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Schwab. Landwirt.
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Hages-Weuigkeiten.
Lentsches Leich.
Nagold, 6. Okt.
In Stuttgart wurden sogenannte „Volkstümliche Hochschulkurse" eingesührt. Am Montag Abend sprach Professor Dr. Rümelin über den Begriff: „Das Recht".
„Recht ist die äußere Ordnung menschlichen Zusammenlebens, durchgesührt von einer sozialen Macht. Der Staat ist gegenwärtig diese Macht und entscheidet infolgedessen darüber, was Recht ist. Es entstand das Recht aus dem Trieb, nach dem Zusommenschließen von Menschen eine gewisse, feststehende Ordnung zur Regelung der unausbleiblichen Differenzen zu schaffen. Es zerfällt dos Recht in bürgerliches oder Zivil-Recht und in öffentliches Recht. Das erster« regelt di« Familienbeziehungen, Verteilung der Lebensgüter und die Ansprüche, die bei Verletzung der gegebenen Ordnung entstehen. Das öffentliche Recht setzt sich zusammen aus Stoatsrecht, Strafrecht, Prozeßrecht, Kirchemecht, Ver- waltungsrrcht und Völkerrecht. Wir standen bis jetzt unter dem Zeichen der Zersplitterung. Durch die Entwicklung von Handel und Industrie war mit diesem zersplitterten Recht nicht mehr auszvkommen und da griff man damals nach dem römischen Recht. Also das wirtschaftliche Bedürfnis im Zusammenhang mit unserem christlichen Weltreich waren die Ursache der Einführung des römischen Rechts. Daneben existierten hauptsächlich noch der Sachsenspiegel, das württewbergische Landrecht und der Code Napoleon, letzterer in den Rheinlanden. Einheitlich geregelt wurde zuerst das Handelsrecht durch das Handelsgesetzbuch, 1873 begannen die Vorarbeiten für unser B. G.-B., welche 1898 abgeschloffen wurden". — Zum Schluffe empfahl der Redner noch solchen, welche sich eingehender mit dieser Seche beschäftigen wollen, die populär« Darstellung von G. Pfizer: Das Recht des Bürgerlichen Ge ltzbuches, gemeinfaßlich dargestellt. Vorrätig in der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung. —
Aus Anlaß des Herbstverkehrs wird der Beginn der Telephondienstzeit während des Monats Oktober d. I. für sämtliche Trlephonanstalten auf 7 Uhr morgens festgesetzt.
Stuttgart. 3. Okt. Wichtig für jeden Bäckermeister ist die von der Stuttgarter Bäcker.Innung in Stuttgart, Ealwerstraße 331. errichtete permanente Ausstellung für Bäk- kerei- und Konditoreigerätschaften, denn dieselbe bietet jedem Fachmann, besonders demjenigen vom Lande, günstige Gelegenheit zum Einkouf aller nur denkbaren Gegenstände und Bedarfsartikel zu Bäckerei« und Kondiloreizwecken zu den billigsten Fabrikpreisen. Die Ausstellung erfreut sich schon jetzt einer lebhaften Frequenz aus Nah und Fern. Von der Regierung wurde eine Lotterie im Betrage von 20000 ^ genehmigt, wobei lauter Maschinen und sonstige Artikel der Bäckereibranche, welche ausschließlich von den Ausstellern gekauft werden, zur Verlosung gelangen. Lose zu dieser Lotterie sind auf dkm Bureau Calwerstrvße 33 I. zu haben.
Rottweil, 2. Okt. Freiherr v. Münch hat sich sofort beim Minister des Innern telegraphisch gegen seine Verbringung ins Irrenhaus beschwert. Er hat den Reichs- tagsabgeordneten Konrad Haußmann in Stuttgart zu seinem Rechtsbeistaud gewählt. Haußmann Hot ihn bereits in der Anstalt Rottenmünster besucht und mit ihm beraten.
Wildbad, 2. Okt. Mit dem vorgestrigen Sonntag als dem 30. Sept. schloß die offizielle Kursaison. Nachdem das Personal des Kurtheaters uns bereits anfangs Sk pt. verlassen, gab das Kurorchester vorgestern das letzte Konzert. Im großen und ganzen find die hiesigen Geschäftsleute mit dieser Saison nicht" ganz zufrieden. Engländer und Franzosen wurden sehr vermißt. Zur Zeit weilen noch der württ. Gesandte v. Varnbüler mit Gemahlin und General von Grävenitz hier. Die Kurliste weist folgende Zahlen auf: Kurgäste 1895 9074, 1896 9488, 1897 11119, 1898 12 056, 1899 12 941, 1900 12429.
Friedrichshafen, 4. Okt. Außerordentlich früh beginnt Heuer die Weinlese am Bodensee. Der Grund hierin liegt, daß in den Rrbpflanzungen der Sauerwurm auf- tritt, die Trauben am Stocke faulen und nicht 'ausreifen können. Der Wkin dürfte deshalb ohne Zusatz kaum genießbar werden. In verschiedenen Winzerorten hat man daher schon am 1. Okt. zu „wimmeln" begonnen.
Halberstadt,2.Okt. Die13. Generalversammlung des Evangeliscken Bundes zur Wahrung der deutsch. Protestantischen Interessen ist diesmal in Halberstadt zusammengetreten. Der erste Tag wurde durch Sitzungen der Ausschüsse und des Gesamtvorstandes ousgesüllt. In der letzteren wurde die Absendung folgender Huldigungsdepesche an den Kaiser beschlossen: „Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät bringt die in Holbeistadt tagende 13. Grnr-
Nagold, Samstag -en 6. Oktober
ralversammlung des Evangelischen Bundes in tiefster Ehrfurcht ihre aüerunterthänigste Huldigung dar. Aus allen Ländern und Kirchen Deutschlands zu ernstem Werk für Gottes Reich geeint, blicken wir rm Glauben empor zum Herrn der Welt und bitten ihn um Segen für Eure Majestät und Allerhöchst Ihre Regierung, um Sieg für die deutschen Brüder, di? in heißem Kamps für blutigen Frevel Sühne fordern, um Frieden im Mich für Kirche und Staat in Wahrheit und Zucht. Gott schütze, Gott bewahre, Gott segne Eure Majestät allewege." — Am Abend fand eine zahlreich besuchte Begrüßungsversammlung statt, in der mehrere Redner Ansprachen über verschiedene Zeit- und Glaubensfragen hielten.
Mainz, 2. Okt. Zu Gunsten der Stadt Mainz hat, dem Frkf. Journal zufolge, der jüngst verstorbene Direktor von Transvaaler Goldminen, Adolf Görz, ein geborener Mainzer. Sohn des Oberlandesgerichtspräsidenten Görz, «ine große Stiftung gemocht. Er trstirte nämlich die Hälfte seines ganzen Vermögens für wohlthätige Zwecke an Mainz. Der der Stadt zufaliende Anteil soll sich aus etwa 400000 ^ belaufen.
Münster, 3. Okt. Ein bekanntes Centrumsblatt, der „Wests. Merkur", schreibt über die jüngste Audienz der Pilger beim Papst in der Peterskirche: „Leider müssen wir auch bei dirser Gelegenheit über dir Behandlung der Deutschen lebhafte Klage führen. Sie wurden ganz in den Hintergrund gedrängt. Nur wenigen war es beschie- den, den heiligen Vater in nächster Nähe zu schauen. Pfarrer mit grauen Haaren äußerten sich: „Es ist eine Schmach, wie man uns hier behandelt." Für die Franzosen und Italiener waren große Tribünen errichtet, damit sie bequemere Plätze hätten. Elftere gebärdeten sich, als wenn der heilige Vater für sie allein da wäre. Ihr Ge« sang glich mehr einem Gebrüll. Jedoch wir Deutsche ließen uns nicht abhalten, sobald eine kleine Pause einge- treten, ernst und würdevoll unsere Loblieder zu singen."
Berlin, 4. Okt. Heute findet die erste Plenarsitzung des Bundesrats nach den Ferien statt.
Di« Wohnungsnot in Berlin ist derart gestiegen, daß bisher 327 Familien mit 1366 Köpfen im Asyl für Obdachlose einquartiert sind. In Charlottenburg werden für die Wohnungslosen Baracken errichtet.
Die Sittlichkeitskonferenz in Stettin beschäftigte sich mit den Bestrebungen zur Hebung der Sittlichkeit. Es wurde dabei sistgestrllt, daß die Unfittlichkeit nicht bloß in den Großstädten, sondern wie Pfarrer Gonser schon früher in seinem 1897 erschienenen Buche: „Die geschlechtlich-sittlichen Verhältnisse der ev. Landbewohner" nachwies, auch auf dem Lande zu finden sei und zwar in demselben Maße wie in der Stadt. Wohl wirken Geistliche und Lehrer kräftig auf Hebung der Sittlichkeit hin, ober das Uebel ist in der Wohnungsfrage zu soffen. Das dichtgedrängte Zusammenhausen von Erwachsenen und Kindern, und andere, mehr in der Stadt zutreffende Krebsschäden, hemmen den guten Einfluß, den Kirche und Schule üben. Der Hebel ist also im Wohnungswesen anzufttzen und diejenigen Personen, welche Freunde der Tittlichkeitsbestrebungsn sind, sollten ihren Einfluß bei den Stellen geltend machen, welche hier die bessernde Hand anlegen können.
Ausia«-.
Rom, 4. Okt. Wie ver sichen wird, war das im Vatikan gestohlene Geld persönliches Eigentum des Papstes und zu Spenden für religiöse Werkttzätigkeit bestimmt. Die „Tribuna" sagt: Die italienische Polizei habe schon im Juli dem Vatikan mitgrteilt, rs werde «in Diebstahl im Vatikan vorbereitet. Der That sind 4 bestimmte Personen verdächtig, von denen 2 gestern sestgenommen wurden.
Petersburg, 4. Okt. Die „Nowoje Wremja" meldet aus Warschau: Am Abend des 1. Okt. ging in kur Nähe von Brest-Kujawsk, Gouvernement Warschau, ein Ballon nieder, der am 30. Sept. mit dem Grasen de la Vaux in Paris aufgestiegen war. Der Graf befindet sich wohl.
Vom südafrttlmijchtN Kriegsschauplatz.
In der letzten Nacht brachten die Buren einen Eisen- bahnzug bei Panstation zum Entgleisen. Im Zuge befanden sich 3 Kompagnien von der Coldstreomgarde und andere Truppen. 5 find tot, 1 Offizier und 13 Mann verwundet.
Brüssel, 3. Okt. Ebenso wie der reiche Holländer Van Houten beabsichtigt, dem Präsidenten Krüger seil Schloß in Wesp zum dauernden Wohnsitz anzubielen, hat nun auch ein in Belgien ansässiger Holländer, von Aume- rie, die Transoaalgesellschasl ersucht, Krüger nach seiner Ankunft in Europa zu benachrichtigen, daß ihm sein Schloß bei Anderlecht in der Nähe Brüssels mit Pferden und Wa- gen zu: Verjügung steht.
MS.
Die Krisis in China.
Blätterstimmen zu der Antwort des deutschen Kaisers. Die österreichische Presse bespricht das Vorgehen Kaiser Wilhelms sehr befriedigt. Die „N. F. Pr." schreibt, die Antwort des deutschen Kaisers laute entschiedcn und nachdrücklich, berechtigte aber doch zu der Hoffnung, daß sich die Mächte wieder mehr zusammenschließen. — Das „N. W. T." bezeichnet die Antwort als kräftig und doch weise gemäßigt. — Die „Deutsche Zeitung" schreibt, der deutsche Kaiser konnte und durfte nicht anders antworten. Die Mächte sollten im eigenen Interesse in der Frage der Sühne fest zusammenstehrn. Von den sran- zöiischen Blättern liegt bis jetzt nur eine Aeußrrur.g des „Matin" vor. er meint, man werde durch die stolze und mystische Sprache des deutschen Kaisers hindurch doch eine Milderung seiner anfänglichen Vorschläge bemerken. Di« englische Presse hat die Antwort des deutschen Kaisers höchst beifällig ausgenommen. Die „Times" stellt fest, daß inhaltlich die Antwort auf eine Wiederholung der Rundnot?, nur in einer weniger unbedingten Form, hinauslaus« und nicht weit von der Auffassung Delcasses abweiche. „Daily Telegraph" rühmt das kaiserliche Schreiben als ein festes, entschiedenes und maßgebendes Schriftstück, das insoweit die herrschende dicke Luft reinige, als es beweise, daß Deutschland entschlossen sei. unter allen Umständen Sühne zu erlangen, was immer auch andere Mächte thun oder unterlassen mögen. Es sei stets schwierig, das europäische Konzert in Bewegung zu bringen. Wenn aber eine beherrschende Gestalt den sittlichen Gefühlen der Menschheit Worte leihe und mit gezogenem Schwert den Weg zeige, so sei es den Vorsichtigen und Asngstlichen leichter, zu folgen. „Standard" hebt ebenfalls beifällig die prächtige Einfachheit der kaiserlichen Sprache hervor und meint, wenn der Ursprung des chinesischen Schreibens unklar sein möge, so sei doch unzweiftlhasi, daß man des deutschen Kaisers eigene Worte vor sich habe.
Paris. 3. Okt. Gleich Deutschland wollen nunmehr auch andere Mächte dem Kaiser Kwangjü ihren Schutz versprechen, schon damit es rächt aussehe, als ob Kwanzsü unter deutschem Protektorat stehe.
London, 4. Okt. Der russische Botschafter hatte gestern eine längere Unterredung mit Lord Salisbury im Auswärtigen Amte. Man bringt dieselbe mit der Regierung der Chinasrag- in Zusammenhang.
Shanghai, 4. Okt. Außer 4 deutschen Kriegsschiffen nahmen englische, französische und russische Schiffe an der Eroberung von Shanhaikwan Teil, unter den Landtruppen befand sich auch das 2. Bataillon des 2. Ostasiatischen deutschen Infanterieregiments.
London, S. Okt. Da Kaiser Wilhelms Brief an den chinesischen Kaiser diesem die Bestrafung der an den Un- thaten Schuldigen zugesteht, wenn auch nur im Zusammen« wirken mit den Vertretern der Jnterventionsmächte, so ist das Washingtoner Kabinrt nunmehr bereit, mit den übrigen Mächten wieder zu kooperiren.
London, 3. Okt. Das Reutersche Bureau meldet aus Peking vom 26. Sept: General Höpfner ging gestern mit 2000 Mann und einer Feldbattene zu einer Straftx- pedition nach dem nördlichen Teil des kaiserlichen Jag-.>- parkes ab, da tags zuvor eine 'Patrouille anqegc.ffen werden war. Die Deutschen steckten mehrere Dörfer in Brand, in denen Waffen gesunden wurden, und rückten bis Nan. hungma» vor. Die Boxer, die außerhalb der Ltadt an- getroffen wurden, wurden nach kurzem Kampf gesprengt. Die feindlichen Truppen waren teils mit Gewehren, Nits mit Schwertern bewaffnet. Einige chinesische Soldaten kamen bis 20 Schritte an die deutschen Truppen heran und wurden niedergemacht. Aus deutscher Seite kamen 4 Verwundungen vor.
Berlin, 4. Okt. Der Kaiser von China ließ den Mächten ein vom 25. Sept. datiertes Edikt unterbreiten, worin die Bestrafung einer Anzahl namentlich aufgesührter Prinzen und Geoßwüldentroger wegen Begünstigung der Boxer angrordnet wird. In Voraussetzung der Echtheit dieses Ediktes hak die deutsche Regierung zur Durchführung des rn ihrer Cirkularnote vom 17. Sept. angeregten Verfahrens den Mächten weiter vorgeschlagrn, sich nunmehr dahin zu einigen, ihre diplomatischen Vertreter in China zur Prüfung und Begutachtung folgender 3 Punkte anzuweisen: 1. Ob die in dcm Edikt enthaltene List« der strafbaren Personen genügend uns richtig ist! 2. Ob die >n Aussicht gesttllttn Strusen angemessen sind ! 3. In welcher Weise die Ausführung der Bestrafung von den Mächten zu kontrollieren ist! Die bisher vorliegenden Meldungen über die Aufnahme dieses Vorschlages durch die Mächte berechtigten zu der Annahme, daß sich allseitigrs Einverständnis darüber ergeben dürste.