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Amts- und Anzeige-Blatt snr den Oberamts-Bezirk Nagold.
74. Jahrgang
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Gratisbeilagen: DaS Plauderstübchen und
Schwäb. Landwirt.
43.
Amtliches.
Die Ori-vorsteher
werden beovftragt, für rechtzeitige Vornahme von Neuwahlen derjenigen öffentlichen Rechner, deren Wahlperiode am 31. d. M. obläuft, zu sorgen, über etwaige Arndeiungen in den Anstellungs- und KaulionSverhültniffen Beschlüsse der Verwaltungsbehörde herbeizuführen und bis 1. April Vorlage anher zu machen.
Nagold, den IS. März 1900. _ K. Oberamt. Ritter.
Die Ortsvorsteher
werden ausgesordlrl, Ansprüche auf Familienunterstützung der zu Friedensübungrn einberufrnen Mannschaften, soweit dieselben vor dem 1. April 1900 entstanden, aber noch nicht angemeldet find, bis 1. April d. I. bei dem Oberamt geltend zu machen. (Min.-Amtsbl. 1894 S. 343 und 1895 S. 291). Fehlanzeigen sind nicht erforderlich.
Nagold, den 15. März 1900.
_K. O beramt. R itter.
A» die Ortsvorsteher und Berwaltrrugsaktuare.
Dieselben werden beauftragt, dafür Gorge zu tragen, daß die Etats für das VerwaltungSjahr 1. April 1899/1900 sofort entworfen und nach vorausgeqangener Beratung seiten- der betreff. Kollegien, eventuell unter Beachtung des Art. 14 des Gesetzes vom 21. Mai 1891, mit ihren Beschlüssen zuverlässig bis 1. Mai d. I. zur Prüfung und Genehwiaung hieher vorgelegt werden.
Bei Entwertung des Etats ist mit Gründlichkeit zu ver. fahren und fink erheblichere Abweichungen von den Etats- sähen bezw. Rechnungsergrbnissen der ktzten Rechnungsperiode zu erläutern; insbesondere ist auch Rücksicht darauf zu nehmen, daß die für etwaige Ergänzung des Grundstocks und für die Schuldentilgung erforderlichen Mittel in den Etats vorgrsehrn werden.
Ueber die auS der vorhergehenden Rechnungsperiode pro 1898/99 noch verfügbaren Mittel ist unter Anführung des vorhandenen Barvorrats und der noch vorhandenen Aktiv- und Passiv-Rückstände in den Etat genauer und spezieller Nachweis zu geben.
Nagold, den 16. März 1900.
_K^ Oberamt. Ritter.
Die Ortsbehörde«
derjenigen Gemeinden, welche im Etatsjahr 1899/1900 Original- oder Bollblut-Simmenthaler Grmeiude-Farren angeschafft haben und zu den Ankausskostrn einen Beitrag feite«- der Amtskorporatio« wollrn, werden hiemit aufgr- sordert, ihre Gesuche um einen Beitrag unter Anschluß des Nachweises der Abstammung des erkauften FarrenS, deS ZulafsungSscheins und der Quittungen über den Kaufpreis und die Auslagen für Ankaufs- und Transportkosten spätesten- bi- 10. April d. IS. bei dem Oberamt einzureichen.
Nagold, den 16. März 1900.
K. Oberamt. Ritter.
Die amerikanische Fleischeinsuhr.
s- Daß sowohl bei dem Zustandekommen deS deutschen Fleischbrschaugesttzes als auch hinsichtlich der Gestaltung unserer Zollgesetzgebung die amerikanische Fleischeinsuhr au» gesundheitlichen und wirtschaftlichen Gründen sehr scharf ins Auge gesoßt werden muß, ist klar, aber man soll sich auch vor einseitigen Beurteilungen der amerikanischen Fleisch- einsuhr nach Deutschland hüten. Wie auch in einer Ein- gabt der Leipziger Handelskammer betont wird, nehmen eine ganze Anzahl fremder Länder an der Fleischvrrsorgung Deutschlands teil und müßte dann da» im Grsetzvorschlage inS Auge gefaßte Verbot der Fleischeinfuhr entweder in einseitiger Weise nur gegen Amerika gerichtet werden oder ganz allgemeiner Natur gegen jede Einfuhr von Fleisch und Fleischwaren, wodurch aber schwerwiegende handelspolitische Verstimmungen und im übrigen eine allgemeine Fleisch- verteuerung eintreten müßten. Gering ist die Einfuhr von frischem Fleisch noch Deutschland auS Amerika. Von frischem Fleisch find im Jahre 1898 fast 200000 Doppelztr. in Deutschland »ingrsührt worden, darunter nur 14000 auS den Vereinigten Staaten. Von den gesamten hier in Betracht kommenden Erzeugnissen an Fleisch und Fleisch, waren im Werte von rund 53 000 000 ^ kommen auf die Vereinigten Staaten rund 20000000 ^ — gewiß ein hoher Betrag, der ober im Vergleich zu der Größe de» Gebiets und der gesamten Fleischwarenausfuhr der Ver- einigten Staaten kaum schwer inS Gewicht fällt, als was z. B. für dir Niederlande und Dänemark deren Ausfuhr von Fleisch und Flrischwaren nach Deutschland bedeutet. Die Niederlande, mit denen wir sicher keine Ursache haben, einen Zollkrieg anzufavgen. haben im Jahre 1898 nach der amtlichen Statistik deS Deutschen Reichs (wir geben nur
Nagold, Lamslag den 17. Marz
die Zahlen für den Spezialhandel wieder) 49 769 Doppelzentner frische« Rindfleisch, 107 481 Doppelzentner frisches Schweinefleisch, 2 522 Doppelzentner einfach zubereitetes Rind- und Schweinefleisch, 2 799 Doppelzentner Schinken und 5 907 Doppelzentner Würste im Gesamtwerte von 15 980836 nach Deutschland geliefert. Die Gesamtmenge der dänischen Ausfuhr von Fleisch und Fleischwaren nach Deutschland beträgt 110 626 Doppelzentner im Werte von 8 404000 -/-iü. darunter 86 550 Doppelzentner frisches Rindfleisch. 17 010Dopprlztr. einfach zubereitetes Schweinefleisch, 2 717 Doppelzentner Schinken und 1564 Doppelzentner Würste. Auch Oesterreich-Ungarn ist an der Einfuhr von Fleisch und Fleischwaren nach Deutschland nicht unerheblich beteiligt.
Deutscher Reichstag.
f Der Reichstag erledigte am Montag debatteloS durch end- giltige Genehmigung die allgemeine Rechnung zum ReichShauShalts- rtat 1898/86, sowie die Rechnungsübersicht der Etat- der Schutzgebiete aus den Jahren 1896 98, und erörterte dann die Vorlage, betr. die Abänderung des Münzgesetzes in 2. Lesung. Die Beratung von Art. 1 (Außerkurssetzung der goldenen 5 ^(-Stücke) und von Art. 4 (Festsetzung des Gesamtbetrages der Reichssilbermünzen auf vorläufig höchsten- 15 pro Kepf der Bevölkerung) wurde verbunden. ES entwickelte sich „selbstverständlich" eine Währungsdebatte. in welcher aus dem Hause Dr. Arendt (Reichsp.). Rettich lkons.), Herold (Z.), Echönlank (soz.), Büfing (nat.-lib.), Fischbeck (fr. Vollsp.), v. Scheele- WunStorf «Welse), Brömel (fr. Ver.), Gamp (Reichsp.), Dr. Hahn (Bund d. L.) und Kirsch (Z.) sprachen. Di« Anhänger der Goldwährung wie die Freunde der Silberwihrung verfochten hierbei eifrig ihre Ansichten, natürlich vermochte aber kein Teil den andern eines Besseren zu belehren; reg.-seitig traten Frhr. v. Thielmann, der Staatssekretär des Reichsschatzamtes, und der ReichSbankpräs. Dr. Koch mit Entschiedenheit für Ausrechtrrhaltung der Reichswährung und weiter der Reg.-Vorlage gegenüber den hierzu beantragten Abänderungen ein. Die Abstimmung über die beiden gen. Art. wurde zunächst noch ausgesrtzt und wandte sich das HauS dafür den Art. 2 und 3 zu, die von der Außerkurssetzung der 29 ^-Stücke aus Silber und Nickel handeln; nach unwesentlicher Diskussion fanden die zwei Art. Genehmigung. Drbattrlos wurde Art. 8 (Aushebung von Art. 8 der Maß- und Gewichtsordnung) erledigt, und nach kurzer Debatte auch Art. 6 (Aufhebung von Art. 2 deS Münzgesetzes von 1873) erledigt; dir Abstimmung über diese beiden letzteren Artikel wurde ebenfalls noch verschoben. Am DienSta« befaßte sich der Reichstag nach Erledigung einiger Rechnungssachen vorwiegend mit der S. Lesung der lex Heinze.
-s Der Reichstag schritt am Dienstag nach Erledigung von Rechnungssachen zur 3 Lesung der lex Heinze. ES lagen hierzu gemeinsame Kompromißanträgr des Z., der beiden kons. Fraktionen, der Polen und der Welfen vor, welche in Abänderung der Beschlüsse 2. Lesung die Streichung des sog. Bermieterparagraphen (8 181 b) und des Drbeitgeberparagraphen (8 182 a), ferner die Wiederherabsetzung deS Schutzalters für Mädchen von 18 auf 16 Jahre, sowie eine mildere Fassung deS .Künstlerparagraphen" (8 184 s) und des .Thraterparagraphen" «8183 a) vorschlagen; außerdem lagen auS dem Hause noch eine Reihe von Abänderungsanträgen im einzelnen vor. Es entspann sich zunächst eine nochmalige allgemeine Debatte, in welcher der Z.-Abg. Roeren unter scharfer Verurteilung der im Lande und in einem Teile der Presse entstandenen Protestbewegung gegen die lex Heinze erklärte, die Kompromißanträgr zur 3. Lesung seien eingebracht worden, um nicht das ganze Gesetz scheitern zu lassen. Abg. Baffermann, der Wortführer der Nat -Lib., gab zu, daß diese Pretestbewrgung vielfach über daS Ziel hinauSgeschossen habe, doch betonte er, daß dieselbe trotzdem nicht unterschätzt werden dürfe; im Uebrigen gab Baffermann die Erklärung ab, daß die gegenwärtige Vorlage für die große Mehrheit seiner Partei unannehmbar sei. Auch der frris. Bolksp. Beckh-Koburg, der Abg. Schräder von der fr. Ver. und der Soz.-Führrr Bebel nahmen mit Entschiedenheit Stellung gegen die Vorlage und gegen die Kompro- mtßanträge, während sich die Kons. Etockmann und Himburg, ferner der Z.-Mann Gröber und der christl.-soz. Hofprediger a. D. Stöcker ebenso lebhaft für die Kompromißanträgr verwandten. Den Stand, punlt der verbündeten Reg. zu den Kompromiß«-trägen legte der Staatssekretär deS Reichsjustizamtes Dr. Nieberding in sehr unbestimmter Weise dar, endgiltige Erklärungen behielt er sich für die Epezialdiskussion vor, die aber auf Mittwoch vertagt wurde. Am Ausgange der Dienstagssitzung nahm der Reichstag die nech rückständigen Abstimmungen über die Art. 1, 4, 5 und 6 der Münzge- setznovrlle vor; dieselben wurden fast durchgängig in der Komm.- Faffung genehmigt, boch grlangte bei Art. 4 ein A ntragEchwarze-Herold zur Annahme, der die LandrSfilbermünzen nur insoweit ringezogen wissen will, alS dies zur Neuprägung von Reichssilbermünzrn und Deckung der Kosten erforderlich ist. In namentlicher Abstimmung lehnte das Haus den Antrag Arendt auf Beibehaltung der Thaler mit 161 gegen 61 Stimmen ab.
Hages-Meuigkeilen.
Deutsche» Leich.
Lübingen, 15. März. An Stelle wrggefallrner Geschworener wurden fvlgendeErfatzgefchworene nachgezogen: Matthäus Haid, Mühlebesitzer und Gemeindrpfleaer in Unterhausen. OA. Reutlingen; Friedrich Mönch, Müller in Bieselsberg, O«. Neuenbürg; Jakeb Schmid, Kaufmann in Oftrrdingen, OÄ. Rottenburg.
Stuttgart, 14. März. Geh. Rat Dr. Theodor v. Köstlin ist heute im Alter von 76 Jahren gestorben. Au» seinem LebenSgang seien folgende Daten angeführt: 18S1 Sekretär bei dem Justizmin sterium, 1858 Kriminal- lichter in Stuttgart mit Titel und Rang eines Obeijustiz- rats, 1861 Konzleidinktor bei dem Justizministerium und Mitglied, später Vorstand der StrafanstaltevkollegiumS, 1865 Obertribunalrat und Vortragender Rat im Justizministerium, 1870 Hosrichter, 1876 Vorstand der Zevtralleilung
1900.
des WohlthätigkeitSoereinS, 1877 Vizedirektor, 1879 Ober- staatSanwalt, 1886 SenatSprästdent des Oberlandesgerichts mit Titel und Rang eines Gtaatsrats, 1886 Vorstand deS DiSziplinarhofs, 1886 Präsident der ReichSdisziplinarkammer für Württemberg, 1891 vr. jur. honoris eau8L der Universität Tübingen, 1894 Oberlandesgerichtspräfident, Mit- glird der Stiflungskommisfion der Karl-Olgastiftung, 1896 pens. mit Titel und Rang eine- Geh. RatS.
Stuttgart, 14. März. Die Handelskammer in Sutt- gart richtete wegen des Fleischbeschaugesetze- an den Reichskanzler «ine Eingabe, in welcher sie unter eingehender, mit statistischen Daten belegter Motivierung die schweren Gefahren heroorhob, welche die weitgehenden ReichstagSbe- schlüffe in ihren Konsequenzen für unsere Handelsbeziehungen zunächst mit den Vereinigten Staaten rn weiterer Folge aber auch mit Rumänien, Argentinien, Australien. Oesterreich-Ungarn, Serbien, Holland, Dänemark und Rußland bedingen würden. Zu der künstlichen Hebung des Fleischpreises liege ein Anlaß um so weniger vor, als gerade Fleisch der Artikel sei, der, im Gegensatz zu fast allen anderen Rohprodukten, in den letzten Jahrzehnten dem allgemeinen Preisrückgang nicht gefolgt, vielmehr allerorts gestiegen ist.
Der schöne Vortrag, den General z. D. Dr. v. Pfister in den Bürgergesellschaften von Stuttgart und LudwigSburg gehalten hat, betitelt „Der Kampf um die Freiheit in Südafrika," ist im Druck erschienen (Verlag v. W. Kohlhommer, Stuttgart. Der Reinerlös auS dem Verkauf des Heftchens, das 40 iZ kostet, ist zum Besten der Buren, ihrer Verwundeten und Hinterbliebenen bestimmt. (Gegen Einsendung von 43 H Frankozusendung durch die G. W. Zaiser'sche Buchhandlung zu beziehen.)
Waiblingen, 14. März. Bei der Andauer der gegenwärtig bald wärmeren und trockenen, dann plötzlich wieder umschlogenden kühlen und nassen Witterung ist der Gesundheitszustand der hiesigen Bevölkerung, wie auch derjenige in den benachbarten Ortschaften ein gar nicht besrie- digender. In der Oberamtsstadt selbst geht fast kein Tag vorüber, ohne daß die Glocken mit ihren klagenden Klängen einen Lrichenzug begleiten. ES find meist Fälle plötzlich austretender akuter Lungenentzündung und es werden hievon Leut« mittleren Alters befallen.
Nürnberg, 15. März. Gestern fand eine zahlreich besuchte Protestversamlung gegen das Flauschbeschaugesetz und die I«x Heinz« statt.
Frankfurt o. M., 15. März. Eine gestern abend vom nationalliberalen Verein einberufene Versammlung nahm nach einem Referat des Redakteurs Meisterbehrned eine Resolution an gegen die 1»x Heinze auch in der Fassung der Kompromißanträge.
Gtolp i. P., 15. März. Der frühere Oberpräfident von Pommern, Gtaatsminister Robert Viktor v. Patt- kamer, ist heute in Karzin im Alter von 72 Jahren gestorben.
Berlin, 15. März. Wie ein Berichterstatter von gutunterrichteter Seit« erfahren haben will, wird die Ver- ordnung bezüglich der Regelung der Verhältnisse im Handwerk demnächst erscheinen. Danach sollen die Handwerkerkammern am 1. April d. I, die Bestimmungen über daS Lehrlingswesen am 1. April 1901 und diejenigen über daS Meister wesen am 1. Oktober 1901 in Kraft treten.
BreSlau, 15. März. Eine große auS Künstler- und wissenschaftlichen Kreisen auS BreSlau bestehende Versammlung protestierte gestern energisch gegen die lox Heinze. Nach mit Beifall aufgenommenen Reden der Professoren Felix Dahn und Kaufmann wurde einstimmig eine Resolution gegen jenes Gesetz angenommen.
Wien, 15. März. Die Polizei verurteilte brn Be- gründer der „Freien Bühne", Schmidt, weil derselbe den Versuch gemacht hat, auf einer Privatbühne Halbe'» „Jugend" aufzuführen, zu drei Tagen Gefängnis und 200 Kronen Geldstrafe.
Amsterdam, 14. März. Einer amtlichen im Haag eingelroffenen Meldung zufolge find 4 Offizire, welche auf dem Dampfer „General Pet" im Januar an der Südküste von Neu-GuineaS von Papua» gefangen genommen wurden, ermordet worden.
London, 14. März. Eccil RhodeS ist in Kapstadt nicht unerheblich erkrankt und mußte deshalb seine für morgen angesetzte Abreise nach England verschieben.
New-Dork, 15. März. Obgleich Salisbury dal Friedensangebot der Buren abschlug, find die Verhandlungen nicht abgebrochen. Mac Kinky ist begierig, wegen de» guten inner politischen Effekte? solche Verhandlungen zu führen.