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Dkl GklklllWkk.
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74. Jahrgang.
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Gratisbeilagen: LaS Plauderftübche» und
Schwäb. Landwirt.
109.
Hages-Hleuigketten.
Leutsches Leich.
Nagold, den 18. Juli.
«Frisch gewagt ist halb gewonnen". So dürfte sich wohl unser hiesiger Liederkrarz sagen, als er sich vor mcht langer Zeit anschickte, sich zum Preissingen beim Sänger- fest des Württ. Gchwarzwaldgaues zu entschließen. Und in der Thal: es glückte ihm schon beim ersten Anlauf. Bei dem am gestrigen Sonntag unter sehr großer Beteiligung seitens weitfingrnder und nichtwettfingender Vereine (im Gau und außerhalb dem Gaul in Rottweil stattgesundenrn Gausängerfest wurde dem „Liederkranz Nagold" mit dem Chor: „Wem Gott will rechte Gunst erweisen rc." ein zweiter Preis zuerkannt; das künstlerisch ausgestattete Preis- Diplom ist im Schaufenster der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung ausgestellt. Wir gratulieren herzlich zu diesem aus würdigem Streben hervorgegangrnen schönen Erfolge. (Weiterer Bericht folgt.) —
* In Nro.» 97 ds. Blts. kündigten wir die wahrscheinliche Hierherkunft des Geschäftsführers des „deutschen Vereins gegen den Mißbrauch geistiger Getränke" an; gestern Abend fand nun eine Versammlung im Saale des Gasthofs z. Hirsch statt, in welcher Herr Pfarrer Gonser aus Fürfeld, als Vertreter des verhinderten Geschäftsführers Herrn Dr. Just, das Referat halte. Mit warmem Herzen für seine Sache, in gedrängter aber anschaulicher Weise, gab der Herr Redner Aufschluß über Zweck und Ziel dieses seit 1883 bestehenden und wirkenden Vereins, der mit der vorgestern in Stuttgart erfolgten Wahl eines Landes-Ausschuffes nun einen kräftigen Vorstoß mit seiner segensreichen Thätigkeit in Württemberg machen wird. Wie notwendig sein Eingreifen auch in unserem engeren Vaterlande ist, weiß jeder, der ein Herz hat für da? Wohlergehen seines Nebenmenschrn, dem es ein tiefes Weh bereitet, wenn er tagtäglich den deutlichen Spuren des durch den Alkohol- Teufel angerichteten Elends begegnet. Wie schon in Nro. 97 d. Blts. erwähnt, verlangt der Verein von seinen Mitgliedern keine Enthaltsamkeit von Bier, Wein rc., sondern er will freie und recht viele Männer als Mitglieder gewinnen, die seine Bestrebungen nach besseren Anschauungen, besseren Sitten, besseren Ginrichtungen, besseren Gesetzen unterstützen und fördern, die — mit einem Wort — helfen. Und Hilfe thut so sehr not! Das zeigen folgende Angaben mit erschreckender Deutlichkeit: Von hervorragenden Aerzten wird immer häufiger betont, daß die Alkohol-Erkrankungen nach der Schwindsucht die meisten Opfer fordern. Eine ganz schlimme Wirkung der Unmäßigkeit ist die Vergiftung der Nachkommenschaft. Bei 70—8 0° / o aller Er- hrankungen des Herzen, des Magens, der Leber, der Nerven u. s. w. ist der Alkohol schuldig. Von juristischer Seite ist nachgewiesen, daß 60°/» aller Vergehen bei der Soldateska vom Trunk herrühren und 40 bis 45°/» oller Vergehen und Verbrechen im Civilstand einen Causalzusammenhang mit dem Alkohol haben, 80°/» sind direkt auf denselben zurückzusühren, an Sonntagen steigt der Prozentsatz auf 90—95°/». Von Nationalökonomen ist nachgewiesen, daß im Jahre 1899 2^/r Milliarden Mark — 50 pro Kopf in Deutschland für geistige Getränke ausgegeben wurden; nach dem Verbrauch seit 1. Januar bis heute zu rechnen müßten die Ausgaben im Jahr 1900 auf 3 Milliarden steigen. Die Armenpflege kann hier auch mitreden, denn in den allermeisten Fällen ist Trunksucht schuld an der Verarmung. Trinker sind deshalb Schmarotzer am Staatskörper, wir müssen für sie und, ihre Angehörige als Steuerzahler und Kafsenmitglieder aujkommen, während der nüchterne Arbeiter mehr Güter erzeugt als er verbraucht und so den Volkswohlstand hebt. Also Hilfe thut not! es gilt, sittlich zu wirken und nicht über den Betrunkenen mit einem — sei es nun scherzhaften oder mitleidigen — Lächeln hinwegzugehen. Diese Hilfe will der „Deutsche Verein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke" bringen, aber er braucht dazu Mitglieder; erfreulicherweise hat der Verein im Ganzen schon 12000 Mitglieder aus allen Ständen; in Württemberg sind in den letzten 14 Tagen schon 400 Mitglieder zugewachsen und in Nagold haben sich gestern Abend 16 Mitglieder angemeldet. Dieselben werden demnächst eine konstituierende Versammlung abhalten, welche dann über die zunächst zu unternehmenden Schritte beschließen wird. Wir führen noch an, daß an der dem Bortrog folgenden Diskussion aus der Mitte der Versammlung reger Anteil genommen und dem Herrn Pfarrer Gonser der beste Dank der Anwesenden ausgesprochen wurde.
Pfalzgrafenweiler, 12. Juli. Die Staatswaldungen des Reviers Pfalzgrafenweiler bildeten gestern den Zielpunkt
Nagold, Montag -en 16. Juli
einer Exkursion der für Indien bestimmten englischen Forst-' kandidaien, die zur Zeit unter Leitung des früher in Indien an hervorragender Stelle thätiaen Prof. Dr. W. Schlich nach Abschluß ihrer Studien an der Forstlehranstalt zu Coopers Hill eine Reise durch die bekannten deutschen Waldgebiete machen. Die Herren, die von Freudenstadt herkamen, wo sie TagS zuvor die Waldungen des Reviers Freudenstadl besucht hatten, wurden am Waldeingang bei Hallwangen von Oberförster Nörd- linger von hier empfangen und durch die in der forstlichen Welt wohl bekannt gewordenen stammreichen Bestände des „Weiler WaldeS" geführt, worin inSbesonders die Verjüngung und Erziehung gemischter Tannen- und Buchenbestände auf dem bunten Sandstein kennen gelernt und besprochen werden sollten. Nicht verkannt wurde, daß der schöne, vollholzige und schlanke Wuchs der Tannen des Reviers nicht zum mindesten der Mischung mit der vielvrrfolgten und an- gefeindeten Buche zu verdanken ist und der letzteren daher das Gastrrcht in gewisser Beschränkung zu bewahren ist. In Kälberbronn wurde Mittag gemacht und der Rückweg nach Freudenstadt über das Zinsbachthal (Floßanstalt im Zinsbach) und Pfalzgrafenweiler genommen.
Stuttgart, 13. Juli. Aus Tübingen wird geschrieben : Sicherem Vernehmen nach find die Verhandlungen mit Dr. Küttner zwecks Uebsrnahme der Leitung einer Ambulanz in China zum Abschluß gekommen; derselbe wird dem Rufe Folge leisten. Er hatte fick in die Stille zurückgezogen gehabt, um ein Werk über Transvaal, dessen Ertrag dem Roten Kreuz zu gut kommen soll, zu vollenden und sich von den Anstrengungen des Feldzugs in Südafrika zu erholen.
Stuttgart, 14. Juli. In den beiden Offizierskasinos der hiesigen Jnfanterieregimenter fanden zu Ehren der nach China abgehenden Offiziere Liebesmahle statt, die einen besonders herzlichen Charakter trugen. Wie man hört, wird auch ein Offizier des Feldartillerie-RegimentS Prinzregent Luitpold die Expedition näch Ostasien mitmachen, so daß das württembergische Offiziercorps durch sieben Kameraden bei dieser gemeinschaftlichen Aktion vertreten ist.
Eßlingen, 15. Juli. (Korr.) Seit einiger Zeit macht sich unter der hiesigen Geschäftswelt eine Bewegung bemerk- bar zu Gunsten eines allgemeinen Ladenschlusses an den Sonntagen, da die Verkäufe an diesen Togen seit der Errichtung selbständiger Pfarreien auf den Filialen sowie infolge der Zunahme des Haufierens und Detailreisens immer weniger in die Stadt kommen. Durch eine Umfrage bei den Ladenbesitzern wurde schon im vorigen Jahre festgestellt, daß die Inhaber der Weiß-, Woll- und Kurzwarrnbranch«, sowie der Damenkonfektions- und Ausfteuergeschäfte zum weitaus größten Teil den Ladenschluß einführen möchten; damals scheiterte die Ausführung an dem Widerspruch eines einzigen namhaften Geschäftes. Nachdem der Hauptwidersacher inzwischen auS feiner Firma ausgeschieden ist, wurde die frühere Umfrage dem hiesigen Gewerbeverein zur Weiterbehandlung übergeben und erließ derselbe nach eingehender Beratung i« Ausschuß dieser Tage in den beiden hiesigen Tageszeitungen einen Aufruf zu Gunsten des allgemeinen Ladenschlusses an den Sonntagen, womit von heute ab der Anfang gemacht werden soll. Dieser Aufruf ist unterzeichnet von ca. 30 der ersten Geschäfte mit den verschiedensten Artikeln und dürste derselbe auch an anderen Plätzen Beachtung finden, an welchen ähnliche Verhältnisse bestehen.
Vom Oberamt Laupheim, 14. Juli. (Korr.) Nach den neuesten Nachrichten wird die Stichbahn Laupheim— Gchwendi nun normalspurig gebaut.
Pforzheim, 14. Juli. (Korr.) Heute jrüh 9.35 traf Sr. Großh. Hoh. Prinz Max von Baden mit Frau Gemahlin mittels SonderzugS hier ein. Das Bahnhofgebäude war festlich geschmückt. Bei der Einfahrt dröhnten Böllerschüsse; im Wartsaal 1. Kl. hatten sich die staatlichen und städtischen Spitzen der Behörden aufgestellt zur Begrüßung. Prinz Max dankte in herzlichen Worten und ließ sich die Herren vorstellen, wobei Se. Hoh., als auch seine junge Gemahlin für jeden ein freundliches Wort hatte.
Minden (Wests.), 12. Juli. Der Rhein. Wests. Ztg. wird geschrieben: Für die Familie deS Kanzleirats Cordes in Minden ist die Sorge um den in Peking befindlichen Sohn, den 2. Dolmetscher der Gesandtschaft, besonders schwer, da die Familie von ihren drei Söhnen bereits einen Sohn in unsrem auswärtigen Dienst verloren hat. Dieser trat nach Erlangung des Einjähr.-Zeugnisses bei der Marine ein und verpflichtete sich vor Ablauf des Dienstjahres zu einer längeren fast dreijährigen Fahrt und widmete sich nach der Rückkehr in die Heimat der Gerichtschreiberkarriöre. Der Dienst auf dem Festlande wurde ihm recht schwer, seine > Sehnsucht war das Wasser und als er nach großem Flriße I vor etwa 10 Jahren ein sehr befriedigendes Examen abge
1900.
legt hatte, stellte er sich dem auswärt. Amt zur Verfügung. Er wurde auf seine guten Zeugnisse hin zum kaiserl. Ge- neralkommissmiatssekrelär in Neu-Guinea ernannt. Bald nach seiner Ankunft dort erkrankte er an Malaria, er erhielt als Rekonvaleszent Urlaub und reiste in die Heimat, Bielefeld, zurück, wo er erschöpft in den Armen seiner Mutter starb. Der zweite Sohu ist der Dolmetscher. Er absolvierte das Bielefelder Gymnasium, genügte seiner Militär. Pflicht beim 55. Infanterie-Regiment, dem er auch wohl noch heute als Offizier angehört, und trat dann bei dem Seminar für orientalische Sprachen als Student «in. Nach Absolvierung des Seminars studierte er Rechtswissrn- schaft, legte das Referendarexamen ab und wurde von oem auswärt. Amt für die Dragomankarriöre angenommen. Welche vorzüglichen Aussichten sich dem jungen eben erst dreißigjährigen Manne dort eröffneten, beweist sein rasches Avancement.
Wilhelmshaven, 11. Juni. Die unter dem Be- fehl des Kontreadmirals Geißler stehende China-Division hat heute Morgen Punkt 10 Uhr dir Ausreise nach China angetreten. Die Division lag dicht unter dem Fort auf Rhede. Die Mannschaften hatten gestern Abend bis 12, die Offiziere und Verheirateten bis heute Morgen 8 Uhr Urlaub gehabt. Bald nach 9 Uhr entwickelten sich leichte Rauchwolken aus den Schloten, um 9^, Uhr ging das letzte Postboot vom Hafen zur Rhede. Wenige Minuten vor 10 Uhr erfolgte vom Aömiralschiff „Kurfürst Friedrich Wilhelm" aus das Signal „Anker lichten", worauf die Schiffe sich erst langsam und dann nach dem Signal „Ganze Fahrt" etwas schneller in Bewegung setzten. Dicke schwarze Rauchwolken quollen nun aus den Schornsteinen. Als dann das Signal „Divisions-Kiellinie" erfolgte, setzte sich das Flagg- schiff, das bisher den Schluß gebildet hatte, an die Spitze und fignalisirte dann „400 in Abstand". In diesem Abstand folgte dann „Brandenburg" und mit weiteren je 400 m „Weifseuburg" und „Wörth", während „Hela" aus der Steuerbordseite etwa in der Mitte fuhr. To dampfte die Division bei prächtigstem Wetter zur Rede hinaus Jade abwärts, bis sie um K?/. Uhr am Horizont verschwand. Tausende von Menschen säumten die Ufer und gaben den auf lange Zeit Scheidenden daS letzte Geleit. Die Reisedauer ist auf etwa 50 Tage angesetzt, die Ausrüstung ist für 9 Monate erfolgt.
Bremen. 13. Juli. Der AussichtSrat und Vorstand des „Nordd. Lloyd" begaben sich gestern früh nach Bremerhaven um den Kapitän, Offiziere und Mannschaften deS Schnelldampfers „Kaiser Wilhelm der Große" sowie ferner die Mannschaften der übrigen an der Brandkatastrophe beteiligt gewesenen und nunmehr eingetroffenen Dampfer zu beglückwünschen. Generaldirektor Wiegand hielt eine Ansprache, die mit Hurrahs auf den Kaiser endete. Kapitän Engelhard erwiderte mit einem Hurrah auf den „Lloyd". Wie Bösmann's Bureau erfährt, wurde seitens des „Lloyd" den Hinterbliebenen der Verunglückten, unabhängig von sonstigen Bezügen der Betrag einer Monatsgage der Verstorbenen extra ausbezahlt.
Berlin, 12. Juli. Das Centralkomitee der Vereine vom Roten Kreuz veröffentlicht einen Ausruf, wonach sein Anerbieten, die Unterstützung der amtlichen Sanitätspflege vom Reichsmarineamt angenommen worden ist. Die erste Sendung von Material und die Einstellung des Freiwillig mper- sonals sowie dis Errichtung eines überseeischen Vereinslaza- rethS sind in Vorbereitung. Beiträge nimmt die Haupisse- handlungskafse entgegen. Die Bildung weiterer Sammelstellen ist erwünscht.
Berlin, 13. Juli. Das deutsche Hilfskomite für Ostasien hielt gestern seine zweite G tzung ab. Die Kaiserin hatte das Protektorat übernommen, P.inz Heinrich das Ehrenpräsidium. Der Kaiser drückte in emem Telegramm von Bergen aus seine Freude über das Unternehmen aus, daS in jeder Beziehung seine Billigung fände.
Berlin, 13. Juli. Aus New-Iork wird die Ankunft des Schnelldampfers Deutschland gemeldet. Er hat um eine Stunde weniger zur Usbecfahrt gebraucht als das bisher schnellste Schiff.
-j- In Berlin ist am Mittwoch die angekündigte Extrasttzung des Bundesrgtsausschusses für die auswärtigen Angelegenheiten abgehalten worden; Bayern war hierbei durch den Ministerpräsidenten v. Crailsheim, Sachsen durch den Minister des Acußern v. Metzsch vertreten, lieber den Verlauf der Verhandlungen erfährt man von offiziöser Seite sehr wenig. Es heißt da, daß der Ausschuß die Erklärungen des Staats),kretärs Grafen Bülow über die Lag« ln Ostasien entgegengenommen habe, worauf nach einer längeren Besprechung, an der sich alle Ausschußmitglieder beteiligt hätten, der Vorsitzende die einmütige Zustimmung des Ausschusses zu den eingehenden Darlegungen des Grafen
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