Erscheint

Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag.

rlufla,«-. leov.

Preis vierteljährl. hier mit Trägerlohn SO im Bezirk 1 außerhalb d. Bezirks 1 20 ^ Monatsabonnements nach Verhältnis.

Amis- und Anzeige-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

JnserttouS-Sebühr s. d. einspaltige Zeile «ms gewöhn!. Schrift oder deren Raum bet einmalig. Einrückung v bei mehrmalig, je S

Gratisbeilagen: DaS Plaudrrstübche« und

Lchwäb. Landwirt.

74. JAhrgiMg.

N 85.

Nagold, Mittwoch den 14. Februar

Amtliches.

Bekanntmachung,

betr. die Aufnahme von «»bemittelten an körper­liche« Formfehler« keiderrdeu SLtaatspfleftlingen i« orthopädische Heilanstalten.

In die orthopädischen Anstalten, mit welchen ein Ver­trag w-^geu Ausnahme von Slaatspflkglmgen abgeschloffen ist, zur Zeit Olga-Heilanstalt und Paulmen-Hilfe in Stutt- gart, sowie A. H. Werner'sche Kinderheilanstakt in Ludwigs­burg werden unbemittelte Pcrsoue« als Staatspfiegliuge aufgeuommeu behufs der Heilung oder Besserung ange­borener oder erworbener Formfehler des Körper?, durch welche die Fähigkeit zur Arbeit, brzw. zur Erlernung oder Ausübung eni-s Berufs in Frage gestellt wird.

Die Aufnahme ist bei dem K. MedizinalkoLegium, Ad- leiluna für dir Gtaatslrankenanstalt«!, durch Vermittlung des Oberamts und des OberamtS-Phyfikats nachzusuchen.

Die AusnahmkgrsuÄe können zu jeder Zeit eingereicht werden und sind zu belegen:

1) mit einem Geburtsschein;

2) mit einem ZeuZuis eines approbierten Arztes oder Oberamtsarztcs, welches sich über die Persönlichkeit, frühere Krankheiten, den nunmehrigen allgemeinen und Krästezustand des Aufzunthmenden und über die Vorgeschichte, die Dauer und den jetzige» Umfang des Gebrechens, sowie die Aus­sicht aus die Besserung resp. Heilung desselben durch die Behandlung in einer orthopädischen Anstalt auszusmechen hat;

3) mir einem Zeugnis de§ Gemeindersts über die Fa­milien-, Vermögens- und Erwerbsverhältrüffe des Auszu- nehmenden und seiner otimentationSpflichligen Angehörigen nebst einer Urkunde der letzteren oder der Ortsarmenbehörde wegen Ukbernahwe desjenigen Kuiwands, den die Staats­kasse nicht trägt nämlich Auslagen für Kleider, Maschi­nen, Reisen und etwaige Bkerdiguncskoften.

Bei Auswahl der Anstalt, welche durch daS K. Mrdi- '.crlkollkgiuw, Abteilung für die Staatskrankeiumstalten, erfolgt, wird auf etwaige Wünsche des Auszumhmenden Lhuntichsts Rücksicht genommen.

Die gem. Äemter werden unter Hinweis auf die Bc- kanrlmaüiung deS K. Ministeriums des Innern vom 16. Januar 1890 (Reg.-Bl. S. 49) dringend ausgefordert, in den geeigneten Fällen die Einreichung von Amnahmegesuchen zu veranlassen, sowie auch ihrerseits aus die Benützung der getroffenen Einrichtungen hinzuwirken.

Nagold, den 13. Februar 1900.

K. Oberamt. Ritter.

Deutscher Reichstag.

-j- Im Reichstage wurde am Freitag die tags zuvor begonnene Generaldebatte über die Flottenvorlage fortgesetzt. Als erster Redner trat in dieser Sitzung der Reich?p. Graf ArmivAmf, der warm die Notwendigkeit einer Flottenvermehrung für Deutschland betonte, letztere sehr geschickt mit der preußischen Armeereorganisation in der ersten Hälfte der 60er Jahre vergleichend. Dann ergriff der Gtaatssekrerär des Innern Gras Posadowsky das Wort, um namentlich unter dem Gesichtspunkte eines stärkeren Schutzes des deutschen Exporthandels die neue Marinevorlage zu verteidigen und dabei namentlich di« Behauptung von partikularistischer Seite, Eüddeutsch- land und die süddeutsche Industrie hätten kein Interesse an einer

Flottenvermehrung, durch statistische Nachweise zu widerlegen. Es folgt« in der Rednerreihe Abg. Eugen Richter, der Führer der fr. Volksp.Selbstverständlich" bekannte sich Herr Richter als strikten Gegner der geplanten Flottenverstärkung, dieselbe nach allen Richtungen bekämpfend. Es geschah dies zum Teil in witziger und drastischer Weise, welche öfters die Heiterkeit des Reichstages erregte. AlS Hauptgrund für die oppositionelle Stellungnahme der fr. Volksp. gegen die neue Marinevorlage führte der Redner die in letzterer aus­gesprochene einseitige Bindung des Reichstages, welche die Reg. zu nichts verpflichte, an. Staatssekretär Tirpitz erwiderte nur ganz kurz auf die oppositionellen Ausführungen des Vorredner?, im klebrigen verwies er auf die in der Komm, zu erwartenden näheren Darlegungen der Reg. Abg. Rickert von der fr. Verein, trat lebhaft für die Vorlage ein, hierbei gegen den Abg. Richter polemisierend; nur verlangte er, daß die Kosten der Flottenverstärkung aus die kräftigeren Schultern gelegt werden sollten. Der Pole v. Motty erklärte sich namens seine: Fraktion rundweg gegen die Marinevorlage, während sich der Abg. Liebermann v. Sonnenberg (Antis.) wesentlich freund­licher zu derselben stellte, doch forderte er, daß der Handel die Kosten der Floitenverstärkung aufbringcn sollte. Zuletzt erklärte der Lithauer SmalakyS in einer von ihm verlesenen Rede seine Zustimmung zur Flottcnvorlage. Am Sonnabend wurde die Generaldebatte über di; neue Flottcnvorlage beendigt, die dann an eine Komm. ging. Jedenfalls hat diese erstmalige Beratung der Marinevorlage noch keineswegs bestimmter erkennen lassen, ob dieselbe begründete Aus­sichten auf Annahme im Reichstage besitzt, weil vor allem das Zentrum noch eine abwartende Stellung einmmmt. Wenn der Generalredner des Zentrums, Dr. Schädler, in der Donnerslagsfitzung erklärte, seine Partei sei für den vorgelegten Entwurf des Flotiengesetzes in dessen jetziger Gestalt nicht zu haben, so darf auf diese nach Ablehnung klingende Versicherung nicht allzuviel gegeben werden, das war eben nichts als ein taktisches Manöver.

Mges-

BkrrLi'chLs Reich.

Nagold, 12. Febr. Eine Volkszählung findet am 1. Dezember ds. IS. im ganzen deutschen Reiche statt.

L. Herrenberg, 12. Febr. In Unterjettrnqsn versammelten sich gestern die demNezirkSsängerbund Her­renberg" ungehörigen Gesangvereine, um dir Vorbereitungen zu dem Preissingen, daS Heuer zum 1. Mal hier stattfinden soll, zu treffen. ' Für den nach Ulm beförderten Schrift­führer des Vereins, Fmanzbeamten Carle, wurde Schul­lehrer Riethmüller hier gewählt. Als Preisrichter wurden von Oberlehrer Wkmbrenmr hier, Mufiksberlrhrer Hegeie in Nagold und Professor Wörz in Tübingen vorgeschlagen; der 3. Pieisrichter soll aus den Dirigenten der Brzüks- vereins gewählt werden. Eine in den nächsten Wochen noch stat!findende ÄuSschußfltznng wird über die Wahl der Gesamtchöre. Bereinsabzeichen etc. entscheiden. Die gestrige Versammlung ober war so zahlreich besucht, daß der schöne Adlersaal die Gäste nicht zu soffen vermochte und die namentlich von den Vereinen Unt-r- und Oberjettingen und Mötzingen vorgelragenen Liede: ließen erkennen, daß schon tüchtig aus das Preissingen geübt wird.

Vollmaringsn, 12. Febr. Am 2. und 4. Febr. er­freute uns der hiesige Kirchenchor durch di? Ausführung d-s TheaterstücksIrren ist m-nschlich". Schon die Wahl dieses Stücks darf als eine glückliche bezeichnet werden, allein der Grundgedanke, daß auch die abgefeimtesten Betrügereien schließlich doch ans Tageslicht kommen, kam sehr klar und ungezwungen zum Ausdruck und übte gewiß auf die Zu­hörer einen guten erziehlichen Einfluß aus. Infolge dieser

IM

Nagold in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.

(Fortsetzung.)

Fast ebenso festlich wurde am 22. März Kaisers Geburts­tag begangen. Besonders ausgezeichnet wurde dieser Tag noch durch die Pflanzung einer Eiche auf dem Stadtacker; ein 18jähriger, schön gewachsener Stamm wurde von Stadt­förster Schürle unter entsprechender Feierlichkeit in den Boden eingesenkt.

Am Tage vor Kaisers Geburtstag war der erste Reichs­tag eröffnet worden. Der Vertreter, den Nagold im Verein mit Calw, Neuenbürg und Herrenberg nach Berlin schickte, war der Kaufmann Chevalier aus Stuttgart. Stalin aus Calw, der auch in Betracht kam, hatte zu Gunsten Chevaliers verzichtet. Letzterer hatte sich am 25. Februar der Wähler­schaft in Nagold vorgestellt und einen sehr guten Eindruck gemacht. Unter anderem hatte er in seiner Rede erklärt, er, sonst ein sparsamer Mann, sei für Schaffung einer Marine durchaus nicht zu sparen gewillt.

Die ersten vom Feld heimkehrenden Truppen kamen im April durch Nagold. Eine Eskadron, eine Batterie und die Hälfte des 6. Infanterieregiments (4 Kompagnien) wurden in unserer Stadt einquartiert. Der Empfang der Truppen, die allerdings unverhofft kamen, sei etwas kühl gewesen, wurde von vielen Seiten geklagt. Um so glänzender gestaltete sich der Empfang des Gros der über den Schwarzwald heimkehrenden Württembergs im Juni. Eine hohe, prächtige Ehrenpforte war in der Vorstadt anfgebaut. Von der Stirne derselben glänzten die Namen Villiers und Champigny herab,

und am Fuße derselben standen Ehrenjungfrauen bereit. Nach­dem eine Eskadron und eine Feldbatterie mit 6 Geschützen voraus gekommen war, ritt der preußische General Obernitz mit den württembergischen Generalen Reitzenstein und Scheler in die Stadt ein. Obernitz erhielt vor der Post von einer Ehrcnjungfrau einen Eichenkranz und erwiderte auf eine Ansprache Dekan Freihofers. Der ganze Generalstab wurde hier einquartiert, und abends erklangen in der BorsMit die schönen Weisen einer Reiterkapelle, welche dem kommandieren­den General ein Ständchen brachte.

Am 27. September wurde der Militär- und Veteranen­verein in der Wirtschaft von Karl Schüttle gegründet, und am 2. Dezember auf den Wunsch der im Feld gestandenen Soldaten des Vereins ein Gottesdienst zur Erinnerung an die Tage von Champigny und Villiers abgehalten.

Die erste Kontrolleversammlung für Nagold und Em­mingen fand am 16. Dezember Vormittags '/-9 Uhr vor dem hiesigen Rathause statt.

Am 21. Dezember wurde die Schlußabrechnung des Bezirksunterstützungs- und Sanitälsvereins Nagold veröffent­licht. Die Gesamteinnahmen betrugen die schöne Summe von 7186 fl. 52 Kr. '

1872.

Mit dem 1. Januar trat das Strafgesetzbuch für das deutsche Reich in Geltung, desgleichen die neuen Maße und Gewichte. Mehr als 100 Nagolder Männer hatten im ab­gelaufenen Jahre an den Kursen teilgenommen, die zur Einführung in die Dezimalrechnung von verschiedenen Lehrern der Stadt gegeben worden waren.

einfachen Klarheit waren dir einzelnen Rollen auch alle gut erfaßt und ging das Stück flott über die Bretter. Den wacksrn Spielern und der ganzen Leitung gebührt volle Anerkennung.

Calw, 12. Febr. (Korr.) Im BezirkSverein des Schwarzwaldvereins hielt an der vorgestrigen Hauptver­sammlung der Schriftführer Rektor Dr. Weizsäcker einen Vortrag über ehemalige Wandgemälde und deren wieder­entdeckte Vorlagen im Kloster Hirsau. Der als Forscher sehr geachtete Redner gab interessante Mitteilungen über dir Wandmalereien in der großen Kirche und besonders in dem Winterrefektorium. Letztere Gemälde stellten 10 Be- trachtungen über das Vaterunser dar. Nach einem sehr seltenen französischen Werk vom Jahre 1420 und einem Manuskript eines Hirsouer Mönches vom Jahr 1631 führte Redner den klaren Nachweis, daß das französische Werk als Vorlage für die Hirsauer Wandgemälde diente. Diese Wandgemälde sollen nun wieder nachgebildrt und der Alter- tümersämmlung deS Klosters Hirsau rinverlribt werden. Als Vorstand des Vereins wurde Oberstleutnant Freiherr von Moltke in Hirsau wiedergewählt.

Ludwigsburg, 11. Febr. (Korresp.) Gegenwärtig werden in den württembergischen und allen deutschen Gar­nisonen amtliche Berechnungen angestellt, waS die Einfüh­rung des Gaslichtes in den Kasernen und sämtlichen militärischen Gelassen kosten würde. Es soll einerseits die Beleuchtung gegenüber der jetzigen Pettoleum-Beleuchrung verbessert werden und andererseits will sich auch die Mili­tärverwaltung von dem Terrorismus des amerikanischen Petroleumrings frei machen, der den Preis deS Erdöls in den letzten Jahren so unverschämt in die Höhr getrieben hat.

Vom Oberland, 12. Febr. (Korr.) Für den Bau der ersten katholischen TtaatSpräparandenschule des Landes in Saulgau sind bereits die nötigen Vorarbeiten vorgenommen worden. Der Bau, welcher im Kapellen - ösch" erstellt und seiner äußeren Anlage nach ähnlich wie das Seminargebäude wird, soll noch vor Winter dieses Jahres unter Dach kommen. Die Stadt Saulgau hat den nötigen Bauplatz unentgeltlich gegeben.

Pforzheim. 10. Febr. Was vorgestern die außer- ordentlich zahlreich erschienenen Mitglieder deSKauf­männischen Vereins" zu hören und zu sehen bekamen, er­füllte sie mit hoher Befriedigung. Der Vortrag deS Herrn Dr. Edward Walter, schwedischen UnivrrsitätslekkorS auS Lund, überTransvaal und den Oranje.Freistaat" war eine Leistung ersten Ranges. Der Redner verbreitete sich über den Ursprung deS Burenvolkes aus der Zeit, da holländische Schiffe heimatmüde Abenteurer und arbeitssrohe Menschen holländischer, deutscher und französischer Ab­stammung, die in einem weltfremden Erdenwinkel ihr Glück suchten, nach der Tüdspitz? Afrikas brachten, also zu Anfang deS 17. Jahrhunderts. Er erzählte, wie sich der verschie­den geartete Charakter allmählich verschmolz und unter dem Einflüsse der Natur und der Arbeit sich nach und nach so gestaltete, wie wir ihn heute kennen mit allen seinen lirbenS- würdigen Vorzügen und verzeihlichen Mängeln. Durchaus sachlich, doch nicht trocken, sondern vielmehr mit lebendiger

Im ersten Drittel des Jahres herrschte eine schlimme Krankheit in der Stadt, die Pocken. Sehr groß war die Angst vor Ansteckung; die Bürger einer Nachbargemeinde wurden von ihrem Schultheiß mit harten Geldstrafen bedroht, wenn sie sich den Besuch der Oberamtsstadt zu Schulden kommen lassen sollten. Im ganzen waren es 168 Erkran­kungen mit 18 Todesfällen. Das alte Schreiner Bertsch'sche Haus, das zur AufnahmeMM Pockenkranken diente, wurde nach Erlöschen der Seuche abgebrochen, um der neuen Kirche mehr Lust zu schaffen.

Am 16. Mai brachte eine Lokomotive in 2 angehängten Personenwagen die obersten Beamten der Berkehrsbehörden auf den hiesigen Bahnhof. Einen Monat später am 17. Juni pünktlich um 1 Uhr Mittags fuhr ein königlicher Extra­zug vor dem sinnig geschmückten Bahnhof Nagold an. Als Seine Majestät in Begleitung des Gencraladjutanten des Freiherrn von Spitzemberg und des Leiters der Verkehrsan­stalten von Dillenius dem Wagen entstieg, empfing ihn ein lOOOstimmiges Hoch. Außer den Spitzen der Stadt war fast die ganze Einwohnerschaft, dazu viele Auswärtige auf deni Bahnhof versammelt. Nach Begrüßung durch Ober- amtmann und Stadtschultheiß begab sich der König auf den Kirchenplatz, auf welchem Wege Feuerwehr und Schuljugend Spalier bildeten. Die am Kirchenbau beschäftigten Arbeiter begrüßten den Landesvater mit einem kräftigen, von Bau­meister Schuster ausgebrachten Hoch.

(Forts, folgt.)