durch die Mutter des Knaben, welcher 1 verloren und deshalb die Fälschung be­gangen haben wollte, ersetzt. Durch dieses raffinierte Gebühren des Burschen mißtrauisch gemacht, bat der betreffende Kaufmann um Vornahme einer Durchsuchung der Wohnung der Mutter des Knaben nach ihm in letzter Zeit abhanden gekommenen Waren. Diese war sehr ergiebig, denn es wurden Gegenstände im Werte von über 60 z. B. ein Dutzend Kravatten, Kravatten-Nadeln, Kragen, Manchetten, Hosenträger, Portefeuilles u. dergl. mehr gefunden. Der junge Dieb war geständig, außer den oben aufgeführten Waren seinem Herrn auch noch 8 bares Geld gestohlen und verbraucht zu haben, weiter wurde inzwischen ermittelt, daß er etwa 12 seiner Schul­kameraden mit gestohlenen Sachen beschenkt und an einige andere Personen Waren zu Schleuderpreisen verkauft hat. Der hoffnungsvolle Junge ist noch nicht 14 Jahre alt.

* Friedrichshafen, 27. Jan. Seit gestern vormittag haben wir starken Sturm, der heute früh von Schneegestöber begleitet war. Um 9 Uhr morgens lagerte gestern noch dichter Nebel über dem See, dann brach die Sonne durch und gleichzeitig trieb der See große schäumende Wellen. Das um diese Zeit nach Rorschach fahrende DampfbootOlga" erblickte fast in der Mitte des Sees ein mit Bauholz schwer beladenes Segelschiff, welches die Notflagge gezogen hatte; sofort wurde aus das Segelschiff zugesteuert und dasselbe mit nicht geringer Anstrengung in das Schlepptau genommen und nach Rorschach bugsiert. Auch das in den Obersee fahrende Dawpsboot Friedrichshafen" kam einem mit der Notflagge versehenen Schiffe zu Hilfe und brachte es nach Wasserburg.

Karlsruhe, 27. Jan. Ein dritter Raubanfall, der gestern zwischen 5 und 6 Uhr abends an einer Metzgerfrau verübt wurde, spornt die Polizei zu fieberhafter Thätigkeit an. Nach den Aussagen der Beteiligten scheinen verschiedene Personen untereinander die Verbrechen zu verabreden.

seinen zweiten Turm verloren. Maruf ist nun stark im Vorteil, er ist mit einem Turm stärker, als sein Gegner. Und dies bedeutet sehr viel. Jedermann ist bereits überzeugt, daß er die Partie gewinnen müsse.

Plötzlich treten Schweißtropfen auf Maruf's Stirne; tödlicher Schrecken be­inächtige sich seiner, er beginnt am ganzen Leibe zu zittern.

Jetzt hat er erst wahrgenommen, daß sein Gegner trotz des Verlustes, welchen er ihm beigebracht hat, im Besitze eines Zuges ist, der ihm das Spiel gewinnen läßt, wenn er ihn wahrnimmt.

Wenn Sefer seine Königin für Maruf's Turm opfert, so kann er ihm mit dem Läufer sofort Matt geben.

Wird er den Zug bemerken? Diese Frage bedeutet jetzt Leben oder Tod.

Sefer blickte sehr lange auf das Schachbrett; der Blick seiner Augen verrät, daß er den Rettungszug sehr wohl sieht. Doch greift er nicht zu den Figuren, sondern scheint über etwas nachzudenken.

Maruf", spricht er plötzlich seinen Gegner an;wieviel Kinder hast Du daheim?"

Vier", versetzt dieser mit bebenden Lippen.

Mit dem fünften wird Dich Deine Frau bald beschenken?"

Ja."

Du hast eine gute Frau, wie?"

Sie ist treu und gut", erwiderte Maruf seufzend.

Sefer fährt sich über das Gesicht und beginnt etwas zu murmeln, als würde er ein Gebet hersagen.

Sodann verlangte er Wasser in einem Becken; dann wäscht er Gesicht und Augen, die rechte und die linke Hand und neigt sich hierauf nach rechts und links. Die beiden Schutzengel stehen zu solchen Zeiten unsichtbar neben dem Betenden.

Du erließest mir in der jüngsten Nacht den Verlust, damit ich schlafen könne" beginnt Sefer neuerdings.

Maruf nickte blos mit dem Kopfe.

Du warst mir stets ein guter Kamerad, Maruf."

Dieser läßt den Kopf verzagt sinken.

Sefer streckte die Hand nach den Schachfiguren aus und zieht nicht mit der Königin, sondern mit dem Läufer.

Schach-Matt!" tönt es plötzlich ringsum. Ein jeder, der dort stand, eilte, dies zu verkünden. Maruf hatte gesiegt, Sefer verloren.

Sefer stand ruhig auf, drückte noch einmal die Hand seines unbeweglich da­sitzenden Gefährten und winkte den hinter ihm stehenden Schützen, daß er bereit sei.

Nach zwei Sekunden verkündete eine Gewehrsalve, daß das Spiel zu Ende sei-

Auch Sefer war erschossen worden.

Maruf aber blieb vor der beendeten Partie sitzen.

Und stieren Blickes schaute er vor sich hin und stellte mit zitternden Händen die Figuren neuerdings auf, doch wie jemand, der dieselben noch niemals in Ordnung aufgestellt sah: Offiziere und Bauern durcheinander; schwarze Steine neben die weißen.

Stehe auf!" rief ihm Ahmanzade zu.Setze Dich zu Pferde; Du bleibst am Leben!"

Der Mann aber blieb sitzen und starrte immer noch vor sich hin.

Und dazu begann er sinnlose Züge mit den Figuren nach vorne und nach rückwärts zu machen und betrachtete sie lachend. Wie dumm! der eine hat einen Turban, der andere einen Pferdekopf.

Hebet ihn auf!" befahl Mehemed.

Zwei Soldaten hoben ihn empor; der Mann aber starrte mit blödem Lachen vor sich hin. Himmel, Erde und Menschen waren ihm unbekannte Dinge geworden; er blickte verständnislos um sich und was er sprach, hatte nichts menschliches an sich.

Er war während des letzten Schachzuges wahnsinnig geworden.