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Auflage 1980 Preis vierteljährl. hier mit Trägerlohu 90 im Bezirk 1 außerhalb d. Bezirks 1 20 -l.

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Der GklrMMr

Amts- und Anzeige-Blatt M den Oberamts-Bezirk Nagotd.

74. Jahrgang.

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Schwäb. Landwirt.

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, Die erledigte Stelle des zweiten wissenschaftlichen Hauptlehrers >.anKdem Schullehrersrminar in Eßlingen wurde dem Professor Wetze! am Schullehrersrminar Nagold seinem Ansuchen gemäß übertragen.

Die politische Freundschaft Deutschlands nud Rußlands.

1- Da das seltsame, das Einvernehmen der Großmächte in der chinesischen Frage bedrohende Vorgehen Rußlands mit seinem Anträge, die chinesische Hauptstadt Peking zu räumen, ehr den geschädigten Nationen volle Genugthuung und Garantien geboten worden find, allgemein als rin Schachzug Rußlands gegen den wachsenden Einfluß Deutsch­lands in China und als eine Bedrohung der guten Be­ziehungen zwischen Rußland und Deutschland angesehen wird, so ist es wohl notwendig, einmal auf die Natur der politischen Freundschaft zwischen Deutschland und Rußland etwas näher einzvgehen. Der Grund zu dieser schon über hundert Jahre bestehenden Freundschaft wurde durch die Einsicht der russischen und preußischen Regierung gelegt, daß weder Rußland westwärts, noch Preußen ostwärts weitere Grbtetseroberungen mit Vorteil machen könnten, und diese Erkenntnis wurde dann auch durch die Anknüp­fung verwandtschaftlicher Bande zwischen dem russischen Kaiserhaus« und dem preußischen Königshaus« und die Un­terhaltung persönlicher, freundschaftlicher Beziehungen zwischen deutschen und russischen Kaisern befestigt. Immer ist es aber ein klares politisches Interesse gewesen, das die deutsch- russische politische Freundschaft diktiert hat, Rußland kann im Westen keinen Gegner brauchen, weil es im Osten und Süden stark engaairt ist, und Deutschland will an seiner Ostgrevze keinen Feind haben, weil er im Westen zu fürch­ten ist. Die Schöpfung des Dreibundes und das sogen, russisch-französische Bündnis haben an diesem Verhältnis Deutschland mit Rußland nichts geändert, da der Dreibund Deutschlands, Oesterreich-Ungarns und Italiens nicht einen Angriff ans Rußland oder Frankreich beabsichtigt, und auch der Zweibund Rußlands und Frankreichs nur ein Schutz­bündnis sein soll. Werden nun, und das ist jetzt die brennende Frage, die drohenden Differenzen der Mächte in China dieses Verhältnis in Europa verändern? Wir glauben darauf mitNein" antworten zu dürfen, denn nicht jede dunkele Wolke bedeutet den Ausbruch eines Gewitters und die guten Beziehungen der Großmächte, resp. Deutsch­lands und Rußlands in Europa sind hundertmal mehr wert als die chinesischen Händel. Oder sollten die Macht­haber und Diplomaten in St. Petersburg und Paris die chinesische Frage zum Ausgangspunkte internationaler Ver­wickelungen und zum Aussichten der Machtsrage in Europa nehmen wollen? ! Wir halten diesen Riesenkampfplan bei dem Friedensbedürfnis und dem Geldmangel Rußlands und der Erkenntnis der französischen Republik, daß ihr ein Krieg das Leben kosten kann, für sehr unwahrscheinlich. Auch ist uns in der russischen Geschichte kein Fall bekannt, daß Rußland es gewagt hat. über seine verbündeten kriegs­starken Nachbarn Deutschland und Oesterreich-Ungarn her­zufallen, auch können wir den französischen Republikanern

12 Tage in Paris.

(Fortsetzung.)

Zunächst erstreckt sich die Fürsorge auf Besorgung von Zimmern; einige Landsleute, welche wir am gleichen Tage trafen, sagten uns, daß sie in einem kleinen Hotel, das ganz von Württembergern bevölkert sei, durch das Bureau sehr gut untergebracht wurden und nur krs. 4. für das Bett bezahlen müssen; im gleichen Hause könne man auf Wunsch auch gute Verpflegung bekommen.

Es ist daher unter diesen Umständen auch einem der Sprache weniger Kundigen leicht möglich, die Ausstellung zu besuchen.

Zum Bahnhof zurückgekehrt nahmen meine Reisegefährten und ich eine Droschke und fuhren in unser Hotel; unterwegs sahen wir auch in der kos äs Lllabrols das von der Po­lizei wochenlang belagerte ^ort Susriu.

Im Gasthof waren die von uns bestellten Zimmer bereits gerichtet; wir hielten uns nicht lange auf, tranken rasch ein Glas Wein und machten uns auf den Weg, um eine Orien­tierungsfahrt zu machen. Wir nahmen den Omnibus Lla- äslsius-Laslills der uns um 15 ets. pro Person 5 Kilo­meter weit durch die belebtesten und schönsten Quartiere von Paris brachte und machten vom Bastilleplatz aus eine Strecke an einem großen Kanal entlang, der mit Schiffen übersät war, zu Fuß bis zur Austerlitzbrücke.

Von da ab fuhren wir die Seine hinab zur Station LllLtslet und gingen über die Brücke, um in einem durch

Nagold, Mittwoch den 12. September

nicht die Tollkühnheit zutrauen, gleichzeitig mit Deutschland und Italien anzubindrn. Zudem ist das sogenannte rus­sisch-französische Bündnis strategisch nichts wert, denn die geehrten Bundesgenossen können sich gegenseitig weder den Rücken noch die Flanken decken. Diese verdrießliche Be­obachtung werden die Strategen in Paris u. Petersburg wohl schon öfters gemacht haben. Die Vernunft und die poli­tischen Interessen verlangen also in allen Staaten Europas den Frieden und über das russische Ränkespiel in China wird wohl auch noch die Festigkeit Deutschlands und der übrigen Mächte den Sieg davon tragen.

Hages-Merrigketten.

Deutsches Leich.

Nagold, den 11. Sept.

(Einges.) Gestern tagte auf dem hiesigen Rathause die ordentliche jährliche Amtsoersammlung unter dem Vor- fitz des Herrn OberamtmannS Ritter, welche mit einer ziem­lich umfangreichen Tagesordnung beschäftig! war. Neben einer Reihe von Kommisfionswahlen erfolgte auch die Wie­derbesetzung der erledigten Distriktsarztstelle in Altensteig durch die Wahl des einzigen Bewerbers, vr. wsä. Baader in Gomaringen OA. Reutlingen. Bezüglich unseres neu- erstellten BezirkSkrankrnhauses entnehmen wir den Ver­handlungen, daß die gesamte Bauschuld mit Einschluß der Kosten der inneren Einrichtung und Ausstattung des Kranken­hauses in dem schon früher genehmigten Betrag von 170 000 (wovon bis jetzt etwa 131000 verausgabt find) nunmehr in einem Zeitraum von 66 Jahren wiedergetilgt werden soll, dis Einwehung und Inbetriebsetzung auf 1. Nov. d. I. in Aussicht genommen, die Festsetzung der Bestimmungen für die Verwaltung des Krankenhauses zunächst dem Amts- vers.-AuSschuß überlaffen bezw. der nächsten Amtsversamm­lung Vorbehalten ist, und der zur unentgeltlichen Aufnahme hilfsbedürftiger Bezirksangehöriger geschaffenen Freibettstif­tung von dem auf rund 10 000 ^ angewachsenen Reserve­fonds der Oberamtssparkaffe 2000 überwiesen wurden. Der Zinsfuß der Oberamtssparkaffe soll allgemein eine Er­höhung um '/«o/a erfahren und demgemäß für die Spar- kafsen-Einlagen künftig 3'/«°/o, für die Aktivkapitalien der OberamtSsparkaffe (mit Ausnahme der Rentendarlehen und der Anlehen an öffentliche Körperschaften des Bezirks) 4'/«o/o betragen. Um eine bessere Unterhaltung der Nach­barschaftsstraßen des Obrramtsbezirks zu ermöglichen, wurde unter Ausscheidung von Wegstrecken, die vorzugsweise nur als Feldwege dienen, die Abänderung der bisherigen Einteilung der Wärterdistrikte, eine Gehaltserhöhung der Straßenwärtrr von jährlichen 400 ^ auf 500 jedoch mit gleichzeitiger Er­höhung der täglichen Arbeitszeit, die Dienstkündigung für die bisherigen Wärter und die Neuanstellung der nur noch in geringerer Zahl benötigten Wärter auf 1. April 1901 beschlossen. Für die Betragsleistung der Amtskorporation an Gemeinden zu Straßenbauten find die vom Amtsvers.- Ausschuß in Interpretation des Beschlusses der Amtsver­sammlung vom 7. März 1872 festgesetzten näheren Bestim­mungen gutgeheißen und genehmigt worden, auch wurde den Gemeinden Pfrondorf und Emmingen zur Ausführung einer

Bädecker empfohlenen Restaurant am klues 8t. Llieksl zu Mittag zu speisen.

Auf nachmittags l'/r Uhr waren wir auf den Platz Veuksrt-Roedsrsuu bestellt, von welchem aus der Eingang in die Katakomben stattfindet. Wir waren pünktlich zur Stelle und fanden dort einige Hundert Menschen vor worunter eine nicht unbedeutende Anzahl Deutsche welche die gleiche Absicht, wie wir bekundeten. Es dauerte eine volle Stunde, bis wir an die Reihe kamen.

Jeder Teilnehmer der Partie ist mit einem Lichte ver­sehen; man steigt eine steinerne Wendeltreppe ca. 60 Stufen hinab und kommt durch lange ausgemauerte Gänge in kleinere Hallen, in welchen an den Wandungen Menschenschädel und Gebeine ca. 2 m hoch und ca. 1 w tief regelmäßig aufge­schichtet sind.

Die Katakomben find verlassene Steinbrüche, die teilweise ausgemauert wurden und in denen seit Ende des 18. Jahr­hunderts die Gebeine aus den alten Friedhöfen untergebracht sind; man kommt bei dem ^/«ständigen Marsch an manchem Gedenkstein vorbei, auf dem eingegraben ist, woher die Ge­beine stammen, dann betritt man auch kleinere, wie Kapellen hergerichtete Räume, in denen uns die Schädel entgegen­grinsen.

Es ist ein unheimlicher Gang zwischen mehr als 2 Mil­lionen Toten hindurch! Wir atmeten erleichtert auf, als wir (ebenfalls über eine Wendeltreppe) ans Tageslicht kamen, ziemlich weit von der Eingangsstelle entfernt.

Nachdem wir uns orientiert hatten, wo wir uns befinden, wanderten wir zu Fuß durch die Anlagen des Observatoriunis

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durchgreifenden Korrektion der Bahnhofzufahrtstraße mit neuer

eiserner Brücke über die Nagold der ordentliche Korporations­beitrag von '/- des Aufwands nach Abzug des Staatsbeitrags verwilligt. Aus der für Beiträge zum Ankauf von Gemeindefar- ren bestimmten Etatspofition und von dergleichen Restmitteln wurden dem landwirtschaftlichen Bezirksoerein Beiträge ver­willigt zur Deckung des bei der gestrigen Versteigerung der ausgekauften zehn Original-Simmenthaler-Farren sich ergebenen Defizits von rund 300 «eitere 500 ^ zu den Kosten der Errichtung der Jungviehweide in Unter- schwandorf und 150 ^ zu der im Lause dieses Herbstes in Haiterbach stattfindenden Jungviehprämierung der Zucht­viehgenoffenschaft. Nach dem endlich noch zur Beratung gekommenen Etat der Amtspflege pro 1. Apnl 1900/1901 ergab sich daS Bedürfnis einer AmtSschadens-Umlagr von 50000 mithin einer Erhöhung um 1000 ^ gegenüber dem Vorjahr. Ein gemeinsames Mittagessen mit 40 Gedecken fand im Gasthof zurPost" statt.

Neu für Württemberg ist die Bestimmung deS neuen Gesetzes, daß der Gläubiger, wenn er ein vollstreckbares Urteil auf einen Betrag von über 300 ^ erwirkt hat. ohne den Schuldner zu fragen, nach seiner Wahl eine Sicherungshypothek auf einem oder mehreren Grundstücken des Schuldners eintragen lassen kann. Das Pfand wird wirksam ohne Zustimmung oder unterschriftliche Anerken­nung deS Schuldners. Wohl zu beachten ist. daß nur ein Urteil, nicht auch ein Vollstreckungsbefehl dieses Recht ver­schafft. Man kann entgegenhalten, daß man ja mit einem Vollstrrckungsbefehl sofort pfänden lassen könnte. Bei einem größeren unversicherten Betrag Hand lt eS sich meistens um die Zwangsversteigerung der Liegenschaft deS Schuldners. Die Anordnung derselben hat wiederum zur Folge, daß der Schuldner oftmals seine Zahlungen vollends g.nz ein­stellt, zum Schaden der Gläubiger. Hat ein solcher aber «ine Sicherungshypothek eintragen lassen, so kann er durch fein Pfand gesichert unter Umständen dem Schuldner zuwarten, bis dieser sich von Zahlungsschwierigkeiten u. dergl. erholt hat. Dadurch wird mancher Gläubiger vor Verlust bewahrt.

Stuttgart, 7. Sept. Wie Berliner Blätter melden, wird Herzog Albrecht von Württemberg, Generalmajor und Kommandeur der 4. Garde-Kavalleriebcigade in Pots­dam, nach Beendigung der Kaisermanöoer unter Enthebung^ von dem Kommando nach Preußen wieder in württembergische Dienste treten und daS Kommando der 26. Kavalleriebrigade (1. k. württembergischen) in Stuttgart übernehmen. Her­zog Albrecht, der wahrscheinliche Thronerbe in Württemberg ist seit dem 10. Sept. 1898 Generalmajor und mit Erz­herzogin Margarete Sophie von Oesterreich verheiratet, einer Schwester des österreichischen Thronfolgers, Erzherzog Franz Ferdinand, der zur Zeit an den Kaisermanövei« in Pommern teilnimmt.

Die das Volksfest besuchenden Besitzer von Schaubuden und sonstigen Interessenten haben an den Stuttgarter Ge­meinderat eine Eingabe gerichtet, in der gebeten wird, dem Cirkus Bar nu m eine Genehmigung zur Produktion auf dem Gtöckachspielplatz nicht zu erteilen. Die Petenten fürchten, daß der CirkuS Barnum alle Fremden anlocke und

und durch den schönen Luxemburggarten zur Kirche 8t. 8ul- xlee, von wo aus wir mit einem Omnibus bis zu einer Dampferstation fuhren. Von da aus kamen wir mit einem Dampfbot mitten durch die Ausstellung hindurch zur Sta­tion ?L88^; es war ein herrlicher Anblick, diese Menge Pa­läste und sonstigen interessanten Bauten zu sehen, welche uns einen Vorschmack gaben von dem vielen Schönen, das wir in den nächsten Tagen in Augenschein nehmen durften.

In l?L88^ stiegen wir aus, benützten aber sofort ein stromaufwärts fahrendes Boot um wieder durch die Ausstellung hindurch zu fahren und an dem Lines äs In Ovueoräs zu landen.

Hier ist der Haupteingang. Wir wanderten 2'-', Stunden durch die Ausstellung, um einen kleinen Begriff von derselben zu bekommen.

Eine SchilderungQuer durch die Ausstellung" wurde diesen Sommer bereits im Gesellschafter gebracht, ich werde die Leser deshalb nicht mit einer Wiederholung ermüden, sondern nur Einzelheiten herausgreifen und mich in der Hauptsache darauf beschränken, einige Schaustellungen zu beschreiben, welche vielleicht einiges Interesse erwecken dürften.

Wie bekannt, zeichneten der französische Staat und die Stadt Paris zu den Kosten der Ausstellung gemeinschaftlich 100 Millionen Francs. Hievon wurden 65 Millionen durch Herausgabe von 3,250,000 Bons L krs. 20. vom Jahre 1896 ab beschafft.

(Fortsetzung folgt.)