Erscheint

Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag.

Auflage: 1800.

Preis vierteljährl. hier mit Trägerlohn 90^, im Bezirk 1^1, außerhalb d. Bezirks 1 ^ 20

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Der GksrlMtkr

Amts- und Anzeige-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

74. Jahrgang.

JnsertionS-Gebühr f. d. einspaltige Zeile aus gewöhn!. Schrift oder deren Raum bei einmalig. Einrückung 9 bet mehrmalig, je 6

Gratisbeilagen: Das Plauderstübchen und

Schwäb. Landwirt.

^ 158.

Nagold, Montag den 9. Oktober

18SS.

Die erledigte Oberamjsarztstelle in Nagold wurde dem Ober­amtswundarzt Dr. Fricker daselbst übertragen.

Gestorben: Sophie Staelin, geb. Staelin, S9 I. a., Calw. Sophie Heinrich, Charkow-Ueberlingen-Spielberg. Thomas Sinn er, Tübingen. Sigmund Eberspächer, stuä. rer. iuA.. 21 I. a., Ulm. H. Wolf, Oberamtswegmeister, Oehringen. Ernst Adrion, z. Linde, 40 I. a., Fr eudenstadt. _

Zum Geburtstag

Ihrer Majestät «nlerer irr Ehrfurcht geliebten Kontgtr» Charlotte.

Trost verbreiten, Wunden heilen.

Unter Armen segnend weilen.

Ist ein göttlich schöner Dienst.

Frohe Herzen, Helle Blicke,

Für sich eine Himmelsbrücke Ist dabei der Goldgewinnst.

So mit engelsgleichem Schritte Geht durchs Land, in jede Hütte Segnend unsre Königin.

Wie die Mutter ihren Kindern,

Will sie uns die Schmerzen lindern Mit dem sürstlichedeln Sinn.

Darum steiget Dank und Bitte Tausendfach aus unserer Mitte Für sie auf an ihrem Fest:

Schenk' ihr an des Königs Seite Oft noch dieses Tages Freude.

Der Du unbelohnt nichts läß'st.

Ubss. O. U. KIZtzkr.

Mges-KeuitzLeiten.

Drrüsches Nmch.

* Nagold. 9. Okt.

Wenn man gegenwärtig einen Rundgang um die Stadt macht zeigt sich an verschiedenen Orten rege Bauthätig- keit; wohl das größte Interesse dürfte der Neubau des Bezirkskranken Hauses beanspruchen, der in prächtiger Lage am Lemberg unter der tüchtigen' Leitung des Herrn Stadtbaumeister Lang bis zum 1. Stockwerk gediehen ist. Der überraschte Beschauer kann sich schon daraus ein Bild des schönen Bauwerks machen, wie es nach seiner Vollendung aussehen wird. Es wird unstreitig nach dem Seminargebäude den zweiten Platz unter den Bauten in Nagold und weit darüber hinaus einnehmen bezw. eine Sehenswürdigkeit in der äußeren Erscheinung sowohl als in der inneren Ausstattung bilden. Lenken wir unsere Schritte der Herrenbergerstraße zu so blickt uns das einzig schöne Waldeck" entgegen, welches uns noch bis Frühjahr 1900^ als Kuranstalt geöffnet bleibt, um dann im nächsten Som^ mer als Erholungsheim für wiedergenesende Soldaten unseres württ. Armeekorps zu dienen. Es ist leicht vorouszusehen, daßWaldeck" jetzt und den kommenden Winter Über als Zielpunkt eines schönen Spaziergangs häufiger denn je be­nützt werden wird, da man nächstes Jahr nicht nur diese schöne Gelegenheit, sondern auch dasBad Röthenbach" verlieren wird, ja schon verloren hat. Letzteres ist be­kanntlich von der Württ. Landesvers.-Anstalt erworben worden, um ebenfalls Rekonvaleszenten zur Erholung zu dienen. Es wurde baulich verändert und vergrößert, sowie zweckentsprechend neu eingerichtet. Der Verwalter ist schon eiugezogen. So bedauerlich der Verlust beider schönen Aus­flugspunkte für die hiesige Einwohnerschaft ist, so erfreulich ist andererseits der durch die neue Bestimmung zu erwar­tende lebhafte Geschäftsverkehr, in Bezug auf Lebensmittel- Lieferung namentlich, mit hiesiger Stadt. Auch ist anzu­nehmen, daß die Erwerbung zweier Anwesen durch den Staat zu Erholungsheimen den Ruf unserer Stadt und Umgebung als Luftkurort bedeutend heben wird und damit erscheint es nicht ausgeschlossen, daß früher oder später Villen wieWaldeck" entstehen. Wenn man den Weg wieder aufnimmt, so führt derselbe den beiden neuen Häusern des früheren Badwirts Herrgott zu. In recht hübscher Lage gerade an der Kreuzung des Weges nach Röthenbach und Emmingen, etwas erhöht vor dem Eifenbahnstrang liegen Wohnhaus und Scheuer samt Stallungsgebäude; man bekommt den Eindruck als sei diese Oekonomie, wenig­stens was das Wohnhaus anbelangt für Luftkurgäste wie geschaffen. Es kann gleich avgesügt werden, daß hier kürzlich beim Abgraben eines erhöhten Stücks Wiese Mauer- reste und eine Art alten Schachtes oder Brunnens aufgedeckt wurden. Ueber den archäologischen Werl ist noch nichts Näheres bekannt geworden. Geht man nun der Stadt zu, so fällt der Blick auf ein großes Gebäude, das von der

Kettenfabrik Speidel in Pforzheim errichtet wurde und für ca. 250 Arbeiter Raum bieten wird. Durch diesen Fabrikbetrieb kommt wieder viel Arbeitsgelegenheit in die bisher fast ausschließlich ackerbautreibende Bevölkerung, wie auch eine gute Wirkung auf die Geschäftsverhältnisse hier im allgemeinen zu erwarten ist. Daß das gegenüberlie­gende Elektrizitätswerk sich in seinen Leistungen mehr und mehr vergrößert und in letzter Zeit auch eine Leitung nach Röthenbach eingerichtet hat, sei hier auch angeführt. Es ist demselben noch eine größere Ausdehnung zu wünschen. Am Schluß unserer Ausführung können wir nicht umhin mit Dankbarkeit der Fürsorge zu gedenken, welche die Väter der Stadt auf Chaussierung der bedeutenden Straßen und auf die Kanalisierung verwendet haben.

Ein schöneres Herb st fest hat das Museum wohl lange nicht gefeiert, als Heuer am Freitag nachmittag im Waldeck". Es muß von Anfang an großes Vergnügen geherrscht haben und hörte der verspätete Berichterstatter mit Entzücken von dem prächtigen Feuerwerk erzählen, dessen glänzende Funken in den Herzen der Zuschauer Helle Lichter der Freude entzündet hatten. Eine köstliche Unter­haltung bot ein Gast aus Stuttgart, Herr Wiedmann, mit seinen Stuttgarter Weingärtner-Typen Rühle, Stumpf­rock. BaudistelCarle, der blonde, der Pflasterer" die ihm der größte Künstler nicht nachmacht. Dem Tanzvergnügen wurde bei den flotten Weisen der Tübinger Musik fleißig gehuldigt bis nach Mitternacht. Im Verlaufe deS Abends drückten 2 Mitglieder dem Vorstand Herrn Fabrikant Finckh und dem von schwerer Krankheit wiedergenesenen Vergnü­gungsmeister Herrn Postsekretär Kübel den besten Dank der Museumsgesellschaft aus; letzterem wurde dabei von Herzen dauernde Gesundheit gewünscht.

Gestern nachmittag hatte die Freiw. Feuerwehr General- probe; die Schulübungen am SteigerhauZ. sowohl wie die auf Alarmsignal ausgeführten Angriffe wurden rasch und exakt ausgeführt und zeigten eine gute Uebung. Es gebührt dem Kommandanten, den Offizieren und der ganzen Mannschaft der volle Dank der Einwohnerschaft für die opferwilligen und uneigennützigen Anstrengungen im Dienste der Nächstenliebe. Nachdem die Schwarzwald-Wasserversorgung sich nun über sämtliche dem Verband beigetretenen Gemeinden im Calwer und Nagolder Bezirk erstreckt und die Geschäfte beendigt sind, wird, wie wir hören, am Samstag, den 14. Okt., die Einweihung stattfinden. Zu dieser Feier ist nachstehendes Programm aufgestellt worden: 1) Abfahrt der Teilnehmer vorm. 9 Uhr 40 Minuten, vom Bahnhof in Altensteig nach Ettmannsweiler, Gabelfrühstück im Gast­haus z.grünen Baum", 2) Weiterfahrt über Simmers­feld nach Aichelberg zum Hauptreservoir, von da über Oberweiler, Aichhalten und Zwerenberg nach Neuweiser. 3) Festessen imGasth. z. Lamm in Neuweiler nachm. 4 Uhr.

r. Berneck, 7. Okt. Eine wertvolle Stiftung wurde dev hiesigen Kirchengemeinde in letzter Zeit durch ein Mit­glied unserer adeligen Patronatsherrschaft gemacht. Zum Andenken an den leider zu früh verstorbenen Frhr. Wilh. v. Gültlingen, Landgerichtsprästdent, Reichs- und Landtags- abgeordneter, hat dessen Witwe, Freifrau Luise v. Gült­lingen ein bemaltes prächtiges Fenster in unserer Kirche er­stellen kaffen. Dasselbe stellt den Kampf Jesu in Gethsemane dar und ist ein Meisterwerk der Glasmalereikunst. Der edlen Stifterin sei auch an dieser Stelle aufrichtiger Dank gesagt für das schöne und würdige Geschenk. In kommendem Winter werden auch wir die Wohl hat einer geheizten Kirche erfahren dürfen. Nachdem schon seit einigen Jahren zu diesem Zweck geopfert worden war, haben Ange­hörige des verst. Frhr. Wilhelm v. Gültlingen noch nam­hafte Beiträge gestiftet, daß mit der zweckmäßigen Einrichtung alsbald begonnen werden kann.

Calw, 6. Okt. (Korr.) Vorgestern und gesternchatten wir wieder hohes Militär hier. Am Mittwoch kamen von Heidelberg her 16 sächsische Generalstabsosfiziere teils aus Leipzig, teils aus Dresden unter Führung von Oberst v. Carlowitz und Major Edler v. d. Planitz hier an und nahmen im HotelWaldhorn" Absteigequartier. Gestern besichtigten die Herren das Manöverfrld in eingehendster Weise und fuhren heute früh per Wagen nach Tübingen.

Sulz a. N., 7. Okt. (Korr.) Gestern wurde unsere Stadt zum ersten Male mit elektrischem Lichte beleuchtet. Obwohl die zur Straßenbeleuchtung bestimmten etwa 40 elektrischen Lampen noch nicht alle funktionreren, waren einzelne Stadtteile doch schon recht gut beleuchtet. Auch in den damit versehenen Häusern kann der erste Versuch als gelungen bezeichnet werden. Da der Preis für die Kilo­wattstunde auf 5 ^ zu stehen kommt, so dürfte die elektri­sche Beleuchtung hier nicht allzu teuer werden. Die elektri­sche Centrale des Unternehmers, Herrn Chr. Dolmetsch, ist sehr schön und allen Anforderungen entsprechend eingerichtet.

Stuttgart, 4. Okt. Am Montag war der Landes­

ausschuß des Verbands der Wirte Württembergs im Stadt­gartensaal zu einer Beratung über das neue Umgeldsgesetz versammelt. Man beschloß, in die Beratung des neuen Umgeldsgesetzentwurfs einzutreten und denselben nicht völlig abzulehnen. Die vom geschäftsführenden Ausschuß resp. einer Kommission ausgearbeiteten Verbefferungsvorschläge, welche in allen Einzelheiten einstimmige Annahme fanden, sollen in Form einer Denkschrift der Staatsregierung und den Landständen übermittelt werden. Die Bezirksvereine sollen durch besondere Kommissionen die Denkschrift den einzelnen Abgeordnete» noch persönlich überreichen lassen. Bei der Beratung wurde insbesondere dem Bedauern da­rüber Ausdruck gegeben, daß in dem neuen Entwurf keine Verringerung des Prozentsatzes des Umgeldes vorgesehen sei; die billigen Weine könnten heutzutage bei den immer steigenden Preisen keine 11 Prozent Umgeld mehr ertragen.

Stuttgart, 7. Okt. (Korr.) Am Dienstag den 10. Okt., abends 8 Uhr, wird Kirchenrat Dr. Kroner im Saalbau von Dinkelacker einen öffentlichen Vortrag halten über das Thema:Die Quellen der Idee des ewigen Völkerfriedens." Hiezu hat Jedermann freien Zutritt.

Cannstatt, 7. Okt. (Korr.) Wie erinnerlich er­schienen Ende Mai und Anfangs Juni d. Js. in den hies. und auch auswärtigen Blättern einige Artikel, die sich mit der Eingemeindung Cannstatts nach Stuttgart beschäftigten. Wenn nach Aufzählung verschiedener Gründe für die Zweckmäßigkeit, ja Notwendigkeit einer Vereinigung beider Städte damals auch noch betont wurde, daß die überwiegende Mehrzahl der hiesigen Einwohnerschaft diesem Gedanken durchaus sympathisch gegenüber stehe, so war da­mit durchaus nicht zuviel gesagt. Das zeigt sich jetzt aufs neue, nachdem bekannt wird, daß die Stadt Stuttgart im Sommer d. Js. eine Eingabe an das K. Ministerium des Innern gemacht hat, um eben diese Eingemeindung zu er­reichen. Man kann ruhig sagen: In Cannstatt wird dieses Vorgehen Stuttgarts allgemein freudig begrüßt, um­somehr, als man die einleitenden Schritte in dieser Be­ziehung nicht für so nahe hielt. Beide Städte können nur gewinnen und nicht zum mindesten wird gerade Cannstatt die Segnungen zu empfinden haben, die aus der Zugehörig­keit zu einem größeren wirtschaftlichen Gemeinwesen natur- notwendig entspringen müssen. Die Eingabe selbst soll einem Beschluß des Cannstatler Gemeinderats zufolge ver­öffentlicht werden.

Cannstatt, 7. Okt. (Korr.) Während es eine Zeit lang den Anschein hatte, als ob unsere hiesige ca. 18 Köpfe starke Artilleriekapelle infolge der Neuorganisation der Feldartillerie mit der Regimentskapelle in Ulm ver­einigt werden würde und demnach die hiesige Abteilung ganz ohne Musik gewesen wäre, kann als neueste Wendung der Angelegenheit berichtet werden, daß die hiesige Abteilung nicht nur ihre Musiker behält, was ja schon bekannt war. sondern daß sogar die ganze Kapelle des 13. Artilleriere­giments (zusammen ca. 24 Mann) hierher verlegt werden wird und zwar schon in den nächsten Tagen. Die Kapelle wird unter Leitung ihres bisherigen Kapellmeisters Bant­leon in Ulm stehen. Der Regimentsstab bleibt in Ulm.

Zur Reichstagsersatzwahl im 5. Wahlkreise. Die Agitation für die am 27. Oktober staltfindende Wahl wird bereits sehr lebhaft betrieben von der Sozialdemo­kratie. Sie hat für den gestrigen Sonntag im Uracher Bezirk 8, im Kirchheimer 6, im Nürtinger 2 Versammlungen in den Bezirksblättern ausgeschrieben. Der sozialdemokra­tische Kandidat Schlegel selbst sprach in Weilheim u. T. In der Stadt Eßlingen hat die Zahl der Wahlberechtigten seit vorigem Jahr um 222 zugenommen (1898: 5217; 1899: 5439), in Nürtingdn um 105 (11S4t 1299). Die Wählerschaft ist also in Eßlingen um 4,3 Proz., in Nür­tingen um annähernd 9 Proz. gestiegen.

Das Glaubensbekenntnis eines Idealisten. In einer Volksversammlung zu Göppingen hat sich Pfarrer Blumhardt-Boll, nach dem Bericht desHohenstaufen", etwa folgendermaßen ausgesprochen:Ich kann nicht ins einzelne eingehen, wie die Vorredner; aber das Herz ist mir schwer geworden bei dem, was ich gehört habe. Wenn ich mich in die Lage eines Arbeiters hineindenke, dann wird es mir fast schwindelig und ich kann nur beklagen, daß es die menschliche Gesellschaft noch nicht weiter ge­bracht hat. Auf dem Weg der Gesetzgebung werden keine wesentlichen Fortschritte erzielt; wenn durch Gesetze auch einige Erleichterungen geschaffen werden mögen, so lassen sie doch das Ganze faul. Was nun aber? Sollen wir einem Ideal nachjagen? Ich, meine Herren, jage ihm nach. Ich denke an eine völlig neue Gesellschaft. Ich habe gesunden, daß diejenigen, die einem Ideal nachjagten, in allewege weiter kamen. Ich bin religiös erzogen worden