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Amts- und Anzeige-Blatt für den Gberamts-Bezirk Nagold.

74. Jahrgang.

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Tages-MeuigKeiten.

veutscher Leich.

Nagold, 21. Gept.

(Einges.) Dieser Tage hat uns nach fast 13jähriger Wirksamkeit am hiesigen Seminar und an der Präparanden- anstalt Herr Professor Wetzel mit Familie verlassen, um seine neue Stellung in Eßlingen anzutrrten. Ueberall wird dieser wackere Bürger hiesiger Stadt eine Lücke zurücklafsen, denn nicht allein treu im Amt, war er auch ein eifriger Förderer aller gemeinnützigen Bestrebungen und ein ener­gischer Verfechter der nationalen Sache. Vielen werden seine gewandten, inhaltsvollen Reden in der Kirche und bei nationalen oder sonstigen Feiern immer im Gedächtnis bleiben, zeichneten sie sich doch gleich durch innere Wahrheits- und Ueberzeugungstreue. wie durch edle Begeisterung aus. In speziell städtischen Angelegenheiten war Herr Professor Wetzel thätig als Vorstand der Mädchenmittelschule, als Mitglied der Studienkommission und verschiedene Jahre auch als Mitglied des Kirchengemeinderats, alle die in diesen Stel­lungen mit ihm verkehrt haben schätzten seinen Eifer, seine Objektivität uns seine Opferwilligkeil und sind ihm wie die ganze Einwohnerschaft vielen Dank schuldig. Nicht uner­wähnt darf die von der Familie geübte Privatwohlthätigkeit. die sich in aller Stille verbreitete, bleiben, manche Arme und Kranke werden dir trostreichen Worte und die gerne gereichten Gaben der Frau Professorin vermissen. Da der Herr Professor besonderer Verhältnisse halber eine Ab­schiedsfeier ablehnte, so sollen ihm durch diese Zeilen öffent- lich der herzlichste Dank unserer Mitbürger und unsere Glück­wünsche für sein und seiner Familie ferneres Wohlergehen am neuen Platze ausgesprochen werden.

, * Der Fuhrmann Schwarzkopf wurde gestern Nacht 10 Uhr von einem ausschlagenden Pferd so unglücklich ge­troffen, daß er noch in derselben Nacht starb. Er hinter­läßt eine Witwe mit 4 Kindern, denen sich die allgemeine Teilnahme zuwendet.

Auskünfte über die ostasiotischen Mannschaften. DerReichsanz." schreibt: Anverwandte der bereits in China gelandeten oder auf dem Weg dorthin befindlichen Truppen des ostasiatischen Expeditionskorps, welche über den Verbleib ihrer Angehörigen unterrichtet zu sein wünschen, haben etwaige Anfragen an das Kriegsministerium, ostafiatische Abteilung Berlin-Westen, Leipzigerstraße 5, zu richten. An­fragen über den Verbleib von Angehörigen der Marine und bei den Marinetruppenteilrn befindlichen Personen können von der ostasiatischen Abteilung des KriegSministe- riums nicht beantwortet werden.

"t. Alten steig, 20. Sept. Das Elektrizitätswerk

von H. Kunstmühlebrsitzer Faist geht seiner Vollendung ent­gegen. Die elektrischen Glühlampen verbreiteten gestern abend erstmals in sämtlichen Straßen der Stadt ein Helles Licht. Auch in den Wohnungen ist überall die Einrichtung fertiggestellt. Der gegenwärtige niedere Wasserstand der Nagold aber ermöglicht es nicht, jetzt schon die ganze Stadt zu beleuchten und den genügenden Strom für die gewerblichen Motorbetriebe zu liefern, zumal der Besitzer seine Wasserkraft auch noch für den Mahlbetrieb in An­spruch nimmt. Deswegen entschloß sich H. Faist zur Rege­lung und Verstärkung des elektrischen Stromes noch einen Dampfmotor aufzustellen, der demnächst schon leistungsfähig sein wird.

Tübingen, 20. Sept. Eine Tagesordnung von ungervöhn- lichem Umfang steht für die nächste, am 27. Sept. beginnende Ta­gung deS hies. Schwurgerichts bevor. Nicht weniger als 18 Fälle stehen bis jetzt in Aussicht, darunter neben den gleichsam zum eisernen Bestand jeder Schwurgerichtstagesordnung gehörigen Ber-

Uagold, Samstag den 82. September

fehlunge» gegen die Meineids- und Sittlichkeitsparagraphen eine Anzahl sehr schwerer Verbrechen gegen das Lebe». Der schwerste von diesen Fällen ist der s. Zt. ausführlich mitgeteilte zweifache Kindermord im Oberamt Neuenbürg. Ein ähnliches Verbrechen liegt der auf zweifachen Mordversuch lautenden Anklage gegen den Taglöhner Eckhardt von Unterboihingen zu Grunde, der ig der Nähe von Nürtingen zwei kleine Kinder so schändlich zugerich­tet hat. In noch zwei weiteren Fällen sind die Angeklagten des versuchten Mordes, in einem der Fälle gepaart mit Blut­schande, beschuldigt. Auch ei« Fall schweren Raubes wird zur Verhandlung gelangen. Traurige Bilder von sittlicher Verkommen­heit »erden da wieder entrollt werden.

Stuttgart. 18. Sept. Heute Nachmittag um 'ir5 Uhr fand eine Sitzung der Volk sschulkommission statt, in welcher über den Antrag Eggmann und Genossen betr. die Verteilung der Schulkosten beraten wurde. Nach diesem Antrag soll der Art. 20 des Volksschulgefttzes gestrichen und die Schulkosten nach dem Steuerfuß, nicht mehr nach der Familienzahl bestimmt werden. Zum Berichterstatter wurde der Antragsteller Eggmann selbst gewählt. Die Schul­kosten einer aus mehreren Teilg?meinden bestehenden Volks- schule sollen also nach der Gesamtsteuerkraft, anstatt, wie bisher, nach der Kopf- und Familienzahl aufgebracht wer­den. Berichterstatter Eggmann bringt verschiedene Beispiele zur Verlesung, aus denen er die Ungerechtigkeit und Un- billigkeit des jetzt zu Recht bestehenden Gesetzes nachweist. Die Aushebung des Art. 20 des Volksschulgesetzes soll hauptsächlich auch zur Schonung der Minderbegüterlen und zur besseren Heranziehung der steuerkräftigen Schultern dienen. AlsFamilie" wurde bekanntlich bisher auch jede selbständige Person angesehen. Die Kommission beschloß einstimmig, dem Antrag Eggmann und Genossen beizutreten und drückte den Wunsch aus, es möge eine baldigste Aenderung des Volks- schulgesetzrs in obigem Sinne zustande kommen. Heute nachmittag fand wieder eine Sitzung der staatsrechtlichen Kommission statt, in welcher die Beratung über die Beben- Häuser Konvention fortgesetzt wurde. Die Ergebnisse der Beratung find noch nicht bekannt geworden.

Stuttgart, IS. Sept. Morgen beginnen, nachdem die 26. Division ihre Manöver gestern, und die 27. Division am 17. ihre Manöver beendet haben, die dreitägigen, im Gelände bei Crailsheim stattfindenden Korpsmanöver. Der König wird sich morgen zur Teilnahme an demselben in das Manövergelände begeben. Morgen beenden die seit 7. d. M. zu den Jnfanterieregimrntern einberufenen Mann­schaften der Landwehr-Infanterie 1. Aufgebots ihre Uebung. Bei jedem Regiment sind aus diesem Leuten zwei Land- wehr-Komp. formiert worden.

München. IS. Sept. Heute vormittag fand die kirchliche Einsegnung d^r Leiche des Prinzen Heinrich von Hessen statt. Der Feierlichkeit wohnte Prinz Rupprecht als Vertreter des Prinzregenten bei; ebenso sämtliche in München anwesenden Prinzen. Von allen Seiten waren Kranzspenden eingetroffen. Die Leiche des Prinzen wird heute abend nach Darmstadt überführt.

St. Ingbert (Pfalz). In der Nähe unserer Stadt liegt ein hoher, schöner Bergkegel, der Große Stiefel genannt. Die kgl. Akademie der Wissenschaften zu München hat hier unter Leitung des Professors Mehlis in diesen Tagen Aus­grabungen vornehmen lassen, und es gelang, den ganzen 9 m langen und 4*/-m breiten Jnnenraum des sagenhaften Stie- feler Schlosses freizulegen. Römische Skulpturstetne, Gesäße, Marienglasscheiben rc. wurden zu Tage gefördert.

Ber! in, 20. Sept. Die Morgenblätter melden: Reichs­kanzler Fürst Hohenlohe besuchte am Dienstag die photo­graphische Ausstellung im Künstlerhause, um von dem gegen­wärtigen Stand der Photographie zwecks einer bevorstehenden Umgestaltung des Urheberrechts Kenntnis zu nehmen.

Ausland.

Teplitz, 20. Sept. Auf der Frischglück-Zeche wurden durch schlagende Wetter 100 Bergleute gelötet, darunter Ingenieure und Beamte. Der Schacht brennt.

Dux, 20. Sept. Zur Zeit der gestrigen Explosion in der Frischglück-Zeche waren, so weit bisher sestgestellt wurde. 83 Bergleute im Schacht. Von diesen retteten sich 28 nach dem Luftschacht. Bisher sind 2 Leichtverletzte und 18 Schwerverletzte, darunter der Betriebsleiter, geborgen. Von diesen sind bereits 5 gestorben. 30 Leichen wurden im Schachte gefunden, konnten jedoch noch nicht herausge­schafft werden, weil das Feuer sich als gefährlich erwies. Weitere 5 Personen werden noch vermißt.

Aus Neapel. 19. Sept., wird gemeldet: König Vik­tor Emanuel ritt heute früh mit dem Grasen von Turin, begleitrt von einer Kürasstereskorde, vom Schloß Capodi- monte aus den Staffettenreitern von dem Ulanrnregiment Novara entgegen. In der Nähe von Marano traf er mit den Staffettenreitern zusammen, deren Führer, Leutnant Bosrlli, ihm ein Handschreiben des Kaisers Wilhelm überbrachlr. Der König und der Graf von Turin kehrten

MV.

mit Leutnant Boselli nach Capodimonte, von der Bevölke­

rung lebhaft begrüßt, zurück. Boselli überreichte dem Kö­nig den Brief Kaiser Wilhelms in einem silbernen Etui. Der König beglückwünschte Boselli zu seiner Reise.

Paris, 19. Sept. Die französische Regierung hat auf Grund des s. Z. erlassenen Anarchistengesrtzrs die Abhal­tung des internationalen revolutionären Arbeiterkon­gresses untersagt.

London. 18. Sept. Seit der DampferDeutschland" von der Hamburg-Amerika-Linie seinen eigenen Rekord schlug, ist die Nachfrage nach Kabinen auf dem Dampfer eine ganz außerordentliche gewesen. Die Summe, die für Kabinen 1. Klaffe auf der gerade von Gouihampton aus angetretenen, Fahrt bezahlt wurde, soll genügen, die Kosten für den Bau eines kleinen Schiffes zu bestreiten. Abgesehen von den für Passagiere 2. Klaffe und für Fracht eingenommenen Gum­men, betragt die Einnahme 40000 Pfd. St. (800000 ^). Mr. A. Carnegie hat allein 1600 Pfd. St. (32000 ^t) für eine Gesellschaft von 17 Personen bezahlt, das ist die größte je für einen Familienausflug auf einem atlantischen Dampfer bezahlte Summe. Ein anderer amerikanischer Mil­lionär hat für die Uebersahrt seiner Frau, seiner Schwester und dreier Bedienter 532 Pfd. St., ein Dritter für sich und seine Frau 250 Pfd. St. bezahlt.

London, 19. Sept. Nach einer bei Lloyds einge­gangenen Drpescbe aus Glasgow ist der DampferGordon Castle" in der Cardiganbay mit dem Hamburger Dampfer Stoermannn" zusammengestoßen. BeideDampser find gesunken. Zwanzig Personen vomGordon Castle" find ümgekommen.

London, 19. Sept. Das Reuter'sche Bureau meldet aus Dallas in Texas: Am 18. Sept. ist hier die Nachricht eingetroffen, daß das Seebad Highisland in der Provinz Jrpherson durch den letzten Orkan zerstört worden ist. Von den etwa 1000 Häusern des Ortes in dem zahlreiche Badegäste sich befanden, ist' nur eines stehen geblieben. Die Hilsskolonne, welche heute eintras, fand 400 Leichen vor.

New-Jork, 19. Sept. Die Streikbewegung ist augenscheinlich wachsend, da heute zahlreiche bisher im Be­trieb gewesen« Gruben die Förderung einstelltrn. Indessen müssen noch viele Arbeiter den Streckern beitreten, nament­lich im Schrtylkill-Thal. andernfalls der Streik ein Fehlschlag sein wird. Die Bahnen haben manche auf Kohlenzügen beschäftigte Leute außer Arbeit gestellt und diese suchen durch ihre UnionS nun die Arbeitseinstellung aller Bahnbeamten zu veranlassen, um den Streik zu schnellem Ende zu bringen. Gin bedenklicher Umstand ,m Kohlenrevier find größere Ansammlungen von Streckern, di« nach noch im Betrieb befindlichen Gruben marschiren und di« Arbeiter einschüchtern. Die Arbeitgeber «ngagirrn im Geheimen Detektivs und be­absichtigen die Förderung unter dem Schutze derselben wie­der aufzunehmen. _

Bom südafrikanische« Kriegsschauplatz.

Haag, 19. Sept. Eine Depesche des niederländ. Kon­suls in Lourenzo Marquez besagt. Krüger habe das Aner­bieten der niederländ. Regierung, ihn auf einem Kriegsschiff nach Holland zu bringen, angenommen.

London. 19. Sept. Von Lord Roberts ist die Mel­dung eingelaufen, daß General Stephensons Brigade vorgestern Nelspruit besetzte, ohne auf Widerstand zu stoßen.

Köln, 19. Sept. DerKöln. Z." wird aus Kapstadt vom 18. August geschrieben: Die Ausweisungen der Fremden aus TravSvaal, darunter eine Anzahl Deutscher dauern fort. Mehrfach hatte man Gelegenheit, die sehr wenig rücksichts­volle Art der Beförderung der Ausgewiesenen zu be­obachten. Seitens der zuständigen Konsuln, insbesondere des deutschen Konsuls wurden hiergegen beim Gouverneur Milner Beschwerden erhoben. Mtlner hat daraufhin dem deutschen Generalkonsul gegenüber die vorher schon münd­lich erteilte Zusicherung wiederholt, er werde Alles thun, um bei den britischen Militärbehörden darauf hinzuwirken, daß auf deutsche Reichsangehörige, insoweit ihre Auswei­sung vom Kriegsschauplatz nicht zu umgehen sei, jede mög­liche Rücksicht genommen werde. Thatsächlich macht sich hier in der letzten Zeit eine Besserung in der Behandlung der Ausgewiesenen insofern bemerklich, als di« Behörden jetzt für deren Unterkunft, Verpflegung und freie Weiterbe­förderung nach Europa Sorge tragen. Für die deutschen Frauen, die sich unter den Ausgewiesenen befanden, wurde erreicht, daß man sie mit Fahrkarten 2. Klaffe versah.

London, 20. Sept. AusLourenzo-Marques wird derDaily Mail" gemeldet, daß die Buren ihre schweren Geschütze zerstört haben.

Amsterdam, 20. Sept. Präsident Krüger wird nur einen kurzen Aufenthalt in Holland nehmen. Die Königin Wilhelmine, welche das Schicksal der Buren sehr interesstrt.