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Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag.
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GejklWster.
Amts- und Anzeige-Matt für den Oberamts-Kezirk Nagold.
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Gratisbeilagen: Das Plauderstübche» und
Schwäb. Landwirt.
74. Jahrgang.
56.
Nagold, Montag den 9. April
1900
Amtliches.
Aufforderung zur Giukommens-Fatiernng behufs der Besteuerung pro 1SV0.
Nachdem die in Art. 7 des Gesetzes vom 19. Sept. 1853 vorgeschriebene Aufforderung zur Fütterung des Kapital-, Renten-, Dienst- und Berufseinkommens auf den 1. April 1900 in der Beilage zum „Staatsanzeiger" vom 31. März erfolgt ist, werden die Steuerpflichtigen auf dieselben noch besonders hingkwiesen.
Hiebei wird der Gewerbe- und Handelsstand darauf aufmerksam gemacht, daß die Beiziehuna zur Gewerbesteuer von der Fütterung der verzinsliche« Aktiven und GeschästS- ««»stiinde nicht befreit, daß vielmehr die verzinsliche« oder diesen gleichzuachtenden Kapitalien (vergl. Art. 5 II des Gesetzes vom 19. Sept. 1852) als solche zu versteuern sind.
Weiter wird bemerkt, daß die Verpfändung verzinslicher Forderungen von der Fütterung und Versteuerung des vertragsmäßigen Zinses nicht befreit, und daß verzinsliche und unverzinsliche Kaufschillingszielforderungen ohne Abzug etwaiger Schulden der Kapitalsteuer unterliegen und z» satteren find.
Zur Fassion verpflichtet das Recht zum Bezug von Zinsen, es ist z. B. eine von Martini 1899 an verzinsliche, an Martini 1900 zahlbare Zielsordsrnng auf 1. April 1900 zu satteren.
Endlich wird zur Vermeidung von Mißverständnissen beigefügt, daß Einlagen in die Sparkasse der allgemeinen Reutenanstalt von der Besteuerung nicht frei sind.
Dir Steuerpflichtigen haben die Fassionen selbst zu unterzeichnen. Die Bevollmächtigte« der im Ausland sich aufhaltenden Steuerpflichtigen und die Privatvermögensverwalter haben den Fasstonen Vollmachten im Original oder in beglaubigter Abschrift unter Angabe der Giltigkeitsdauer bei- ,»schließen. Dir gesetzliche« Stellvertreter bedürfen einer Vollmackt nicht. Die Fassionen sind spätestens bis 1. Mai a» die Ortssteuerkomwisfioneu abzugeben.
Wer sein der Besteuerung unterliegendes Einkommen Danz oder teilweise verschweigt, hat neben der verkürzte« Steuer den zehnfachen Betrag derselbe» als Strafe zu bezahle«.
Eine Bestrafung tritt nicht ei«, wen« der Steuer- pflichtige oder FassiouSpflichtige, bevor eine Anzeige der Verfehlung bei der Behörde gemacht wurde oder ein strafrechtliches Einschreiten erfolgte, die unter!offene oder zn nieder abgegebene Erklärung (Fafsiou) bei der Ortsstenerkommissiou oder dem Kameralamt «achträgt oder berichtigt und hiedurch die Nachforderuugen der sämtlichen nicht verjährten Steuerbeträge ermöglicht.
Nach dem Tode eines Steuerpflichtigen, welcher infolge unterlassener oder unvollständiger Fassion kein« oder zu wenig Einkommenssteuer entrichtet hat. sind dessen Erben bezw. deren gesetzliche Vertreter verpflichtet, innerhalb 6 Monaten, vom Tode des Erblassers an gerechnet, bei dem Kameralamt das nicht oder in zu geringem Betrage fatierte Einkommen, soweit die Steuer nicht am Todestage des Erblassers verjährt ist (Art. 13 Abs. 3 und 5 des Gesetzes vom 19. Sept. 1852) anzumrlden.
Ferner sind die Erben, insoweit sie durch die Erbschaft bereichert sind, schuldig, dos dreifache der von dem Erblasser nicht entrichteten und nicht verjährten Steuerbeträge nach dem Verhältnis ihrer Erbanteile zu ersetzen.
Unterbleibt die Anmeldung oder wird sie unvollständig abgegeben, so verfalle« die Erben, bezw. solche gesetzliche Vertreter derselben, welche an der Erbschaft vermögenSrecht- lich beteiligt sind, nach Verhältnis der Erbanteile in die Strafe des zehnfachen Betrag- der zurückgebliebenen, nicht verjährten und von ihnen durch die Unterlassung »der die Un> Vollständigkeit der Anmeldung verkürzten Steuerbeträge; andere gesetzliche Vertreter der Erben unterliegen einer Ordnungsstrafe bis zu 300 ^ (Art. 2 deS Gesetzes vom 23. Mai 1890 Reg.-Bl. T. 105).
Alten steig, den 7. April 1900.
K. Kameralamt. Schmidt.
Die Ortsstenerkommissiouen. welchen die Auf- uahmeakten schon zugekommen sind, werden unter Bezugnahme auf vorstehende Bekanntmachung hiemit angewiesen, sich dem Aufnahmegeschäft alsbald zu unterziehen und die Akten spätestens bis 15. Mai wieder an da- Kamera! amt rinzusenden.
Altensteig, den 7. April 1900.
K. Kameralamt. Schmidt.
Die Herren Ortsvorsteher
werden beauftragt, bis 20. ds. Mts. hierher anzuzeigen, ob nach der Vorschrift des 8 9 der Vollzug-Verfügung zur Landesfeuerlöschordnung vom 31. März 1894 (Reg.-Bl. S. 51) die auf 1. April vorzunehmende Ergänzung des Verzeichnisses der als feuerwehrpflichtig in Anspruch ge
nommenen Einwohner erfolgt ist, und ob die Verzeichnisse über den Mannschaftsstand der Feuerwehr und ihrer einzelnen Abteilungen richtig gestellt worden find.
Nagold, den 7. April 1900.
K. Oberamt. Ritter.
Die Herren Ortsvorsteher
werden, soweit sie noch im Rückstände sind, an die umgehende Einsendung der Berichte bezw. Fehlanzeigen, betr. die Vornahme von Schutzimpfungen gegen Schweine- rotlauf, erinnert.
Nagold, den 9. April 1900.
K. Oberamt. Schöll er, Amtm.
Die neueste Unthat des anarchistischen Wahnsinnes.
-j- Am 4. April nachmittag- */t6 Uhr hat in Brüssel auf dem Nordbahnhof ein noch nicht 17 Jahre alter Klempnergesell« namens Sipido auf den Prinzen von Wale-, der sich auf der Reise nach Kopenhagen befand und bereits in den Salonwagen gestiegen war, 2 Revolverschüffe abgegeben, glücklicherweise ohne den englischen Kronprinzen zu treffen. Der Bahninsprktor war dem jugendlichen Verbrecher auch energisch entgegengetreten und hatte dadurch das Abfeuern eines dritten Schusses verhindert. Der Revolver des Verbrechers war, wie die Untersuchung ergab, eine schlechte Waffe und es bleibt zweifelhaft, ob es überhaupt mit derselben möglich war, auf einige Entfernung «inen Menschen zu erschießen. Aber 3 noch in dem Revolver befindliche scharfgeladene Patronen bewiesen, daß ein Mordanschlag seitens deS Verbrechers unbedingt vorlag. Der Verbrecher ist auch sofort verhaftet worden, er ist auS Brüssel und wohnte bei seinen Eltern. Er war festlich gekleidet und hatte seinem Vater gesagt, er müsse sich wegen einer Stelle bei einem Prinzipale heute vorstellen. Von irgend einer großen politischen Bedeutung ist diese Unthat nicht, denn eS wird England nicht einfollsn, wegen dieses Verbrechens eines Wahnsinnigen die belgische Nation verantwortlich zu machen. Psychologisch, sozial und politisch erweckt der Fall aber doch Interesse, indem durch die Untersuchung klar ge- legt werden muß, ob der jugendliche Verbrecher überhaupt verrückt ist oder ob er nur vom anarchistischen Wahnsinn befallen ist und die Welt und die Menschen dadurch bessern will, daß er einige hochgestellte Personen ermorden will. Ein gewisser Wahnwitz spielte offenbar bei der Unthat eine Rolle, und dieselbe wird wieder einmal den Gesetzgebern und Richtern die Frage vorlegen, ob es nicht besser wäre, solche Leute in ein Irrenhaus oder in eine Seelenheilanstalt zu stecken als mit Zuchthaus zu bestrafen, denn im Zuchthaus bleibt höchst wahrscheinlich die einseitige Geistesrichtung solcher wahnwitziger Verbrecher bestehen und unge- heilt von dem schrecklichen Wahne des Menschenhaffes und der Zerstörungswut begehen solche Menschen dann leicht neue Unthaten, wenn sie auS dem Zuchthause herauskommen. Möglich ist es übrigens auch, daß der wegen des Buren- kriegrs in vielen Gemütern aufgestachelte Aerger und Haß gegen England eine Ursache zur Ausführung des Verbrechens gegeben hat. Politisch am interessantesten ist eS, sestzustellm, ob der Klempnergesklle Sipido seine That ganz allein geplant und ausgesührt hat oder ob ein Complottbestand, und er nur der AuSsührer eines anarchistischen Beschlusses war. Die Art der Vorbereitung und Ausführung der That, zumal daß auch Sipido ganz genau wußte, wann und wo der Prinz von Wales ankam, deutet ans em anarchistisches Eomplott. Der Boden zu einem solchen ist in Brüssel sehr günstig, denn das öffentliche Leben in Brüssel hat zu Zeiten leidenschaftlicher Wahlkämpfe und auch in Streitbewegungen schon manche anarchistische Demonstration gezeigt. Auch darf der Umstand, daß der Klempner Sipido noch sehr jung ist, nicht ohne weiteres als ein Hinderungsgrund angesehen werden, denn in Großstädten treten oft schon junge Burschen im Alter von 15 und 16 Jahren in die sozialistische Propaganda und ebenso können Einzelne auch schon in die Kreise der Anarchisten ausgenommen werden, und Leute im Alter von 16 bis 18 Jahren werden dann am leichtesten blinde Fanatiker oder auch gefügige Werkzeuge in den Händen älterer Gesinnungsgenossen.
Hages-Hleuigketten.
Deutscher Leich.
Nagold, den 9. April.
Aus Gewsrbekceisen wird uns mitqeteilt, daß auch in unserem Bezirk der Verkauf von Uhren mit sog. „Coupons" um sich greift. Wir haben schon früher auf dieses unreelle Geschäftsvrrsahren hingewiesen und möchten nicht unterlassen, daS Publikum wiederholt zu warnen.
auf diese- Verkaufssystem einzugehen, wodurch es in ganz erheblichem Maße geschädigt wird. —
Bad Röthenbach. Bor Jahresfrist Hit, wie damals mitgeteilt, die Versicherungsanstalt Württemberg das Bad Röthenbach bei Nagold samt Ländereien angekauft, um es für die Versicherten zu einem Genesungs- und Erholungsheim umzugestalten. In letzter Zeit ist die Neueinrichtung fertiggestellt worden, und der Vorstand der Anstalt kündigt nun die Eröffnung des AmvesenS im Selbstbetrieb der Anstalt an. Zweckbestimmung des Heims ist dir Aufnahme zur vorübergehenden Kursolcher männlicher Versicherter, welche Krankheiten überstanden haben und derPflege imKranken- Haus nicht mehr bedürfen, für welche dagegen behufs Forderung und Ermöglichung tatsächlicher Wiederaufnahme ihre- Berufs weitere Genesung und Erholung tn besonderer Anstalt sich empfiehlt, ferner solcher männlicher Versicherter, bei welchen es sonst um klimatische, diätetische und ähnliche einfachere Kuren sich handelt. Ausgeschloffen ist die Aufnahme von solchen Versicherten, welche an ansteckenden Krankheiten, an Geisteskrankheit, Epilepsie oder Tuberkulose leiden oder Gebrecheu haben, vermöge welcher sie hilflos find und dauernder besonderer persönlicher Beihilfe und Pflege bedürfen. Das Heim, welches in sonnigem, staubfreiem, ruhigem, verkchrsabgelegenem, gegen rauhe Winde geschütztem Seitenthal aus dem rechten Ufer der Nagold, unterhalb der Stadt Nagold, unmittelbar am Walde, 470 w über dem Meer und 70 in über der Sohle de- Nrgoldflufses, 3 km vom Bahnhofe Nagold entfernt, errichtet ist und Gartenanlagen, Waldspaziergänge mit Sitzgelegenheiten, Schutzhütten rc. bietet. steht das ganze Jahr über zur Benützung offen; es hat 44 Betten, Wasserversorgung. Badeeinrichtung, elektrische Beleuchtung, Tele- phonvrrkehr mit Nago'.d und der Ferne. Aufnahmegesuche find, mit ärztlichen Zeugnissen belegt, durch die Octsbehördr für die Arbeiter»,'rficherung oder, wenn der Versicherte einer Krankenkaffe anglhöct, durch diese oder, wenn der Versicherte auf Kosten der Versicherungsanstalt Württemberg in einer Heilanstalt sich befindet, durch die Verwaltung der letzteren beim Vorstand der Versicherungsanstalt Württemberg in Stuttgart (Gartenstraßr 29 L.) schriftlich einzureichen. —
Wie dir Bereinsleitung des „Württembergischen Schwarzwaldvereins" mitteilt, ist beabsichtigt, das 1. Blatt Wrldbad-Calw der neuen SchwarzwaldvereinS-Karten mit der Aprilnummer der „Blätter aus dem Schwarzwald" als Vereinsgabe an die Mitglieder auszufolgen. Die selbstverständliche Voraussetzung hiezu sei jedoch, daß die schon mit dem 1. Januar d. I. satzungsgemäß verfallenen Mlt- gliederbeiträge für das lanfenoe Jahr an den Hauptrechner abgeführt werden und sämtliche Rückstände aus dem vorigen Jahre erledigt sind. — qe
^--^Wle wir vernehmen, wird am Gründonnerstag im Rathaussaal in Haiterbach eine Ausstellung von Zeichnungen aus der dortigen FortbildungS- und Mittelschule zu sehen sein; wir können den Besuchern derselben eine schöne Zusammenstellung versprechen, deren Besichtigung sich recht wohl lohncn wird.
Ealw, 6. April. (Korr.) Der hieslge Bahnhof wird eine Erweiterung erfahren, indem eine große Lokomotiven- remise erbaut werden soll. Dadurch werden verschieden« Führer ihren ständigen Aufenthalt hier nehmen müssen. Zur Unterbringung des oermehnen Personals ist von der Verwaltung beabsihtigt, ein großes Dienstgebände in der Nähe deS Bahnhofs an der Bohnbofstraße ouizuführrn. Das Gebäude wird für mindestens 8 Familien Raum gewähren.
Calw, 6. April. (Korr.) Unter dem Vorsitz von Fabrikant Baumann wurde in einer außerordentlichen Generalversammlung der Bezirkskcaukenkaffe die Einfüh ung einer weiteren Lohnkloffe beschlossen. Dieser Lohrklaffe liegt ein Durchschnittstagesoerdienst von 3 ^ zu Grunde. Das Krankengeld dieser Klaffe beträgt 1 50 -H. das Sterbe
geld 60 der Wochenbeilrag 60 H (bisher 46 in der höchsten Klaffe). Die Erhöhung für den Arbeitgeber beträgt 8 iZ, für den Arbeitnehmer 12 --Z. Es fallen alle diejenigen Arbeitnehmer darunter, welche über 2 ^ 70 iZ Tagesdienst beziehen. Diese 5 Loh.klaffr wuide angesichts der in den meisten Industriezweigen emgesüh ten höheren Löhne als zeitgemäß anerkannt, umsomehr da dis betceffen- ! den Arbeiter dann auch bei der Jnvalidikätsversicherung in die 4. Klaffe vorrücken und dadurch Anwartschaft auf größere Invalidenrente erwerben. Eine Verschärfung der K ankenvorschriften wu>de in der Richtung festgesetzt, daß Kaffenmitgliedern im Krankheitsfälle der Besuch von Wirtschaften verboten sein soll.
Stuttgart, 6. April. Ueber die Einwohnerzahl Stuttgarts am Jahrhundertende ist tn den statistischen Monatsberichten der Stadt Stuttgart eine Arbeit enthalten.
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