ve»tscher Leichstag.

-s Der ReichSta- nahm am Mittwoch seine Plenarverhandlungen nach mehrtägiger Pause wieder auf. Es wurde der von den reichs­ländischen Abg. mit Unterstützung der Polen gestellte Antrag au Aushebung des sogen. Diktaturparagraphen in Elsaß-Lothringen beraten, welcher Antrag den Reichstaabekanntlich schon oft beschäf­tigt hat. Der fraktionSlose Elsäßer Winterer begründete den gen. Antrag, betonend, baß der Diktaturparagraph das älteste Ausnahme­gesetz des Reiches bilde und längst überflüssig geworden sei, die sich stetig in ruhigster und befriedigendster Weise weiterentwickelnden Verhältnisse Elsaß-Lothringens rechtfertigten die fernere Aufrrcht- erhaltung solcher Ausnahmebestimmungen nicht im Entferntesten mehr. Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe-SchillingSfürst bekämpfte de« Antrag auf Grund seiner neunjährigen Erfahrungen als Statt­halter der Reichslande, indem er darauf hinwieS, daß eS noch immer eine leider nicht loyal gesinnte Minderheit der Bevölkerung Elsaß- Lothringens gebe, waS die Reg. nötige, die Waffe des Diktatur­paragraphen noch fortgesetzt in Händen zu behalten, um sie im Notfall gebrauchen zu können. In der weiteren Debatte sprachen naturgemäß vorwiegend Abg. aus Elsaß-Lothringen, nämlich die Abg. Riff (fr. Ver.), Prinz Hohenlohe, ein Sohn deS Reichskanzlers, Haust. Bonderscheer, Höffel (Reichsp.), Preiß und nochmals Winterer. Diese Redner ließen sich sämtlich mit Ausnahme des Prinzen Hohen­lohe entschieden zu Gunsten der Aufhebung deS Diktaturparagraphen vernehmen, wobei verschiedene von ihnen bestritten, daß es noch illoyal gesinnte Bevölkerungselemente in den Reichslanden gebe, von den übrigen Parteien erklärten sich die Eoz.-Dem., das Z., die Nat.-Lib., die fr. ver. und die Antis. durch die vorgeschickten Redner für die Aufhebung d«S Diktaturparagraphen, während die Kons, durch Abg. v. Levetzow und das GroS der Reichsp. durch Abg. Arendt ihre gegenteilige Stellung bekunden ließen. Nach einem Schlußwort des elsäß. Abg. Wetterle und persönlichen Bemerkungen des Abg. Prinzen Hohenlohe gegen die Abg. Singer und Bonderscheer wurd« die zweite Lesung deS erörterten Anträge- vorgenommen, sie ergab debattrlos dessen Annahme gegen die Stimmen der Kons, und des größten Teiles der Reichsp. Am Donnerstag trat das Haus in die Beratung des Militäretats ein.

Tages-MeuigLeiten.

Deutsches Leich.

Nagold, 26. Febr.

Dar Geburt-fest Sr. Majestät de- König- wurde in unserer Stadt in herkömmlicher schöner Weise gefeiert. Ein Ehoral vom Turm leitete den schönen Fest» und Früh­lingstag rin, um */r10 Uhr bewegte sich ein stattlicher Fest­zug vom Rathaus an zur Kirche; an demselben beteiligten sich die Schulen und Lehranstalten, sämtliche Vereine in zahlreicher Vertretung, die Feuerwehr, die Beamten und Mitglieder der bürgerlichen Kollegien. Dekan Römer hielt über den vom König gewählten Text Psalm 43,3 eine tiefernste Predigt.Wir bitten den Herrn der Heerscharen, er wolle unserem König da- Licht von oben und den Geist de- Friedens schenken, aber auch unserem Volk diese Seg- nungen nicht nehmen. Unser deutsches Volk durfte sich in den letzten 3 Jahrzehnten des äußeren Friedens und eines allgemeinen Aufschwungs erfreuen, aber eS steht gegenwärtig in Gefahr, seine« Gott entfremdet zu werden. Ohne den Geist de- Frieden-, ohne Licht von oben wäre jedoch unser Volk arm bei großem Gut." Im Anschluß an den Gottes­dienst sl.lgte die Feier im Seminar. Dieselbe fand bei zahlreicher Beteiligung statt und wurde eröffnet durch eine Ouvertüre für Orchester und Orgel von Haydn und einen gemischten Chor: Im Osten geht die Sonne auf von Niels Gade. Hierauf folgte die Festrede von Professor Wetzet, der uns interessante Blicke in die Geschichte derHansa" in 5 Jahrhunderten thun ließ und zeigte, wie notwendig zu einer Handelsmacht auch eine Seemacht gehört. Der Rede folgte noch ein Männerchor aus den altniederländischen Volksliedern von Kreuser: Glücklich ist, wer zu sterben weiß, und der gemischte Chor: Glück auf, du liebes Schwaben, land von Braun. Um 1 Uhr war Festesten in derPost". Bei demselben brachte Oberamtmann Ritter den Toast auf den LaadeSvater aus, Oberamtsrichter Sigel feierte die Königin. Die Königshymne wurde stehend gesungen. Nach 4 Uhr entschlossen sich verschiedene Festteilnehmer zu einem gemütlichen Ausflug nach Rohrdorf.

X Der hiesige Militär, und Veteranenverein ließ eS sich nicht nehmen, zu Ehren de- Geburtsfestes Tr. Majestät des Königs auf heute Abend 5 Uhr eine Feier im Saale des Rosenwirts Lehre anzuberaumen. Dieselbe nahm einen überaus schönen, gemütlichen Verlauf. Der herzlichen Begrüßung der in ziemlich starker Anzahl erschie­nenen Kameraden seitens des Vorstandes Herr Tuchmacher Reich folgten von den Kameraden Reich, Hemminger und Berstecher Toaste auf den Protektor des württembergischen KriegerbundeS. Gr. Majestät den König, auf besten Hohr Gemahlin und den Ehrenpräsidenten S. Hoheit den Prinzen Hermann zu Sachsen-Weimar. Gesänge und Deklamationen von Mitgliedern desSängrrkronzes" erhöhten die Stim­mung. Mit einem warmen Appell zweier alten Veteranen an ihre alten Kameraden, welcher eine stärkere Beteiligung an ähnlichen Feiern wünschte, sowie mit einem von seiten einesJungen" ausgebrachten Hoch aus die hies. tapferen alten Kriegskameraden und endlich mit dem Ausdruck schmerz­lichen Bedauerns über den infolge schwerer Krankheit heute vermißten Kameraden und Bezirksobmann, H. Fabrikant Schaible, dem sämtliche Anwesenden baldige Wiederherstellung seiner Gesundheit wünschen ließen, sa.id die schöne Feier um 8 Uhr ihren Abschluß.

* Unterjettingen, 23. Febr. Heute Abend 7 Uhr ertönte die Sturmglocke. ES brannten das Wohnhaus deS Bauern Haag und die Scheuer des Bauern Seyer ab.

Stuttgart, 22. Febr. Seit gestern tagt hier in An­wesenheit deS Ministers des Innern das Gesamtkollegium der Zentralstelle für die Landwirtschaft. Aus den bis jetzt gefaßten Beschlüssen heben wir folgende hervor. Zuerst be­schäftigte man sich mit dem von den Abg. Dentler und Gröber im Landtag eingebrachten Antrag:Die Regierung zu ersuchen, «ine auf Freiwilligkeit gegründete Vieyverstche- rung mit Staatsunterstützung nach bayerischem Vorgang in

Erwägung ziehen zu wollen." Mit 9 gegen 8 Stimmen be­jahte man da- Bedürfnis für die Einbringung eines solchen Gesetzentwurfs. Mit Rücksicht auf die Maßregeln zur Be­kämpfung der Maul- und Klauenseuche sprach man sich für Aufrechterhaltung und möglichst gleichmäßige Ausführung derselben auS. Mit 14 gegen 3 Stimmen hielt man es für nicht möglich und angezrigt, daß dem Gesetz von 1893 Ausdehnung gegeben werde, auch für den Fall der Not­schlachtung und Tod infolge von Nachkrankheiten der an Maul- und Klauenseuche erkrankten Tiere Entschädigung zu gewähren, auch wenn eine bestimmte Frist für die eintretende Entschädigung festgesetzt würde. Sodann beschäftigte man sich mit dem Entwurf eines Reichsweiagesetzes. Nach dem­selben soll bekanntlich der Zusatz von Zucker erfolgen dürfen, um den Wein zu verbessern, ohne daß dadurch die Menge erheblich vermehrt würde. Der Ausdruckerheblich" wurde beanstandet und außerdem der Vorschlag des deutschen Weinbauvereins, wonach die Vermehrung um '/, gestattet sein sollte, als zu weitgehend bezeichnen Das Kollegium beschloß, eine Vermehrung durch Zuckerwafserzusatz nur bis zu '/8 der Weinmenge zu gestatten. Bemerkenswerte Vor­schläge machte da- Kollegium zum Zweck der Beseitigung der ländlichen Arbeiternot. Es wurde in dieser Hinsicht beschlossen, daß die Beschäftigung von Arbeitern in Staats­betrieben, insbesondere auch bei Straßenbauten, möglichst eingeschränkt werden sollte, ferner, daß Mannschaften des aktiven Militärdienstes, namentlich Bauern- und Wein- gärtnerSsöhne, in größerem Maßstab als bisher beurlaubt und daß bei der Einziehung von Reservisten und Land­wehrleuten auf die landwirtschaftlichen Arbeiten möglichst Rücksicht genommen werden sollte. Endlich sollen die Be­strebungen, welche auf eine Srßhastmachung von landwirt­schaftlichen Arbeitern abzielen, staatlich unterstützt und das Justizministerium ersucht werden, den Vertragsbruch bei landwirtschaftlichen Arbeitern und Arbeitgebern zu bestrafen. Unter den wetteren Beschlüssen sei noch erwähnt, daß ein Antrag der Abgeordnetenkammer, die Errichtung einer Käse­rrischule in Oberschwaben, in Erwägung zu ziehen, befür­wortet wurde.

Stuttgart, 24. Febr. Gutem Vernehmen zufolge trat am Samstag im Finanzministerium eine Kommission von Forstbeamten zusammen, welche über die zukünftige Forstorganisation in Württemberg (Aufhebung der Forst­ämter u. s. w.) eine Vorberatung abhält. Die Frage der Aufhebung der Forstämter wird in Württemberg bekannt- lich schon seit einer laugen Reihe von Jahren erörtert und ist auch wiederholt im Landtag zur Sprache gekommen. Be­reits unter dem Vorgänger deS jetzigen Finanzminister- ist die Neuorganisation dadurch angebahnt worden, daß ver­schiedene Forstämter nur noch provisorisch besetzt wurden.

Köln, 20. Febr. Heute vormittag wurde Erzbischof Dr. Gimar inthronisiert. Nachdem im erzbischöflichen Palais die vorgeschriebenen Zeremonien, insbesondere die Uebergabe des Kreuzes durch den Senior des Domkapitels vorgenommen worden war, geleiteten um 8*/, Uhr früh das Metropolitankapitel und die übrige Geistlichkeit sowie zahl­reiche Vereine den Erzbischof in feierlichem Zuge vom Palais nach dem Dom in dem der Erzbischof das Hochamt zelebrierte. Daraus wurde ihm in Gegenwart der Spitzen der Behörden das Pallium überreicht, sodann erfolgte die Verlesung der päpstlichen Präconisationsbulle, worauf der Erzbischof eine Ansprache an den Klerus und die Gemeinde hielt und den Segen erteilte.

Berlin, 22. Febr. Am 2i. ds. legte der deutsche Kronprinz in Plön sein Abiturienien-Examen ab, wozu der Kreuz-Ztg. zusolge seitens des Kultusmmistenums der Geh. Oberregierungsrat Köpke delegiert worden ist. Am Sams­tag folgt die Prüfung des Prinzen Eitel Friedrich auf Grund der Bestimmung für das Fähnrich-Examen. Prinz Eitel Friedrich bleibt aber noch 1 oder 2 Jahre bis zur Ablegung

des Abiturienten-Examen- in Plön, während der Kronprinz nunmehr nach Potsdam zurückkehrt und seinen eigenen Hof­staat erhält. Der Reichstagsabgeordnete Dr. Kruse ist heute abend 11 Uhr gestorben. (Tanitätsrat Dr. Kruse, Badearzt in Norderney, geb. 1837. gehörte von 1885 bis 1890 und wieder seit 1893 dem Reichstag für Aurich, 2. hannoverschen Wahlkreis, und auch seit 1893 dem preußi­schen Abgeordnetenhaus an.)

Auslaut.

Paris, 21. Febr. Gestern Abend 11 Uhr ist in ihrem Hotel in der Rue de Bellechaffe die Witwe des Marschalls Mac-Mahon, Herzogin von Magenta, gestorben. Sie verschied infolge eines Schlaganfalls, der sie letzten Samstag getroffen. Schon vor 2 Jahren hatte sie emen derartigen Anfall, von dem sie sich ziemlich erholte, ohne indes ganz ihre Kräfte zu gewinnen. Die Marschallin ist eine geborene de La Croix de Castries, Schwester des letzten Herzogs von Castries. Geboren war sie am 13. Febr. 1834 in Paris. Bei ihrem Tod waren alle ihre Kinder zugegen, der Bataillonschef Patrice de Mac-Mahon und feine Gemahlin, geb. Prinzessin Marquerite von Orleans, sowie der Kommandant Emanuel de Mac-Mahon und die Gräfin Piennes, geb. Marie de Mac-Mahon. Die Ver­storbene war die Cousine des Grasen von Harcourt und deS Grasen von Hauffonville. Verwandt war sie mit den besten Familien des vornehmen Faubourg St. Germain. Es bleiben nach ihrem Tode nur noch 2 Marschallinnen von Frankreich übrig, die Marschallinnen Niel und Leboeuf.

Vom südafrikanischen Kriegsschauplatz.

London, 22. Febr. Morning Post meldet aus Lady- smith vom 19. ds: Die Buren sandten in der vorigen Woche 400 Wagen gegen die Drakenberge zu, heute zogen 130 Wagen nördlich vom Modderspruit entlang. Demnach er­fuhr die Streitmacht der Buren anscheinend nur eine unbe­deutende Verringerung. Die Beschießung dauert stetig fort,

Brüssel, 22. Febr. Die neuesten Nachrichten lauten für die Buren günstiger. General Cronje hat den Vor­marsch des Generals Roberts nach einer Reihe heftiger Gefechte aufgehalten, wobei die Engländer erhebliche Ver­luste erlitten. Zahlreiche Truppenteile der Buren vollziehen unaufhaltsam ihre Vereinigung mit der Armee deS Gene­ral- Cronje.

Brüssel, 22. Febr. Die Transvaal-Gesandtschaft erhielt bessere Nachrichten vom Kriegsschauplatz. Der Plan von Lsrs Roberts, die Armee Cconjes zu vernichten, scheiterte. Cronje brachte dem General Kelly Kenny eine bedeutende Schlappe bei, so daß der Vormarsch von Roberts gehemmt ist. Die Engländer verloren dabe» über 1000 Mann. Die Truppenteile der Buren unter Schalk Burger, Lukas Meyer und Botha vollziehen unge­hindert ihre Vereinigung mit der Armee CronjeS.

London, 22. Febr. Aus Jakobsdal, 21. Febr. wird gemeldet: Die verbündeten Buren schlugen bis jetzt alle Angriffe ab. Unsere britische Artillerie ist ungenügend. Beide Versuche, die Paardebergstellung zu umgehen, sind mißlungen. General MacSonalds Rückenangriff wurde voll­ständig abgeschlagen, lieber 100 Offiziere und 1500 Mann sind angeblich tot und verwundet. 52 Offiziere und einige 600 verwundete Mannschaften, meistens Schotten, sind be­reits eingebracht. Der Burengeneral Delarey bedroht bei Koffyfontein die englischen Verbindungen. Ein zweites Freistoatkorps rückt gegen die Straße von Jakobsdal von Süden her vor.

London, 22. Febr.Daily Mail" meldet, 20.000 Buren nahen sich Paardeberg zur Verstärkung Cconjes. Morning Post" signalisiert 25,000 Buren an derselben Stelle und konstatiert, daß danach Cronje numerisch Robert- überlegen sei.

Infolge des siegreichen Einzu ges britisch er Trup­pen in Kimberley hat sowohl die Garnison vonLa- dysmith als auch der zum Entsatz dort kämpfende Ge­neral Bullrr an­scheinend neuen Mut bekommen und wir hören in etzter Zeit von Mtnäcktgen und energisch durchge- ührten Kämpfen der Buller'schen Armee gegen die Burenarmee, wel­che Ladysmith im Süden, an der Tu- zrlalinie geg. einen Entsatzversuchdeckt General Buller hat )ie Kämpfe lt. Te­egramm erneuert v. die Buren ange­griffen, wurde aber 2malzurückgeschla gen. Wir geben un eren Lesern beiste >end eine Karte des _

-irr in Betracht kommenden Geb» 's, wo sich dem Anscheine nach der Entscheidungskampf um den Besitz von Ladysmith abspielt. Unsere L-ser können an der Hand dieser Karte die eintreffenden Nachrichten genau verfolgen.

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