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Nagold, Mittwoch de« 25. April
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Amtliches.
Die Herren Ortsvorsteher wollen zum Zwrck der Ausarbeitung einer Dieustinstruktio» für die Gemeindebaumwarte binnen 3 Wochen die mit den Baumwärtern m ihren Gemeinden abgeschlossenen Dienst- Verträge zur Einsicht als portopflichtige Dienstsache anher vorlege« und sofern dies nicht aus den Verträgen ersichtlich ist, anher berichten, welche Belohnung dem in der Gemeinde ausgestellten Boumwart ausgesetzt ist und welche Obliegenheiten derselbe hat.
Zugleich wollen die Herren Oitsvorstehrr über etwaige Anträge bezüglich der Anstellungsbedingungen und der Festsetzung der Belohnung der Gemeindebaumwarte sich äußern.
Nagold, den 24. April 1900.
K. Oberamt. Ritter.
Die Weltlage.
-j- Mit der erfolgten Ankunft der außerordentlichen Ge- sandischaft der Burenrepubliken in Europa sind alsbald erneute Gerüchte über eine angeblich -u gewärtigende diplomatische Intervention der „neutralen Mächte" behufs Beendigung deS südafrikanischen Krieg- s aufgetaucht. Bald wird Rußland, bald Nordamerika als diejenige Macht bezeichnet, welche die Initiative zu diesem behaupteten diplomatischen Vorgehen ergreifen wolle, ja, hier und da wird bereit« eine Coalition der Mächte gegenüber England an- gedeutkt, durch welche letzteres zum Einlenken gegen die Buren bestimmt werden solle. Offenbar handelt es sich aber such bei diesen neuesten Jntervention-ge; lichten lediglich um bloße Kombinationen, denn englischerseits ist man zweifellos nach wie vor entschlossen, dm Krieg in Südafrika bis zur endgiltigen Besiegung der Buren durchzuführen und demgemäß sich auch fernerhin jeden etwaigen Ein- mischungSversuch von dritter Seite ernstlich zu verbitten. Diese Sachlage ist so bekannt, daß schwerlich eine von den neutralen Großmächten Neigung verspüren dürfte, sich zu Gunsten der Herstellung deS Frieden« in Südafrika im Sinne der Erhaltung der Selbständigkeit der Burenstaaten ins Zeug zu legen. Man mag zugrben, daß Rußland und Nordamerika aus verschiedenen Gründen noch am ehesten dazu qualifickt sein würden, die Rolle des „ehrlichen Maklers" zwischen England und den Buren zu übernehmen, aber weder in Petersburg noch in Washington wird man hierzu Lust verspüren. Was Rußland anbelangt, so zeigt seine fast ausfällig reservierte Haltung gegenüber den kriegerischen Vorgängen in Südafrika, daß eS gesonnen ist, für die Buren keinen Finger zu rühren, und in Nordamerika ist vorerst noch immer die englandfreundliche Regierung Mac Ktnley's am Ruder, und sie wird gewiß diese Richtungslinie ihrer auswärtigen Politik nur im dringendsten Notfall ändern. Noch weniger steht von den übrigen Großmächten irgend ein Eingreifen zu Gunsten der Buren zu erwarten. Bei Italien und Oesterreich-Ungarn darf eine solche Diversion in Hinblick aus die vortrefflichen offiziellen Beziehungen beider Staaten zu England von selbst als ausgeschlossen gelten, Deutschland ist viel zu „korrekt", um sich der stammverwandten Buren durch Verhandlungen mit England anzunehmen, und Frankreich sieht sich durch die nun eröffnet? Pariser Weltausstellung auf Mo- nate hinaus so sehr in Anspruch genommen, daß sich für dasselbe einstweilen überhaupt jede größere politische Aktion noch außen erübrigt. Von einer „Koalition" europäischer Mächte, wenn auch nur einer diplomatischen, gegen England kann im Ernste selbstverständlich erst recht nicht die Rede sein.
Trotz dieser für die englischen Pläne und Entschlüsse günstigen Sachlage würde England aber doch gut thun, den Bogen nicht zu straff zu spannen und nicht auf definitiver Niederwerfung der Burenrrpubliken zu bestehen. Schon die gegenwärtige keineswegs rosige militärische Situation der Engländer gegenüber den Buren müßte eigentlich die britische Regierung auf eine solche Mäßigung Hinweisen, beginnen sich doch den Engländern jetzt die Schwierigkeiten eines WinterseldzugeS gegen die Burenstaatrn
immer mehr aufzudrängen. Dann jedoch ist auch die Weltlage trotz der Friedensbeteuerungen von allen Seiten keineswegs eine so sichere, und die Engländer zur Fortführung des südafrikanischen Feldzuges vielleicht noch aus lange Monate hinaus zu ermutigen. Speziell droht sich in Asten mancherlei zu Ungunsten Englands zu verschieben, unablässig ist Rußland bemüht, seine Stellung in Persien, in Ostasien, in Centralasten zu verbessern und zu verstärken, so daß England eines schönen TageS leicht zu seiner unangenehmen Ueberraschung finden könnte, daß es seine eoen- tukllen Vorteile in Südafrika teuer genug durch Einbußen in Asien gegenüber Rußland bezahlen muß. Namentlich erscheint es bedenklich für England, daß es Emir Abdurr- haman von Afghanistan schwierig zu werden beginnt, er beschwert sich in einem von einem Lahorer Blatte veröffentlichten Schreiben an einen Vertrauten darüber, daß Afghanistan von der britischen Regierung ungeachtet der lang- jährigen England bewiesenen treuen Bundesgenoffrnschast des Emirs ganz vernachlässigt werde. Abdurrhaman schließt mit der fast drohend klingenden Aufforderung an dir anglo- indische Regierung endlich Thatrn für Afghanistan zu zeigen. Die Kundgebung des Afghanenherrschers läßt die Möglichkeit gar nicht als eine so entfernte erscheinen, daß sich Afghanistan einmal in die Arme Rußlands werfen könnte, dann aber sehe sich England in seinem indischen Kolonialbesitze plötzlich auf das direkteste von Rußland bedroht.
Jrwiesern nun die leitenden Staatsmänner Englands etwa derartigen Erwägungen durch ein endliches Einlenken gegen die Buren Rechnung tragen werden, das bleibt freilich noch völlig abzuwarten, einstweilen scheint man eben in den Londoner Regierungskreisen entschlossen zu sein, den südafrikanischen Krieg um jeden Preis zu Gunsten der bri- tischen Waffen durchzusühren. Nun, wenn vielleicht die Engländer nachher einsehen sollten, daß dieser Preis ein zu hoher gewesen ist, so ist das ihre Sache; jedenfalls kann aber Deutschland allen vielleicht sich aus der südafrikanischen Krisis noch ergebenden internationalen Verwickelungen mit Ruhe entgegensetzen, Dank vor Allem dem unerschütterlichen Weiterbestände des mitteleuropäischen Bündnisses, welches durch den bevorstehenden Besuch Kaiser Franz Joseph'« in Berlin abermals eine Bekräftigung erfahren wird.
Hages-Hlerrigkeilen.
Deutscher Leich.
Nagold, 24. April.
Ein Aussatz im „St.-A." über „Die berufliche und soziale Gliederung des deutschen Volkes an der Wende des Jahrhunderts" schließt mit folgenden Worten : Der Gesamteindruck, den die Zahlen der Berufsgliederung Hervorrufen, ist in erster Linie der, daß in den letzten 2 Jahrzehnten deS 19. Jahrhunderts das Deutsche Reich in einem beispiellosen volkswirtschaftlichen Aufschwung begriffe» war. In der ganzen Geschichte des deutschen Volkes steht diese Entfaltung an Menschenmassen und Menschrnkräften beispiellos da. Nach allen Seiten hin haben sich die Berufe erweitert, — mit Ausnahme der Landwirtschaft. Mögen auch da und dort Schatten in dem großen Gemälde sich zeigen; bei Betrachtung der Entwicklung im ganzen kann eine pessimistische Auffassung der beruflichen und sozialen Entwicklung nicht als berechtigt anerkannt werden. Richtig ist, daß die Verschiebung zu Üngunstm der Landwirtschaft und zu Gunsten von Industrie und Hansel allen europäischen Kulturstaaten eigentümlich ist, und zwar auch solchen mit noch ausgesprochen agrarischem Charakter. „Dieser Jndu- strialifirrungsprozeß hat jedoch" — wie der Bearbeiter der Reichszahlen, Dr. Fr. Zahn, wohl zutreffend bemerkt — „für Deutschland in sofern nichts Bedenkliches, als er den Arbeitskräften, deren Zahl bei dem großen Wachstum unserer Bevölkerung immer mehr zunimmt, die Möglichkeit bietet, im Jnlande sich produktiv zu bethätigen und sie weniger zur Auswanderung nötigt, wodurch zugleich der Absatz für heimische Produkte der Landwirtschaft und Industrie eine wünschenswerte Erweiterung erfährt". —
Rangerhöhung der Bahnhof- und Güterverwalter. DaS Amtsblatt der K. Verkehrsanstalten Nr. 36 pro 1900 enthält eine K. Verordnung vom 21. März 1900, wonach denjenigen Bahnhosvrrwaltern (Vorständen von Bahnstationen II. Klasse) und GÜteroerwaltern (Vorständen der Güterstellen), welche eine Dienstprüfung erstanden haben, der Rang auf der 8 Stufe angewiesen wird. Dabei wurde weiter verfügt, daß die Postmeister, Bahnhof- und Güteroerwalter, welche keine höhere Dienstprüfung erstanden haben, innerhalb der 8. Stufe den Rang nach den höher geprüften Beamten der Verkehrsanstalten dieser Stufe haben. —
Bei dem gestern Abend stattgehabten Gewitter hat der Blitz in die Transformatorenanlage in der Pumpstation deS
Genesungs- und Erholungsheims der Versicherungsanstalt
Württemberg Bad Röthenbach eingeschlagen. Der entstandene Schaden soll ca. 1000 ^ betragen.
Herrenberg, 23. April. Gestern Mittag von 5 Uhr ab erstattete Reichstags rbg. Schrempf vor einer zahlreichen Zuhörerschaft aus Stadt und Land im Gasth. z. Hasen Bericht über die Reichstagsverhandlungen. In klarer und eingehender Weise wurden die Etatsberatung, das Fletschbeschaugesetz, die lsr Hrinzr, das Münzgrsetz und die Flot- trnvorlage besprochen. Landtagsabg. Schürer, welcher den Vorsitz übernommen hatte, dankte dem Redner und die Zuhörer erhoben sich zum Zeichen ihrer Zustimmung von den Eitzen. Die anregende und zu allgemeiner Befriedigung verlaufene Versammlung ergab die vollste Uebereinstimmun g zwischen unserem Reichstagsabgeordneten und seinen Wählern. Mit einem begeisterten Hoch auf Kaiser und Reich. König und Vaterland wurde sodann die Versammlung geschloffen.
Stuttgart, 18. April. „Ich muß doch auch einmal wieder etwas von mir hören lassen, da mir heut« ein ganz eigener Fall vorkam," schreibt ein Freund aus dem Jagst- kreis der Württ. DolkSzeitung. „Der KameralamlSüiener brachte mir eine Zustellung, welche ich unterschreiben mußte, und ich erhielt dagegen einen Zahlungsbefehl, worin an- gedroht ist, daß. wenn in drei Tagen die Hundesteuer nicht bezahlt ist, Zwangsvollstreckung verfügt wird. Für Ganggebühr wurden 20 Ps. erhoben. Diese Steuer wollte ich seiner Zeit bei Erhalt des Steuerzettels sofort bezahlen, erhielt aber den Bescheid, daß st« vor dem ersten April nicht angenommen werde. Ich wollte eben den bereits parat liegenden Betrag dem Kameralamr zarückschicken, waS ich dem Amtsdiener zeigte. Es handelte sich also keinesfalls um eine Verweigerung der Steuer. Wenn nun auch daS Gesetz bestimmt, daß nach dem 15. April die Hundesteuer im Wege der Zwangsvollstreckung erhoben werden kann, so dürste der Gesetzgeber doch kaum gemeint haben, daß sie auf diesem Wege schon am 19. erhoben waren und dürfte es augrzeigler erscheinen, wenn di« An- drohung von Zwangsvollstreckung in solchen Fällen erst nach erfolgloser Mahnung, wozu es über gew ß andere Wege, als den Zahlungsbefehl giebt, gemacht wird. Man sollte in gegenwärtigen Zeiten nicht unnötigerweise verbittern!"
Stuttgart, 23. April. (Korr.) Die am gestrigen Sonntag im Stadtgarten abgehaltene Land-saukschußfitzvnz de§ Bundes der Landwirte in Württemberg war von allen Teilen des Landes sehr zahlreich besucht. Den Verhandlungen wohnte auch der 2. Vorsitzende deS Bundes Reichs- tagsabg. Dr. Rösicke bei, welcher dir Stellung des Bundes zu den Lagesfraqen insbesondere zum Fleischbeschongesetz eingehend darlegte. Außerdem wurde die Stellung des Bundes in Württemberg zu den kommenden Landtagswahlen besprochen und hirsür gew ssr Grundsätze srstzestelll. Nachdem zum Schluffe noch dir Haltung drs Bundes zur Besteuerung der Warenhäuser behandelt wurde, sind folgende zwei Beschlüsse zur einstimmigen Annahme gelangt: 1) der Landesausschuß deS Bundes der Landwirte tu Württemberg hält das Fleischbeschaugesrtz für die Landwirtschaft nur in der Fassung der Beschlüsse des Reichstags in 2. Lesung für annehmbar und erklärt sich mit der Kundgebung drS engeren Vorstandes vom 29. März durchaus einoerstanden. 2) Der Landesaus schuß des Bundes der Lrno- wirte in Württemberg erklärt hiemit die Einführung einer p'ogressioen Umsatzsteuer für die Warenhäuser atS dringend notwendig und bekämpft entschieden die gcoßk p talistischr Aufsaugung deS Mittelstandes in Handel un) G.'werbe. Er erwartet von den Abgeordneten, sie auf seinem S:and- punkl stehen, daß sie für eine nachdrückliche B-steusrung derjenigen großkapitalistischen Betriebe eintreten, welche unfern soliden Kaufmanns- und Gewerbestand schuldigen.
Stuttgart, 23. April. Im Druck ist erschienen der den württ. Ständen zugegan rene Entwurf eines Gesetzes, betr. die Erbauung einer linksufrigrn Neckardahn und die Beschaffung von Geldmitteln für dieselbe in dem Eiatkjahr 1900 Das Gesetz enthält nur 2 Artikel. Dieselben lauten: Art. 1. Zu erstellen ist eine 2spurige, mit dem Güterbahnhof U- tertürkheim durch ein Gleis zu verbindende Bahn aus dem linken Nckarufer von Stuttgart Havptbahnhof über Gaisburg, Wangen, Eßlingen nach Plochingen zum Anschluß daselbst au die Bahnen nach Ulm und nach Tübingen. Zunächst ist auZzuführen die Strecke von Stuttgart nach Eßlingen und eS werden hiefür bestimmt als erste Rate 600000 »4t — Art. 2. Sofern Grunderwerbungen erforderlich werden, find dieKaufschrllinge für die Bauplätze der Gebäude, sowie für die Grundflächen der Stations inlagen wie bisher von der Grundstocksoer- waltung zu bestreiten. Zur Deckung deS weiteren Aufwands