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Auflage 1950 Preis vierteljährl. hier mit Trägerlohn 90 - 2 , im Bezirk 1 außerhalb d. Bezirks 1 20

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Der GksklMter

Amts- und Anzeige-Aatt Dr den Gberamts-Be^irk Nagold.

74. Jahrgang.

JaserttonS-Tebühr f. d. einspaltige Zeile a«S gewöhnl. Schrift oder deren Raum be, einmalig. Einrückung » bei mehrmalig, je 6

Gratisbeilage»: DaS Plauderstübchen und

Schwäb. Landwirt.

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Amtlicher.

Die OrtSbehörde« und die Verwaltung der Bezirkskrauken- pflegevrrsicheruug der BezirkSkraukenkaffeu «ud der freie« HilsSkafse« des Bezirk-, sowie die Herren Aerzte

«erden hiemit auf die nachstehend abgedruckte Bekannt- machung des K. Ministeriums der auswärtigen Angelegen­heiten (Abteilung für die Verkehrsanstalten) vom 2. Nov. 1000, betreff. Fahrpreisermäßigung für die Mitglieder der Krankenkaffen nnd der Juvalidenvrrfichernng für Reisen kranker Mitglieder der Krankenkaffen und kranker Versicherter der Juvalideuberfichernug nach Krankenhäusern, Bädern und Luftkurorten, sowie in Fällen ambulanter Behandlung durch auswärtige Aerzte, noch besonders zur Beachtung bei Ver­bringung von kranken Kafsenmitgliedern in das neue Be- zirkskrankrnhaus in Nagold hingewresrn.

Nagold, den 24. Novbr. 1900.

K. Oberamt. Ritter.

Bekanntmachung, betr. Fahrpreisermäßigung für erkrankte Mitglieder der Krankenkaffen und der Invalidenversicherung.

Mit Wirkung vom 1. Januar 1901 an wird die Be­stimmung unter Ziffer 2 V. L zu § 11 im württembergischen Personen- rc. Tarif, Teil II, vom 1. April 1899 aufge­hoben und durch folgende Bestimmung ersetzt:

L. Für Mitglieder von Krankenkaffen und Angehörige der Invalidenversicherung.

1) Erkrankten Mitgliedern von Krankenkaffen, ebenso kranken Versicherten der Invalidenversicherung, die auf An­ordnung dieser Kaffen bezw. der Versicherungsanstalt Würt­temberg in Heilanstalten, Bäder und Luftkurorte (Erholungs­stationen) ausgenommen werden, ist bei der Reise an solche Orte, sowie zur Rückreise in die Heimat die Benützung der UI. Wagenklaffe aller Züge zum Militärfahrpreis (1,5 iZ für das Kur) gestattet.

2) Krankenkaffen im Sinne der Ziff. 1 find: s) die Gemeindekrankenverstcherungen,

b) die Krankenpflegeversicherungrn,

e) die Ortskrankenkaffen,

ä) die Betrirbs-(Fabrik-)kranken!off«n,

«) die Baukrankenkaffen, k) die Jnnungskrankenkafsen,

8) diejenigen freien Hilfskaffen, welche die im H 75a, des KrankenverficherungsgesrtzrS vor­gesehene amtliche Bescheinigung besitzen.

3) Als Ausweis für die Erlangung des ermäßigten Fahrpreises dient die nach dem vorgeschriebenen Muster ausgrfertigte Bestätigung der Vorstandschaft der Krankenkasse oder Versicherungsanstalt über die Zugehörigkeit zur Kaffe bezw. Invalidenversicherung und

a) bei der Hinreise über die erfolgte Gewährung der Aufnahme in die Heilanstalt (Bad, Luftkurort), d) bet der Rückreise über den Aufenthalt in der Anstalt rc. und deren Benützung zum Kurgrbrauch.

Die Formulare zu den Ausweisen find gegen Kosten­ersatz von der Generaldirektion der Ttaatseisenbahnen zu beziehen.

4) Auf Begleiter der Kranken erstreckt sich die Er­mäßigung nicht.

5) Freigepäck wird nicht gewährt.

6) Die Fahrpreisermäßigung wird auch in Fällen der ambulanten Behandlung durch einen auswärtigen Arzt ge­währt. Hiebei ist bei der Hinreise in dem Ausweis (Z. 3) der Zweck der Reise genau anzugeben; für die Rückreise ist in dem zur Hinreise benützten Ausweis von dem be­handelnden Arzt das Eintreffen des Patirnteu bei ihm zu bescheinigen.

Bei öfters sich wiederholenden Besuchen genügt ein Ausweis für sämtliche Reisen; in diesem Falle hat der Arzt den jeweiligen Besuch und beim letzten Besuch die Beendigung des Heilverfahrens auf dem Ausweis zu be­scheinigen.

Stuttgart, den 2. November 1900.

M i t t n a ch t.

Infolge der vom 6. bis 16. November d. I. abgrhaltenen Die«stprüfung ist Willy Schwarz maier, Unterlehrer in Sulz «. N., zur Versetzung von Schuldiensten für befähigt erklärt worden.

Nagold, Montag den L6. November

Neue Reichsauleiheu

Die großen Aufgaben des Reiches verursachen natur­gemäß auch große Ausgaben, und der Umstand, daß im nächsten Jahre das Deutsche Reich wahrscheinlich größere Anleihen machen wird als im laufenden und im vorigen Jahre ist geeignet, weitere Kreise über die finanzielle und wirtschaftliche Zukunst Deutschlands zu beunruhigen. Es genügt aber, darauf hinzuweisen, daß die deutsche Industrie für Neugründungen in den letzten Jahren zehnmal höhere Gummen in Anspruch genommen hat als die Reichsanleihen, auch spricht die Thatsache, daß alle bedeutenden Banken, ferner die Eisenbahnen und sonstigen Verkrhrs- einrtchtungen Deutschlands noch immer einen flotten Geschäfts­gang aufweisen, dafür, daß Industrie und Handel noch blühen. Fortgesetzt günstig find auch die Zolleinnahmen des Reiches.

Es ist als ziemlich sicher anzunehmen, daß die Einnahmen aus den Zöllen trotz der vorgrnommenen Erhöhungen im Etat für 1901 immer noch mit einem Mehr gegen das Vorjahr erscheinen werden, als dies im Etat 1900 gegen­über 1899 der Fall war. Während das letztere Mehr sich auf 30,8 Mill. Mark belief, dürfte es sich im nächstjährigen Reichshaltsetat auf 18 Millionen Mark stellen. Aber dieses Fehlen der 12 Mill. Mark in den Zolleinnahmen bedeutet keinen wirtschaftlichen Rückgang derselben, da die Vor­anschläge höher eingesetzt worden waren. Bei der Börsensteuer und der Losesteuer wird ja rin beträchtliches Mehr gegen das Vorjahr im Etat für 1901 erscheinen, es wird sich dabei fast um eine Verdoppelung des bisherigen Ansatzes handeln. Die notwendigen Anleihen können also vom Deutschen Reiche ohne jedes Bedenken gemacht werden, zumal Deutschland im Verhältnisse zu anderen Großstaaten die wenigsten Schulden hat und die Anleihen doch gewisser­maßen für sämtliche deutsche Bundesstaaten gemacht werden.

Eine andere sehr schwer richtig zu entscheidende Frage ist aber diejenige, zu welchem Zinsfüße die neuen Anleihen ausgenommen werden sollen, zumal sich herausgestellt hat, daß bei den Verhältnissen des deutschen Geldmarktes und den hohen Ansprüchen der deutschen Industrie an Kreditgeld der dreiprozrntige Zinsfuß eine übereilte Einrichtung war. Indessen wird die weitere Gestaltung des Geldmarktes und unter Umständen auch die chinesische Kriegskostenentschädi- gung auf die Bedingungen, unter denen die Anleihe zu vergeben ist, noch einen Einfluß ausüben, mit dem man jetzt noch gar nicht rechnen kann. Alle Wünsche und Be­rechnungen find daher in der Frage des Zinsfußes für die Anleihen verfrüht.

Deutscher Reichstag.

Berli», 23. Nov. Am Tische des BundesratS Graf Posa- dowkky und der Kriegsminister. Haus und Tribünen find mäßig besucht. Präsident Graf Ballestrem eröffnet die Sitzung um 1 Uhr 20 Min. Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der Beratung der Chinavorlage.

Hasse (natlib.) führt aus: Der Reichstag hat ein Interesse daran, aus der Indemnität zu bestehen, wie uns ja auch m Aus­sicht gestellt wurde. Gegenüber den sozialdemokr. Rednern muß festgestellt werden, daß die ausw. Angelegenheiten stets die Zu­stimmung der Mehrheit der bürgerl. Parteien gefunden kaben, so bei der Flottenvermehrung und der Erwerbung von Kiautschou. Der Kaiser verdient Dank dafür, daß er zuerst die Weltpolitik in sein Programm ausgenommen hat. Der Initiative des Kaisers und seiner Beharrlichkeit verdanken wir das Festhallen an dem Gedanken der Weltpolitik, der in den Geist des Volkes eingrdrungen ist. Wir brauchen eine Kolonialarwee. Die Erfahrungen der letzten Monate sprechen dafür.

Staatssekr. v. Richthofen erklärt auf eine Bemeikung des Vorredners, daß die aus Transvaal ausgewiesenen Deutschen schutz­los waren: Ich muß sagen, ich glaube, daß das Deutsche Reich und seine Konsuln ihre Pflicht gethan haben trotz schwieriger Ver­hältnisse, unter denen sie zu wirken hatten. Wir muffen es als völkerrechtlich berechtigte Maßnahmen anerkennen, daß die englische Regierung diejenigen Ausländer vom Kriegsschauplatz entfernt hat, bei denen die näheren Umstände des jeweiligen Falls sie dazu be­rechtigten. Dagegen sind wir für diejenigen, die ausgrwiesen wurden ohne zureichenden Grund oder mit einer Härte, die nicht geboten schien, nachdrücklich eingetreten und haben Forderungen auf Ent­schädigung für sie gestellt. Die großbritanische Regierung hat uns die Mitteilung zugehen lassen, daß sie bereit sei, den unberechtigt Ausgewiesenen Entschädigung zu gewähren

Bebel (Eoz.): Was Graf Lerchenfeld gestein sagte, war nichts mehr und nichts weniger als eine Rechtfertigung des Bersaffungs- bruchs, der notorisch vorliegt und mit nichts aus der Welt geschafft werden kann. Die Ausführungen Lerchenselds standen im Gegen­satz zur Rede des Reichskanzlers. Nach der Auffassung Lerchen­selds könnte der ganze Etat und eine ganz neue Armeeorganisalion vorgenommen werden, ohne daß man uns vorher fragt. Wir lassen uns das nicht gefallen und werden entschieden gegen derartige Dinge auftreten. Redner polemisiert gegen den Kriegsminister und erklärt, die Hunnenbriefe feien noch nicht vom Kriegsminister bean­standet worden. Auch der Staatsanwalt hätte nicht eingegriffen, trotzdem die schlimmsten Beleidigungen gegen die deutsche Armee ausgesprochen worden seien. Was in den Briefen steht, ist leider wahr. Ich frage den Kriegsminister: Ist vom Oberkommando den Soldaten der Befehl gegeben worden: .Pardon wird nicht gegeben. Gefangene werdrn nicht gemacht?" Das wollen wir wissen. (Großer Lärm.) Ich erkläre, daß, wenn der Kriegsminister darauf

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nicht klipp und klar antwortet, ich daraus den Schluß ziehe, daß ein solcher Befehl gegeben worden ist. Ohne einen solchen Befehl wären solche Thaten unmöglich. Gegenüber Bassermann »erweist Bebel darauf, daß auch in Zukunft ohne die sozialdemokr. Stimmen die Handelsverträge unmöglich seien.

Reichskanzler Graf Bülow wendet sich gegen die Behauptung Bebels, daß unsere Politik gegenüber China unfreundlich, hart und grausam gewesen fei. Diese Vorwürfe treffen seine Person als früheren Staatssekretär und jetzigen Reichskanzler. Er berufe sich dem gegenüber auf den Brief des hiesigen chines. Gesandten, der als geborener Chinese (stürm. Heiterkeit) sicherlich kompetenter sei, als ein freiwilliger Chinese (wiederholte Heiterkeit.) Bülow verliest verschiedene Stellen des Briefs, worin die freundliche Haltung Deutschlands gegenüber China, sowohl in der Vergangenheit als noch in der jüngste» Zeit anerkannt wird. Er müsse seinem tiefen Bedauern Ausdruck geben über die Art, wie Bebel von unseren Soldaten und von unserer Armee gesprochen habe. Noch sei kein Fall bewiesen worden, wo ein deutscher Soldat sich unwürdig ge­macht hätte der deutschen Armee und des deutschen Volkes. Sollte der Fall bewiesen werden, so wäre eine strenge Ahndung die Folge. Aus einzelnen Fällen dürfen nicht allgemeine Schlüffe gezogen «erden. Der deutsche Soldat lasse sich an Manneszucht und Mensch­lichkeit von keinem andern Soldaten übertreffen. Das sage er auch für das Ausland, vor welchem der deutsche Soldat herabgesetzt worden fei; dafür bürge das Genius des deutschen Volkes, das noch immer gewußt habe, Humanität mit Heroismus zu vereinigen.

Hages-HleuigLeiten.

Ans Äadt «») Land.

Nagold, 26. November.

-j-j- Konzert. Am letzten Freitag gab das weit­berühmte Künstlerpaar. Professor Döring, CellooirtuoS. und Frau Marianna Döring, Pianistin, im Festsaal des Seminars ein zahlreich besuchtes und äußerst gelungenes Konzert. Professor Döring entfaltet in Handhabung seiner geliebten Kniegeige bei aller klassischen Ruhe eine staunens­werte Gewandtheit und Grazie und entlockte seinem Jnstru- mente edle zu Herzen gehende Singtöne, wobei ihn sehr verständnisvoll seine Gattin begleitete, die übrigens in ihrer äußeren Erscheinung ebenso gefallen hätte, wenn sie bei ihrem Auftreten vor dem hiesigen Publikum, das, wie vorauszusehen war, zu einem großen Teil aus den jungen Seminar- angehörigen bestand, auf die gewohnt« dekolletierte Künstlerin- toilette verzichtet hätte. Frau Döring offenbart bei weichem und doch temperamentvollem Anschlag feine Schattierung in ihren Darbietungen. Beide ernteten stürmischen Beifall, wodurch sich Professor Döring zu einer Extraeinlage: Träumerei von Schumann bestimmen ließ. Gleicher Beifall wurde den in dankenswerter Weise zur Abwechslung gebotenen Männerchören des von Oberlehrer Hegele geleiteten Geminarchors zu teil, von denen wir als besonders schwierig, aber wohl gelungen den Waldabend- schetn von Schmölzer und als sehr fein und duftig aus­geführt Das verlassene Mägdlein (Früh, wenn die Hähne kräh'n) von Speidel hervorheben.

Brand. Sin gefährliches Schadenfeuer be­droht« gestern nacht unsere Stadt. Es war kurz nach 10'/i Uhr als der Schreckensruf: Feuer! in den Straßen ertönte und fast gleichzeitig lohte auf der Insel eine mächtige, den Himmel weithin rötende Feuergarbe auf. Alsbald riefen Signalhorn und Alarmglocke di« Feuerwehr zum Brandplatz. Die Scheuer des Fuhrmann Kirn stand von der Tenne bis zum First in Hellen Flammen, die sich rasch auf das an- gebaute Wohnhaus auSdehnten. Zunächst galt es, das benach­barte Anwesen des Wollfabrikanten Stephan Schatble vor dem auS den brennenden Futter- und Hopfenvorrälen auf- steigenden Flugfeuer zu schützen. Mit mehreren Strahlrohren nahm daher die Feuerwehr von dieser Stelle aus das Brand- objekt in Angriff und nach etwa '/»stündigem Kampfe mit dem tückischen Elemente war die Gefahr des Weiterumstchgreifens gehoben. Indessen hatte man nach Möglichkeit auch in das Kirnsche Gebäude große Waffermessen geschleudert, aber nur langsam zeigte sich hier der Erfolg. Immer wieder lohte das reiche Nahrung findende Feuer auf und erst als die Scheuer vollständig ausgebrannt und auch das Innere des Wohnhauses teilweise zerstört war, erloschen gegen 11'/, Uhr allmählich die Flammen. Außer dem Vieh konnte aus Stall und Scheuer nichts gerettet werden; dagegen blieb das Mobiliar fast gänzlich vom Feuer verschont, und soweit hier Beschädigungen vorkamen, find sie meist durch das Löschwaffer verursacht. Die Magd des Hausbesitzers, die ihre Schlafstelle neben der Scheuer hatte, sowie einige andere Hausbewohner mußten sich notdürftig bekleidet aus dem Hause flüchten. Bezüglich Feststellung der Brandursache ist Untersuchung im Gang; eS wird Brandstiftung vermutet. Der Hausbe­sitzer ist versichert.

Feldberetnigung. Am Samstag Abend hielten auf Einladung die an der geplanten Feldbereinigung innerhalb der Markung Nagold interessierten Güterbefitzer von hier und JselShausen in der Krone eine Versammlung ab, die zahlreich besucht war. Nach längerer lebhafter Debatte einigte man sich nahezu einstimmig dahin, gegen das