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Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag.
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Amts- und Anzeige-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagotd.
74. Jahr-a»g.
JnsertionS-tSebühr f. d. einspaltige Zeile aus gewöhnl. Schrift oder deren Raum bet einmalig. Einrückung 9 bei mehrmalig, je 6
Gratisbeilagen: Das Plauderstübchen und
Schwäb. Landwirt.
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Amtliches.
Nagold.
Bekanntmachung.
Nach Mitteilung des K. Oberamts Herrenbera vom 19. ds. Mts. ist der Zutrieb und die Zufuhr von Wiederkäuern und Schweinen auf den am Mittwoch den 25. ds. Mts. in Herreuberg fälligen Viehmarkt aus Orten, in welchen die Maul- und Klauenseuche herrscht, Verbote».
Den 20. Oktober 1899.
_ K. Oberamt. Ritter.
Bekanntmachung.
In Berneck ist die Maul» und Klauenseuche ausgebrochen.
Außer Gehöftsperre wurden weitere folgende al lgemeine Schutzmaßregeln ungeordnet:
1) Sämtliche Wiederkäuer und Schweine in der Gemeindemarkung Berneck werden unter polizeiliche Beobachtung gestellt und dürfen ohne oberamtliche Genehmigung aus der Gemeindemarkung nicht entfernt werden. Jedoch wird den Besitzern seuchenfreier Gehöfte die Bewirtschaftung ihrer auf angrenzenden Markungen gelegenen Grundstücke gestattet.
2) Das Durchtreiben von Wiederkäuern und Schweinen durch die Gemeindemarkung Berneck wird verboten, desgleichen
3) die gemeinschaftliche Benützung von Brunnen und Tränken für Wiederkäuer und Schweine.
Vorstehendes wird unter Hinweisung auf die bekannten Folgen der Zuwiderhandlung gegen die ergangenen Anordnungen zur öffentlichen Kenntnis gebracht.
Nagold, den 21. Oktober 1899.
K. Oberamt. Ritter.
Nagold.
AG- Markt-Verbot.
Wegen AuSbruchs der Maul- und Klauenseuche in mehreren Gemeinden des Bezirks, insbesondere in den Gemeinden Berneck, Haiterbach. ist die Abhaltung der Viehmärkte
in Ebhausen für 28. ds. Mts.,
„ Berneck „ 30. ds. Mts. und „ Haiterbach „ 2. November ds. Js.
verboten.
Den 21. Oktober 1899.
_ K. Oberamt. Ritter.
Der Landgerichtsschreiber Beck in Hall wurde zum Amtsnotar in Altensteig ernannt.
Eine weitere Kaiserrede.
Die technischeHochschule in Charlottenburg feiert in diesen Tagen ihre Hundertjahrfeier. Der am gestrigen Hauptfesttage veranstaltete Festakt verlief in Gegenwart des Kaiserpaares, der 5 ältesten kaiserl. Prinzen und des Prinzen Joachim Albrecht auf das glänzendste. Nachdem der Kultusminister einen Erlaß betreffend die
Ueber die hohen Tauern zur Adria.
Von einem Nagolder.
„Wenn Jemand eine Reise thut, so kann er was erzählen". Mit diesen Worten wurde ich diesen Sommer nach meiner Rückkehr aus den Alpen von einigen Bekannten empfangen und da ich das Glück hatte, manches Interessante zu sehen, so gestatte ich mir hiemit, eine kurze Schilderung meiner Sommerfahrt zu bringen, die verehrten Leser dieses Blattes um geneigte Nachsicht bittend.
Namentlich möchte ich die Freunde der Alpen auf einige Schaustücke, welche erst in den letzten Jahren weiteren Kreisen zugänglich gemacht wurden, aufmerksam machen; es sind das erstens der neue Weg über die Schwarzenberghütte und das Bockkarjoch zum Pasterzengletscher — dem schönsten und größten der österreichischen Alpen — und zweitens die Grotten und Höhlen in und bei St. Kanzian im Karst; für Wege und Stege in den St. Kanzianer Höhlen hat die Sektion Küstenland des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins in den Jahren 1894--1897 allein fl. 22000 verausgabt und damit jedermann die Möglichkeit gegeben, tief in die Unterwelt einzudringen Md herrliche Schaustücke zu sehen, deren Anblick vorher nur wenigen Auserwählten vergönnt gewesen war. In einem Bericht über den Besuch der St. Kanzianer Grotten von einer großen Zahl Mitglieder des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins, die im Jahre 1897 von der Generalversammlung zu Klagenfurt nnen Abstecher dahin gemacht haben, heißt es „alle an den Besuch dieser Grotten geknüpften Erwartungen waren weit-
Uagold, Montag -eu 83. Oktober
Verleihung der Doktorwürde durch die technischen Hochschulen bekannt gegeben und Rektor Professor Riedler gedankt hatte, nahm der Kaiser das Wort zu folgender Ansprache :
„An dem heutigen festlichen Tage gedenke ich lebhaft der Feier, durch die mein in Gott ruhender Herr Großvater, Kaiser Wilhelms des Großen Majestät, vor 15 Jahren diesem Hause die Weihe gegeben hat. Wenn der unvergeßliche Herrscher damals die Hoffnung aussprach, daß dem herrlichen Schmuck, welcher dem Bau im Innern und nach außen zuteil geworden, das geistige Leben entsprechen werde, das sich darin entwickeln soll; wenn er insbesondere dem Wunsche Ausdruck gab, daß diese Anstalt allezeit ruhmvoll ihre Aufgaben lösen und den ihr gebührenden Rang unter den Hochschulen behaupten möge, kann ich mit Genugthuung heute bezeugen, daß seine Hoffnung und sein Wunsch in der seitherigen Entwicklung dieser Anstalt, welche als seine eigenste Schöpfung zu betrachten ist, sich glänzend erfüllt hat und diese wie die technischen Hochschulen überhaupt sich ebenbürtig den obersten Bildungsstätten des Landes, unserer Universitäten, an die Seite gestellt hat. Es ist mir eine besondere Freude gewesen, dies heute noch dadurch anerkennen zu können, daß ich den technischen Hochschulen das Recht der Verleihung besonderer, ihrer Eigenart entsprechender wissenschaftlicher Grade beigelegt habe. Daß durch die wissenschaftlichen Bestrebungen der Hochschule der innige Zusammenhang mit der Praxis nicht beeinträchtigt werden darf, und die technischen Hochschulen bemüht sein werden, aus der anregenden Berührung mit dem Leben fortdauernd neue Kraft und neue Nahrung zu ziehen, dafür dienen als Wahrzeichen die Standbilder der beiden Männer, die fortan die Front dieses Hauses schmücken werden. Solange Sie die Erinnerung an diese Männer festhalten und ihrem Vorbilde nacheifern, wird die deutsche Technik im Wettkampfe der Nationen allezett ehrenvoll bestehen. In dem Verhältnis der technischen Hochschulen zu den obersten Unterrichtsstätten aber gelten keine Interessengegensätze und kein anderer Eifer als der, daß ein Jeder von Ihnen und jedes Mitglied derselben in seinem Teile den Forderungen, die das Leben und die Wissenschaft stellt, völlig gerecht werde, eingedenk der Goethe'schen Worte: „Gleich sei keiner dem andern, gleich sei jeder dem Höchsten. Wie das zu machen? Es sei jeder vollendet in sich.
Bleiben die technischen Hochschulen, welche in dem zu Ende gehenden Säkulum zu so schneller Blüte sich entwtk- kelt haben, dieser Mahnung getreu, so wird das kommende Jahrhundert sie wohl gerüstet finden, auch den Aufgaben gerecht zu werden, welche die fortschreitende kulturelle Entwicklung der Völker in immer steigendem Maße an die Technik stellt. Staunenerregend sind die Erfolge der Technik in unseren Tagen und sie sind nur dadurch möglich, daß der Schöpfer des Himmels und der Erde den Menschen die Fähigkeit und das Streben verliehen hat, immer tiefer in die Geheimnisse seiner Schöpfung einzudringen und die Kraft und die Gesetze der Natur immer mehr zu erkennen, um sie so dem Wohle der Menschheit dienstbar zu machen. So führt, wie jede echte Wissenschaft.
aus übertroffen und völlig enthusiasmiert trat die Gesellschaft den Rückweg an."
Nach dieser Einleitung beginne ich:
In den ersten Tagen des Monats August fuhr ich mit einem Abendzug nach Stuttgart um von da andern Tags in der Frühe meine Alpensahrt anzutreten; dort traf ich mit einem Bekannten zusammen, der sich entschlossen hatte, die ganze projektierte Tour mit mir zu machen und verbrachte dm Abend mit ihm und einigen Verwandten und Bekannten, mit welchen wir bald in angenehme und lebhafte Unterhaltung verwickelt waren. Die Zeit verstrich schnell, wir trennten uns später als es ursprünglich unsere Absicht war und legten uns mit dem Bewußtsein zu Bett, daß uns nur ein kurzer Schlaf vergönnt sei, wenn wir nicht unser Reiseprojekt über den Haufen werfen wollten.
Erster Reisetag: Achensee.
Morgens 3 Uhr — ehe mich der pflichteifrige Johann weckte — war ich schon auf den Beinen; auch mein Gefährte hatte sich von der Lagerstatt erhoben und traf frühzeitig mit mir auf dem Bahnhof ein. Wir waren überrascht, ein wahres Gedränge vorzufinden und staunten über die große Zahl Touristen, welche mit Rucksäcken und Bergstöcken ausgerüstet gleich uns den ersten Zug benützen wollten, um so rasch als möglich in die Berge zu kommen. Jedes Koupee des langen Zugs wurde vollgepfropft; unsere Absicht, den etwas zu kurz ausgefallenen Schlaf im Eisenbahnwagen fortzu-' setzen, erwies sich bald als unausführbar, wir verzichteten deshalb darauf und suchten uns die Zeit im Gespräche mit
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auch die Technik immer zurück auf den Ursprung aller Dinge, den allmächtigen Schöpfer und mit großem, de- mütigen Dank müssen wir uns vor ihm beugen. Nur auf diesem Boden kann das Streben unserer Wissenschaften von dauerndem Erfolg begleitet sein. Halten Tie, Lehrer und Lernende, daran fest, so wird Ihrer Arbeit Gottes Segen nicht fehlen. Dies ist mein Wunsch, welcher die Anstalt in das neue Jahrhundert geleiten möge."
Dir Rede wurde mehrfach von Beifallsrufen unterbrochen. Zum Schluffe ertönte lebhaftes Bravo und Händeklatschen. Minister Gtudt brachte sodann ein Hoch auf den Kaiser aus. in das die Anwesenden begeistert einstimmten. Vormittags 10 Uhr hatte vor der technischen Hochschule die Enthüllung der Denkmäler Werner v. Siemens' und Alfred Krupp's stattgefunden. Um den Festplatz standen die Chargierten der Charlottenburger Hochschule und die Abgesandten von 23 deutschen Hochschulen in Wuchs mit Banner. Der Vorsitzende des Vereins deutscher Ingenieure, Baurat Bissinger-Nürnberg, übergab namens des Vereins der Ho hschule das Werner Siemens-Denkmal, worauf die Hülle fiel. Als Vertreter des Vereins deutscher Elsen- und Stahlindustriellen widmete Kommerzienrat Seroaes-Ruhrort das Denkmal Krupp's. Der Rektor der Hochschule übernahm die Stiftungen mit Dankensworten. Die Feier wurde mit Choroorträgen eröffnet und geschloffen.
Hages-WeuigkeiLm.
Deutsche» Leich.
—t Rohrdorf, 22. Okt. Die auf den heutigen Nachmittag in das Gasthaus z. „Ochsen" hier anberaumte Hauptversammlung des Bezirksobstbauvereins Nagold war sehr stark besucht; über die intereffanten Verhandlungen werden wir im nächsten Blatt des näheren berichten.
Mötzingen, 22. Okt. (Korr.) Heute wurde der einem Schlaganfall erlegene, seit 2'/-Jahren in Kirchheim u. T. thätige Schullehrer Weiß ebenda beerdigt. Schullehrer Weiß war vor seiner Versetzung nach Kirchheim u. T. 21 Jahre hier thätig und steht in bestem Angedenken. (Ti he auch unter Kirchheim u. T.)
L. Herrenberg, 22. Okt. Eine gestern vom hiesigen landwirtschaftlichen Bezirksverein veranstaltete Fohlen- und Jungviehprämierung konnte 6 Fohlen zusammen mit 105 7 junqe Farren mit insgesamt 115 ^ und 21 Kalbeln mit 290 ^ auszeichnen. Außer den Preisrichtern Land- ökonomierat Fechl, Landwirtschaftsinspektoc Mangold aus Reutlingen, Oberamtstierarzt Keßler von Freudenstadt und Domänepächler Klein vom Einsiedel waren Oberamtmann Wiegandt und Oberamtstierarzt Haas von hier zugegen.
Tübingen, 18. Okt. Der „ Frkf. Ztg." wird geschrieben: Dem in diesen Tagen oft genannten Gouverneur der eng- Uschen Kapkolonie, Sir Alfreo Milner, bringt man hier m Tübingen ein besonderes Interesse entgegen. Der englische Staatsmann ist nämlich eine Art „alter Tübinger". Sein Vater ein guter Deutscher, war Ende der 60er Jahre außerordentlicher Pros, und Lektor der englischen Sprache an der hiesigen Universität. Die Mutter war Engländerin
unserer Reisegesellschaft zu vertreiben, was uns auch so gut gelang, daß wir, ehe wir es uns versahen, in den Bahnhof München dampften.
Es war 9 Uhr früh, also gerade die richtige Zeit, einen Jmbis zu uns zu nehmen, was wir im „Bambergerhof" in rascher und befriedigender Weise besorgten; um 10 Uhr saßen wir schon wieder in dem nach Rosenheim abgehenden Schnellzug und dort mußten wir in dem Postzug nach Kufstein umsteigen, der uns nach 12 Uhr dorthin brachte.
Kufstein war mir von früher her bekannt; ich hatte die Feste und das Grab Friedrich List's schon besucht und wollte mich deshalb hier nicht aufhalten. Wir setzten daher um 12'/- Uhr unsere Reise fort, um baldmöglichst unser erstes Ziel, den Achensee zu erreichen.
Jenbach ist die Haltestelle für den Achensee, von hier aus geht eine Bergbahn 6,4 Kilometer lang an den 400 Meter höher liegenden Achensee. Beim Aufstieg hat man prächtige Rückblicke in das Innthal, man sieht den Eingang des Zillerthals und sobald die Höhe erreicht ist, taucht der blaue Spiegel des Achensees, der von hohen Bergen eingerahmt ist, vor unfern Augen auf. Es war erst 2'/, Uhr als wir am Gestade des Achensees ankamen. Wir bestiegen sofort einen in Seespitz zur Abfahrt bereit liegenden Dampfer und machten die Rundfahrt auf dem See. Die erste Station ist Pertisau, ein grünes Vorland im Hintergrund vom Stanserjoch, Sonnjoch etc. begrenzt — es ist das die einzige Station am westlichen Ufer, denn von hier ab ist nicht einmal Raum für einen Weg, weil hohe Berge mit stellen Hängen direkt aus dem See auftagen. (Forts, folgt.)