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Montag, Ettwoch, Donnerstag und Samstag.

Auflage 2000 Preis vierteljährl. hier mit LrLgerloh» 90 im BeziÄ 1

außerhalb d. Bezirks 1 20

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Der GesrlMter

Amts- und Anzeige-Blatt sur den Oberamts-Bezirk Nagold.

74. Sa-r-mr-.

JnsertiouS-Gebühe f.d. einspaltige Z,U, aus gewöhn!. Gchrist oder deren Raum bi, einmalig. Einrückung » bei mehrmalig t' «

Gratisbeilagen: DaS Plandrrstübch«, und

Echwäb. Landwirt.

^ 1S9.

Amtlicher.

Den K. Standesämtern

werden mit nächster Post die bestellten Standesamtsformulare für das Jahr 1901 zugehen.

Den Formularsrndungrn liegt das seinerzeit vorgelegte Bestellschreiben bei.

Die K. Standesämter haben auf der Rückseite drs BestellschreibenS, wie vorgesehen, den richtigen Empfang der bestellten Formulare zu bescheinigen und das Bestellschreiben alsbald hierher vorzulegen.

Den 19. Dezember 1900.

K. Oberamt. Ritter.

De« Schnttheißenämter«

gehen mit nächster Post je eine der Einwohnerzahl ihrer Gemeinden entsprechende Anzahl Exemplare des von dem Kaiserlichen Gesundheitsamte bearbeitetenTuberkulose- Merkblatte-" mit der Weisung zu, einen Teil dieser treff­lich abgefaßten Belehrung über das Wesen und die Be­kämpfung der Lungenschwindsucht unter die Einwohner ihrer Gemeinden, besonders die Mitglieder der Gemeindekollegien, zu verteilen und einige Exemplare der OrtS- uud Schul- bibliothek ihrer Gemeinde eiuznverleibeu.

Ueber den Vollzug der Verteilung ist Eintrag im Schnlt- heißeuamtsprotokoll zu machen.

Auf Ansuchen können noch einige Exemplare des Merk­blatts vom Oberamt bezogen werden.

Nagold, den 19. Dezember 1900.

K. Oberamt. Ritter.

Die erledigte Stelle deS Kabinettssekretärs wurde dem Justiz- referendär I. Klaffe Freiherrn Konrad v. Gültlinge«, zur Zeit stellvertretenden Amtsrichter bei dem Amtsgericht Stuttgart-Amt, unter Verleihung des Titels eines Geh. Legationssekretärs über­tragen und derselbe gleichzeitig zum K. Kammerjunker ernannt.

Drr Untergang eines -rutschen Schutschiffs.

Wie die neuesten Meldungen besagen, stellt sich der Verlust an Mannschaften anläßlich deS Untergangs des deutschen Schulschiffs Gneisenau an den Felsen von Malaga nicht so schwer, als anfänglich angenommen wurde. Nur etwa 40 Mann fanden den Wellentod, darunter Kapitän Kreischmann, der als l-tzier auf seinem Posten verharrte und heldenmütig dem Tod entgegenging, obwohl ihm Hilfe geboten wurde. Als es spanischen Matrosen gelang, an die Fregatte heranzukommen und ein Tau hinüber­zuwerfen, warf ihnen Kretschmarin seinen Degen entgegen. Unmittelbar daraus schlugen über ihm die Fluten zusammen. Sein LoS teilten 4weitere tapfere Offiziere. Wie beim Untergang -es Iltis an der ostasiatischen Küste haben auch bei diesem Unglück unsere Marineleute echt seemännische Kaltblütigkeit und Todesverachtung bewiesen. Aber zu unerwartet wälzte sich die Sturmflut heran an das verankerte Schiff, auf dem eben die Mannschaft beim Gottesdienst versammele war. Ehe es noch gelang Dampf aufzumachen, um des nur auf die Segel angewiesenen Schiffes Herr zu werden, und den sichern Hafen zu gewinnen, zerschellte es an den Klippen.

Um so tragischer ist das Geschick des Schiffes, als mit ihm jahraus, jahrein weite transatlantische Reisen unter­nommen und so mancher Sturm glücklich Überstunden wurde. An der europäischen Küste mußte es nun zu Grund gehen und zahlreiche hoffnungsvolle Menschenleben mit sich in die Tiefe reißen. Es drängt sich unwillkürlich die Frage auf, ob daS Alter des Schiffes vielleicht die Katastrophe mit verschuldet haben könnte. Gneisenau ist aus der Frontliste der Schiffe schon seit geraumer Zeit gestrichen, wie olle Fahrzeuge die zu Gchulzwecken Verwendung finden. Das schließt aber die Seetüchtigkeit keineswegs aus, im vor­liegenden Fall um so weniger, als die Schulschiffe durch­weg modernisiert, also gedockt sind und erst kürzlich neue Takelage erhalten haben. Außerdem ist die Besichtigung auf Seeklar heit, die jeder Fahrt vorangeht, gerade bei den Schulschiffen eine äußerst strenge. Es hätte also jedes andere hochmoderne Fahrzeug, daS im Bereich des Orkans sich befand, von dem gleichen Schicksal ereilt werden können. Auch das große englische Panzerschiff Viktoria Hot bekannt­lich vor mehreren Jahren im Mittelmeer den Untergang gefunden. Ihm, wie der Gneisenau ist die Nähe des Landes verhängnisvoll geworden. Es wäre dem Kapitän am Ende gelungen, sein Schiff auf offener See gegen den Sturm zu halten. Dorthin zu flüchten, war offenbar nicht wehr möglich. SremannsloSl Gar traurige Weihnachten wird es mancher Familie bringen. Schmerzersüllt muß Deutschland den 16. Dez. als einen trüben Gedenktag in der Geschichte seiner Marine verzeichnen.

Seit 20 Jcchren hatte der Gneisenau mit Ehren die deutsche Flagge über die Meere getragen. Er hotte ein

U«gold, Donnerstag den 2V. Dezember

Deplacement von 2856 Tonnen; die Maschinen, welche

2500 Pferdekräfte indizierten, gaben dem Schiff eine Ge­schwindigkeit von 12 Seemeilen. Gneisenau war 75 Mtr. lang, 14 Mtr. breit; sein Tiefgang betrug 5.8 Mir. Als Armierung führte das aus Eisen hergestellte Schiff vierzehn 15 Zentimeter-Geschütze, außerdem waren zwei 8.8 Zentimeter-Schnellladekanonen und zwei 8 Millimeter- Maschinengewehre an Bord. Seit mehreren Jahren diente Gneisenau wie die Schwesterschiffe Stosch, Stein, und Moltke als Kadettenschulschiff und war als solches in Bergen anwesend, als der Kaiser dort das französische Ka­dettenschulschiff Iphigenie besuchte.

Im In- und Auslande hat das Unglück und der Tod der wackeren deutschen Seeleute die herzlichste Teilnahme erweckt. Von den Bundesfürsten wurden alsbald an den Kaiser Beileidstelegramme gerichtet. Die deutsche Kolonie von Malaga beabsichtigt, eine große Totenfeier zu ver­anstalten. Der französische Marineminister sandte an den Staatssekretär v. Tirpitz folgendes Beileidstelegramm: Schmerzlich L erührt von dem Untergang des Gneisenau bitte ich Sie, bei diesem Anlaß bei der deutschen Marine der Dolmetscher des Beileids der französischen Marine sein zu wollen."

Wir lassen nachstehend die weiter eingegangenen Meldungen über die Katastrophe folgen:

Berlin, 18. Dez. Der kaiserliche Konsul in Malaga meldet amtlich: Vermutlich find 38 Mann umgekommrn, darunter der Kommandant Kretschmann, der erste Offizier Berninghaus und der erste Ingenieur Prüfer. Sämtliche Gerettete find gut untergrbracht und werden bestens ver­pflegt. Seit 9 Uhr wird Musterung vorgenommen, um die Namen der Verlorenen festzustellen.

Malaga, 19.Dez. Ein Dampfer des Norddeutschen Lloyd traf von Gibraltar ein, um von den Resten der Gneisenau so viel als möglich zu bergen. Angesichts des aufgeregten Zustandes des MeereS konnten die Taucher noch nicht arbeiten. Die Zahl der Ver­wundeten und Verletzten, welche im Nothospital verpflegt werden, beträgt 150. Die meisten Verletzungen b,finden sich am Kopfe, vielen müssen Arme und Beine amputiert werden.

Kiel, 18. Dez. Von zuständiger Seite wird gemeldet: Dem deutschen Schulschiff Charlotte, das sich gegen­wärtig im Hafen von Korfu befindet, ist telegraphisch der Befehl zugegangen, sich sofort nach Malaga zu begeben, um bei den Rettungsarbeiten Hilfe zu leisten. Die gerettete Mannschaft der Gneisenau soll mit dem nächsten erreichbaren Dampfer in die Heimat geschickt werden.

Berlin, 18. Dez. Aus Madrid wird gemeldet: Ueber 100 Matrosen des Schulschiffs Gneisenau wurden im ganzen leicht verletzt, nur einige schwer. Etwa 15 Spanier sind bei dem Rettungswerk ertrunken.

Malaga, 18. Dez. Die ganze Bevölkerung wett­eifert mit der deutschen Kolonie in den Bemühungen um die Pjflege der geretteten Mannschaften der Gneisenau.

Madrid, 19. Dez. Das große Abendblatt Heraldo de Madrid brachte einen prächtigen Nachruf: Nie habe sich der Tod so unerbittlich in seiner blinden Wut gezeigt; in achtunggebietender Größe, größer noch als die Wut der Elemente, erhebe sich die Figur des heldenmütigen deutschen Kommandanten, der, fest auf seinem Posten aushaltend und die Hilfe zurückweisend, seiner Ehre und der Flagge sein Leben opferte. Ueberaus traurig sei der Tod der tapferen Jugend, die die Hoffnung einer Nation, die eine edle Vertreterin der Zukunft und des Ruhmes sei. Auch der spanische Heldenmut habe Opfer dargebracht, auf die Spanien stolz sein könne. Der deutsche Bergungs­dampfer Newa ist mit drei Tauchern eingeti offen, auch ein englischer Bergungsdampser ist herbeigerufen. Alle Schiffe im Hafen haben aus Halbmast geflaggt. Die Presse tadelt daS Fehlen geeigneter Küstenrettungsapparate.

Madrid, 19. Dez. Ueberall zeigt sich große Teil­nahme. Die Vertreter der fremden Mächte gaben ihre Karten in der deutschen Botschaft ab. Die deutsche Kolonie in Malaga beabsichtigt eine große Totenfeier. Nach einer Meldung aus Malaga, hatte die Gneisenau zum Gottesdienst Anker geworfen, als plötzlich der Sturm kam. Der Kapitän beschloß, in See zu gehen, bevor aber die Heizer Dampf aufbringen konnten, traf dos Schiff die Windhose, die es vom Anker losriß und gegen die Klippen trieb. Der Kapitän that alles, was in seiner Macht stand, die Besatzung zu retten. Infolge der Brandung wurden die mit Rettungsgürteln Schwimmenden gegen die Klippen geworfen und schrecklich verletzt.

Madrid, 20. Dez. Der erste ans Land gespülte Leichnam von der Gneisenau war der des Kapitäns Kretsch­mann in Uniform und Handschuhen. Gesicht und Kopf waren blutig. Die Leiche wurde in eine deutsche National­

isoo.

flagge gehüllt und nach dem englischen Friedhof gebracht.

Es ist Hoffnung vorhanden, daß die Gneisenau doch noch geborgen wirsd. Jetzt sind blos die Mastspitzen sichtbar.

Berlin, 19. Dez. Der Staatssekretär des ReichS- marineamteS v. Tirpitz erstattete dem Kaiser, dem daS Un­glück besonders nahegeht, über dir bisherigen Meldungen gestern nachmittag Vortrag und kehrte erst abends nach Berlin zurück.

Madrid, 18. Dez. Privattelegramme aus Malaga besagen, daß der Hafenkommandant den Kapitän Kretschmann ersuchte, sein Schiff in den Hafen schleppen zu kaffen, Kapitän Kretschmann hatte dies abgelehnt.

London, 18. Dez. Der Daily Chronicle schreibt zu dem Untergang der Gneisenau: Vor ollen Nationen nimmt England herzlichen Anteil an dem entsetzlichen Un- glückssall. Die Daily News sagt:Wir find wohl im Stande mit dem deutschen Volk« mitzuempfinden bei dem schrecklichen Unglück, das in viele Familie tiefe Trauer ge­bracht hat."

Hages-Hleuigkeiten.

Aus Stadt uu- Laad.

Nagold, 20. Dezember.

Bürgerausschußwahl. Die Nachwahl zum Bürger- ausschuß findet heule abend von SS Uhr statt.

Württ. Versicherungsanstalt. Die ordent- liche^Jahresversammlung des Ausschusses der Anstalt findet am Samstag, 29. ds., nachmittags 2 Uhr im Kreutzrr- saale der Liederhalle zu Stuttgart statt. Die Ver­handlungen find öffentlich. Die Tagesordnung umfaßt folgende Punkte:

1. Wahl des Vorsitzenden des Ausschusses und seines Stell­vertreters. 2 Wahl je eines Vertreters der Arbeitgeber und der Versicherten in den Vorstand der Versicherungsanstalt nebst je einem erfteitz zweiten und dritten Ersatzmann. 3. Mitteilung der Ergeb­nisse der Hauptprüfurig der Anstaltsrechnung deS Jahres 1898 durch das LandesversicherungSamt. 4 Bericht der Delegierten über dasErgebnis ihrer Vorprüfung der Anstaltsrechnung des Jahres 1899; Prüfung der Rechnungsergebnisse von 1899 durch den Ausschuß. 8. Feststellung des Voranschlags der Anstalt für das Jahr 1991. 6. Wahl je eines Delegierten der Arbeitgeber und der Versicherten, sowie je eines Ersatzmannes derselben für die Vorprüfung der Jahresrechnung der Anstalt vom Jahr 1990. 7. Mitteilung der Entscheidung des Bundesrats auf die Beschwerde des Ausschusses gegen das LandesversicherungSamt wegen Nichtgenehmigung von Aenderungen der Anstaltssatzungen. 8. Wahl von Schiedsgerichts- beifitzern.

Schulbesuch. An der Universität Tübingen befinden sich im laufenden Winterhalbjahr 1350 Studierende, worunter 956 Württemberger und 394 Nichtwürttemberger. Die Zahl der Studierenden hat gegenüber dem Winter­halbjahr 1899/1900 mit 1361 um 11 abgenommrn. Ntcht- immatrikulirrte zum Besuche von Vorlesungen ermächtigte Personen sind 29, darunter 4 weibliche zugeiaffen, so daß die Gesamtzahl der Teilnehmer am Universttäts unterricht 1379 beträgt. An der K. Technischen Hochschule in Stuttgart befinden sich im laufenden Wintersemester 848 Studierende (gegen 787 im vorigen Winter», darunter 527 Württemberger und 321 Nichtwürttemberger. Als Hospitanten, d. h. solche, die zum Besuche einzelner Vorlesungen an der Hochschule ermächtigt sind, haben sich bis jetzt 176 Personen angemrldet. An den landwirtschaftlichen Winter­schulen beträgt im laufenden Winter die Frequenz bei Gmünd 19, Hall 18, Heilbronn 30, Lronberg 31, Ravens­burg 29, Reutlingen 19, Rottweil 15, Ulm 36. zusammen 197 Schüler (gegenüber 192 im vorigen Winter). An der K. Tierärztlichen Hochschule in Stuttgart bestnden sich im laufenden Wintersemester 124 Studierende (gegen 108 im vorigen Winter), darunter 49 Württemberger. Die K. Bavgewerke schule in Stuttgart ist im laufenden Wintersemester von 935 Schülern (gegenüber 861 im Vor­jahr) besucht.

Telephonverkehr. Von nun an kann zwischen den Orten des württembergischrn Telephonnetzes und den bayerischen Orten Cham, Furth i. Wald und Hohen­schwangau rin telephonischer Verkehr stattfinden.

Viehseuchen. Nach der amtlichen Nachweisung über den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reich am 30.Nov. 1900 war die Schwetneseuche und Schweinepest zu diesem Zeitpunkt in Württemberg erloschen. Dagegen waren noch zahlreiche Ortschaften von der Maul- und Klauen­seuche heimgesvcht. Voran steht der Donaukreis, in dem die Krankheit in 9 Oberämlern, 30 Gemeinden und 67 Gehöften auSgebrochrn war, zunächst folgt der Schwarz, waldkrets mit 9 Oberämlern. 9 Gemeinden und 13 Ge­höften, alsdann der Neckarkreis mit 2 Oberämtern, 2 Ge­meinden und 4 Gehöften und zuletzt der Jagstkreis mit 1 Oberamt, 1 Gemeinde und 2 Gehöften.

Wildberg, 19. Dez. Nach 12jährizer erfolg­reicher Wirksamkeit verließ kürzlich Dr. Zippe rlen, ein