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Montag, Mittwoch. Donnerstag und Samstag.

Auflage 185S Preis vierteljährl. hier mit Trägerlohn 90 im Beztr! 1 außerhalb d. Bezirk?

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.1.° SS.

Amts- und Anzeige-Matt für den Oberamts-Vezirk Nagotd.

74. Jahrgang.

Nagold, Samstag de» 16. Juni

Insertion? Gebühr f. d. einspaltige Zeile auS gewöhnl. Schrift oder deren Raum bei einmalig. Einrückung 9 i/, bei mehrmalig, je 6

Gratisbeilagen: DaS Plaudrrstübchr» und

Schwäb. Landwirt.

1900.

Amtliches.

Bekanntmachung des Kriegsmiuisteriums, betref­fend de« Ankauf von Removte« für das Remonte- Depot Breithülen.

Für das Königliche Remontedkpot Breithülen wird wie im Vorjahre eine Anzahl Remonten auf Märkten im Lande aufgekauft und zwar:

am 28. Juni in Münsingen,

2. Juli in Horb.

3. Juli in Gaulgau.

4. Juli in Ravensburg,

je vormittags von 8 Uhr ab unter folgenden Bedingungen:

1. Die Pferde müssen im Alter von 3 Jahren stehen, gesund, fehlerfrei, von gutem Körper- und Fußbau und auf den Knochen unverbraucht sein, auch derben Huf haben.

Ausnahmsweise dürfen auch Pferde, die im Jahre 1896 geboren find, vorgestellt werden.

2. Hengste, Sp tzhengste, trächtige Stuten, Schimmel, Falben, Pferde mir häßlichen Abzeichen sind ausge­schlossen.

3. Der Ankauf erfolgt in erster Linie von Züchtern und Pferdebesitzern Württembergs. Die Dcckscheine bezw. die Füllenscheine find brizubringen.

4. Der Verkäufer haftet für die gesetzlichen GewährSsehlrr (ReichSgesehblott 1899 G. 219).

5. Die angekousten Pferde «erden sofort gegen bare Be­zahlung obgenommen.

6. Jedem Pferd ist eine neue starke rindlrderne Trense mit starkem Gebiß und nur starke Kopfhalfter von Leder oder Hanf mit 2 mindestens 2 Meter langen Stricken ohne besondere Vergütung mitzugebrn.

Stuttgart, den 8. Juni 1900. _ Schott v. Schottenstein.

Nagold.

Aushebung der Militärpflichtige«.

Das diesjährige AuShebuvgsgeschäft findet am

Donnerstag de« 28. Jnni

vnd am

Samstag de« »0. Jnni

je vormittags von 8 Uhr an auf dem Nathans in Nagold statt.

Am ersten Tage kommen die Reklamierte», die als dauernd untauglich erklärte», die zum Landsturm und zur Ersatzrcserve vorgeschlogenen Militärpflichtigen,

am zweite» Tag die als tauglich bezeichnetrn Militär­pflichtigen zur Vorstellung.

Die Ortsvorsteher erhalten dir Weisung, die vor die K. Ober-Ersotzkommisfion zu beordernden Militärpflichtigen, über welche ihnen besondere Verzeichnisse zukomme« werden, mit dem Anfügen vorzuladen, daß fir bei Vermeidung der gesetzlichen Strafen und RechtSnachteile an den genannten Tagen je vormittags 7'/- Uhr auf dem Rathaus in Nagold zu erscheinen haben. Auch sind die Militärpflich­tigen auf die Bestimmungen der Wehrordnung HZ 65 Z. 3, 71 Z. 7 und 72 Z. 3 aufmerksam zu machen, wornach Versuche Militärpflichtiger zur Täuschung gerichtlich bestraft werden, die Entscheidung der K. Oberersotzkommission end- gütig find und jeder in den Grundlisten dcs AüshebungS- brzirks enthaltene Militärpflichtige berechtigt ist, im AuS- hebungstermin zu erscheinen und der Oberersatzkommisfion etwaige Anliegen vorzutragrn.

Ferner haben die Ortsvorsteher darauf hinzuwirken, daß die Militärpflichtigen mit reiugewafchenem Körper und reiner Wäsche erscheinen. Diejenigen Militärpflich­tigen, welche an Schwerhörigkeit zu leiden behaupten, haben das Innere der Ohre« gründlich zu reinigen, um eine Untersuchung derselben zu ermöglichen.

Ortskundige Fehler der Militärpflichtigen (geistige Beschränktheit, Epilepsie rc.) sind soweit solche nicht schon bei der Musterung zur Sprache gebracht wurden vor der Aushebung dem Unterzeichneten anzuzeigen. Bei Schwerhörige«, Nervenleideude«, Stotterer«, Geisteskranke« oder Taubstumme« verlangt die Kgl. Oberersatzkommisfion Vorlage von ärztliche« Zeugnissen.

ES wird darauf aufmerksam gewacht, daß Familienver- hältnifse halber rin Militärpflichtiger niemals zum Train bestimmt wird und daher derartige Gesuche wertlos sind.

Die Eröffnungsnrknnde» der Borladung der Militärpflichtigen find «nter Avfchlust der Los- «ngsfcheine spätestens bis 24. Jnni hierher vor- znlegr«.

Militärpflichtige, welche sich auswärts aufhalten, dürfen nicht von anderen Bezirken hieher zur Aushebung berufen «erden, sind vielmehr zu belehren, daß sie sich am Orte ihre- danrrnden (nicht bloß vorübergehenden) Aufenthalts zur Stammrolle anzumelden und zur Aushebung zu stellen haben.

Sodann haben die Ortsvorsteher darauf zu achten, daß kerne Scheiuverzüge Vorkommen. Bei denjenigen Mili­tärpflichtigen, welche vor der Aushebung sich wieder nach Hause begeben, ist sich daher zu vergewissern, ob sie nicht in der Absicht gekommen sind, um an der Aushebung teil- zunehmen und hernach wieder an ihren frühere» Ort zurückzukehren. Es ist daher von jetzt an bei jeder Nenanmeldnng zu berichten, ob nicht ein Scheinver- zug deS Militärpflichtigen vorliegt.

Von der Verziehung der Ortsvorsteher zum AuShebungS- gefckräft wird auch Heuer abgesehen.

Endlich werden die Ortsvorsteher beauftragt, die Stamm­rollen pro 18S8, I8SS «nd 1SVV nebst den Ge- bnrtsliste» «nd Beilage« zum Zweck der Prüfung durch den Civilvorsitzenden der Kgl. Oberersatzkommission zuverlässig bis 24. Juui ds. Js. an das Obrraml einzusenden.

Sollten in neuerer Zeit Strafen gegen Militärpflich­tige erkannt worden sein, so wären solche in den Stamm­rollen nachzutragrn und dem Oberamt in besonderem Bericht anzuzrtgen.

Nagold, den 14. Juni 1900.

K. Oberomt. Ritter.

Bekanntmachung,

betr. die Zäuberung -er Obstbäume und Seereukul- turen von Slattläuse« uud Raupen.

Die Besitzer von Obstbäumeu «nd Beerenknltnre« werden hiewit aufgeforbert, ihre Obstbäume und Beerstöcke von den in diesem Jahre müder so massenhaft ouftretenden Blattläusen und Raupen ohne Berzng zu reinigen und die Reinigung in angemessenen Zeitabschnitten solange zu wiederholen, als sich diese Jnsekttn auf den Bäumen und Gesträuchen zeigen. /

Die Schnltheitzeuämter wollen diese Anordnung in ortsüblicher Weise bekannt machen, die Baumbrsitzrr ent­sprechend belehren, die Ausführung der Vorschrift überwachen und die Säumigen zur Verantwortung und eventuell zur Strafe ziehen.

Von den verschiedenen Bekämpfungsmitteln wird insbe- sondere das Bespritzen her Bäume und Sträucher mit Kupferkalkbrühe oder das Bestäuben mit Kupferzuckerkalk- Pulver empfohlen.

Nagold, den 14. Juni 1900.

K. Oberamt. Ritter.

wärttembergilcher Landtag.

(130. Sitzung.)

Stuttgart, IS. Juni. Präs. Payer eröffnet die Sitzung um 9-/, Uhr. Am Ministertisch: Ministerpräs. o. Mtttnacht und Staats­rat v. Balz. Präs. Payer machte vor Eintritt in die Tagesordnung bekannt, daß der Min.-Präs. die Abg. zu gemeinsamer Besichtigung der Strecke Friedrichshafen-Lindau auf kommenden Dienstag, den 19. Juni eingeladen habe. Sodann wurde über vier Petitionen der Bahn-, Stations- und Weichenwärter, Streckenwärter und Stationsdiener, der Bahnhofaufseher in Stuttgart, der Lokomotiv­führer und der Zugführer verhandelt, über welche Bizepräf. Dr. Kiene referiert«. Die Kommission hat ,Erwägung im Sinn einer Berücksichtigung" beantragt. Ministerpräs. v. Mittyacht stellte sich zu den Eingaben sehr wohlwollend und kündet« an, daß ein wohl­durchdachter Plan zweck- systematischer, durchgreifender Ausbesserung sämtlicher Kategorien bereits im Finanzministerium liege. Sämtlich« Redner es waren ihrer 17 waren sich darüber einig, daß die Eingaben berechtigt feien. Als erster unter ihnen führte der Abg. Gunßer-Tübmgrn aus, daß die vorliegenden Petitionen gewiß volle Beachtung verdienen und daß sich niemand im Hause der Ansicht werde verschließen können, daß der Dienst, der »on diesen Angestellten verlangt wrrd, ein sehr anstrengender und verantwortungsvoller ist. Sin kleines Versehen könne daS größte Unglück nach sich ziehen. Dieser Dienst erfordere gewissenhafte, pflichtgclreue und zuverlässige Männer, welche ihres Amtes mir Freude walte» sollen Um diese Berufssreudiqkeit zu erhöhen, sei darum auch nötig, daß diese An­gestellten entsprechend belohnt werden. Ihre Bitte um Besserstellung sei gewiß nicht unbillig, zumal auch in den Nachbarstaalen bessere Entlohnungen gereicht werden. Die erfreulicherweise sich steigernden Erträgnisse unserer Verkrhrsanfialten werden es dem Verkehrsmini­sterium mcht schwer machen, die am IS. April 1899 gemachten und auch heute hier wiederholte Zusage recht bald eiuzulösen. Bei dieser Gelegenheit werde wohl auch die Bitte der Bahn-, Stations-, Wei­chen und Streckenwärter, daß sie schon nach IS-16 Jahren (statt nach 21 Jahren) in den Höchstgehalt einrücken, ihre Erledigung finden. Darnach beantragte Abg. Haußmann-Balingen Berücksich­tigung und lud Kiene das Haus ein, für den Antrag Haußmann zu stimmen, der denn auch mit überwiegender Majorität angenommen wurde. Eine Petition der Postexpeditoren wurde zur Erwägung übergeben. An Stelle des verhinderten Berichterstatters Schab von Mittelbiderach referierte Abg. Rembold über den Entwurf betr. den Waffengebrauch der Landjäger und der Grenzausseher. Der Entwurf war der Initiative des Hauses entsprungen und Kammer und Re­gierung hatten einmütig zusammrngewnkt um idn zustonvezubringen. Es gab denn auch in der Hauptsache eine kurze Debatte der Juristen, und die Kommissionsanträge wurden mit unwescnttichen Aenderungen angenommen. Die Schlußabstirnmung «»'de auf die nächste, am Freitag nachmittag '/,4 Uhr stattfindende Sitzung vertagt. Ferner steht iür die nächste Sitzung aus der Tagesordnung die Anfechtung der Wahl des Abg. Hieber und verschiedene Petittonen. Schluß > ,2 Uhr.

Hages-AeuigKetten.

Deutsches Leich.

Nagold, den 15. Juni.

?. Theater. Die Ausführung von Comteffr Guckrrl zum Benefiz von Frln. Betty Aßmayr (Comtesse Guckerl) und Hrn. Karl Müller (v. Mittersteig, Badekommissär) brachte eine willkommene Unterbrechung derjenigen Stacke, die wenig Handlung haben, sondern ein drolliges Gewirr von originellen Mißverständnissen, Verwechslungen und Ueberraschungen rc. bilden. Man erkennt den Verfasser so vieler übermütiger Possen in diesem von feiner und liebenS- würdiger Komik durchwehten Stück kaum wieder. Die Handlung ist kurz geschildert: Die Bäderstadt Karlsbad (Böhmen) hat im Jahre 1818 den Besuch deS Dichter­fürsten Goethe bekommen, auch sonst ist die Badegesellschaft eine auserlesene. Der k. k. Hofrat v. Mittersteig und seine Frau Elementine haben mit Unterstützung ihres Vetters dem Badrkommissär Leopold v. Mittersteig (Hr. Karl Müller) vollauf zu thu« um allen Anforderungen der Saison gerecht z« werden. DaS hindert aber den letzteren nicht sich in seine Cousine Cillt, Tochter des HofratS, zu verlieben. Unter den Kurgästen befindet sich Gräfin Hermance Trachau, eine nicht mehr ganz junge, doch bezaubernde Erscheinung; eingetroffen ist soeben der russische Offizier Horst von Neuhoff, Adjudant und Neffe deS Generals Suwatscheff, für den er Quartier macht. Dieser schneidige Reiterofstzier Horst von Neuhoff sucht hier das Eldorado für seine ga­lanten Abenteuer und nimmt gleich Cilli, des HofratS Töch- terchen auf's Korn, indem er den bekannten Trick mit dem verlorenen Taschentüchlein anwendet; es gelingt ihm aber weder bei ihr, noch bei der Gräfin Trachau; er wird entlarvt als Don Juan, findet aber, nachdem sein Kriegskamerad Leopold von Mittersteig seine angebetete Cilli, getrieben durch Eifersucht, erkoren hat, Gegenliebe bei der Gräfin Trachau, an deren Natürlichkeit all« seine Galanterien schei­tern und sich in heiße Liebe verwandeln. DaS Stück endet, wie allemal, damit, daß sich die Paare, hier zwei, kriegen. Das Stück ist zugleich hochinteressant als Kostümstück; wir können gleich hier ansügen, daß es der Direktion gelungen ist, uns durch die verwendeten Kostüme ein treffliches Trach­tenbild jener Zeit zu liefern. Mit Genugthuung läßt das Stück den Zuschauer merken, daß eS auch damals Lakaien­naturen gab, die ihre Meinung in einem Moment wechseln konnten, wovon der k. k. Hoftat v. Mittersteig (Herr Karl Aßmayr) eine drastisch« Probe lieferte; Herr Aßmayr cha­rakterisierte vortrefflich die servile, lakaienhafte, wankelmütige Natur eines österreichischen k. k. Hofrats, der zudem unter dem Pantoffel steht, aber ein gemütlicher Mensch ist, der eS allen recht machen will und deshalb nie weiß, wie er sichdrehen oder wenden" soll. Die beste Leistung des Abends bot Fräulein Betty Aßmayr (Gräfin Hermance Trachau). Sie wußte die vornehme Wienerin, bei der die angeborene Natürlichkeit und Gemütlichkeit jede Prüderie ouSschließt, die mit unnachahmlicher Nonchalance «ine bestrickende Grazie verbindet, im gegebenen Falle ober auch eine imponierende Würde und Ueberlegenheit annimmt, an der dir feinstgesponnenen Erobrrungspläne deS ebenso galanten als unwiderstehlichen Kavaliers von Neuhoff zu Schanden werden, mit feiner Charakteristik zu geben. Sie ist eine vortreffliche Schauspielerin, die sich die Sympathie des Zuschauers im Handumdrehen erobert. Eine prächtige Leistung war auch die des Hrn. H. Pfeiffer als Horst v. Nenhoff, er bot den echten Galanthomme von tadelloser Taille und Allüre, von herzgewinnender aber auch herzbrechender Schnei- digkeil; nur wollte es uns da und dort erscheinen, als Kälte Herr Pfeiffer noch mehr Verve entfalten dürfen. Recht wahr gab Fräulein Bertha Trautmann (E>lli) die Naive, fir sah allerliebst ouS in ihrem Kostüm, nur erschien sie uns etwas zu blaß für ein junges, frisches Mädchen. Herr Karl Müller (Leopold von Mittersteig, Badekommifsär,) trat etwas gar z« bescheiden und befangen auf für einen früheren Ret- terofstzier, doch traf er di« dankbare und servile Art eines durch Proteklion zu Stellung gekommenen, armen Adeligen nicht Übel. Mit entsetzlicher Treue gab Frl. Anna Traut­mann (Elementine, des Hofrats Frau) den Hausdrachen in seiner ganzen Fürchterlrchkrit wieder und Herr Richard Herrmann (General Suwatscheff) wußte die Galanterie eines alten Militärs, zudem eines russischen, die etwa? bärrnar- tigeS hat, mit feiner Komik darzustellrn. (Man merkte ihm übrigens an, daß er lieber einen jungen Bonvivant spielt). Fräulein Lina Aßmayr als Kammerjungfer Rosa. Herr M. Duschl als Wenzel und Herr Hans Neu als Baumann ergänzten in ihren Teilen daS gute Ensemble.

Für die am kommenden Montag stattfindende Han­delskammerwahl wurde» von Wahlberechtigten folgender Stimmzettel für die Neuwahl der Mitglieder der Handels-