Tschifu, 19. Juni. Die Takuforts auf beiden Seiten des Flusses find jetzt besetzt. Die Chinesen er- ösfneten am 17. ds. das Feuer in unerwarteter Weise. Die Verluste der Truppen der vereinigten Mächte find folgende: Von Engländern 1 tot, 4 verwundet, Deutschen 3 tot, 7 verwundet. Russen 16 tot, 45 verwundet, Franzosen 1 tot, 1 verwundet. Die beiTakuliegendenchinefischenTorpedoboote wurden genommen. Auch wurde ein chinesisches Kanonen­boot beschlagnahmt.

Shanghai, 19. Juni. Die Kaiserin-Mutter kehrte nach ihrem Palast nach Tefu zurück, wo sie die Er­eignisse abwartet. In Tientsin und Shanghai herrscht vollständige Ruhe. Die Haltung der chinefischen Truppen ist jedoch noch immer drohend.

Tsintau, 18. Juni. Der deutsche Ablösungstransport für S. M. Kreuzergeschwader, der vorgestern hier einge- troffen, ging gestern nach Taku weiter.

Hongkong, 16. Juni. Der britische KreuzerTer- rible" ist mit zwei Kompagnien Waliser Füsiliere nach Taku abgegangen. Der Kapitän traf Vorkehrungen, die Schiffs­geschütze zum Gebrauch für die Truppen zu landen. Der KreuzerUndaunted" ist plötzlich mit versiegelten Ordres nach dem Norden abgegangen.

London, 19. Juni.Daily Telegraph" wird aus Shanghai gemeldet, dort hieß es gestern Abeud, die Re­gierung in Peking empfinde Reue. Der Vizekönig Julu sei degradirt. Ihm sei befohlen worden, sich dafür, daß er die Tumulte zugelaffen habe, vor der Behörde zu verantworten. General Tung sei abgesetzt und wegen der Ermordung des Kanzlers der japanischen Gesandtschaft zu der militärischen Poststrase verdammt worden.

London, 19. Juni. Das Reuter'sche Bureau meldet aus Shanghai: Nach einem hier ans Tfchenpfu ein- getroffenen Privattelegramm ist in Sztechwan die Re­volution susgebrochen.

Brüssel, 19. Juni. DieJndependance Belge" ver­öffentlicht einen Pekinger Brief, wonach die Kaiserin den festen Entschluß kundgab, den europäischen Mächten bis zum Aeußersten zu trotzen, die Kaiserin betreibe die Verjagung aller Europäer, so daß ein regelrechter Chinakrieg bevorstehe. Sollte der Plan scheitern, so habe dir Kaiserin die Absicht, zuerst den Kaiser Kwangsu und dann sich selbst zu töten.

London, 20. Juni. Nach einer Meldung der Daily Mail" aus Shanghai ist die unter dem Befehl des Admirals Seymour stehende Entsatzkolonne von feindlichen Truppen umzingelt. DerDaily News" zufolge befindet sich Seymour mit seiner Kolonne in der Mitte einer dürren Ebene ohne Nahrungsmittel und ohne trinkbares Wasser.

London, 20. Juni. Reuter meldet aus Shanghai: Von hiesigen ausländischen Beamten für glaubwürdig gehaltene Nachrichten aus chinesischer Quelle besagen, daß die Gesandtschaften in Peking am 17. ds. unver­sehrt waren und daß Admiral Seymour mit den frem­den Truppen Peking erreichte.

London, 20. Juni. In Shanghai verlautet, die russischen Truppen, welche über zahlreiche Ge­schütze verfügten, seien vor den Thoren Pekings «ingetroffen und hätten die Stadt sofort von 2 Seiten angegriffen.

London, 20. Juni. Nach einer Meldung der Times" haben die Mandschus bereits die Hoffnung auf- gegeben, den Mächten Widerstand zu leisten. Die eingeborenen Beamten wechselten deshalb vollständig die Front. Um diese Ansicht zu bestärken, meldet die einheimische Presse, die Regierung habe die Verhaftung deS Generals Tunaluh- ciang und des Vizekönigs von Petschili angeordnet und beide dem Strafgerichte übergeben, die britische Flagge wehte gestern über dem Südthore von Peking. Man nimmt an, daß dies die Ankunft des Admirals Seymour in Peking bedeute.

London, 20. Juni. Den Blättern zufolge wurde der größte Teil der chinesischen Garnison vonTaku infolge des glänzenden Angriffes der vereinigten europäischen Truppen getötet. Zwei chinesische Forts wurden voll­ständig zerstört.

KLMere MitteÜmgen.

Tübingen, IS. Juni. Unter dem Borsitz des LandgerichtZrats Dr. Kapff nahmen die Sitzungen des Schwurgerichts gestern ihren

Anfang. Der erste Fall betraf die Strafsache gegen den italienischen Bahnarbeiter Dominica Picchione aus Pizzolr. Provinz Lquila, 26 Jahre alt, wegen Meineids. Am IS. April d. I-, nachts 11 Uhr gerieten der Angeklagte und der Bäckermstr. Joh. Michael Dang von Linsenhofen, OA. Nürtingen, aus der Ortsstraße in Raushändel. Der Angeklagte fiel schließlich auf eine Holzbeige, Dang kam auf ihn zu liegen. Auf den Hilferuf des Angeklagter eilte sein Landsmann oi Marco herbei und stach Dang mit einem Messer in den Rücken, di Marco hatte sich Hiewegen am 4. Mai d. I. vor dem Schöffen­gericht Nürtingen wegen gefährlicher Körperverletzung zu verant­worten. In diese Verhandlung wurde der heutige Angeklagte als Zeuge vernommen und beeidigt. Die Anklage legt nun dem Be­schuldigten zur Last, er habe seinen am 4. Mai 1960 vor de« Schöffengericht Nürtingen geleisteten Eid wissentlich durch ein falsches Zeugnis verletzt (Verbrechen im Sinne des K 184 Abs. 1 des Straf­gesetzbuchs). Der Angeklagte zog gestern die ihm zur Last gelegte Thal in Abrede und behauptete, seine Aussagen vor den, Schöffen­gerichte entsprechen der Wahrheit. Der gestern vernommene Zeuge Michael Dang versichert unter Eid mit Bestimmtheit das Gegenteil. An die Geschworenen wurden zwei Fragen gestellt, eine auf wissent­lichen Falscheid, eine auf fahrlässigen Falscheid. StaatSanwalt Frank beantragte, die erste Frage zu bejahen. Nachdem die Ge­schworenen beide Fragen verneint hatten, wurde drr Angeklagte vom Schwurgericht freigesprochen und sofort auf freien Fuß gesetzt. Verteidiger war Rechtsanwalt Sailer. Als Dolmetscher fungierte Prof. Eattaneo aus Stuttgart und als Obmann der Geschworenen Bahndirektor Leo-Urach.

Stuttgart. 18. Juni. Dem gestern gemeldeten Unfall an der Ludwigsburgerstraße haben wir nachzutragen, daß die Frau ihren Brandwunden erlegen ist. Auch die Rettung des Kindes dürfte schwer fallen.

Balingen, 19. Juni. (Korr.) An das Kgl. Amts­gericht hier wurde ein 15 Jahre alter Kausmannslehrling von Ebingen eingeliesert. Derselbe hatte auf den Namen seines Prinzipals bei der Gewerbebank in Ebingen über 300 erhoben und für sich verwendet. Er hatte die Unterschrift seines Prinzipals nachgeahmt und so den Bank- kasfter zu täuschen vermocht. Das junge Bürschchen sieht nun seiner verdienten Strafe entgegen.

Waldenbuch, 19. Juni. Gestern wurde in Steinen, bronn einem fünfjährigen Kinde beim Grasmähen mit der Mähmaschine ein Fuß fast gänzlich abgeschnirten. Nach Anlegung eines Notverbaudes wurde das Kind in die Klinik nach Tübingen verbracht.

Von der badischen Grenze, 18. Juni. In Ueber- auchen, Amts Villingen, wurde der Wärter Xaver Krebs, Vater von 8 Kindern, von einem Farren derart in den Leib gestoßen, daß er alsbald starb. In Neuweg, desselben Bezirks, brannte infolge Blitzschlags das Wohn- und Oeko- nomiegebäude des Albert Dold vollständig ab. Der Schoden beträgt gegen 40000

Pforzheim, 18. Juni. Der auS Wirnheim gebürtige 33 Jahre alte Vorarbeiter im hiesigen Gaswerk Wilhelm Faaß hat in der vergangenen Nacht seine Frau erwürgt und sodann versucht, sich selbst das Leben zu nehmen, zurrst durch Halsabschneiden und dann durch Ertränken. Heute Morgen gegen 7 Uhr wurde er von Arbeitern noch lebend auS der Enz gezogen, lieber die schreckliche That gehen uns noch folgende Mitteilungen zu: Faaß war 6 Jahre mit seiner Frau verheiratet. Die Ehe blieb kinderlos. Fortgesetzte Zwistigkeiten hatten öftere Mißhandlungen der Frau seitens des ManneS zur Folge. Gestern nun war Faaß zu spät zum Mittag gekommen, wodurch es zu heftigen und thätlichen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Eheleuten kam, die jedenfalls dann mit der schrecklichen That endigten. Als man das Schlafzimmer öffnete, fand man die Leiche der Frau mit Merkmalen, welche bewiesen, daß sie erwürgt worden war, aus dem Boden liegen. Faaß selbst, der einen 67 Centimeter langen Schnitt am Halse hatte, wurde nach dem Krankenhause überführt. (Bad. Pr.)

Berlin, 19. Juni. Ein Raubmordversuch ist heute früh in der Königstraße verübt worden. Der in dem Photsgraphen-Atelier von Pflaum u. Co. angestellte 16jähr. Lehrling Herrmann Hiller überfiel seinen Lehrherrn, den Hosphotographen Pflaum, als er heute Morgen um 4 Uhr nach Hause kam, in seinem Schlafzimmer. Er verletzte ihn durch drei Beilhiebe über den Kopf. Der Lehrling hatte sich mit einschließen lassen und mit einem Beil und einem Revolver bewaffnet. Er nahm aus der Kleidertasche des Ueberfallenen die Schlüssel des GeldspindeS, dem er 500 Mark entnahm. Hiermit nicht zufrieden, verlangte er von Pflaum auch die Herausgabe der Wertpapiere, welche sich noch im Geldspmde befinden müssen. Der Ueberfallene rief um Hilfe und mit Unterstützung der Feuerwehr gelang es nach einiger Zeit einem Schutzmann, den Hiller, welcher sich auf dem Boden des HauseS versteckt hatte, festzunehmen.

Der jugendliche Verbrecher ist in vollem Umfange geständig und räumt die Absicht, den Lehrherrn zu ermorden, ein. Er giebt zu, diesen Plan schon lange verfolgt zu haben. Die Verletzungen des Ueberfallenen find nicht unmittelbar lebensgefährlich.

Könitz. Der Matrose Hellmut Wranke, der sich am Tag des Mordes in Gesellschaft des Ernst Winter befunden haben soll, ist auS Baltimore in Bremerhafen angekommen. Ver­nommen ist er noch nicht. Aus seine Aussage darf man gespannt sein. Der zweite junge Mann, der mit Winter zusammengetroffm war, war Rzegulla, will den Winter nur flüchtig gegrüßt haben. Bei den Gtraßentumulten wurde Kriminalkommissar Wehn thätlich angegriffen und verletzt; jetzt ist der Thäter ermittelt worden. Um befürchtete Un» ruhen zu vermeiden, ist der für Dienstag, d. 19. d. M., in Czersk festgesetzte Jahrmarkt auf Anordnung des Regierungs­präsidenten aufgehoben worden. Ein Hausirer jüdischer Konfession ist auf der Landstraße in der Umgegend derartig mißhandelt worden, daß seine Aufnahme in das Kranken­haus erfolgen mußte. Dis Thäter find noch nicht ermittelt. Einige Wochen nach dem Mord waren aus Könitz zwei jüngere Knaben verschwunden. Hieran wurden allerlei Alarmnach- richten angeknüpft. Amtlich wird jetzt festgestellt, daß die beiden Knaben mehrfach in ländlichen Orten der Kreise Könitz, Tuchel und Flatow gesehen worden find. Der ältere Knabe hat sich auch schon früher einmal bummelnd Herumgetrieben. Dir Mutter der Knaben ist selbst der Meinung, daß nur Lust am Herumtceiben und Scheu vor der Schule die Ur­sache des Verschwindens der Knaben ist.

Bern, 18. Juni. Das kleine Dorf Wiler im Loet- schenthal, Bezirk Rarsn, ist vergangene Nacht durch eine Feuersbrunst vollständig zerstört worden. 200 Menschen sind obdachlos.

Graz, 18. Juni. Ein Mordanschlag gegen die Gräfin Hartenau, die Witwe des Fürsten Alexander von Bulgarien, ist entdeckt worden. Um einen Raub auszu- führen, hatten der frühere gräfliche Kutscher Friedrich und ein gewisser Back die Ermordung der Gräfin geplant. Die Ausführung wurde lt. Fkf. Ztg. verhindert, da beide in­zwischen verhaftet wurden. In der Untersuchungshaft setzten beide ihre Verabredungen fort, die die Zellengenossen belauschten. Indessen wurden Friedrich wegen Mordthaten zu neunjährigem, Back zu zweijährigem Kerker verurteilt.

Landwirtschaft, Handel Md Verkehr.

G Bericht der Zentralvermittlungsstelle für Obst­verwertung in Stuttgart, Eßlingerstraße 1811. Ausgegeben den 19. Juni 1900. Zur Kirschenernte gingen uns weitere Nachrichten zu aus: Dettingen u. T., 17. Juni. 1000 Ztr. Tafelkirschen, 1000 Ztr. Brennkirschen, lieferbar in jedem Quantum bis 25. Juli. Winnenden, 17. Juni. Die Kirschenernte hat begonnen und kommen täglich zum Verkauf bis Anfangs Juli. Gesamtertrag auf 1800 Ztr. geschätzt. Freudenthal OA. Besigheim, 17. Juni. Ertrag auf 1000 Ztr. geschätzt. Ernte der Frühkirschen hat begonnen, nächste Woche halbfrühe Kirschen, Ende Juni späte Sorten, worunter sehr viele .Staffelkirschen", wegen deren Größe und TranSport- sähigkeit besonders geschätzt. Tettnang, 18. Juni. 178 kx Weichseln (Sauerkirschen), rote, braune und schwarze. Korb im Remsthal, 19. Juni. Kirfchenertrag 800 Ztr. Abgabe von heute ab täglich 3040 Ztr. Lvß-ros-Preise per Pfund 912 Käufer erwünscht.

Auswärtige Gestorbene.

Anton Auber, Zugmeister a. D., Tübingen. Christine Kübler, Wwe., 69 I. a., Loßburg. Joseph Thomma, Semeinde- rat, 84 I. a., WendelSheim. Lisette Schnurr er, geb. Marmein, Wwe., 72 I. a., Stuttgart.

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K. Revieramt Freudenstadt.

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