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Amts- UN- Anzeige-Blatt für -en Oberamts-Bezirk Nagotd. 'HI

74. Jahrgang.

Nagotd, Montag dev 2. Juli 1900.

Die Wahl des oberamtlichen Revistonsassistenten Paul Knabe in Nagold zum Ortsvorsteher der Gemeinde Mittelfischach, Oberamts Gaildorf, wurde bestätigt.

Hages-AeuigKetten.

Deutscher Leich.

Nagold, den 2. Juli.

§ Heute hat uns die Familie des seitherigen oberamt» lichrn Revisionsasfistenten Knabe, künftigen Schultheißen in Mittelfischach, Oberamts Gaildorf, verlaffen. Eine zu Ehren des scheidenden Herrn Knabe vorgestern Abend im Gasthof zumHirsch" veranstaltete gut besuchte Abschiedsfeier legte Zeugnis ab von der großen Beliebtheit, welcher sich der Scheidende in hiesiger Stadt erfreuen durfte. Alle Aner­kennung zollte hiebei dem Scheidenden in beredten und äußerst schmeichelhaften Worten dessen bisheriger Vorgesetz­ter, Herr Oberamtmann Ritter, welcher bedauerte, daß er mit dem Weggang des Herrn Knabe eine bedeutende Arbeits­kraft, einen fleißigen und gewandten Assistenten verliere, dabei auch der verschiedenen Talente des lebhaft veranlagten Scheidenden gedenkend, die derselbe als Turner u. Schauspieler entwickelt habe, nicht leicht werde daher seine verschiedenartig gestaltete «probte Kraft zu ersetzen sein. Unter den besten Wünschen für das fernere Wohlergehen des künftigen Herrn Schultheißen brachte der Herr Oberamtmann auf den Scheidenden ein von der Abschiedsgesellschaft kräftig auf- grnommenes Hoch aus. Anschließend hieran rühmte Herr Stadtpficger Lenz an dem Scheidenden, welcher unter der hiesigen Bürgerschaft und namentlich auch in Vereinen, während seines 3*/-jährigen Hierseins durch sein gefälliges, geselliges und liebenswürdiges Wesen viele Freunde und Gönner sich erworben habe, die Pflichttreue und den Fleiß, womit der Scheidende z. B. als aktives Mitglied des Lieder­kranzes vorbildlich den Mann gestellt habe. Aber auch in seiner dienstlichen Stellung als Revisor habe es der Schei­dende durch Vermeidung einer scharfen Tonart verstanden, sich unter seinen Kollegen, den Berwaltungsbeamten des Bezirks beliebt zu machen. Der Redner gab der lieber- zeugung Ausdruck, daß die Gemeinde Mittelfischach eine gute Wahl getroffen habe und daß der Scheidende da­selbst gewiß eine ersprießliche und segenbringende Thä- tigkeit als OrtSvorstrher entfalten werde. Namens der Freunde des Scheidenden brachte der Sprecher dem Herrn Schultheißen Knabe mit Familie die herzlichsten Glückwünsche dar. Ein Hoch auf die Familie Knabe bekräftigte diese von Herzen gekommenen Worte. Der Scheidend« selbst dankte den beiden Rednern für ihre freundliche Ab­schiedsworte und betonte, wie tief gerührt er sei namentlich von den anerkennenden Worten seines bisherigen Herrn Chefs. Seine besten Wünsche gelten der schönen Stadt Nagold. Ein Doppelquartert des Liederkravzes, welcher schon vor einigen Tagen im engeren Kreise seinem Mitgliede einen Abschied bereitete, verschönte mit einigen paffenden Chören die für den l. Scheidenden ehrend ver­laufene Abschiedsfeier. Der liebwerten Familie Knabe rufen auch wir ein herzliches Lebewohl nach.

t. Altensteig, 30. Juni. Die gelungene Floßpar­tie am 13. Mai d. I., die der hiesige Schwarzwaldoerein

Die letzte Predigt.

Skizze von B. Rittweger.

(Schluß.)

Hm, hm, will mirs überlegen. Ich weiß doch nicht, ob ich deshalb wettern darf und zürnen. Ich will mir lieber rechte Mühe geben mit meiner nächsten Predigt. Viel­leicht hats an mir gelegen."

Ach, Vater, bewahre. Wie kannst Du nur so was sagen! Vierzig Jahre hast Du nun hier gepredigt, und ich kann mich nicht erinnern, daß am Vormittag jemals eins ge­schlafen hält."

Der Psarrherr lächelt ob des Eifers seiner Gattin und spricht von etwas anderem, aber es liegt ein nachdenklicher Zug aus seinem Antlitz. Im nächsten Vormittagsgottes­dienst beschließt die Pfarrerin ganz genau aufzupassen, und, o Schrecken, nicht nur zwei, sondern sechs Frauen und Jung­frauen nicken während der Predigt ein und schnarchen zuletzt ganz vernehmlich, sodaß sie am liebsten voll Zorn und Groll davon gelaufen wäre. Doch heute wird sie dem Vater nichts davon sagen; es müßte ihn ja zu sehr kränken, eine solche Verderbtheit! So zwingt sie sich zur äußerlichen Ruhe und Gelassenheit, aber gerade das Zwingenwollcn macht den Gatten aufmerksam. Sie ist so anders als sonst so un­natürlich gesprächig; sie berichtet ihm beim Essen, ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit, sogar einigen Dorfklatsch, den die Christel nach Hause getragen; er kannte seine stille Alte gar nicht wieder. Doch all ihre Bemühungen sind nutzlos, wie sie mit Schrecken einsehen muß, als der Vater

veranstalte, gab dem Zweigverein Pfalzgrafenweiler Ver­anlassung, seinen und weiteren Mitgliedern aus der Nach­barschaft vom württ. Schwarzwaldverein eine längere Floß­fahrt zu bieten. Dieselbe wurde am gestrigen Feiertag v«n Erzgrube an auSgesührt. Eine schöne Zahl (über 100) hatte sich zur bestimmten Zeit in Erzgrube eingefunden, um die Fahrt bis hieher mitzumachen. Es war eine frische, fröhliche Gesellschaft, die sich zu der etwa 3 Stunden wäh­renden, ohne alles Hindernis verlaufenden Fahrt zusammen­scharten. An derselben beteiligten sich Gäste von Dornstettrn. Dornhan, Calw, Stuttgart, ja auch Musensöhne von Tü­bingen, die zum Schluß des Festtags bei der gemütlichen Vereinigung in der Traube hier zur allgemeinen Erheiter­ung, ein kräftigesJäkele speaer er!" zum besten gaben.

Haiterbach, 30. Juni. Am Feiertag Petri und Pauli (29. d. Mts.) fand in Haiterbach das Jahresfest des Bezirkskinderrettungsvereins statt. Um */,2 Uhr begann der Gottesdienst mit einer Ansprache von Herrn Stadtpf. Schweizer über 2. Mose 2, 9. In trefflicher Weise wurde den Pflegeeltern der armen Kinder vor Augen geführt die Liebe, die sie mit den Kindern verbinden soll, die große Verantwortung, die aus ihre Schultern gelegt ist, und der Lohn für treue Arbeit an den Kindern. Aus dem Rechen­schaftsbericht ist zu entnehmen, daß der Bezirksverein Na­gold gegenwärtig 24 Kinder in seine Obhut genommen hat, von denen sich 4 außerhalb deS Bezirks befinden. Herr Pfarrer Weber behandelte sodann in längerer Rede den göttlichen Wert der Bibel. Aus seinem Bericht geht hervor, daß dem Bibelverein eine bedeutende Summe zugeführt werden konnte. Zum Schluß hielt Herr Stadtpf. Höckh mit den Kindern eine Katechese über die beiden Apostel Petrus und Paulus. Der hiesige Kirchrnchor hatte in dan­kenswerter Weise den Vortrag paffender Gesänge übernommen.

Gffringen, 1. Juli. (Korresp.) Am Feiertag Petr, und Paul, beging der hiesige Militär- und Vet.-Berein das Fest seiner 25jährigen Jubiläumsfeier, verbunden mit dem Bezirkskriegerta g. Nachdem durch die üblichen Böller­schüsse und die Tagwache, gespielt von der Hailfinger Mu- sikkopelle, die hiesige Einwohnerschaft auf die Bedeutung dieses TageS aufmerksam gemacht worden war, ließ es sich der Verein nicht nehmen, im Gotteshause dem Herrn aller Heerscharen seinen Dank darzubringen. Um 11*/, fand im Gasthaus z. Hirsch ein Festessen statt, das dem Wirt olle Ehre machte. Die in der Zeit von 111 Uhr von allen Richtungen her in großer Anzahl eintreffenden Be- zirksvereine bildeten mit ihren Fahnen einen stattlichen Fest­zug, der sich unter Böllerschüssen, Trommelwirbel und den Klängen der Musik von 1*/, Uhr ab durch das festlich ge­schmückte Dorf bewegte und im Garten des Sasthoss z. Hirsch unter schattenspendenden Bäumen- dem Fefiplatze endete. Schmucke Reiter und hübsch kostümierte Sol­daten führten den prächtigen Zug, der insbesondere durch die große Schar weißgekleideter Festjungfrauen der hiesigen Gemeinde alle Ehre machte. Nachdem sich der ganze Zug um die prächtig mit Tannengrün geschmückte Fest­tribüne versammelt hatte, begrüßte der Vorstand des hiesigen Militär- und Vet.-Vereins, Herr Stradingrr, die Bruder­

plötzlich fragt:' Nun, wie viel Weiber haben denn heute während der Predigt geschlafen?"

Geschlafen? Ach so geschlafen, meinst Du. Ich weiß es nicht ganz genau, aber" kaum wills ihr über die Lippen,es waren mehr als zwei." Und ängstlich und in tiefer Bekümmernis schaut sie den Galten an. Sie hofft fast, er werde nun losfahren, einstimmen in ihre Klagen über die heutige Gottlosigkeit und Verderbtheit, aber nichts von alledem. Er sieht zwar erst sehr ernst aus, aber nach einer Weile spricht er lächelnd:Paß nur das nächste Mal besser auf, ich kanns ja nicht erkennen, ich muß es aber besser wissen. Ich kann dann vielleicht ein Mittel finden." Damit schiebt er den Teller zurück und geht in sein Studierzimmer, nicht um wie sonst der-Ruhe zu pflegen, sondern um in rastlosem Hin- und Herwandern quälende Gedanken zu bannen. Der Schlaf der Burgern und der Nachbarslisbeth vor vierzehn Tagen, das war die erste Mahnung, und heute ist ihm die zweite geworden. Einmal konnte es Zufall sein, aber zweimal? Aber das heute? Gott, sollt es wirklich dein Wille sein? Soll ich's nieder­legen, das heilige Amt, das du mir gegeben? Nieniand wird es ihm sagen wollen. Die Gemeindeglieder werden zum Gottesdienst kommen nach wie vor, denn sie hängen an ihrem Pfarrer, der so viele Jahre Freud und Leid mit ihnen geteilt; sie werden nicht ausbleiben, aber sie werden schlafen!

Still und wortkarg geht der Pfarrer umher in der nächsten Zeit, und sein Auge blickt trüb und sein Lächeln hat etwas Wehmütiges. Es ist gar nicht wie sonst im

vereine unb die übrigen Festgäste mit einem herzlichen

Willkommen!" und erinnerte die heutige Generation an jene glorreichen Siege, die von tapferen Kriegern in schweren Kämpfen für das Vaterland erfvchten worden seien und brachte ein 3faches Hoch auf die noch lebenden Kriegskameraden unserer Gemeinde aus, dem die Anwesenden mit Begeisterung beistimmten. Hierauf erscholl aus aller Mund in kräftigen Klängen das Bundeslied:Brüderreicht dieHindzum Bunde." Es folgte nun die Festrede, welche Herr Pfarrer Hölzle hier in dankenswerter Weise übernommen hatte. In beredten Worten schilderte er jene Zeit des deutsch-französische» Krieges, an welchem auch 30 Männer der hies. Gemeinde trilgenommen hatten, den Jubel der Begeisterung, unter welchem sämt­liche Krieger gesund und glücklich bei den Ihrigen wieder eintrafen. In dankbarer Erinnerung hieran gründeten die Veteranen vor 25 Jahren den hies. Vrteranenverein. Da aber der Tod seitdem manche Lücke gerissen hatte auch iu diesem Verein, so galt es, den Verein zu erhalten durch Zuwachs jüngerer Leute, welche auch unter der Fahne ge­dient hatten, wodurch sich der Verein seinen jetzigen Namen beilegte. Indem er auf die beiden Inschriften der Fahne hinwies:Mit Gott für König und Vaterland" und: Furchtlos und treu," ermahnte er zur Treue gegen Fürst und Vaterland, in der Stunde der Gefahr zu tapferem Kampf und zum Hochhalten der Fahne, die das Heiligtum des Soldaten im Krieg und Frieden das Panier der Treue und Ordnung, sein muß. Er schloß, mit einem 3fachen Hoch auf Ihre Majestäten den deutschen Kaiser Wilhelm II. und König Wilhelm II. von Württemberg, in welches begeistert eingestimmt wurde. Der hies. Männergesangverein trug unter der trefflichen Leitung ihres Dirigenten Schullehrer Hanselmann, in frischer Weise den Chor vor:Wer ist allein ein freier Mann?" worauf eine Festdame in sinnigen Worten dem Verein zu seinem Jubiläum gratulierte und das von den Festjungfrauen gestiftete prächtige Fahnenband an die Fahne befestigte. Nunmehr begrüßte Herr Bezirks- obmann Schaible aus Nagold den Verein mit herzlichen Worten und überbrachte neben den seinigen auch die Glückwünsche von Sr. Hoheit dem Prinzen Hermann von Sachsen-Weimar dar, sowie die Mitteilung, daß der Verein die Ehre haben werde, in Bälde mit der von Sr. Majestät dem deutschen Kaiser gestifteten Erinnerungsmedaille aus­gezeichnet zu werden. Er drückte der Gemeinde seinen Dank aus für die freundliche Aufnahme der Kameraden, für den festlichen Schmuck, den sie angelegt und rühmte die gute Gesinnung, die sich dadurch bekundete. Nachdem er auch die Bezirksoereine begrüßt hatte und ihnen für ihr Erscheinen gedankt, galt sein Hoch dem Verein und der Gemeinde Eff- ringen. Mit dem kräftigen Vortrag des MännerchorS: Hurcah, du stolzes, schönes Weib. Hurrah Germania! fand die offizielle Feier ihren Abschluß. Ein fröhliches Treiben entwickelte sich nun unter den Klängen der Musik auf dem Festplatzr, bis die scheidende Sonne auch die Festteilnehmer an die Heimkehr erinnerte. Die hiesige Gemeinde aber und vor allem der hiesige Muitär- und Vet.-Bere n darf mit Befriedigung auf die gelungene Festfeier zurückschaurn und sie werden ihren Ehrentag noch lange in bester Erinnerung behalten. .

Pfarrhaus. Die Tage dehnen sich zu endloser Länge, und wenn ein Besuch aus dem Dorfe kommt, dann schäm ihn der Pfarrer argwöhnisch an, als wollte er aus seinen Zügen herauslcsen: Hast du's auch schon bemerkt?

Unter solchem Zweifeln und Fürchten und Hoffen wirds wieder einmal Sonntag, und die Pfarrerin ist an der Reihe zum Morgengottesdienft. Da spricht der Gatte zu ihr: Paß heute gut auf und zähle genau, wie viele diesmal schlafen. Ich muß es wissen."

Hast recht, Vater, wenn Du einmal ordentlich dazwischen fahren willst am nächsten Sonntag, falls es heute wieder vorkommt. So was darf doch nicht einreißen in einer Ge­meinde."

Der Pfarrer hat während des Gesprächs den Tatar angezogen; nun bindet ihm seine Frau die Beffchen um, er greift nach dem Barett, nickt ihr freundlich zu, und dann schreitet seine hohe Gestalt langsam und würdig den Kirch- weg entlang. Die Augen der Gattin folgen ihm wie stets. Heute besonders liebevoll. Isis Einbildung oder gehl er wirklich langsamer seines Weges als sonst? Und ifis nicht, als trüge er das Haupt nicht so hoch und frei wie in früheren Tagen, wie vor Kurzem noch? Sollte dis so plötzlich? Oder hat sie's nur nicht sehen wollen bic-her? Doch nun, heute sieht sie's, und das Herz krampst sich ihr zu­sammen in herbem Weh. Er ist nicht mehr der alle, sie fühlts in diesem Augenblick! Und sie darfs ihm nicht sagen, wenn sie heute wieder schlafen, die Weiber in den Ständen, sie muß es ihm verheimlichen, damit er nicht irre an sich selbst wird. Wie eine Erleichterung kommts über sic. Es