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Der GchlMtrr.

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Schwäb. Landwirt.

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Nagold, Samstag de» 10. Februar

Amtliches.

Bekanntmachung.

In Egenhausen ist die Mau!» und Klauenseuche aus- gebrochen.

Nagold, den 9. Februar 1900.

K Oberamt. Schöller, Amtm.

Deutscher Reichstag.

Der Reichstag nahm am Dienstag seine Plenarverhandlungrn nach »tägiger Pause mit der Fortsetzung der Spezialberatung der Novelle zum Strafgesetzbuch, derlex Heinze" wieder auf. Es langte in dieser Sitzung zunächst der sogenannte «rbeitgeberparagraph zur Erörterung, nämlird § 182 a, welcher nach der Komm -Fassung Arbeitgeber oder Dienstherren bei Mißbrauch ihrer dienstherrlichen Gewalt u. s. w. gegenüber ihren Arbeiterinnen oder weiblichen Dienstboten zu unzüchtigen Handlungen mit Gefängnis bis zu einem Jahre, beim Vorhandensein mildernder Umstände,mit Geldbuße bis zu 600 ^ bestraft wissen will, wenn ein Antrag aus gerichtlich« Verfolgung vorliegt. Die Soz.-Dem. beantragten eine wesentliche Verschärfung dieser Vorschläge, während ein von freis. Seit« durch Abg. Beckh-Coburg gestellter Avänderungsantraz mehr auf Abände­rungen redaktioneller Natur zielte. In der sich hierüber «ntspinnenden ziemlich lebhaften Debatte traten die Abg. v. Treuenfels (kons.), Roeren (Z.), Stöcker (christl.-soz.), und Dr. Esche (nat.-lib,), letzterer jedoch nur namens eines Teiles seiner Fraktion, energisch für Z 182 a ein, während Abg. Beck (fr. Bolksp.) zu Gunsten der von seiner Fraktion beantragten Abänderungen sprach, indessen die Soz.-Dem. Heine und Bebel die von ihrer Frakt on befürworteten Verschärfungen der Komm.-Beschlüsse befürworteten. Reg.-seitig griff der Staats­sekretär Dr. Nieberding mit der entschiedenen Erklärung in die Diskussion ein, daß für die verbündeten Reg. tz 182 a, da er weit über die Zwecke der vorliegenden Novelle hinassgehe, unannehmbar sei, wobei Herr Nieberding durchblickcn ließ, daß an diesem Punkte leicht die ganze Vorlage scheitern könnte. Offenbar unter dem Eindruck dieser Haltung des genannten Reg.-Vertreters erklärten der Reichsp. Stockmann und der Kons. v. Levetzow, daß ein Teil ihrer politischen Freunde gegen H 182 a stimmen würden, schließlich wurde aber letzterer doch vom Reichstage mit kleiner Mehrheit angenommen, so daß einstweilen das Zustandekommen derlex Heinze* angesichts der Erklärung des Staatssekretärs Nieberdim, in Frage gestellt erscheint. Im weiteren Verlaufe der Dienstagssitzung wu-.de noch tz 184. der nach den Komm.-Beschlüssen das Feilhalten unzüchtiger Bücher, Abbildungen u. s. w. mit Strafe belegt, erledigt. Auch er fand zuletzt unter Ablehnung der hierzu gestellten Abänd rungsanträge in der Komm.-Faffung Annahme. Am Mittwoch wurde diese Verhandlung fortgesetzt.

Heges-MtMgtzeilen.

Deutsches Ne'L.

Nagold, 9. Febr. Der seit 5. Januar d. I. ver- rnißte 50 Jahre alte Bauer Gottlob Aichele von Decken- Pfronn OA. C.lw wurde gestern Abend 5 Uhr oberhalb des Zikgelbachs Markung Wildberg tot auZ der Nagold gezogen. D:r Veurnzlückts hntteriäßt eins Witwe mit 3 Kindern ,m Alter von l6, 13 und 2 Jahren.

Calw, 8. Febr. (Korr.) In Bad Teinach feierte Schullehrer Houg das 25jährige Jubiläum seiner Thärig- keit in der Gemeinde. Aus diesem Anlaß wurde dem treuen und gewissenhaften Lehrer ein Ruhesefset überreicht und ihm das Ehrcnbürgerrecht verliehen. Außerdem gingen dem Jubilar aus dem Kreise seiner früheren Schüler herz­liche Bewerfe der Wertschätzung und Anhänglichkeit zu.

Rottenburg a. N., 8. Febr. Wie dos D. Volksbl. berichtet, wird Bischof Keppllr am 26 d. nach Rom reisen.

Der Bischof wird u. a. auch Bologna, Necprl und Genua besuchen und in der letzten Woche des März zurückkehren.

Stuttgart, 7. Febr. Auf Grund eines zwischen der Versicherungsanstalt Württemberg und dem Verein jür Volks- Heilstätten in Württemberg zustandegekommenen Ueberein- kommens ist diesem Verein seitens der Versicherungsanstalt zur Gründung der Volkshetlstätte für Lungenkranke bei Reichenberg, OA. Backnang, ein Beitrag von 50000 ^ gewährt und ausbezohlt worden.

Welzheim, 7. Febr. Die Volkspartei hat nun ihren Kandidaten gefunden. Wie derBeob." berichtet, hat Oe- konom Karl Hinderer von Gaußmannsweiler sichhrrbei- gelafsen", die Kandidatur, nachdem er sich ursprünglich ab­lehnend verholten, schließlich doch noch anzunehmen.

Vom Bodensee und Rhein, 8. Febr. (Korr.) Ein höchst bedeutendes und industrieelles Unternehmen bilden die geplanten Krastübertragungswerke am Rhein unterhalb Waldshut. Diese werden einen Kilometer unterhalb der Brücke auf den Gemarkungen der Schweizerstadt Groß­laufenburg und des badischen Dorfes Rhina am Ausgang der engen Thalschlucht deS Rheines erstellt. Ein gewaltiges Wehr aus Stein und Eisen soll hier die oberhalb durch Gneisfelsen ein gedämmten Wasser stauen. Die prächtigen Stromschnellen. die durch ihr gewaltiges Tosen und Schäumen einen imposanten wildromantischen Anblick gewähren, werden dann nicht mehr zur Geltung kommen. Die zahlreichen Klippen und Risse in der Fclsenmenge des Flußbettes, das dort eine Tiefe von über 10 m aufweist, sollen durch Sprengungen entfernt werden. Die beiden Städte Klein- und Großlaufenburg haben amLaufen" und in der Felsen­menge ein eigenes Fischereirecht. Der Fischpacht bringt den beiden Siädten über 20000 ^ ein. Durch Erstellung des Wasserwerks wird die Fischerei, welche namentlich viel« Rheinsalmen ergab, erheblich beeinträchtigt.

Aachen, 6. Febr. Auf allen Gruben der Bereinigungs­gesellschaft war die Zahl der Ausständigen heute morgen wesentlich geringer. Auf der Grube Anna des Eschweiler Bergwerkvereins fehlen etwa nur noch hundert Arbeiter. Auch auf der Grube Nordstern der Firma Honigmann hat die Zahl der Ausständigen bedeutend abgenommen.

Berlin, 7. Febr. Eine Mitteilung der Germania erregt großes Aufsehen, daß Mitglieder der konservativen Partei, unter welchem insbesondere solche des Bundes der Land­wirte eine große Rolle spielen, in den letzten Tagen an Mitglieder des Zentrums herangetreten seien mit der Auf­forderung, die Flottenvorlage unter allen Umständen abzu­lehnen. Die Nat.-Ztg. bemerk! hiezu, es sei nicht anzu­nehmen. daß die Germania derartig« Angaben mache, ohne daß sie im stände sei, auf Verlangen die Namen der be­treffenden Abgeordneten zu nennen. Die konservative Kreuz« zeilung und die agrarische Deutsche Tageszeitung nehmen von der Mitteilung der Germania keine Notiz.

Berlin, 8. Febr. Im Befinden des Abg. Lieber ist nach einer schlecht verdrachlen Nacht morgens eine kleine Besserung eingetreten. Er ist von den Aerzten aufqegeben.

Kiel, 7. Febr. Auf Befehl des Kaisers wird zum Empfang des Prinzen Heinrich in Kiel eine Ehrenwache des ersten Seebataillons mit der Musik auf dem Bahnhof

isoo.

Aufstellung nehmen. Flagg- und Stabsoffiziere, sowie die Spitzen der Civilbehörden erscheinen in Gala-Uniform. Ansprachen sind nicht zu halten.

Ein vernünftiger Wort zur Vermehrung der deutschen Flotte spricht das russische BlattRosstja". Es weist auf den erstaunlichen Gegensatz zwischen Frankreich und Deutsch­land hin. Die schwankenden und unsicheren Regierungen Frankreichs erhielten alle ausnahmslos immer die von der Volksvertretung gewünschten Kredite zur Vergrößerung des Heeres und der Flotte, während die unvergleichlich besser und vorzüglich organisierte deutsche Reichsgewalt, ihre Heeres­und Marinepläne im Parlament beständig mit den größten Schwierigkeiten durchzusühren habe, so daß sie selbst in so wichtigen Fragen damit rechnen muß, daß das Parlament ihr eine Niederlage bereite. Das ist leider der Nagel auf den Kops getroffen. (W. B.)

Ä.SS1L«).

Dux, 6. Febr. Von 107 größeren Schächten deS Kohlenbeckens Ausstg-Kommotau sind heute 30 im Betrieb. Gestern und vorgestern wurden 465 Waggons gefördert.

Paris, 7. Febr. Die Blätter melden, daß in der gestrigen Nacht rin Polizeiogent in dem Rahmen des Par­terrefensters der von dem bekannten bonapartistischen Poli­tiker Paul Csssagnac auf dem Boulevard Male-Herbes be­wohnten Hauses eine Maschine mit brennenden Stoffen be­merkte. Der Polizist beeilte sich den Stoff zu löschen, wobei er sich eine Hand verbrannte. Die Maschine enthielt verschie­dene Explosivstoffe, Reoolverpatronen u. s. w. DemMatin" zufolge ergab die Untersuchung, daß die Maschine einen gefährlichen Charakter hatte. Der Polizist bemerkte bei der Beschlagnahme 2 Personen, die sich eilig entfernten, doch blieben die Nachforschungen vergeblich.

Paris, 7. Febr. Achtzigjährig starb hier der russische Revolutionär Peter Lavroff, der seinerzeit wegen Mitschuld am Attentate auf Kaiser Alexander II. deportiert wurde.

Parts, 8. Febr. Baron Alfons Rothschild ist gestorben.

Maila nd. 7. Febr. Giuseppe Verdi, der bekanntlich in Mailand ein prächtiges Asyl für greise Musiker, Komponisten und sonstige Tonkünstler gegründet hat, wendet diesem Zweck neuerlich durch einen Gtiftbrirf sämtliche ihm bei Lebzeiten und nach seinem Tode zukommenden Tantiemen zu. In diesem Sliftbriefe, den er im Einvernehmen mit dem Minister Baccelli errichtete, hat Verdi den Wunsch ausgesprochen, in der Kapelle beerdigt zu werden, welche sich in dem Musikerasyl befindet.

London, 7. Febr. Die deutschen Künstler, die sich in früheren Jahren an der Intern. Ausstellung im Lon­doner Erystal Palast beteiligt hatten, wurden in diesem Jahr durch folgendes Schreiben des deutschen LusstsllangS- Vertreters überrascht:Geerte Herrn. Im Besitze Ihre Zeilen von 7 th v. m. bedaure Ihnen Mitteilen zu muffen das die Direction der Crystal Palaste Ausstellung in Tysen- ham London beshloffen hat, für dies Aahr keine deutchen Bilder auszustellen. Hochachtalvll H. Lewis".

Genua, 7. Febr. Prinz Heinrich von Preußen traf heute früh mit dem Postdampser Preußen ein und wurde

Nagold in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.

(Fortsetzung.)

Richtig war jedenfalls, daß das neue Kriegsdienstgesetz, als von Norden kommend, sich großer Unbeliebtheit erfreute. Der bekannte volksparteiliche Abgeordnete Hopf bereiste den Bezirk und nährte die Aufregung. Das Landeskomitä der deutschen Partei sah sich deshalb genötigt, in den Amtsblättern eine beruhigende und belehrende Entgegnung auf diese Agi­tation zu bringen.

In den Mai fällt der Nagolder Bäckerstrike. Die Bäcker hatten eines schönen Mittwochs das Ansinnen an den Ge­meinderat gestellt, die Brottaxe zu erhöhen. Der Gcmeinde- rat fand aber, daß die derzeitigen Fruchtpresse eine solche Maßregel durchaus nicht rechtfertigen. Auf dieses hin ver­pflichteten sich sämtliche Bäcker bei einer Convcntionalstrase von 3 fl. nicht mehr zu backen. Allein in dem eben erst fertig gewordenen Gemeindebackhaus <der dazu gehörig!' !

türm wurde im Juni eingeweiht) ließ die Stuor Lag nno Nacht Brot backen, so daß der Not bald gesteuert war. Freitag schon war der Strike beendigt; wahrscheinlich hatte das Schauspiel am Gemeindebackhaus, wo man sich durch den massenhaften Andrang der Brotkäufer in die früheren Hungerjahre versetzt glaubte, dieK ^ottenrs" i!) wieder zu versöhnlichen Bürgern umgewandett. Ein zeitgenössischer Bericht über dieses Bäckenereignis lautet: Es begab sich aber zu Nagold der großen Stadt an dem Flusse, der von Süden nach Norden fließet, daß die Frucht, so zu Markt geführt wurde, sehr teuer ward. Das bewcgete d'e Her:-?!: d-»' Backen

und sucheten unter der Woche aufzuschlagen mit dem Presse ihrer Teigfabrikate, mit dem Gewichte der Wecken aber abzu­schlagen. Da aber der Gemeinderat derselben Stadt ihrem Begehr nicht nochkommen wollte, entstund groß Geschrei unter den Bücken und hinterlcgeten ein jeder 3 fl., daß er nicht mehr wollte backen und es entstund viel Bäckengeschwätz und macheten Strike. Da aber der Gemeinderat sähe, daß die Bücken Strike macheten, ließ er sein ihm lieb und auch teuer gewordenes Backhaus aufthun und Brot backen und verkaufen, bis die Bücken Strike gemachet hatten, ein jeder nach seiner Art. Da aber der Bücken Weiber höreten, daß ihre Männer Strike macheten, und daß die Stadt auch einen Backofen besitze und Brot backen ließe die Fülle, erhüben sie Geschrei und viel Lärm über solche Strike und heuleten sehr. Die Bücken aber ärgerten sich dessen baß und sahen ein, daß sie einen dummen Streich gemachet hatten und gingen jeder wieder heim zu seiner Hantierung.

! In der Frühe des 19. Juni versammelte sich eine Schar von Arbeitern nebst Stiftungs- und Pfarrgemeinderat auf der für die neue Kirche bestimmten Baustelle, um mit den Planierungsarbeiten zu beginnen. Nach Gebet und Gesang nahm die Grabarbeit ihren Anfang.

Im gleichen Monat trafen sich die Mitglieder der deutschen Partei von nah und fern auf dem Hohenzollern. Von Stutt­gart ging ein Extrazug mit 17 Wagen ab und auch die hiesigen Mitglieder hatten sich zahlreich aus dem Berge ein­gefunden. Unter deni Jubel der mit schwarz-weiß-roten Bändern geschmückten Menge brachte Hölder (ss als Minister) ein Hoch ans das Haupt des norddeutschen Bundes aus.

Die deutsche Einheit war näher als die begeisterten Besucher des Hohenzollern ahnten.

Kaum einen Monat später am 19. Juli erfolgte die Kriegserklärung.. Schon am 16. hatten nach einem beim K. Oberamt eingctroffenen Telegramm sämtliche im Ernte­urlaub befindliche Soldaten den Befehl erhalten, sich schleunigst bei ihren Regimentern einzufinden. Am Abend des 19. fand bei Bierbrauer Sautter eine Versammlung deutschgesinnter Männer statt. Faktor Steinwandel eröffnete dieselbe mit der Bitte die Parteischilder einzuziehen und statt dessen auf die Fahne zu schreiben:Deutschland über alles". Der Vor­sitzende Sannwald erteilte hierauf das Wort dem Rechtsanwalt Bohnenberger. Nach einer mit Begeisterung aufgenommenen Rede schlug dieser folgende Resolution vor: Die hier abge­haltene Versammlung deutschgestnnter Männer erklärt, daß die zu der K. württembergischen Staatsregierung die zuver­sichtliche Erwartung hege, sie werde in Erfüllung ihrer natio­nalen Pflichten mit allen ihr zu Gebot stehenden Kräften zu Deutschland stehen.

Am 20. wurde in Nagold eine Zwangsremontierung vorge- nommen und am 21. wurden von Dekan Freihofer die Frauen und Jungfrauen aufgerufen, das im Jahr 1866 so erfolgreich betriebene Werk der Unterstützung verwundeter und bedürftiger Krieger unseres deutschen Vaterlandes in patriotischem Sinne aufzunehmen. Am 26. Juli begann der Nagolder Sanitäts- verein seine Thätigkeit und zu Anfang des September beschloß der Gemeinderat, jedem im Feld stehenden Soldaten der Ge­meinde 1 Flanellhemd, 1 Leibbinde und 6 fl. auf Rechnung der Stadtkasse verabfolgen zu lassen. (Forts, folgt).