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Schwäb. Landwirt.
^ 84.
Amtliches.
Nagold.
Bekarmtmachrmg.
Das bis 15. ds. Mts. erlassene Verbot des Umher- Treibens von Rindvieh und Schweinen im Hausierhandel innerhalb des Oberamtsbezirks Nagold ist heute bis zum 31. März 1900 verlängert worden.
Den 10. Februar 1900.
K Oberamt. Schöller, Amtmann.
H errenberg.
Bekanntmachung.
Das bis zum heutigen erlassene Verbot des Umher» treibenS von Rindvieh und Schweinen im Hausierhandel innerhalb deS Oberomtsbezirks Herrenberg ist heute bis zum 15. März 1900 verlängert worden.
Den 10. Febr. 1900.
K. Oberamt. Wieg andt.
Das Vorschlagsrecht der großen Städte bei Ernennung der Volksschullehrer.
Tingesendet aus Lehrerkreisen vom Lande.
Die Verhandlungen des Stuttgarter und Ulmer Gemeinderats über die Beanstandung ihres seitherigen Vor- schlogsrechts bei der Ernennung ihrer Volks» und Mittelschullehrer haben weit herum im Lande unter den Lehrern daS größte Interesse erregt. Werden doch die Mißstände, welche die seit Jahren beliebte Ausübung diese? Rechtes geschaffen haben, von den Lehrern im ganzen Lande schmerzlich empfunden. Umso größer ist die Genugthuung, daß die evang. Oberschulbehörde Anlaß genommen hat, hier reformierend einzugreifen. Bei dem seitherigen Gehaltssystem mußte die weitaus größte Zahl der Lehrer, deren Exomensnote und sonstige Qualitäten sie zur Bewerbung um Stadlstellen berechtigte, bet der ständigen Anstrllung auf dem Lande oder in den kleinen Landstädten beginnen. Erst später konnten sie in die Städte befördert werden, deren höhere Gehaltssätze sowie die vielseitigen Bildungsgelegenheiten und sonstigen Annehmlichkeiten von jeher ein heiß «rstr-btts Ziel der tüchtigsten Elemente unseres Standes waren. Dieser „Zug" nach der Stadt wird an innerer Kraft und Ausdehnung auch nach der Einführung des Dienstaltersklaffensystems nichts einbüßen, da die Zahl der Gemeinden, die zum Teil hoch über den gesetzlichen Mindestgehalt hinausgehen, in erfreulicher Weise sich vermehrt hat. Dadurch sind neue lockende Ziele für den strebsamen Mann geschaffen worden. Ist diese erfreuliche Erscheinung schon vom Standpunkt der Einzelinteressen auS zu begrüßen, so noch weit mehr im Interesse eines großen Standes von nahezu 5000 Köpfen, dem fast jede hierarchische Gliederung fehlt und der nur geistig regsam und gesund bleiben kann, wenn würdige Ziele das Streben wach erhalten. Auch vom Stundpunkt der Schulaufsicht ist es zu begrüßen, da hiedurch die Mängel eines nivellirenden Gehaltssystems wieder ausgeglichen werden und die Behörde Mittel und Wege erhält, hervorragende Leistungen durch Beförderung in höhere Gestaltsstusen anzuerkennen. Es sind also wich-
ttagold, Montag -en 18. Februar
tige persönliche, dienstliche und Staatsintereffen, die fordern, daß dem tüchtigen Lehrer'erstrebenswerte Ziele sich zeigen und die Bahn frei erhalten werde.
Wie nun der Erlaß an den Stuttgarter Gemeinderat treffend ausführt, sind die Städte Stuttgart und Ulm iu der letzten Zeit dem allgemeinen Wettbewerb nahezu verschlossen gewesen. Schon früher, vor Einführung des DienstalterSklaffensystrms, war eS schwierig für Männer im mittleren Alter, eine Stelle in diesen Städten zu bekommen. Meist wurden eben die unständigen Lehrer der betr. Gemeinde, die sich lange Jahre des Wartens nicht verdrießen ließen, dann auch unständige Lehrer aus dem ganzen Land ernannt. Seitdem aber diese Städte das Dienst altersklaffensystem eingeführt haben, mußten sie — so wurden älteren Bewerbern entgegengehalten — darauf sehen, möglichst junge Lehrer zu erhalten, weil die Einführung des neuen Systems sonst allzu großen Schwierigkeiten begegnet wäre. Männer im Alter von 30—40 Jahren wurden nunmehr als zu alt zurückgewiesen, und wenn je einmal ein älterer ständiger Lehrer ernannt wurde, so wurde das draußen herum im Land nicht einmal den eigenen Verdiensten des Glücklichen, sondern irgend einem Einfluß zu- geschrieben. Daß diese Verhältnisse bei dem neuen Gehaltssystem nicht mehr bestehen bleiben können, liegt doch auf der Hand. Etwa 25 Stadt- und Landgemeinden haben freiwillig daS Dienstaltersklassensystem im Rahmen von 14—2600 ^ eingeführt, eine überaus große Zahl hat Ortszulagen, zum Teil in beträchtlicher Höhe, bewilligt; die meisten von ihnen haben gethan, was in ihren Kräften steht, nicht zum mindesten auch in dem Streben, sich tüchtige Lehrer zu sichern. Daß die Stadt Stuttgart den Anspruch darauf erhebt, die tüchtigsten Lehrer zu haben, ist überaus erfreulich und ehrend für sie, zumal sie eine so große Opfer- willigkeit für Schule und Lehrer an den Tag legt. Aber es ist schmerzlich für die älteren Lehrer im Land, daß sowohl Stuttgart als Ulm die tüchtigsten Lehrer in den jüngsten zu finden glauben, die auf der niedersten Sprosse der Gehaltsleiter stehen. Es ist gegen das Standesinteresse der Lehrer, daß sich gerade die bevorzugtesten Städte mit 2—300 Lehrstellen dem allgemeinen Wettbewerb verschließen. ES ist Pflicht der Oberschulbehörde, allen Tüchtigen die Bahn freizuholten. Man mag über die Verleihung des Vorschlags- oder gar Ernennungsrechtes an die Gemeinden denken, wie man will: so viel steht jedenfalls fest, daß es kein absolutes, kein unbeschränktes sein kann, sollen nicht wichtige Interessen Anderer wesentlich geschädigt werden. Kein Mensch wird diesen Städten zumuten, daß sie Lehrer anstellen sollen, die anderwärts ihre Kraft und Gesundheit verbraucht haben, die körperlich und geistig abgewirtschaftet sind; aber zwischen diesem Extrem und demjenigen, in dem sie sich seit Jahren bewegen, liegt der bekannte goldene Mittelweg. Mit 30—45 Jahren ist ein Lehrer noch nicht abgenützt, da kann er auch noch in einer größeren Stadt etwas Ersprießliches leisten. Mit welchem R cht auch können diese beiden steuerkrästigsten Gemeinden des Landes bean- spruchen, daß sie ohne Rücksicht auf andere Interessen die tüchtigsten und zugleich billigsten, weil jüngsten Lehrkräfte auswählen dürfen? Können dann die anderen Gemeinden.
1900.
die über den Mindestgehalt hinausgehen, nicht auch dasselbe
verlangen? Was fängt man dann aber mit den älteren Lehrern an, die, nachdem sie jahrelang oft in den schwierigsten Stellen Hervorragendes geleistet haben, eine Beförderung in einen höheren Gehall und angenehmere Dienst- und Lebensoerhältnisse recht wohl verdient haben! Die eo. Oberschulbehörde ist auf dem rechten Weg, wenn sie das einseitig ausgeübte Vorschlagsrecht dieser beiden Städte enger umgrenzt und die seitherigen Mißstände beseitigt. Eie wird sich dadurch den Dank aller Lehrer im Lande verdienen. Eine Gemeinde aber, der es wirklich in erster Linie um die tüchtigsten Lehrer des ganzen Landes zu thun ist, kann unmöglich in ihrer Freude und Opfrrwilligkeit für die Schule Einbuße erleiden, wenn ihr in solch schonender Weise, wie der Kons.-Grlaß es thut, nahegelegt wird, sie möchte künftig nicht nur die Tüchtigsten der jüngsten Jahrgänge auswählen, sondern auch ständige Lehrer vom gan zen Lande berücksichtigen. _ (Schw. M.)
Deutscher Reichstag.
-j- Die Generaldebatte des Reichstages über die neue Flottenvorlage wurde am Donnerstag vom Staatssekretär des Reichsmarine- amtes Admiral Tirpitz eingeleitet. Klar, ruhig und sachlich entwickelte er an der Hand eines reichen Lhatsachenmaterials di« Gründe, welche eine erhebliche Vermehrung der deutschen Flotte gebieterisch verlangen, von packender Wärme und anregender Temperatur war indessen in seinen Ausführungen wenig zu svüren, ein hinreißender Redner ist Herr Tirpitz offenbar nicht. Dann ergriff als erster Redner aus dem Hause der bayrische Z.-Abg. Dr. Schädler das Wort, um in seiner Erörterung der Flottenfrage ziemlich oppositionell klingende Töne anzuschlagen, namentlich versteifte er sich darauf, daß noch vor zwei Jahren die damalige Flottenvorlage von den verbündeten Reg. als völlig ausreichend für die maritimen Zwecke des deutschen Reiches bezeichnet worden sei, die heutige Flottenvorlage bringe daher einen plötzlichen scharfen Wandel in den Ansichten der verbündeten Reg. über die Stärkung der deutschen Wehrkraft zur See zum Ausdruck, so daß das Zentrum der Flottengesetznovelle mit größtem Mißtrauen gegenüberstrhe. Direkt gab dann der Z.- Redner die Erklärung ab, daß seine Parier für den gegenwärtigen Flottengefetzentwurf weder seiner Form noch seinem Umfang nach zu haben sei. Die weiteren Betrachtungen Dr. Schädlers galten der Deckungsfrage, wobei er die Belastung der leistungsfähigeren Schultern mit den Kosten des neuen Flottengesetzes forderte. Wesentlich freundlicher zu demselben stellte sich der Generalredner der Kons. Abg. v. Levetzow, indem er die Notwendigkeit der geplanten Flottenverstärkung zugab. Doch war von einer besonderen Marinebegeisterung in feiner Rede nichts zu verspüren, er bestritt, daß sich die Flolten- freunde in einer „Hurrahstimmung* befänden, und befürwortete schließlich die gründlichste Komm.-Beratnng. Rundweg ablehnend gegen die Marinevolage erklärte sich namens seiner politischen Freunde der Eoz.-Dem. Frohne, er leugnete strikt die Berechtigung aller für die projektierte Verstärkung Deutschlands zur See sprechenden Gründe und faßte seine flottenfeindlichen Ausführungen schli-ßlich in der Behauptung zusammen, daß die Flottenvorlage nur eine neue gewaltige Belastung der arbeitenden Bevölkerungsklaffen zur Folge haben würde. Nat.-lib.-seits erklärte Abg. Baffermann, daß seine Partei dem vorliegenden Flottengesetzentwurf im Großen und Ganzen zuftimme; namentlich betonte er die politische Seite der vorgeschlagenen Flottenverstäckung, doch verkannte er keineswegs die Schwierigkeiten der Deckungsfrage und drückte schließlich die Hoffnung auS, daß in der Flottenangelegenheit noch eine Verständigung zwischen Reg. und Reichstag erfolgen werde. Der letzte Redner vom Tage war der bayrische Bauernbündler Hilpert, er sprach sich in einer Weise, die wiederholt die lebhafte Heiterkeit des HaufrS erregte, gegen die Flottenvorlage aus, ließ jedoch durchblicken, daß die Bauernbündler vielleicht trotzdem noch für dieselbe stimmen würden, wenn man die Kosten den finanziell gutsituierten Bevölkerungskreisen auferlege.
Nagold in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.
(Fortsetzung.)
Anfangs war die Bürgerschaft auf starke Einquartierung gefaßt, und es wurden alle diesbezüglichen Anordnungen getroffen. Denn daß der Siegeslauf der deutschen Waffen ein Io rascher sein werde, das konnte niemand ahnen.
Ungeheurer Jubel herrschte in der Stadt, als der Telegraph die Kunde von der Sedaner Katastrophe brachte. Die Häuser wurden beflaggt, Böllersalven donnerten von den Höhen, ein zahlreich besuchter Abendgottesdienst wurde abgehalten, ein Fackelzug mit Musik und Gesang bewegte sich durch die Hauptstraßen, und der frühe Morgen fand viele noch beim Bankett in der Sautterei.
Aber auch in der bewegten Zeit des Krieges war das Friedenswerk des Kirchenbaues nicht stillgestanden. Am Kirchweihmontag den 17. Oktober fand die Grundsteinlegung statt. Das Mauerwerk war schon einige Fuß aus dem Boden herausgewachsen und ließ den Grundriß des von Baurat Landauer entworfenen Gotteshauses erkennen. Ein feierlicher Zug bewegte sich vom Rathaus auf den Kirchenplatz, wo ein gegen Nordost an der Verbindung des Chors mit dem Schiff gelegener Pfeiler zur Vornahme der Grundsteinlegung ausersehen war. Eine kupferne Kapsel mit Bibel, Gesangbuch, Katechismus, Kirchen- und Stadtbauplan, Bürgerverzeichnissen von hier und Jselshausen, Münzen und Feldfrüchten wurde in den Grundstein eingelassen. Bei dem Festessen auf der Post wurde von Stadtschultheiß Engel dem Dekan Freihofer die Ehrenbürgerrechtsurkunde von Nagold überreicht.
Der kolossale Umschwung, den die kriegerischen Erfolge des deutschen Heeres in den politischen Ansichten der meisten Württemberger bewirkt hatten, veranlaßte die Regierung, die Kammer aufzulösen und Neuwahlen anzuberaumen. Am 5. Dezember wurde wiederum Geigle mit großer Mehrheit gewählt, diesmal gegen den Gutsbesitzer und früheren Rittmeister Stein von Gaugenwald, der nur 313 Stimmen erhielt. Geigle schloß sich jetzt der nationalen Partei an, welche 34 Mitglieder zahlte, gegen 16 Regierungsparteiler und 18 Ultramontaner, Volksparteller und Großdeutsche.
Um die Gemüter zur Aufnahme des Reichsgedankens unter Preußens Führung empfänglich zu machen, hielt Dekan Freihofer von Anfang November ab im neuen Schulhause zweimal wöchentlich Vorlesungen über deutsche Geschichte.
1871.
Die kriegerischen Ereignisse in Frankreich schritten fort. Die am 18. Januar erfolgte Kaiserproklamation ging spurlos an Nagold vorüber; einerseits konnte das weltgeschichtliche dieses Moments noch nicht genügend gewürdigt werden, andererseits war es für das damals fast ausnahmslos herrschende nationale Empfinden ein durchaus selbstverständliches und notwendiges Ereignis. Die Nachricht von der Kapitulation von Paris dagegen fachte die Flammen der nationalen Begeisterung wieder hoch an: Die Gemeinde versammelte sich zu einem Dankgottesdienste, reichliche Beflaggung und Illumination gaben der Stadt ein festliches Gepräge, und abends herrschte in der von der „Bürgergesellschaft" unter Mitwirkung des Liederkranzes veranstalteten Versammlung die froheste patriotische Stimmung.
Abgesehen von den vielen Gaben, die vom hiesigen Sani- tätsverein den vor Paris liegenden deutschen Kriegern gespendet wurden, ließen es sich verschiedene Nagolder nicht nehmen, ihrer Landsleute im besonderen zu gedenken. Eine Vereinigung von 56 Bürgern schickte wiederholt für jeden im Feld stehenden Nagolder eine Liebesgabe von einem Dutzend geräucherten Bratwürsten und vier Dutzend Cigarren ab.
Nach dem Fall von Paris ließ die frohe Friedensbotschaft nicht mehr lange auf sich warten. Mitte Februar schon hatte ein Privattelegramm fälschlicherweise den Friedensabschluß gemeldet. Allenthalben sah man flatternde Zeichen der Freude, und die Feuerwehr veranstaltete einen Fackelzug. Als man erfuhr, daß man getäuscht worden, herrschte großer Unmut und Aerger. Erst ani 26. Februar wurden die Friedenspräliminarien in Versailles unterzeichnet und am 6. März, als an Königs Geburtstag, feierte man in unserer Stadl das Fricdensfest. In Anbetracht dieser weltgeschichtlichen Festfeier und dem hohen Ernste derselben versieht man sich zu der Erwartung, daß jede öffentliche die Würde des Tages störende Arbeit von der Einwohnerschaft unterlassen werde, schreibt das Stadtschultheißenamt. Am Vorabend des Festes erglänzten die umliegenden Höhen von Freudenseuern, und der Festtag selbst, ein Montag, wurde eingeleitet durch Choralmusik und Böllcrsalven. Vormittags war Gottesdienst, abends Illumination und ein Fackelzug, der sein Ende fand vor dem Rathaus, von dessen Balkon herab Rechtsanwalt Bohnenbcrger c^" schwungvolle Rede an die versammelte Menge hielt.
(Forts, folgt.)