Erschein:

Montag, Mittwoch, Donnerstag und SamStag.

Auflage 1950 Preis virrteljährl. hier mit Trägerlohn W im Bezirk 1 außerhalb d. Bezirks 1 ^ 20 -f. Monatsabonnements nach Verhältnis.

Der GchlMtn.

Amts- und Anzeige-Blatt für den Gberamts-Bezirk Nagold.

74. Jahrgang.

JnserttonS-Gebühr f. d. einspaltige Zeile a«S gewöhn!. Gchrift oder deren Raum bei einmalig. Einrückung 9 bei mehrmalig, je S

»rattSbeilagen: DaS Plauderstübche« und

Schwäb. Landwirt.

M 175.

Nagold, Donnerstag den 8. November

1900.

Amtliche».

Bekanntmachung,

betr. -ie Landtagsabgeordueteswahl.

Aufforderung der Wahlberechtigte« zur Anmeldung i« die Wählerliste.

Die Landtagsabgeordnrtrnwahl findet am

Mittwoch den 5. Dezember d. I.

von Vormittags 10 Uhr bis Abends 7 Uhr statt.

Es ergeht hiemit in Gemäßheit dks Art. 7 des Gesetzes betr. die Wahlen der Städte und Obrramtsbezirke für den Landtag in der Fassung vom 2. Februar 1899 a« die Wahlberechtigten die Aufforderung, sich, soweit dieselben nicht von Amtswegen berücksichtigt werden, bei der Orts- wahlkommifsion zur Aufnahme in die Wählerliste sofort anzumelden.

Bon Amtswegen sind alle Wahlberechtigten in die Wäh­lerlisten aufzunehmen, welche in der Gemeinde ihren Wohn­sitz oder ihren nicht blos vorübergehenden Aufenthalt haben.

Bei der Wahl wird jeder ««bedingt znrückgewieseu, dessen Name in der Wählerliste nicht enthalte« ist, auch wen« die Nebergehuug im offeubarste« Versehe« ihren Grund hat.

Zur Aufnahme in die Wählerliste eignen sich olle würt- tembergischen Staatsbürger welche in der Gemeinde ihren Wohnsitz oder ihren nicht blos vorübergehenden Aufenthalt und am Wahltage das 25. Lebensjahr zurückgrlegt haben, wofern sie nicht nach Act. 4 des Verfassungsgesetzes vom 20. März 1868 (zu vergl. Art. 4 des Ausführungsgesetzes zur Reichsstrafprozeßordnung vom 4 März 1879) vom Wahlrecht, bezw. auf Grund des Art. 49 des Reichsmili- tär-GesetzeS vom 2. Mai 1874 als zum aktiven Heer zählende, nicht als Militärbeamte dienende Militärpersonen von der Aufnahme in die Wählerliste ausgeschlossen find.

Nach den angeführte« Gesetzesbestimmungen und H 3 der Vollzugsverfügung zum Landtagswahlgesetz vom

28.^F°d. 1900 Reg.-Bl. 1900 S. 233 find vom

Wahlrecht ausgeschlossen:

1) Personen, welche unter Vormundschaft stehen oder das 25. Lebensjahr noch nicht zurückgelegt haben;

2) Personen, über deren Vermögen das Konkursver­fahren eröffnet ist, während der Dauer des Konkurs­verfahrens ;

3) Personen, welchen durch rechtskräftiges Urteil die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind oder welchen wegen eines Verbrechens die staats- und gemeinde­bürgerlichen Wahl- und Wählbarkeitsrechte mit der Eröffnung des Hauptverfahrens durch Entscheidung der zuständigen Strafkammer des Landgerichts zeitlich entzogen find;

4) Prrsonen, welche den Fall eines vorübergehenden Unglücks ausgenommen eine Armenunterstützung aus öffentlichen Mitteln beziehen oder im letzten ider Wahl vorangegangenen Finanzjahr bezogen und diese

zur Zeit der Wahl nicht wieder erstattet haben. Die Befreiung von der Entrichtung des Schulgelds und die unentgeltliche Abgabe von Schulbüchern und an­deren Lehrmitteln, sowie die Bezahlung der Kosten der Zwangserziehung sind nicht als Armenunterstützung zu betrachten (Art. 3 Abs. 2 des Ausführungsgesetzes zum Unterstützungswohntzstgesetz vom 17. April 1873, Reg.-Bl. S. 109, und Art. 19 letzter Absatz des Ge­setzes, betr. die Zwangserziehung Minderjähriger vom 29. Dezember 1899, Reg.-Bl. S. 1284).

Die Aumelduug zur Wählerliste hat bei Vermeidung der Nichtberückfichtiguug erforderlichen Falls unter Nach- wrisung der Wahlberechtigung während des für die Auf­stellung der Wählerliste festgesetzten Zeitraums von zehn Tagen noch dem Erscheinen deS Wahlausschreibens im Re­gierungsblatt. spätestens aber in der an diesen Zeitraum sich anschließenden für etwaige Beschwerden gegen die Wählerliste vorgesehenen Frist von 6 Tagen, also bis zum 21. Nov. dS. Js. einschließlich zu erfolgen.

Die Herren Ortsvorsteher werden beauftragt, vorstehen­den Aufruf in ihren Gemeinden auf ortsübliche Weis« be­kannt zu machen, die in Folge desselben einkommenden An- Meldungen entgegenzunehmen und der O.tswahlkommisfion vorzulegen.

Ei« Exemplar des Aufrufs wozu die erforderlichen For­mulare ausgegeben worden find ist am Rathaus auSzuhäugeu.

Darüber daß dir Aufforderung zur Anmeldung zur Wählerliste in ortsüblicher Weise bekannt aemacht und am Rathaus aufgehängt wurde, ist binnen 4 Tage» Vollzugs« bericht zu erstatten.

Nagold, den 7. Nov. 1900.

K. Oberamt. Ritter.

Ä« die Herren Grtsvorstrher. Landtagsabgeordnetenwahl betreffend.

Unter Bezugnahme auf die Verfügung des K. Ministe­riums des Innern vom 5. Nov. d. I. (Reg.-Bl. G. 779) betr. die Vornahme einer Neuwahl der Abgeordnete« zur zweite« Kammer der Ständeversammlung und den oberamt- ltchen Erlaß vom 27. v. Mrs. (Gesellschafter Nr. 169) wird Nachstehendes angeordnet:

1. Die Ortswahlkommsfioue« haben auf Grund des von ihnen gesammelten Materials nach den Vorschriften des Art. 6 des Landtagswahlgesetzes in der Fassung vom 2. Febr. 1899 (Reg.-Bl. S. 31) und H 4 der Vollzugsverfügung .. 6. November 1882 Regierungs-Blatt Seite 345

y,rzn vom ^g. Februar 19 <ro . , 232

für Fertigstellung der Wählerlisten in alphabetischer Ord­nung der Wahlberechtigten sofort Sorge zu tragen, wobei mit Rücksicht darauf, daß gemäß Art. 4 des Lau-tagSwahl- gesetzes nunmehr sämtliche Wahlberechtigte, welche in der Gemeinde ihren Wohnsitz oder ihren nicht blos vorüber­gehenden Aufenthalt hoben, von AmtSwege« in die Wähler, listen aufgenommeu werden müssen, auf ein« gründliche Richtigstellung der Wählerlisten besonders Augenmerk zu richten ist und es sich empfehlen wird, die Wahlberechtigten durch Umfrage von Haus zu Haus zu ermitteln. Hinsicht­

lich der Frage, welche Personen wahlberechtigt sind, wer- den die Ortswahlkommisfionen auf § 3 der vorerwähnten Vollzugsversügung zum Landtagswahlgesetz und den ober- amil. Erlaß vom 27. v. Mts. noch besonders hingewiesen.

2. Die Wählerlisten müsse« spätestens am Donnerstag den l5. November d. Js. vollendet sein.

3. Unfehlbar am 16. November ds. Js. ist eine Anzeige über die Zahl der Wahlberechtigten, sowie darüber zu er­statten, daß mit der Auflegung der Wählerlisten zur all­gemeinen Einsicht im Ratslokal an diesem Tage begonnen und daß dies in ortsüblicher Weise bekannt gemacht und durch Anschlag am Rathaus, wozu das den Ortsvorstehern zugegangene Plakat zu verwenden ist, zur öffentlichen Kennt- nis gebracht wurde.

4. Die fertigen Wählerlisten find sodann während eines unmittelbar anschließenden Zeitraums von 6 Tagen, also vom 16. bis 21. November d. Js. einschließlich auf dem Rathaus zur allgemeine« Einsicht aufznlege«, damit jeder Einwohner sowohl wegen Uebergehung berechtigter Personen, als wegen Ausnahme unberechtigter Personen, bei der Kom­mission für Abfassung der Liste schriftlich oder mündlich Vorstellung erheben kann.

5. Daß die Wählerliste aufgelegt ist, muß von der Kom­mission in der Gemeinde in ortsüblicher Weise öffentlich bekannt gemacht und außerdem durch Anschlag am Rats­lokal zur öffentlichen Kenntnis gebracht werden. In der Bekanntmachung ist ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen, daß nach Verlauf der 6tägigen Frist jede Anfech­tung der Wählerliste ausgeschlossen und daß bei der Wahl unbedingt jeder zurückzuweisen ist, dessen Name in der Wählerliste nicht enthalten ist, wenn auch die Uebergehung im offenbarsten Versehen ihren Grund haben mag.

6. Wenn gegen die Wählerliste schriftlich oder mündlich Vorstellungen erhoben werden, so hat die Kommission läng­sten- binnen 3 Tagen von der Anbringung an über dieselben Beschluß zu soffen und solchen den Vorstrllenden urkundlich zu eröffnen. Beruhigen sich letztere hierbei, so ist erforder­lichenfalls die Liste dem Beschluß entsprechend, unter kurzer Angabe der Gründe und deS Datums am Rande der List« zu berichtigen; beruhigen fie sich dagegen nicht, so hat die Kommission die endgiltige Entscheidung der Oberamtswahl- kommisfion einzuholen.

Nach Ablauf der vorerwähnten btägigen Frist also nach dem 26. Nov. d. I. ist jede Aenderung der Wählerliste, welche nicht in Folge der Beschlußfassung der Ortswahl­kommission über eine rechtzeitig erhobene Einsprache, oder der endgiltigen Entscheidung der Oberamtswahlkommission über eine solche Einsprache «forderlich wird, unzulässig.

7. Die Wählerliste ist mit einer Bescheinigung der Orts­wahlkommission zu versehen, daß dieselbe nach vorausge­gangener Bekanntmachung 6 Tage lang zur allgemeinen Einsichtnahme aufgelegt war.

8. Spätestens am Moutag den 26. November ds. IS. haben die Orlsvorsteher die Wählerlisten samt den Allen über beanstandete Wahlberechtigungen dem Oberamt eiuzu- seudeu unter Benützung des Formulars Nr. 7.

Im übrigen wird auf das Landtagswahlgesetz in der

Allerlei Rechtsbelehnmg.

(Fortsetzung.)

Wandergewerbe.

Das stetige Anwachsen der großen Kauf- und Versand­häuser, die schon in den entlegensten Dörfern ihre Abnehmer finden, zwingt den Kleinhändler immer mehr, seine alten Kunden festzuhalten und verlorne durch neue zu ersetzen. Wie und in welchem Umfange dies geschehen kann, darüber enthält die Gewerbeordnung manche Fingerzeige, die aber, weil an vielen Stellen zerstreut, wenig beachtet werden. Eine lehrreiche Zusammenstellung darüber enthält unter dem Stichworte Wandergewerbe das soeben erschienene Lexikon des deutschen Rechts, unter Mitwirkung von 18 bedeutenden Fachmännern bearbeitet von Joseph Kürschner, Berlin 1900, Herrn. Hillger, Lexikonformat, 2 eleg. Bände, Halbfranz M. 24, Halbleinen M. 20. Um unfern Lesern eine Probe aus dem, bei dem heutigen Rechtswirrwarr jedem Geschäfts­manne unentbehrlichen Nachschlage- und Orientierungswerke zu geben, bringen wir mit gütiger Erlaubnis des Verlages den genannten Artikel hier zum Abdruck.

1. Befugnis. Jede zur Ausübung eines stehenden Ge­werbes berechtigte Person ist auch befugt, dasselbe als Wandergewerbe (Betrieb im Umherziehen) außerhalb des Ge­meindebezirks ihrer gewerblichen Niederlassung zn betreiben, vorbehaltlich der durch die Gewerbeordnung oder polizeilich vorgeschriebenen Beschränkungen; ein innerhalb des Gemeinde­bezirks und in der näheren Umgebung desselben, wenn auch

i durch Umherwandern von Haus zu Haus, ausgeübtes Ge­werbe gilt nicht als Wandergewerbe. Ein besonderes Ge­schäftslokal ist dazu nicht nötig; die Privatwohnung gilt event. als solches; der Betrieb eines Wanderlagers zählt zum Wandergewerbe (allgemein Hausiergewerbe genannt, ein Wort, das jedoch die Gewerbeordnung nicht kennt).

2. Begriff und Erfordernisse. Wer außerhalb des Ge­meindebezirks seines Wohnortes oder durch besondere Anord­nung der höheren Verwaltungsbehörde dem Gemeindebezirke des Wohnortes gleichgestellten nächsten Umgebung desselben ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung und ohne vorgängige Bestellung in eigener Person das Wandergewerbe ausüben, d. h. a) Waren feilbieten, 5) Warenbestellungen aufsuchen oder Waren bei anderen Personen, als bei Kauf­leuten, oder an anderen Orten, als in offenen Verkaufsstellen zum Wiederverkauf ankaufen, e) gewerbliche Leistungen an­bieten, ä) Mustkaufführungen, Schaustellungen, theatralische Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten, ohne daß ein höhe­res Interesse der Kunst oder der Wissenschaft dabei obwal­tet, darbieten will, bedarf eines Wandergewerbescheines, soweit nicht für Handlungsreisende eine Legitimationskarte genügt. Der Wandergewerbeschein ist auch für den Markt­verkehr bei den Aufführungen unter ä erforderlich. Wer die vorstehend unter ä genannten Gewerbe an einem Ort von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten ausüben will, bedarf der vorgängigen Erlaubnis der Ortspolizeibehörde; wer ohne sie diese Gewerbe ausübt, wird mit Geld bis zu 150 M. bezw. Haft bis zu 4 Wochen bestraft. Keines

Wandergewerbescheines bedarf, wer n) selbstgewonnene oder rohe Erzeugnisse der Land- und Forstwirtschaft, des Garten- und Obstbaues, der Geflügel- und Bienenzucht, sowie selbst­gewonnene Erzeugnisse der Jagd und Fischerei seilbietet; d) in der Umgegend seines Wohnortes bis zu 15 km Entfer­nung von demselben selbstverfertigte Waren, welche zu den Gegenständen des Wochenmarktverkehrs gehören, feilbietet oder gewerbliche Leistungen, hinsichtlich deren dies Landes­gebrauch ist, anbietet; e) selbstgewonnene Erzeugnisse oder selbstverfertigte Waren, hinsichtlich deren dies Landesgebrauch ist, zu Wasser anfährt und von dem Fahrzeuge aus feilbie­tet; <l) bei öffentlichen Festen, Truppenzusammenziehungen oder anderen außergewöhnlichen Gelegenheiten mit Erlaub­nis der Ortspolizeibehörde die von derselben zu bestimmen­den Waren feilbietct. (Der Ankauf roher Erzeugnisse der Land-, Forstwirtschaft rc. bedarf einer Legitimation.) Die Landesregierungen können in weiterem Umfange den Gewerbe­betrieb im Umherziehen mit Gegenständen des gemeinen Verbrauchs ohne Wandergewerbeschein innerhalb ihres Ge­bietes gestatten. Untersagt werden kann jedoch der Gewerbe­betrieb in den vorstehend unter rr, b, e genannten Fällen, wenn die für die Versagung des Wandergewerbeschemes maßgebenden persönlichen Gründe (Behastung mit einer ab­schreckenden oder ansteckenden Krankheit, abschreckende Entstel­lung. Stehen unter Polizeiaufsicht, Vorbestrafung mit mindestens 3 Monaten Gefängnis wegen bestimmter Handlungen, falls seit Verbüßung der Strafe noch nicht 3 Jahre verflossen sind, übler Leumund wegen Arbeitsscheu u. s. w.) vorliegen; außerdem durch die Ortspolizeibehörde das Feilbieten der