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Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag.

Auflage 1950 Preis vierteljährl. hier mit TrSgerlohn Sv^,im Bezirk 1^, außerhalb d. Bezirks 1 20 -s.

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Der GchlWster.

Amts- und Anzeige-Natt für den Oberamts-Bezirk Nagotd.

74. Ja-r-emg.

JnferttonS-Sebühr f. d. einspaltige Zeile auS gewöhnt. Schrift oder deren Raum bei etnmalig. Einrückung S bei mehrmalig, je 6 -s.

SratiSbeilageu: Das Plaudrrstübcheu und

Schwäb. Landwirt.

^ 53.

Amtliches.

Die Ortsvorsteher

werden veranlaßt, die aus 1. April abznschließenden Sportel- verzeichniffe p»o ult. März, sowie die Nochweisungen über Regiehocbboum beiten und Regietiefbauarbeiten vom abgr- loufenen Quartal in Bälde hieher als portopflichtige Dienst» suche einzusenden.

Bezüglich der Sportelvrrzeichniffe wird darauf hinge» wiesen, daß die Tarifnummern zum Sportelgesetz durch die Neuredaktion desselben vom 38. Dezember 1899 (Reg.-Bl. E. 1334) eine andere Nummerierung erhalten haben.

Nagold, den 2. April 1900.

K. Oberamt. Gchöller, Amtm.

Kann die deutsche Landwirtschaft den deutschen Fleischbedars decken?

ft Nicht nur für die Ernährung der wachsenden deutschen Bevölkerung und für die Handelspolitik, sondern zumal auch für die deutsche Landwirtschaft ist diese Frage von höchster Bedeutung. Um derselben nun auf den Grund zu gehen, muß man mit genauen statistischen Angaben und nicht mit bloßen Schätzungen arbeiten, sonst bekommt man ein falsches Bild. Der Hnr Geh. Oekonomierot v. Langsdrosf hat nun der Beantwortung dieser Frage in der Sächs. Landw. Zeitschrift eine eingehende statistische Arbeit gewidmet, der wir folgend« s entnehmen: Die Dek- kung des Bedarfs an Rindfleisch im deutschen Reiche erfolgte nach den Berechnungen durch: Schlachtung selbstgezogenen Rindviehs mit 7548430 Doppelzentner91.20°/», Einfuhr lebender Tiere mit 494745 Doppelzentner5,97°/», Einfuhr von Fleisch war noch erforderlich 244835 Doppelzentner 2,83'/». Es wäre daher eine Erhöhung des einhe mischen Viehstandes um 2,83°/» nötig gewesen, um die Einfuhr von crusgescklachtetem Rindfleisch entbehrlich zu macken, und um weitere 5.97°/» im ganzen, also um 8,80°/» um auch die Einfuhr ausländischen Rindviehes zu verüberflüssigen. Der wachsende Mehrbedarf infolge der Zunahme der Be­völkerung wird durch die regelmäßige in noch etwas stärkerem Moßstrbe sich vollziehende Vermehrung des Viehstandes mehr als ausreichend gedeckt; darüber hinaus erfolgt noch rin weiterer, für die Kundigen leicht erkennbarer Zuwachs durch die unablässige Verbesserung der deutschen Rindvieh» schlüge, sowohl hinsichtlich ihrer KörpersLrvere als ihrer SchnlllwLchstgkert und Frühreife. Den geradezu riesenhaften Aufschwung, den dir Rindviehzucht in 'letzterer Hinsicht seit einiger Zeit genommen hat, ziffermäßig nachzuweisen, würde zur Zeit ein zu gewagtes Unternehmen sein; wohl aber liefert der Umstand, daß die Rindviehhaklung, ebenso wie die Schweinehaltung in weiten Teilen des deutschen Reichs der Zahl nach bereits einen den Durchschnitt weit überragenden Umfang ongenommrn bat, mit vollster Sicher» heit den Beweis, daß die deutsche Landwirtschaft durchaus im Stande ist, auch den Gesamtbedarf der Einwohnerschaft Deutschlands an Rrndfleisch dauernd zu decken, sobald die Haltung und Mästung vor- Vieh lohnend genug ist, um ihr die Lösung dieser Aufgabe zu ermöglichen. Auf 1000 da

Nagold in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.

(Schluß.)

Im März hielt der bekannte Entdecker des Franz-Josephs- Lands, der österreichische Polarforscher Julius Payer, einen Vortrag in der Turnhalle über Nord- und Südpol und über die vermutlichen Schicksale des tollkühnenBallonrcisendenAndrö.

Für den im Januar verstorbenen Reichstagsabgeordneten v. Gültlingen wurde am 16. Juni der Konservative Schrempf gewählt. Glücklicherweise hatte sich für den kurzen Rest der Wahlperiode eine Ersatzwahl vermeiden lassen. Es war im Bezirk das letztemal, daß Konservative und Nationale wie seit so vielen Jahren Hand in Hand gingen; die trennende Kluft wurde immer breiter und die Anschauung kam allmählich zum Durchbruch,die konservative Partei habe ein gewisses Recht auf den 7. Wahlkreis". Schrempf erhielt 8018, der Demokrat Kleß 4627 Stimmen.

Am Sonntag den 26. Juni wurde die vom Kaiser gestiftete Kaiser Wilhelmserinnerungsmedaille am gelben Band unter entsprechender Feierlichkeit an die hiesigen Veteranen verteilt.

Schullehrer Völker (ft 1899), der 50 Jahre im württeui- bergischen Schuldienste gewirkt hatte, nahm, nunmehr in den Ruhestand tretend, im Juni Abschied von seiner Schule.

Am 29. Juli erhielt die Welt Kunde von Bismarcks Hinscheiden. In Nagold galt die Totenfeier am 14. August ihm, dem Größten, der am Bau des Reiches mitgearbeitet.

Der Dienst im neuerbauten Postgebäude an der Leonhards­straße wurde am 16. August ausgenommen; die Eröffnung der Telephonanstalt erfolgte am 25. Oktober.

Nagold, Mittwoch den 4. April

landwirtschaftlich benutzter Fläche, Ackerland und Wiese (Weinberge und Gärten nicht mit gerechnet) wurden nach den amtlichen Ermittelungen im Jahre 1897 Stück Rind» vieh gehalten:

Meckl.-Ttrelitz

295

S-Weimar . .

542

Pommern . . .

,

305

S.-Meiningrn . .

546

Meckl.-Schwerin .

340

Schaumburg-Lippe

547

Westprcußen . .

347

Schleswig-Holstein

581

Brandenburg . .

349

Elsaß-Lothringen .

581

Ostpreußen . . .

381

Schlesien . . .

583

Posen . . . .

393

Hessen Nassau . .

661

Prov. Sachsen

418

Hohenzollern . .

661

Anhalt . . . .

.

427

Großh. Hessen

682

Lübeck . . . .

.

428

Königr. Sachsen .

685

Schwarzb.»Tondh.

.

431

Reuß j. Lime . .

708

Schwarzb.-Rud. .

,

442

Rheinpreußen . .

721

Waldeck ....

448

Bayern r. d. Rh.

749

Lippe . . . .

488

G.-Altenburg . .

756

Hannover . . .

492

Oldenburg . . .

774

Hamburg . . .

496

Reuß ä. Linie

777

Westfalen . . .

,

516

Bremen ....

779

S.-Cob.-Gotha

524

Baden ....

792

Braunschweig . .

,

527

Bayern l. d. Rh.

812

Deutsches Reich .

535

Württemberg . .

817

Diese Statistik beweist, daß eine weitere Steigerung der Rinderzucht möglich ist.

Tages-MeuigKeiLm.

Deutsches Reich.

Stuttgart, 2. April. DerTtaatSanzeigrr" enthält folgende K. Verordnung, betreffend den Wiederzusammen­tritt der Stände:Wilhelm II., von Gottes Gnaden König von Württemberg. Nach Anhörung Unseres Staats» Ministeriums haben Wir den Wiederzusammentritt der vereinigten Ttändeversammluvg auf Dienstag den 24. April d. I. bestimmt. Wir befehlen demnach, daß sich die Mitglieder beider Kammern an diesem Tage zur Eröffnung ihrer Sitzungen in Unserer Haupt- und Residenz­stadt wieder versammeln. Gegeben Stuttgart, 31. März 1900. Wilhelm. Mittnacht, Sarwey, Schott von Schottenstsin, Pischek, Breitling, Zey.er."

Stuttgart, 31. März. Bri der vom 19. bi» 27. März vorgenommenen Einjährig-Freiwilligen-Prüfung haben von 58 Kandidaten 28 bestanden. 22 fielen durch, bezüglich der 8 weiteren steht die Entscheidung noch aus.

Stuttgart, 2. April. Plötzlich ist gestern vormittag 11 Uhr der Herr Staatsminister des Kirchen- und Schul­wesens Dr. v. Sarwey durch einen Schlaganfall aus dem Leben geschieden. Dieser unerwartete Hingang erweckt in weiten Kreisen Trauer und Teilnahme. Der König verliert on dem Dahingeschiedenen einen treuen und erprobten Diener, das StaatSministrrium ein hochgeschätztes Mitglied, das vielbezweigte Kultdepartcment seinen langjähnaen hochverdienten Leiter. Geboren am 24. September 1825 zu Tübingen als Sohn des damaligen OberhelserS, studierte Otto Sarwey nach absolviertem Gymnasium in seiner Vaterstadt die Rechtswissenschaft und bestand beide höhere

Das landwirtschaftliche Fest am 17. Sept. war wohl eines der schönsten, die in Nagolds Mauern gefeiert worden waren.

Zwei Werke, am Ende des Jahres ausgeführt, bezeugten die eifrige Fürsorge der städtischen Behörden für Verschöne­rung und Verbesserung der Verkehrswege: Die Ncnaulage der Hirschstraße und die Ncuerstellung des sogen. Hohen Stegs.

2 Fragen von großer Wichtigkeit wurden von berufenster Seite in den 2 letzten Monaten des Jahres der Bürgerschaft beleuchtet. Im November sprach der Sekretär der deutschen Partei im Rößle über den Stand der Verfassungsreform und im Dezember im gleichen Lokal Professor Gießler von Stutt­gart über die Organisation des Handwerks auf Grund des Gesetzes vom 26. Juli 1897. Die Handwerkerfrage hatte be­dauerlicherweise einen Gegensatz zwischen dem Gewerbeverein und dem hier seit Mai 1896 bestehenden Handwerkerlandes­verband geschaffen.

1899.

Zu Kaisers Geburtstag, dem 40., den er feierte, fand wieder einmal eine allgemeine Feier statt.

Der Schwarzwälder Zweigverein für vaterländische Natur­kunde, dessen Anfänge auf Calw und Nagold zurückgehen, hielt am 7. Mai eine Wanderversammlung in der Post ab.

Die neueste Schöpfung des landwirtschaftlichen Bezirks­vereins, die Jungviehweide bei Unterschwandorf wurde am 30. Mai mit einem Auftrieb von 79 Stück eröffnet.

Nach Beendigung der Kanalisationsarbeiten konnte im Juni mit dem Neuanlegen der Straßenfahrbahn in der Hinteren Gasse begonnen werden. Ihren altehrwürdigen Namen durfte diese Nagolder Ringstraße beibehalten.

MO,

Justizdienstprüfungen mit Auszeichnung. Sarwey begann

seine juristische Laufbahn als Rechtsanwalt, er ließ sich 1849 in Stuttgart nieder und wirkte als vielbeschäftigter Rechtsanwalt daselbst bis 1868. Kaum hatte er das passive Wahlrecht-alter erreicht, so wurde er 1855 als Abge­ordneter von Sulz a. N. in die Kammer gewählt; er ver­trat diesen Bezirk bis 1864. Im Jahr 1864 entsandte ihn der OberamtSbezirk Crailsheim als Vertreter in die II. Kammer; nach 12jähriger Wirksamkeit wurde er durch den im vorigen Jahr verstorbenen Stadtschultheiße» Sachs abgelöst. Am 2. Mai 1883 wurde er zum lebensläng­lichen Mitglied der Kammer der Standesherren ernannt; diese Stellung bekleidete er 7 Jahre lang. Sarwey war auch ReichStagsabgeordneter während der Wahlperiode von 187577, er vertrat den Xll. Wahlkreis Schorn­dorfGöppingen rc. und schloß sich der Deutschen Reichs­partei an. Auch das soll nicht unerwähnt bleiben, daß Sarwey 1853 durch das Vertrauen seiner Mitbürger in den Gemeinderat von Stuttgart berufen, und daß er 1862 und 1866 zum Obmann deS BürgerauSschuffeS gewählt wurde. Im Staatsdienst, in den er nach fast zwanzig­jähriger Praxis als Rechtsanwalt übertrat, machte Sarwey eine rasche Earriäre. Nachdem er 1868 zum Obertribunal­rat und Vortragenden Rat des Justizministeriums befördert worden, erfolgte 1870 seine Ernennung zum außerordent­lichen Mitglied des Geheimen Rats und StaatSrats. Seine Ernennung zum Staat-minister des Kirchen» und Schul» Wesens erfolgte am 28. Febr. 1885; in Sarwey» 15jährige Mmisterthätigkeit fallen mancherlei Reformen ouf dem Ge­biet des UnterrichtSwesenS, so daS Gesetz über die Vertretung der Kirchengemriuden und die Verwaltung ihrer VermögrnS- angelegenheiten und eine Reihe anderer Gesetze aus dem Gebiet der Kirche und der Schule. Besonders am Herzen lag ihm die Lösung der ReligionSrevrrfalienfrage. Er hatte die Genugthuuno, «ne recht ausgiebige Aufbesserung der Gehalte der Volksfchullehrer und die nicht eben leichte Ausgabe der Durchführung drs DienstaltervorrückungSsystemS bei den Geistlichen und den Lehrern der Mittelschulen im letzten Landtag durchzubringen. Namentlich in früheren Jahren ist Sarwey auch vielfach schriftstellerisch thätig gewesen. Von seinen Literarischen Arbeiten mögen folgende hervor» gehoben werden: Sein Werk über daS württ. Staatsrecht, sein Kommentar über die Konkursordnung, sein Werk über daSöffentliche Recht und die VerwaltungLrechtspflege". seine wertvollen Abhandlungen in verschiedenen Zeitschriften, über die rechtliche Natur der Konkordate" (in TooeS kirchenrechtlicher Zeitschrift), überKonstitulionaltsmus und Beamtenstaat", überVo.k und Staat" (in der Deutschen MerteljahrSschrift), dann überNochlaßoergteich und Zwang zum Nachlaß", überdie Kirchengemeinde und ihre Ver­tretung", überAdministrative Justiz", letztere im würt» tembergischen Archiv für Recht und Rechtsverwaltung", dessen langjähriger Mitherausgeber Dr. v. Sarwey war. AuS seiner Wirksamkeit als Abgeordneter ist sein Auftreten im Konkordolsstreit herr-orzuhrben. Gr war 1858 Kor­referent und Verfasser drS Berichts der Minderheit der staatsrechtlichen Kommission der Kammer, welcher sich gegen die mit dem päpstlichen Stuhl abgeschlossen» Ueberetnkunsi

Die Hauptversammlung des Württembergischen Schwarz­waldvereins tagte am Sonntag den 9. Juli in unserer Stadt; den Glanzpunkt des Tages bildete das Schloßbergfest.

Der darauffolgende Donnerstag sah das Kinderfest dies­mal nicht auf dem Stadtacker sondern am Jakobsbrunnen, ein reines Frühlingsfest ohne nationale Gedenkfeier.

Hatte sich schon im August durch Gefechtsschießen und Brigademanöver kriegerisches Leben in der Stadt und der Umgegend entfaltet, so noch mehr im September. Der Feind kam über die Schwarzwaldpässe ins Land. Es waren die großen Kaisermanöver, zu denen 4 Armeekorps aufgeboten worden waren. Am 9. September fuhr der oberste Kriegs­herr auf dem Wege von Karlsruhe nach seiner Stammburg Hohenzollern durch unsere Station.

Das Bezirkskrankcnhaus, nächst der Kirche und dem Se­minar das hervorragendste Bauwerk der Oberamtsstadt, war am Ende des Jahres soweit gediehen, daß am 4. November das Richtfest stattfinden konnte.

Die Ersatzwahl für den im November verstorbenen Land­tagsabgeordneten Regierungspräsidenten a. D. v. Lnz fand am 20. Dezember statt. Sie vollzog sich in den Bahnen der verflossenen Reichstagswahl mit dem bekannten Resultat.

Zu den hier schon längst bestehenden Industriezweigen hatte sich im Jahre 1896 die Gotdwarenfabrikation gesellt. Zunächst waren es 2 Pforzheimer Firmen, die hier Filial- betriebe einrichteten. Am 4. Dezember wurde die an der Calwcrstraße errichtete Fabrik eingeweiht; eine zweite in der Nähe des Bezirkskrankenhauses zu erstellende stand bereits ? in Aussicht.