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Amts- und Anzeige-Matt sur den Oberamts-Bezirk Nagold.

74. Jahrgang.

Nagold, Mittwoch de« 11. Oktober

JnsertionS-Gebühr f. d. einspaltige Zelle aus gewöhn!. Schrift oder deren Raum bei einmalig. Einrückung 9 bei mehrmalig, je 6

Gratisbeilagen: DaS Plauderstübche» und

Schwäb. Landwirt.

18SS.

Gestorben: Karl Wiedmann, Kgl. Forstwart, 46 I. a., Stammheim. Pauline Gläser, geb. Ehrhardt, Böblingen. Luise Keck, Wwe., z. Löwen, Böblingen. Matthias Wölber, Bärenwirt, 58 I. a., Schiltach. Theodor Hecker, Fabrikant, 60 I. a., Kirchheim u. T. Ludwig Metzger, Weingartner, 84 I. a., Stuttgart. Emil Krimmel-Zeller, Ebingen.

Kleinhandel und Warenhäuser.

-j- Der Verein für Sozialpolitik, der in voriger Woche seine diesjährige Generalversammlung in Breslau abhielt, hat in Gegenwart namhafter Sozialpolitiker und National­ökonomen auch die große wirtschaftliche Streitfrage der Gegen­wart, Hebung desKleinhandelsundBrkämpfungder Warenhäu­ser nebst den Konsumvereinen, in das Bereich seiner Beratungen gezogen, aber es ist aus den langen Debatten leider keine große neue Wahrheit herausgekommen, welche die Gesetzgeber dem­nächst im Reichstage zu einer zeitgemäßen Reform benutzen könnten. Recht beherzigenswerte Worte über den Wert des Zwischenhandels und die Notwendigkeit des Kleinhandels, sowie über die Schäden der Warenhäuser hat, wie schon in Nr. 153 d. Bl. unter Breslau berichtet, in der Breslauer Generalversammlung der Sozialpolitiker und der Mitbericht­erstatter, Hr. D. Rocke, Syndikus der hannover'schen Han­delskammer, gesprochen. Ausgehend von dem Roscher'schen Grundsätze, daß ohne Handel die Produktion eine unvollkom­mene bleibe, fordert Dr. Rocke auch für den Kleinhandel als ein Glied dieser Kette den Anteil an dieser wirtschaftli­chen Thätigkeit. Erst der Detailhandel vermittle dem Groß­handel die Kenntnis der Absatzfähigkeit und Absatzmöglichkeit der einzelnen Produkte, denn es sei erwiesen, daß nur Pro­ducenten zweiten und dritten Ranges mit dem Publikum direkt verkehrten. So liege es auf landw. Gebiete, wo z. B. die Anweisung der Proviantämter zu direktem Ein­käufe nur zu einem Kreuz für die Beamtendieses Ressortsjwerde und doch nicht zum Ziele führe. Es sei erwiesen, daß man sehr oft im Zwischenhandel billiger kaufe als direkt vom Producenten, und daran änderten auch die Producrntenge- nossenschaften nichts. Der Zwischenhandel führe vielfach zu einer Gesundung der Produktion und Aufrechterhaltung der Reellität in Bezug auf Ware und Gewicht und könne sowohl dem Producenten, wie dem Consumenten beratend und unterstützend zur Seite stehen. Wie sei nun diese Stellung des Kleinhandels durch die Warenhäuser beein­flußt worden? So schwer eine allgemeine Definition des BegriffesWarenhaus" sei, so leicht sei doch eine Ent­scheidung im einzelnen Falle. Das Wesentliche am Waren­hause sei die Neugestaltung der Geschäftsprincipien, wie Prof. Dr. Sanbart bereits ausgeführt habe, sowohl beim Ein­käufe wie beim Vertriebe in dieser Beziehung treten Unzuträg­lichkeiten zahlreich in die Erscheinung. Beim Einkauf führe der Maffeneinkauf vielfach zur Preisdrückerei und damit zur Ver­schlechterung der Produkte und zur Schädigung der Indu­strie. Das Wortbillig und schlecht" feiere in der Waren­hausindustrie seine Wiederauferstehung. Aber auch bei reellem Betriebe würden die Warenhäuser leicht dem Con­sumenten gefährlich, wie Amerika beweise, wo die Haupt­stütze des Trusts die großen Warenhäuser seien. Theoretisch sei es ja richtig, daß die Warenhäuser billiger liefern als der Kleinhandel, und dies trete bei den sogenannten Lock­artikeln auch zu Tage, im Großen sei es nicht der Fall, wie man sich durch Probeeinkäufe überzeugen könne.

Tages-WmrgKeitm.

Deutsche» Nrirh.

Nagold, 9. Oktober

§ Heute Nachmittag hat die hiesige Stadtgemeinde den Obstertrag an der alten Freudenstädter Straße, an der sog. Oberkircher Steige, versteigert, wobei S16 ^ erlöst wurden. Der Gefamterlös für das städtische Obst, das Heuer vielseitigem Wunsche entsprechend 3 bis 4 Wochen später als in früheren Jahren verkauft wurde und jetzt vollständig ausgereift ist, beläuft sich auf rund 2000 * Der erste Frost ist in der Nacht von Sonntag auf Montag, der zweite in der darauffolgenden Nacht eingetreten. Das Thermometer sank schon unter Null ( 3 ° 6) und ein starker Reis bedeckte des Morgens die Dächer und Fluren. Das Wetter scheint jetzt beständiger werden zu wollen, als in den letzten 4 Wochen.

Se Maj. der König hat mit Wirkung vom 1. Januar 1900 an den Beamten bei den künftigen Bezirksnotariaten den TitelBezirksnotar" verliehen, übrigens gleichzeitig verfügt, daß die bisherigen Gerichtsnotare diesen Titel für ihre Person weiter zu führen haben, wie auch dieser Titel künftighin einzelnen älteren verdienten Bezirksnotaren als Zeichen besonderer Anerkennung für ihre Person verliehen werden soll. Weiterhin ist mit Wirkung vom 1. Januar

1900 an für die Bezirksnotare wie auch für diejenigen Beamten der Bezirksnotariate, welchen für ihre Person der Titel eines Genchtsnotars verliehen worden ist, der Rang auf der 8. Stufe der Rangordnung festgesetzt worden.

Rohrdorf, 10. Okt. (Einges.) Dem Herrn Fabri­kanten Carl Seeg er, welcher am letzten Sonntag seinen 70. Geburtstag feierte, wurde an diesem Gedenktag eine kleine Festlichkeit veranstaltet, nachdem dem Gefeierten vom hiesigen Liederkranz ein Ständchen gebracht war, begab er sich im Kreise seiner Söhne in das Gasthaus zumAdler", allwo sich bald eine größere Anzahl von Freunden einge- funden hatte. In einer von Herrn Pfarrer Seifriz an den Gefeierten gerichteten herzlichen Ansprache wurde hervorge­hoben, daß er zwar in seinem Leben manche Freudentage erfahren durfte, aber auch manche Leidenstage zu ertragen hatte, doch habe er sich bis zum heutigen Tage einer guten Gesundheit zu erfreuen, wofür er wohl dem gütigen Gott von Herzen dankbar sein dürfe, ebenso für das liebevolle Heim bei seinen Söhnen. Der Gefeierte erwiderte in be­wegten Worten und gab die Versicherung, dem allgütigen Gott für alle seine Führung und seinen Gegen stets dank­bar zu sein. Die vom Liederkranz vorgetragenen Lieder haben Alle erfreut. Trotz seines erst ^jährigen Be­stehens darf und kann er sich rühmen, anderen Vereinen nicht nachstehen M müssen, welches hauptsächlich der Direktorin Frau Bareis zu verdanken ist, die mit Lust und Liebe und Sachkenntnis die Sache leitet. Bei gutem Tübinger Stoff verlief der Abend aufs angenehmste. Der Gefeierte durfte erfahren: wer Liebe säet, der erntet Liebe. Man trennte sich mit dem Wunsche, er möge auch für die Zukunft mit Gesundheit und Wohlergehen erfreut werden.

- t. Rothfelden, 9. Okt. Gestern wurde hier ein Missionsfest gefeiert, bei dem sich so viele Teilnehmer ein- stellten, daß nicht alle in der Kirche Platz fanden, sondern sich zum Teil vor den Thüren auf Stühle und Bänke setzen mußten. Der zahlreiche Besuch des Myfionsfestes darf als deutliches Zeichen dafür betrachtet werden, daß hier und in der Nachbarschaft die Misfionssache viele Freunde hat. Nach dem Gemrindegesang betrat der Ortsgeistliche H. Pfarrer Werner den Altar, sprach das Eingangsgebet und hielt hierauf einen Vortrag über das segensreiche Werk der Hei- denmisfion. Vor dem Auftritt deS zweiten Redners H. Missionsarzt Dr. Liebendörser sang der von H. Pfarrer Werner dirigierte Kirchenchor zweistimmig das Lied:Der Herr ist gut." H. Dr. Liebendörfer gab ein Bild von dem stetigen, wenn auch manchmal vielen zu langsam er- scheinenden, doch sichern Fortgang der Christianisierung der Heidenländer. Als Beispiel führte der Redner zu­nächst China an. Anfangs sei es dort für die Missio­nare sehr schwer gewesen, das Evangelium zu verkündigen. Es war auf den Uebertritt der Chinesen zum Christentum zuerst Todesstrafe gesetzt; aber im Lauf dieses Jahrhunderts seien doch die Verhältnisse für die Verbreitung des Evange­liums dort günstiger geworden. In allen Provinzen des großen Reiches seien jetzt MissionSstationen und Gemeinden von getauften Chinesen anzutreffen. Auch merk­würdige Beispiele von dem Fortschritt des Evangeliums in Indien konnte der Redner anführen. In eingehen­der Weise verbreitete sich der Redner über einen neuen Zweig der Missionsthätigkeit, nämlich die ärztliche Mission. Schon längst haben die Missionsgesellschaften die Notwendigkeit der ärztlichen Thätigkeit unter den Heiden erkannt. Besonders schlimm seien z. B. in Indien die kranken Heiden daran. Ihre Verwandten bringen ihnen keine Hilfe und gewöhnlich fallen dann die Leidenden den Zauberern in die Hände. Welch schauerliche Mittel diese den Kranken verordnen, mag ein Rezept lehren: Getötete Spinnen, Teile von Schlangen und Kröten mit Honig vermengt geben die Zauberer den Kranken für alle möglichen Schäden. Dem gegenüber werden die leidenden Heiden in die Missionsspitäler liebevoll ausgenommen u. mit Aufopferung u. Sorgfalt gepflegt. Durch solche werkthätige Nächstenliebe anderer u. an sich erfah­rener leiblicherHilfe werden dieHeiden empfänglich für das Chri­stentum u. davon überzeugt, daß die Leute, die andere in der Krankheit hingebende Pflege angedeihen lassen, die rechte Religion haben müssen. Es werde dem Heidenvolk der Boden für den finsteren Aberglauben und gehässigen Fanatismus gegen die Christen entzogen. Durch die gereichte leibliche Hilfe werden dem Missionsarzt die Thüren der Häuser und Herzen geöffnet u. das Vertrauen der Heiden zu den Missionaren errungen.Ein weiterer Redner, H. Missionar Mohr führte die Zuhörer auf das Misstonsgebiet an der Westküste Afrikas. Dort an der Goldküste habe man früher, weil eine Reihe der Missio­nare dem mörderischen Klima zum Opfer fielen, daran ge­dacht. die Mission wieder aufzugeben. Aber dennoch fanden sich immer wieder Männer, die den Mut hatten, dort im Dienste der Mission zu arbeiten, und jetzt gebe es dort schon

16 000 getaufte einheimische Christen. Weiter landeinwärts von der Küste, wo H. Mohr auf der Station Akim seit dem Jahr 1875 den Heiden das Evangelium verkündigte, seien ebenfalls schöne Erfolge zu verzeichnen. Anfangs seien es nur 42 Heiden gewesen, die zum Christentum übertraten; im Jahr 1884 traf man in dortiger Gegend schon 300 Be­kehrte und jetzt zählen die verschiedenen christlichen Gemeinden im Innern des Landes bereits zusammen 3 200 Seelen, trotz der im Jahr 1886 entstandenen schweren Christenverfolgung. Interessant war auch wie der Redner schilderte, auf welche Weise man nach und nach den Heiden beikommen müsse, um sie von der Eitelkeit des Götzendienstes und von der seligmachenden Kraft des Christentums zu überzeugen. Als letzter Redner betrat H. Dekan Römer die Kanzel, knüpfte an den Schluß des Briefes Judä Vers 2025 eindringliche Worte an die Missionsgemeinde und schloß mit einem ergreifenden Gebet die würdige Feier.

Stuttgart, 8. Okt. Eingetroffenen telegraphischen Nachrichten zufolge ist S. M. der König heute vormittag 10 Uhr in Potsdam angekommen und von I. M. der Königin, sowie von I. K. Hoheit der Frau Erbprinzessin und Gr. Durchlaucht dem Erbprinzen zu Med am Bahn­hof empfangen worden. Mittags 12 Uhr wurde in An­wesenheit Ihrer Majestäten deS Kaisers und der Kaiserin, der Königin und der Königin-Mutter der Niederlande, S. M. des Königs und I. M. der Königin, I. K. und Kais. Hoheit der Herzogin Philipp und S. K. Hoheit des Herzogs Albrecht von Württemberg, der gesamten fürstlich Wiedschen Familie und sonstiger fürstlicher Gäste durch Pfarrer Lohmann aus Neuwied unter Assistenz des Gar­nisonspfarrers Hofprediger Keßler aus Potsdam in dem Hause der erbprinzlich zu Wiedschen Herrschaften die Taufe des Prinzen vorgenommen. Derselbe erhielt die Namen Hermann Wilhelm Friedrich. Taufpaten sind: S. M. der Kaiser, I. M. die Königin der Niederlande, S. M. der König, I. D. die Fürstin Mutter und S. D. der Fürst zu Wied. Vor der Taufe hatten zwischen Ihren Majestä­ten und den Kaiser!. Majestäten zahlreiche Begrüßungen stattgefunden. Nachmittags statteten Ihre Majestäten mit I. K. H. der Frau Erbprinzessin zu Wird I. K. und Kaiser!. H. der Herzogin und S. K. H. dem Herzog Alb- brecht von Württemberg einen Besuch ab. Abends 10'/, Uhr reisten II. KK. Majestäten nach Ratiboritz in Böhmen ab, von den Erbprinzlich zu Wiedschen Herrschaften zur Bahn geleitet.

Cannstatt, 8. Okt. Der Gemeinderat hat aus den reichen Erträgnissen des Volksfestes 12000 ^ zur Her­stellung weiterer chauffierter Wege und zur Anlage von weiteren Dohlen auf dem Volksfestplatze bewilligt. Da­durch wird künftig der Verkehr auch bei schlechtem Wetter sehr erleichtert werden. Der stärkere Besuch des Festplatzes wird dann auch die Platzpächter in den Stand setzen, höhere Pachtgelder zu wagen.

Eßlingen, 9. Okt. (Korr.) Die Reichstagser­satzwahl scheint jetzt Leben zu bekommen, nachdem seit der Ausstellung der Kandidaten allgemeine Ruhe herrscht, dürfte in nächster Zeit der Kampf beginnen. Am gestrigen Tage fanden sowohl von der Volkspartei als auch von den Sozialdemokraten veranstaltete Versammlungen auf unseren Filialorten statt. Die deutsche und konservative Partei hält heute abend eine vertrauliche Besprechung ab. Da es bei dieser Wahl auf einige Stimmen, um mit den deutschparteilichen Kandidaten in die Stichwahl zu kommen, ankommen kann, so dürfte jede Partei, sowohl VolkSpanei als Sozialdemokratie alles aufbieten, um nicht im ersten Wahlgang zu unterliegen.

Oberndorf, 9. Okt. (Korr.) Der katholische Ge­sellenverein beging gestern die Feier seines 25jährigen Be­stehens mit feierlichem Kirchgang, Festgottesdienst und Fest­bankett. Bei letzterem hielt Stadtpfarrer Brinzinger die Festrede, die Musik stellte die Tübinger Musikkapelle unter Leitung Schneckenburgers.

Kirchheim u. T., 9. Okt. (Korr.) Heute früh 8 Uhr starb Gemeinderat und Fabrikant Theodor Hecker an einem Herzschlag.

Heilbronn, 9. Okt. (Korresp.) Der Verein für Vogelschutz und der Geflügelsreunde, beide vereinigt unter dem NamenO rnis" hielt gestern nachmittag im Theater­saal derHarmonie" eine überraschend zahlreich besuchte Versammlung ab. Als Gäste waren verschiedene Mitglieder der Vorftandschaft des StuttgarterBundes für Vogelschutz" anwesend, insbesondere auch die Präsidentin desselben Frau Kommerzienrat Hähnle aus Stuttgart. Den Vorsitz führte Herr Oberbürgermeister Hegelmaier, der in seiner Be­grüßungsansprache die bestimmte Hoffnung aussprach, daß die zahlreichen Petitionen für Vogelschutz sicher bei der nächsten Tagung des Reichstags weitgehende Berücksichti-