Ars. 153
«2. Jahrgang
Amts- um!
InteüigeaMatt für äen Aezirß.
Erscheint Z>k*»tag, Donnerstag L Samstag.
Die EinrückungSgMhr beträgt S ^ p. Zeile im Bezirk, sonst 12 H.
8amstag, äerr ZI. Dezember !887.
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Dem „Calwer Wochenblatt" werden auch im nächsten Jahre die wichtigsten politischen und anderen Ereignisse telegraphisch mitgeteilt, welche ost in letzter Stunde ausgenommen in kurzer Zeit zu Händen unserer Leser gelangen. Auch bezüglich des übrigen Inhalts glauben wir den Anforderungen unserer Leser in besriedi- digender Weise entsprochen zu haben, wofür wir in der stets wachsenden Abonnentenzahl einen vollgiltigen Beweis erblicken.
Wir laden hiemit zum Abonnement wiederholt freundlichst ein.
Die WeöcrNion.
Amtliche Mekanntnmchungerr.
Die Ortsvorsteher -es Bezirks
werden höherer Weisung zufolge beauftragt, innerhalb acht Tagen hieher anzuzeigen, wie viele polizeiliche Bestrafungen ihrerseits auf Grund von H 361 Z. 4 des R.«Str.-G.-B. je in den Jahren 1885, 1886, 1887 rechtskräftig ergangen, beziehungsweise ob solche innerhalb dieses Zeitraums nicht vorgekommen sind.
Calw, 28. Dezember 1887. K. Obermut.
Supper.
Die Krtsvorsteher
derjenigen Gemeinden, welchen das Schneebahnen an Staatsstraßen obliegt, werden angewiesen, ein doppeltes Geleise alsbald bahnen zu lasten. Calw, 29. Dezember 1887. K. Oberamt.
Supper.
Are Hrtsvorsteher
werden angewiesen, die Rekrutierungsstammrollen der Jahrgänge 1865, 1866, 1867 umgehend hieher einzusenden.
Calw, 29. Dezember 1887. K. Oberamt.
Supper.
Die K. Standesämter
werden unter Hinweisung auf 8 47, Ziffer 7. 6. 10 der Ersatzordnung daran erinnert, den vorgeschriebenen Auszug aus dem Sterberegister des Jahrs 1887, enthaltend die Einträge von Todesfällen männlicher Personen, welche das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, längstens bis 15. Januar 1888 mit der Bezeichnung „LIMaris," hieher einzusenden. Die Formularien hiezu gehen den Standesämtern mit der nächsten Post zu.
Calw, 29. Dezember 1887. K. Oberamt.
_ Supper. _
Wochenschau.
L6. Das alte Jahr neigt sich seinem Ende zu und da ziemt es sich wohl, einer ebenso alten wie schönen Sitte gemäß, Rückschau und Vorschau zu halten, und wohl dem Einzelnen, wohl dem Staate, wenn der Blick in die Vergangenheit kein allzutrüber, der in die Zukunst ein hoffnungsheller ist. Leider will die fröhliche Sylvesterstimmung am Schluffe des Jahres 1887 weniger wie sonst zum Durchbruch kommen. Die Krankheit unseres Kronprinzen, die, wenn auch jede unmittelbare Gefahr beseitigt ist, doch vielleicht noch Monde, wenn nicht Jahre währen kann, erfüllt jedes deutsche Gemüt mit tiefer Trauer.
Wenn auch das Kriegsgeschrei noch nicht völlig verstummt ist — und leider gibt es immer noch Blätter genug, welche den Sensatienr- Nachrichten, die Lüge auf der Stirne tragenden Meldungen gewissenloser Reporter, nur zu willig Aufnahme gewähren — so mehren sich doch die Anzeichen friedlicher Natur in erfreulicher Weise, so daß die Hoffnung nicht ausgeschloffen ist, das an allarmierenden, das friedliche Erwerbsleben schwer schädigenden Gerüchten überreiche Jahr 1887 werde diese traurige Erbschaft seinem Nachfolger nicht hinterlaffen. Als gute Vorbedeutung begrüßen wir es, daß endlich wieder in den Blättern diejenigen Betrachtungen überwiegen, welche eine friedliche Lösung des gesamten Zustandes prognosticieren. Das beruht zum Teil auf allerdings noch nicht beglaubigten Mitteilungen, wonach der deutsche Botschafter in St. Petersburg, General v. Schweinitz, sich seiner Aufträge in Petersburg in zwei Unterredungen mit Herrn v. Giers und einer Audienz beim Zaren mit günstigem Erfolg erledigt habe. Ebenso soll der russische Botschafter in Wien, Graf Lobanow, in einem Gespräche mit dem Grafen Kalnoky die Versicherung gegeben haben, daß
Ireuikkelon. -Nachdr»-»-rb°,-n.>
Bitte zu grüßen!
Humoreske von Eugen Gavain.
lSchluß.)
So begaben sich denn alle in ein neben dem Wartesaal liegendes Zimmer. Zelten stellte sich in die Mitte und die Anderen plazierten sich um ihn im Halbkreise.
„Nun, meine Herren, bitte ich Sie, recht genau acht zu haben, da Sie hierher berufen sind, um ein Urteil zu fällen", begann Zelten.
„I, das klingt ja sehr geheimnisvoll", meinte der Hauptmann von Esebeck.
„Meine Herren", fuhr Zelten fort, „ich erlaube mir, obwohl es nicht ganz in der Ordnung sein dürfte, mein Urteil gleich vornweg zu stellen.
Ich konstatiere, daß unser lieber Kamerad, Herr Hauptmann von Esebeck, die in Mainz ordnungsmäßig gebuchte Lage Champagner verloren hat, und schlage vor, selbe gleich hier zu trinken."
„Wie?" Was? Ich?" rief der Hauptmann, „undenkbar! Wie so soll ich —"
„Ich kann mich nur dem Urteile meines Kameraden Zelten anschließen", - sagte Wiedenbrück.
„Aber ich bitte Sie, meine Herren", rief der Hauptmann, „das ist ja ungerecht, es muß doch alles seinen Grund haben."
„Sehr richtig bemerkt", sagte Zelten, „also bitte ich die Herren, mir weiter zuzuhören. Aber bitte, nehmen Sie Platz, die Sache dürfte nicht'so rasch zu Ende sein. Uebrigens haben wir Zeit, es ist jetzt 9 Uhr, ich denke, wir frühstücken gegen 10 Uhr, dazu können wir ja die Lage Champagner ganz gut gebrauchen."
Nachdem sich alle gesetzt hatten und erwartungsvoll aus den Oberstwachmeister blickten, zog dieser aus der Brusttasche seines Rockes ein Papier hervor, entfaltete es und sagte: „Hier meine Herren, die Tafelrunde, und hier: Herr Hauptmann von Esebeck, ein Lage Champagner. Ich bitte, sich von der Echtheit dieser Urkunde zu überzeugen."
Damit reichte er einem jeden das Papier hin, das mit einem Zeichen der Zustimmung von jedem weiter gegeben ward. Auch der Hauptmann gab seine Zustimmung zu erkennen, sagte aber: „Das ist Alles ganz richtig, ich begreife nur noch immer nicht —"
„Ich bitte, mich fortfahren zu lassen", sagte Zelten, und erwartungsvolle Stille trat im Kreise ein. Und Zelten, der sonst gerade kein besonderer Redner war, hielt, angespornt von der Aussicht auf die Lage Champagner, folgenden Spruch: „Meine Herren, Sie wissen, daß unser Kamerad, Hauptmann von Esebeck, eine Lage Champagner verwirkt hat, wenn er seine gerühmte Kaltblütigkeit verliert. Dieser Fall ist nicht einmal, sondern viele Mal eingetreten. Ich habe die Ehre, Ihnen, meine Herren, diese Fälle zur Beurteilung zu unterbreiten. Ich habe meine Aufzeichnungen auf dieser „Tafelrunde" hier getreulich und zwar stenographisch gemacht und Kamerad Wiedenbrück wird mit für die Richtigkeit einstehen."
Tiefe Stille herrschte, nur dem Mund Esebeck's entrang sich bei dem Worte „Aufzeichnung" ein gepreßtes „o, o."
Und indem Zelten das Papier aufnahm, las er: „Station Alain; — absolut kaltes Blut."
„Station Nüsselsheim — Gruß von Berneck; außerordentliche Höflichkeit dem Inspektor gegenüber und vielen Dank."
„Station Niederrad — zweiter Gruß von Berneck; freundlicher Dank für den Ueberbringer."
„Station Frankfurt am Alain — dritter Gruß von Berneck; ganz besondere Liebenswürdigkeit dem Inspektor gegenüber und genaueste Erkundigung nach Freund Berneck."
„Station Sachsenhausen — vierter Gruß von Berneck; kurzer Dank und bange Ahnungen auf der Bettkante."
„Station Offenbach — fünfter Gruß; kühler Empfang , und kurze Entlassung des Ueberbringers."
„Station Hanau — sechster Gruß; ein „Donnerwetter", Fäuste geballt, doch bald wiederkehrende Ruhe und kurze Abfertigung des Gruß-Ueberbringers; bange Frage nach der Zahl der Stationen bis Leipzig."