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Montag, Mittwoch,' j ^Donnerstag und SamStag.

Auflage 1980 Preis vietteljährl. hier mit Lrägerlohn SO im Bezirkl außerhalb d. Bezirks 1 20 -s.

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GejklWstkl

Amts- und Anzeige-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagotd.

74. Jahrgang.

JusertionS-Gebühr f.d. einspaltige Z«U« a«S gewöhn!. Schrift oder deren Raum be, einmalig. Einrückung S -s, bei mehrmalig, j, S^.

Gratisbeilagen: Das Plauderstübchen und

Schwäb. Landwirt.

^ 129.

Nagotd, Montag den 20. August

1900.

Amtliches.

Bekanntmachung,

betr. die Arbeitszeit in Getreidemühle«.

Da dis in der Bekanntmachung deS Reichskanzlers vom 26. April 18S9 (ReichSges.'Bl. T. 273) enthaltenen Be­stimmungen des Bundes-Rats über die Arbeitszeit in Ge­treidemühlen vielfach keine Beachtung finden, so wird der Inhalt dieser Bekanntmachung und der Strafvorschrift des Z 147 Ziff. 4 der Gewerbeordnung wiederholt zur allge­meinen Kenntnis gebracht.

Die Ort-polizeibehörde« haben die Beobachtung der Bestimmungen in geeigneter Weise zu überwachen.

Den 18. August 1900.

K. Oberamt. EchSller, Amtm.

Bekanntmachung, betr. den Betrieb von Getreidemühlen.

Vom 26. April 1899.

Auf Grund des Z 120s Abs. 3 der Gewerbeordnung hat der BundeSrat nachstehende Bestimmungen über die Arbeitszeit in Getreidemühlen erlassen:

l.

1. In Getreidemühlen ist den Gehilfen und Lehrlingen innerhalb der auf den Beginn ihrer Arbeit folgenden vter- undzwanzig Stunden eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 8 Stunden zu gewähren. Werden die Getreide­mühlen ausschließlich oder vorwiegend mit Dampfkraft be­trieben, so hat die ununterbrochene Ruhezeit mindestens zehn Stunden zu betragen. Bei Betrieben mit regelmäßiger Tag- und Nachtschicht kann die Ruhezeit an Sonntagen, an denen auf Grund der HZ 105« Abs. 1, 105k Abs. 1 der Gewerbeordnung Ausnahmen von den im Z lOSb Abs. 1 a. a. O. getroffenen Bestimmungen zugelaffen sind, insoweit beschränkt werde«, als die Durchführung deS wöchentlichen Schichtwechsels es erforderlich macht.

Auf Getreidemühlen in deren Betrieb ausschließlich Wind als Betriebskraft benutzt wird, finden diese Vorschriften keine Anwendung.

Für Getreidemühlen, welche ausschließlich mit durch unregelmäßige Wasserkraft bewegten Triebwerke» arbeiten und nicht mehr als einen Gehilfen beschäftigen, können durch die untere Verwaltungsbehörde Ausnahmen von der vorgeschriebenen Ruhezeit an höchstens IS Tagen im Jahre zugelaffen werden.

2. Lehrlinge unter 16 Jahren dürfen in Getreidemühlen aller Art nicht in der Nachtzeit von 8*/, Uhr Abends bis K'/r Uhr morgens beschäftigt werden.

H.

Als Gehilfen und Lehrlinge im Sinne der vorstehenden Bestimmungen gelten solche Personen, welche bei der Be­dienung der Mahlgänge beschäftigt werden. Dabei gelten Personen unter 16 Jahren, welche die Ausbildung zum Gehilfen nicht erreicht haben, auch dann als Lehrlinge, wenn ein Lehrvertrag nicht abgeschlossen ist.

m.

Die vorstehenden Bestimmungen treten am 1. Juli 1899 in Kraft.

Z 147 der Gewerbeordnung.

Mit Geldstrafe bis zu 300 Mk. und im Unvermögens- fall mit Haft wird bestraft:

4. wer den auf Grund de- tz 120s erlassenen Vor­schriften zawiderhandelt.

Bekanntmachung.

Die über den Gemrindebezirk Warth am 7. vor. Ms. wegen der Maul- und Klauenseuche verhängten allgemeinen Maßregeln find heute wieder aufgehoben worden (s. Ge­sellschafter Nr. 105).

Nagold, den 18. August 1900.

K. Oberamt. Schöll er, Amtm.

Hages-Mmigketten.

Deutsches Reich.

Nagold, den 20. Aug.

* Wer gestern vormittag hinauspilgerte Anpfand alsbald eine drückende Hitze und manchem wurde es wohl bange um das für den Nachmittag geplante Waldfest deS Lieder- kranzes. Einige Stunden noch ließ uns das Wetter im Glauben an einen zwar heißen, aber schönen Verlauf des Festes, doch kaum hatte man sich nach Tisch zum obligaten Täßche» Kaffee gesetzt, so kam unvermittelt der erste gewaltige Donnerschlag; es zogen mehrere Gewitter über unS weg und die Freude aus eine schöne Waldpartie fiel in's Regenwaffer. Mit edler Resignation, die manchem holden Mädchenantlitz einen besonderen Reiz verlieh, ergab man sich schon in das Unabänderliche, als Fanfaren ertön- ten und die frohe Kunde brachten, daß derLiederkranz* im Hirsch zusammenkomme. Der Bann war gebrochen und der Hirschsaal füllte sich in kürzester Zeit mit frohen Leutchen. Mußten sie auch statt Waldesluft undDust, Zimmerschwüle und Cigarrenräuche konsumieren so ließen sich doch die «ackeren Sänger nichts anmerken, sondern sangen in ihrem lieben Heim so frisch und fröhlich wie je. Es ist der raschen Initiative deS Herrn VizevorstandS zu verdanken, wenn der Nachmittag und Abend bei Gesang, Musik, humo- ristischen Vorträgen und Tanz so schön verlief, daß man gar bald die erlebte Enttäuschung mit dem vom Wetter ab­hängigen Schloßberg vergaß und sich, in engerer Fühlung bleibend, recht wohlig und gemütlich fühlte. Besten Dank daher den lieben Sängern und den vrrehrten Veranstaltern der Unterhaltung. So viel uns bekannt wurde fand nach 9 Uhr noch eine ebenso schön verlaufene Zusammen­kunft imWaldhorn" statt.

FreiwilligeGabenfürdasostasiatischeExpeditions- korps, die in den Frachtbriefen ausdrücklich als solche be­zeichnet und an die K. Bahnhofskommandantur in Bremen oder an die bei dieser errichtete Hauptsammelstelle gerichtet find, werden frachtfrei befördert. Der kaiserliche Kommissar der Freiwilligen Krankenpflege wird der genannten Kom­mandantur einen Delegierten beigeben, der für Ordnung und Absendung der Liebesgaben nach China Sorge tragen wird.

Nach einer Mitteilung des Kaiserlichen Kommissars

und Militärinspekteurs der freiwilligen Krankenpflege find an freiwilligen Naturalgabrn für das ostafiatische Expe­ditionskorps besonders erwünscht: 1) Kleidungsstücke für den Winter (Filzschuhe und Filzstiefel, Pelzstirsel und Pelzmäntel, Leibbinden, wollene Socken und Unterkleider u. s. w.). 2) Verpflegungs- und Genußmittel

(Fleisch- und Gemüsekonserven, Fleisch-Extrakt, Fruchtsäfte, Kaffee, Kakao, Malzextrakte, Weine, Zucker, Zigarren, Ta­bak u. s. w.). 3) Materialen für Lazarete (z. B. Bett- und Leibwäsche, Matratzen, Pantoffeln, Bettstellen, Geschirr und Geräte aller Art, ärztliche Instrumente und Verband­mittel u. s. w.). Der Württ. Landesverein vom Roten Kreuz wird eine Hauptsammelstrlle für Württemberg, deren Adresse später bekannt gegeben wird, errichten, nimmt aber jetzt schon Anmeldungen von geeigneten Naturalgaben in seiner Geschäftsstelle (Königstraße 74) dankbar an.

AuS dem Oberamt Tübingen, 18. Aug. In jeder Beziehung ist die Sozialdemokratie seit neuerer Zeit im Bezirk sehr thätig. Vor kurzem fand in Tübingen selbst ein Waldfest statt und auf Samstag und Sonntag find nicht weniger als 3 Volksversammlungen, die eine nach Tübingen, die andere nach Pfrondorf und Lustnau eiube- rufen. Als bekannter Reise-Redner spricht der Genosse Herrmann aus Stuttgart überWichtiges bei den Ereig­nissen in China."

Stuttgart, 16. Aug. Der König bewilligte für die Sammlung des Flottenoereins zu Gunsten der in China kämpfenden Deutschen und der Hinterbliebenen weitere 300 Mark.

Stuttgart, 17. Aug. Auf der Pariser Weltaus­stellung erhielten große Preise u. a. in der Klaffe Musik­instrument«: Schiedmayer, Pianofortefabrik in Stuttgart; in Klaffe XXI, Vorrichtungen für Maschinenbetrieb; Ma- giriuS in Ulm a. D.

Ludwigs bürg, 20. Aug. Heute Mittag trifft Se. Maj. der König von Friedrichshafen hier ein, um sich von der württ. Kompagnie, die nach Ostasten abgrht, zu ver­abschieden.

Pforzheim, 17. Aug. Fräulein Johanna Wittum, Tochter des Herrn Landtagsabgeordneten Wittum hier, welche bekanntlich als Krankenpflegerin im Burevkrieg thätig war, ist gestern in den Kreis ihrer Angehörigen zurückgekehrt.

Straßburg, 15. Aug. Eine Uebung mit Lanzenboote«, einer Erfindung von Adolf Rey in Bischheim, fand an der Jll statt. DieStraßb. Post" berichtet darüber: Vom Ried her sprengte eine Abteilung Husaren an die Jll heran. Am Flusse hielt die Mannschaft ab. ein Teil hielt die Pferde und ungefähr dreißig Leute deckten, mit Karabinern bewaff­net, den Uebergang. Von einem Packpferde waren einzelne gebogene Teile (Kurven) rc. auS Packtaschen hervoraenommes worden und zwei Hüllen aus wasserdichtem Stoff, die mit Oesen und Schnüren versehen waren. Zehn bis zwölf Mann setzten sodann in wenigen Minuten aus den Lanzen und Teilen zwei Boote zusammen, in die Sättel, Woylachs (Gat- telunterlagen) und Waffen hineingeladen wurden. Alsbald wurden an beiden Seiten der Boote und hinten je zwei Pferde, also i« ganzen sechs auf das jenseitige User des

Allerlei Rechtsbelehrung.

(Fortsetzung.)

Das Testament.

Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche ist das Testament, die einseitige letztwillige Verfügung, welche die Einsetzung eines Erben enthält s§ 1937). Der Erblasser kann auch durch Testament einen gesetzlichen Erben oder seinen Ehegatten von der gesetzlichen Erbfolge ausschließen, ohne einen Erben zu ernennen sZ 1938). Wer durch Testament und Erbvertrag als Erbe berufen ist, kann die Erbschaft aus diesem an­nehmen und aus jenem ausschlagen oder umgekehrt sZ 1948, Absatz 2). 1) Inhalt des Testaments. Ein Testament kann von dem Erblasser nur persönlich errichtet werden sZ 2064). Hat der Erblasser seine gesetzlichen Erben bedacht, so sind diejenigen, die zur Zeit des Erbfalls seine gesetzlichen Erben sein würden, nach dem Verhältnis ihrer gesetzlichen Erbteile bedacht sZ 2066). Sind die Kinder ohne nähere Bestimmung bedacht, so treten die Abkömmlinge eines vor Errichtung des Testaments gestorbenen Kindes an dessen Stelle insoweit, als sie auch bei der gesetzlichen Erbfolge seine Stelle einnehmen würden sZ 2068). Ist der Bedachte in einer Weise bezeichnet, die auf mehrere Personen paßt, so gelten alle als zu gleichen Teilen berücksichtigt, sofern sich nicht feststellen läßt, wer von ihnen gemeint sein sollte 2074). 2) Form des Testaments. Zur Errichtung eines Testaments bedarf es der Vollendung des 16. Jahres, Personen, die wegen Geistesschwäche, Verschwendung oder

Trunksucht entmündigt sind, können ein Testament nicht er­richten sZ 2229). Testamentsformen sind ordentliche und außerordentliche. In ordentlicher Form wird das Testament errichtet vor einem Richter oder Notar oder durch die eigen­händig geschriebene Md unterschriebene Erklärung des Erb­lassers. Der Richter muß bei der Errichtung einen Gerichts­schreiber oder 2 Zeugen, der Notar einen zweiten Notar oder 2 Zeugen zuziehen sZZ 2231 f.). Zeugen sollen nicht sein Minderjährige, Personen, die nicht im Besitze der bürger­lichen Ehrenrechte sind, Personen, die nach den Strafgesetzen unfähig sind, als Zeugen vernommen zu werden, Personen, die als Gesinde oder Gehilfen im Dienste des Richters oder beurkundenden Notars stehen sZ 2237). Der Erblasser er­klärt dem Notar oder Richter mündlich seinen Willen oder übergiebt ihm eine Schrift mit der EMärung, daß dieselbe seinen Willen enthält. Minderjährige und des Schreibens Unkundige können Ml durch mündliche Erklärung testieren sZ 2238). Die bei der Errichtung des Testaments mitwir­kenden Personen müssen während der ganzen Verhandlung anwesend sein, über die Errichtung wird ein Protokoll in deutscher Sprache ausgenommen, das von dem Erblasser Md sämtlichen mitwirkenden Personen unterschrieben werden muß sZZ 22392242). Das Testament wird von dem Richter oder Notar mtt dem Amtsfiegel verschlossen, mit einer Auf­schrift versehen in amtliche Verwahrung genommen Md da­rüber dem Erblasser ein amtlicher Htnterlegungsschein erteilt sZ 2246). Außerordentliches Testament. Wenn zu befürch­ten ist, daß der Erblasser früher sterben werde, als die Er­richtung des Testaments vor einem Richter oder Notar mög­

lich, so kann er dasselbe vor dem Vorsteher der Gemeinde, in der er sich aufhält, oder des gleichgestellten selbständigen Gutsbezirks errichten. Derselbe muß 2 Zeugen zuziehen und den Grund der Besorgnis im Protokoll angeben stz 2249). Wer sich an einem infolge Ausbruchs einer Krankheit oder sonstiger Umstände der Art abgesperrten Ort befindet, daß die Erichtung des Testaments vor einem Notar oder Richter unmöglich oder sehr erschwert ist, kann sein Testament ent­weder auch vor dem Vorsteher der Gemeinde oder mündlich vor 3 Zeugen errichten; über die mündliche Erklärung mnß ein Protokoll errichtet werden s§ 2250). Durch Erklärung vor 3 Zeugen kann auch derjenige ein Testament errichte«, der sich während der Seereise an Bord eines deutschen, nicht zur Kaiserlichen Marine gehörenden Schiffs außerhalb eines inländischen Hafens befindet sZ 2251). Dasselbe gllt nicht als errichtet, wenn seit der Errichtung 3 Monate verstrichen find und der Erblasser noch lebt stz 2252). 3) Wider­ruf des Testaments. Das Testament kann von dem Erblasser jederzeit widerrufen werden, der Widerruf erfolgt entweder durch ein neues Testament oder dadurch, daß der Erblasser in der Absicht, es aufzuheben, die Testamentsur- kunde vernichtet oder an ihr Veränderungen vornimmt, die daraus schließen lassen, daß er dasselbe aufheben wolle sZ 2255). Ist ein Testament vor einem Notar oder Rich­ter errichtet, so gilt es als widerrufen, wenn dem Erblasser die in amtliche Verwahrung genommene Urkunde zurückgegebeu wird sZ 2257). Endlich gllt ein Testament auch msoweit als widerrufen, als das spätere mtt dem früheren in Wider­spruch steht sZ 2258). 4) Aushändigung des Testa-