Erscheint

Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag.

Auflage: 181 X 1 .

Preis vierteljährl. hier mit Trägerlohn 90 im Bezirk 1 außerhalb d. Bezirks 1 ^ 20 ^ Monatsabonnements nach Verhältnis.

9.

Der

Amis- und Anzeige-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

74 Jahrgarsg.

Aagold, Mittwoch den 17. Januar

Insertions-Gebühr f. d. einspaltige Zeile auS gewöhn!. Schrift oder deren Raum bei einmalig. Einrückung 9 bet mehrmalig, je 6

Gratisbeilagen: Das Plauderstübchen und

Schwäb. Landwirt.

I960.

*

Amtliches.

Die Ortsvorsteher

werden beauftragt, die von ihnen auf Grund der Anweis­ung zur Ausführung der Bestimmungen über die Sonntags­ruhe (Min.-Amlsbl 1895 S. 66 ff,) nach dem Formular Anlage 2 (B I. Ziff. 6 letzter Absatz) und Anlage 3 (8 V. Ziff. 6 Abs. 2) zu führenden Verzeichnisse biuueu 2 Tage« im Original als portopflichtige Dienstsache hierher vorzulegen.

Lind Ausnahmen nicht gestattet worden, so ist eine Fehlanzeige einzusenden.

Nagold, den 15. Januar 1900.

K . Oberamt. Schüller, Amtm.

Bekanntmachung.

In Rohrdorf ist dis Maul- uns Klauenseuche erloschen.

Die über den Gemeinsebezirk verhängten allgemeinen Maßregeln sind wieder aufgehoben worden.

Nagold, den 16. Januar 1900.

_ K. O be ramt. Sch öller, Amtmann.

Bekanntmachung.

Die wegen der Maul- und Klauenseuche über den Ge» meindebezirk SimmerSfeld verhängten allgemeine« Maßregeln find heute wieder aufgehoben worden.

Nagold, 16, Januar 1900.

K. Oberamt. Schüller, Amtm.

Kgl. Amtsgericht Nagold.

An die kgl. Gruudbuchämter.

Die zumeist noch ausstehenden Anzeigen von der Urber- uahme der Grundbuchämter sirn in thunüchstec Bälde zu erstatten.

Den 15. Januar 1900.

Oberawt-r ch.'er: Sigel.

Die sozialdemokratischen Prophezeihungen und das neue Jahrhundert.

-j- EL ist höchst merkwürdig, daß sich die sozialdemokra­tischen Propheten an der Jahrhundertwende so ganz und gar nicht mit ih^en kühnen Prophezeihungen hervorgewagt haben, denn wenn irgend rin« lange, dunkel vor uns liegende Leitspanne zu prophetischen Worten hsrausfordert, so ist rS ein neues Jahrhundert, in dem erfahrungsmäßig viele Um- Wälzungen aus naturgesrtzlichen Gründen eintrelen müssen. Nun freilich die Gründe jür dir Zurückhaltung der sozial­demokratischen Propheten sind zwingender und zugleich ur­komischer Natur. Es ist nämlich bis j-tzt keine einzige sozialdemokratische Prophezeiung in Erfüllung gegangen, ja nicht einmal ein Stäubchen auf der ganzen Welt hat sich bewegt, um die Prophezeiung als nahe vor der Er­füllung stehend anzuzeigen. DaS ist ein zu gewaltiger Reinsall, nachdem der große Beb«! den Zusammenbruch deS heutigen Staates bereits für 1898 prophezeit und der be­rühmte sozialistische Theoretiker Engels dieSozialdemo, kcatisirrung" der menschlichen Gesellschaft von unten herauf M zum Jahre 1900 als soweit fortgeschritten bezeichnet

Nagold und seine Zeitung.

(Schluß.)

Nach einer längeren Auseinandersetzung, in welcher sich der Redakteur entschuldigt, er könne doch nichts dafür, daß die Weltpolitik zur Zeit nicht in Nagold sondern in Berlin gemacht werde, schließt er mit den Worten:Nie werde ich, solange mir die Redaktion anvertraut ist, der Ansicht jener Wirtshauspolitiker Raum geben, die in schmachvoller Weise eine Invasion Frankreichs in Deutschland herbeisehnen, nur damit ihr Herzenswunsch der Demütigung Preußens verwirklicht werde".

Ein Preßprozeß, in welchen der Gesellschafter verwickelt war, endete zunächst mit der Freisprechung des Redakteurs vor dem Oberamtsgericht Herrenberg im Dezember 1867.

Die kriegerischen Ereignisse von 1870 und 1871 wurden dem Leserkreise in raschester Weise durch Extrablätter mitgeteilt.

Im Jahre 1872 erhöht sich durch Einführung eines neuen Postgesetzes der '/-jährliche Bezugspreis des jetzt in 1100 Exemplaren erscheinenden Blattes auf 1 fl. 8 Kr. im Bezirk und 1 fl. 21 Kr. im übrigen Württemberg.

Von Ende 1874 an zeichnet Steinwandel als verant­wortlicher Redakteur, während es bis dahin nur geheißen hatte Redaktion der G. W. Zaiser'schen Buchdruckerei.

Nach Einführung der Markwährung am 1. Juli 1875 stellt sich der '/.jährliche Preis für hier ohne Trägerlohn auf 1 ^ 60 -H, für den Bezirk auf 2 und für auswärts auf 2 ^ 40 iZ.

Das Jahr 1877 brachte wiederum ein vergrößertes Format. Im gleichen Jahre eröffnet- die zweite. Buchdruckerei des

hatte, daß die maßgebenden Faktoren, unter anderem auch daS deutsche Heer, nur noch von sozialistischem Geiste beseelt seien. Wenn die Anhänger der Sozialdemokratie für die richtige Beurteilung der Entwickelung der Dinge nicht blind gemacht worden wären, so würden sie auS den total verfehlten Prophezeihungrn ihrer Führer auch erkennen, daß die sozialistischen Hoffnungen auf Sand gebaut sind. Wenn man sich so verechnet, wie es die Propheten der Sozial­demokratie gethan haben, dann sind doch die Prophezeiungen keine scharfsinnigen Schlüffe auS der Lage »der Gegenwart für die zukünftige Entwickelung, sondern diese Sorte Weis­sagungen sind leere Phrasen, thärichte Träume, oder dumm­dreiste Ausschneidereien.

In sozialdemokratischen Versammlungen mag es ja sehr schön klingen, wenn ein Parteikämpe auSschrril: Genossen! Ich sage Euch, in fünf Jahren ist her große Kladderadatsch da und die heutige Gesellschaft bankerott. Wenn aber dann daS ganze Land und Volk ruhig darüber zur Tages­ordnung übergeht und absolut auch nicht das geringste passiert, was der Vernmklichung der Prophezeiung ähnlich sieht, dann gehen die Sozialdemokraten mit einer Dreistigkeit über diese Hanswursterei hinweg, daß dies noch öfter ihnen unter die Augen gerieben werden müßte. Wenn die Sozialisten richtig prophezeihen lernen wollten, so müßten sie vor allen Dingen doch auch lernen, gerecht nach allen Seiten zu ur­teilen. So hat sich zum Beispiel die Arbeitsleistung des deutschen Volkes seit 30 Jahren verdoppelt, aber nicht etwa nur durch die Hände fleißiger Arbeiter, sondern vor ollen Dingen auch durch die großen Fortschritte der Technik, durch Maschinen, verbessertes Handwerkszeug, ge­steigerte Verkehrsmittel u. s. w. Das ist aber ein Erfolg, den Intelligenz, Wissenschaft und Kapital in erster Linie hervorbrachten und eine menschliche Gesellschaft mit solchen Leistungen soll dem Untergange nahe sein? Wer lacht da? Niemals in irgend einer Zeit vorher ist größeres in der Gütererzeugung geleistet worden als jetzt. Wenn also eine Prophezriduvg gemacht werden soll, so kann sie mit Recht heißen: Die soziale Frage wird niemals sozial­demokratisch. wshl aber kulturtechnisch im neuen Jahrhun­dert gelöst werden.

Deutscher Reichstag.

ch Ter Reichstag unterbrach am Freitag die weitere Spezialbe­ratung des Etats zu Gunsten der Erörterung verschiedener Resolu­tionen, die zu dem am 1. Jan. in Kraft getretenen neuen Jnvali- ditätsverficherungsgesetz eingebracht worden sind. Es Handelte sich einerseits um eine vom Abg. v. Stumm beantragte Resolution, andererseits um eine Resolution des Z.-Abg. Dr. Hitze. Beide Beschlußanträge enthalten das Ersuchen an die Regierung, die Witwen- und Waisenverficherung im Anschlüsse «n die Invaliden­versicherung einzuführen, während jedoch der Stumm'fche Antrag sämtliche unter die Invalidenversicherung fallende Personen der Witwen- und Waisenversicherungspflrcht unterstellen will, schlägt der Hitze'sche Antrag die Beschränkung dieser geplanten sozialpolitischen Neuerung auf die Fabrikarbeiter vor. Nachdem die genannten Abg. die von ihnen eingebrachten Resolutionen begründet hatten, erläuterte der Staatssekretär des Reichsamtes deS Innern, Graf Posadowskq, den Standpunkt der Regierung gegenüber der Einführung einer Witwen- und Waisenversicherung dahin, daß die Regierung diesem Projekt im Prinzip nicht unfreundlich gegenüberstehe, daß aber erst näher liegende sozialpolitische Aufgaben, wie die Erwei-

Bezirks in Altensteig ihren Betrieb und im September er­schien die erste Nummer vonAus den Taimen".

Ende der 70er Jahre tauchen zum erstenmale Leitartikel auf, zunächst von einem Nachrichtenbureau geliefert oder aus einer größeren Zeitung abgedruckt, späterhin vielfach von der Redaktion selbst geschmiedet.

Im September 1879 durfte Sebastian Steinwandel das Jubiläum seiner 2bjährigen Thätigkeit im Hause Zaiser feiern. Eine hübsche Extrabeilage, von Freunden des Jubilars heransgegeben, leitete die Feier ein und lud zu derselben ein. Frau Zaiser gab ihrem Redakteur zu Ehren ein Familienfest, bei welchem der Gefeierte mit wertvollen Gaben bedacht wurde und am darauffolgenden Sonntag bezeugte eine Ver­sammlung von 300 Festgenossen aus allen Schichten der hiesigen Einwohnerschaft auf der Post die hohe Achtung, in welcher der Redakteur des Gesellschafters stand.

Eine wöchentliche BeilageDaS deutsche Unterhaltungs­blatt" erschien vom 1. Oktober 1882 an, ging aber am Schluffe des nächsten Jahres wieder ein,weil dieselbe bei einem großen Teil unserer Abonnenten nicht die Aufnahme gefunden hat, die wir gehofft und bezweckt".

Am 4. Oktober 1886 wurde die G. W. Zaiser'sche Buchhandlung aus dem Register der Einzelfirmen in das der Gesellschaftsstrmen übertragen, indem die seitherige In­haberin, Frau Witwe Zaiser (s» 1890) das Geschäft an ihre beiden Söhne E«il und Julius veräußerte; Prokura hatte nach wie vor Sebastian Steinwandel. Vom 1. Dezember des gleichen Jahres an erscheint als wöchentliche Beilage Das Plaudcrstübchen".

terung der Unfall- und Krankenversicherung, gelöst werden müßten; außerdem sei es erforderlich, die finanziellen Konsequenzen einer Witwen- und Waisenverstch-runq gründlich zu prüfen. In der weiteren Debatte teilte Abg. v. Richthvfen, der namens der Deutsch- kons. sprach, die Bedenken des Staatssekretärs gegen eine baldige Einführung von Witwen- und Waisenversicherung, während die Abg. Hoffmann-Dillenburg (nat.-lib.), Molkenbuhr (soz -dem.) und Röstcke-Deffau (wildlib.) den Stumm'schen Antrag befürworteten. Der Antisemit Stütze! befürwortete die Hitze'sche Resolution, die Abg. Richter (fr. Volksp.) und Dr. Hahn (B. d. Landw.) empfahlen, beide Resolutionen einer Komm, zu überweisen. Bei der Abstimmung wurde die Resoluton Hitze wie die beantragte Korn.-Verweisung abgelehnt, während die Resolution Stumm Genehmigung fand. Am Samstag nahm der Reichstag die Etatsberatunz Mieder auf.

Tages-AeuigLeiten.

Deutsches Reich.

Rohrdorf, 15. Jan. (Tinges.) Am letzten Sonntag beehrte uns derLiederkcanz" von Walddorf mit einem Besuch. Präzis 2 Uhr kam derselbe hier an und begab sich ins Gasthaus z. ..Sonne". Bald darauf erschien auch der hiesige Liede« kranz und begrüßte seine werten Gäste. Der Walddorfer Verein entwickelte alsbald ein reichhaltiges Pro­gramm, welches sowohl von der vortrefflichen Leitung des H. Schullehrer Heppeclr, als auch oon dem Eifer seiner Sänger Zeugnis gab. Zur Abwechslung ertöite auch oon Seiten des hiesigen Liederkcanzes manches schön- Lied, außer­dem erfreute Herr Buck durch Humorist. Vorträge. So verlief der Nachmiltag aufs gemütlichste, und nur zu bald schlug die Abschiedsstunde.

Stuttgart, 12. Jan. (Korr.) Nach den Rechnung?» «rgebn ffen der Alters- und Jnvalioenv-rstcherungsanstalten für 1898 bestanden am Schluffe des Jahres bei den 31 Versicherungsanstalten 201081 Altersrenten mit einem Jahresbetrag von 15',4 Millionen Mark (ahne ReichSzu- schuß) und 268114 Invalidenrenten mit einem JaheeSbr- trag oon 17,9 Mlll. Mark. Bei den besonderen Kaffenein- richtungen bestanden 4662 AlterSrentm mit 4516 000 ^ 16098 Invalidenrenten mit 1,13 Millionen Mark. Der Vermözensstand belief sich aus 618 Millionen Mark. Die Gesamteinnahme der Versicherungsanstalten (mit Seeleuten) betrug 109, 386992 die Berwaltungskosten betrugen 7 165 674 ^

Stuttgart, 15. Jan. ImStaatsanzeige:" wird die in der Presse aufqetauchte Frage, ob die unständigen Lehrer inoalldenoersicherungSpflichtig seien, folgendermaßen beantwortet: Da die Anstellung als unständiger Lehrer nach den in Württemberg bestehenden Verwaitungsgrundsätzm den allgemein üblichen Ueberganz zu der Anstellung als ständiger Lehrer und damit zur späteren RahegehaltS- berechligung bildet, so werden im Sinn der Anleitung des R.ichs-Versicherungsamts unsere unständigen Lehrer als oon der Verstcherungspflicht befreit zu gellen haben.

Stuttgart. 14. Jan. (Korr.) AuS Sachsen wird gemeldet, daß die sächsische Jnvalidenoersicherungsanstalt angesichts ihres günstigen Vermögensstandes von 78 Mill. Mk. beschlossen hat, ihre Leistungen wesentlich zu erhöhen und zu erweitern. So sollen die Angehörigen der Versicherten, für die da? Heilverfahren übernommen wurde, das Kranken-

Das Jahr 1893 war ereignisreich für unser Blatt: Am 1. April erschien zum erstenmal als zweite BeilageDer Schwäbische Landwirt", im Juni trat Julius Zaiser aus dem Geschäft aus und in der Nacht vom 17. aus 18. Sep­tember brannte das Zaiser'sche Haus mit Buchhandlung und Druckerei ab, so daß der Gesellschafter einige Tage nicht erscheinen- konnte. Uebrigens fielen nur 2 Nummern aus; denn bereits am 23. September erschien die erste Nummer nach dem Brand, gedruckt in einer im Rotgerber Kappler'schen Hause rasch eingerichteten Druckerei; die übrigen Geschäftsräume wurden einstweilen in das Metzger Weber'sche Haus verlegt.

Steinwandel 1898), der über vier Jahrzehnte seine Kräfte dem Gesellschafter gewidmet hatte, zog sich, weil schon lange leidend, allmählich aus der Redaktionsstube zurück.

Nachdem am alten Platz ein neues Haus aus der Asche entstanden, erschien vom 1. Oktober 1896 an der Gesell­schafter wöchentlich viermal und vom Mai 1897 an in aber­mals vergrößertem Formate. Der Bezugspreis des Blattes ist seit Einführung der Markwährung der gleiche geblieben.

Mit dem Jahre 1900 ist unsere Zeitung in den 74. Jahrgang ihres Bestehens emgetreten. Von der ersten Nummer bis auf den heutigen Tag vortrefflich redigiert, hat sich der Gesellschafter unter den Bezirksblättern Würt­tembergs eine geachtete Stellung errungen. Eine erschöpfende Darstellung politischer Vorgänge kann er natürlich nicht bieten

das ist Aufgabe der täglich erscheinenden großen Zeitungen

auch will er durchaus keine besondere politische Richtung vertreten. Sein einziges Bestreben war und wird sein, jederzeit den Interessen von Stadt und Bezirk Nagold gerecht zu werden.