Erscheint
Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag.
Auflage: 1800.
Preis vierteljährl. hier mit Trägerlohn 90^,im Bezirk 1^, außerhalb d. Bezirks 1 ^ 20 -f. Monatsabonnements nach Verhältnis.
Der GchlllWer
Amts- und Anzeige-Blatt für den Gberamts-Bezirk Nagold.
74. Jahrgang.
JnsertionS-Gebühr s. d. einspaltige Zeile aus gewöhn!. Schrift oder deren Raum bei einmalig. Einrückung S bei mehrmalig, je S
Gratisbeilagen: Das Plauderstübchen und
Schwäb. Landwirt.
^ 123.
Amtliches.
Bekanntmachung,
betreffend ein Scharfschießen des Feldartillerie-Regiments König Karl (1 W.) Nr. 13 ans der Höhe zwischen Emmingen-Sulz— Kuppingeu und Oberjettinge«.
Am Donnerstag de« 24. Aug. d. I. wird das Feld- Artill.-Regiment Nr. 13 ein Geländeschießen mit scharfer Munition im Bezirk abhalten.
Das durch das Schießen gefährdete Gelände wird im allgemeinen eingeschloffen durch die Gemeinden Emmingen, Wildberg, Sulz, Oberjefingen, Kuppingeu und Oberjettiuge«.
Den Weisungen der aufgestellten Posten ist im Interesse der eigenen Sicherheit unbedingt zu gehorchen. Ein Betreten des vorstehend als gefährlich angegebenen Geländes ist im höchsten Grad lebensgefährlich.
Die Absperrung dauert von morgens 6.30 Uhr bis nach Beendigung der Uebung, nach welcher die Posten eingezogen werden. Die Einwohner werden in ihrem eigenen Inte- reffe ersucht, ausgesteckte Postentafrln und Flaggen nicht wegzunehmen.
Bor Berührung blind gegangener Geschosse, d. h. solcher, welche nicht in Stücke zersprungen sind, wird aufs eindringlichste gewarnt.
Ein Wegtragen derselben oder ein Herumhämmern an denselben, selbst eine Berührung derselben ist mit Lebensgefahr verknüpft.
Da die Möglichkeit nahe liegt, daß nicht sämtliche Blindgänger durch die zum Suchen kommandierten Mannschaften gefunden werden und somit einzelne Blindgänger durch Einwohner der umliegenden Ortschaften angetroffen werden können, wird wiederholt auf die unmittelbare Lebensgefahr, welche mit dem Berühren der Blindgänger verbunden ist, hingewiesen.
Das gen. Regiment hat als Belohnung für jedes gefundene Geschoß, welches nicht berührt, dagegen dem Offizier, bezw. Feuerwerker zur Anzeige gebracht wird, 3 ^ ausgesetzt, welcher Betrag dem Finder an Ort und Stelle sofort bar bezahlt wird.
Etwa später aufgefundene Blindgänger sind der betr. Ortspolizeibehörde, auf deren Markung sie gesunden wurden, anzuzeigen.
Die Ortspolizeibehörden werden angewiesen, den Finderlohn von 3 Mark sofort vorschußweise auszubezahlen und nachher bei dem gen. Regiment zur Liquidation zu bringen.
Wird der Ortspolizeibehörde ein blind gegangenes Geschoß angezeigt, so hat dieselbe sofort -die geeigneten Vorkehrungen zutreffen, daß das Geschoß am Fundort unberührt bis zum Eintreffen eines Feuerwerkers, welcher zum Sprengen kommandiert werden wird, liegen bleibt uns ungesäumt, eventl. telegraphisch dem Regiment Mitteilung zu machen, damit dasselbe den Feuerwerker unverzüglich absenden kann.
Die durch das event. Bewachen gefundener Geschosse, durch Mitteilung etc. entstehenden Kosten, werden ebenfalls von dem gen. Regiment übernommen.
Die Vorarbeiten für die Pariser Weltausstellung.
Vom Reichskommissar Geh. Oberregierungsrat Dr. Richter.
Entnommen aus der „Woche".
Das im Herzen der Stadt Paris gelegene, 108 da große Ausstellungsterrain erhält seinen Haupteingang an der Place de la Concorde. Die Vorarbeiten für die im monumentalen Stil gehaltene Eingangspforte mit ihrem an maurische Motive anklingenden kuppelförmigen Oberbau sind in lebhaftem Gang; 60 in sinnreicher Weise, teils neben, teils übereinander angeordnete Eingangsschalter werden die rasche Abfertigung der gerade hier in besonders großer Zahl zu erwartenden Besucher der Ausstellung sicher stellen.
Dieser Haupteingang führt unmittelbar zu einem der interessantesten und anziehendsten Telle des Ausstellungsterrains, nämlich zu denjenigen großen Bauwerken, die die Ausstellung zu überdauem bestimmt sind. Der für die Ausstellung des Jahres 1855 errichtete Jndustriepalast ist abgebrochen und durch zwei Paläste, einen kleinen und einen von gewaltigem Umfang, ersetzt worden, die bei der bevorstehenden Ausstellung die Erzeugnisse der bildenden Künste in sich aufnehmen und von denen später der „große Palast" — in gleicher Weise wie das alte Jndustriegebäude — dem „Salon", d. h. den alljährlichen großen Frühjahrskunstausstellungen und dem diesen zeitlich vorangehenden „6onec>ur8 liixpiqus« als Heimstätte dienen soll. Diesen verschiedenartigen Zwecken hat die architektonische Gliederung und Einteilung des großen Palastes angepaßt werden müssen. Die
Nagol-, Mittwoch den S. August
Die Schultheißenämter der Gemeinde« Nagold, Emmingen, Wildberg, Gültlingen und Sulz werden ange- wiesen, vorstehende Bekanntmachung wiederholt in ortsüb. sicher Weise in ihren Gemeinden zur öffentlichen Kenntnis zu bringen, und hierüber anher Bollzngsbericht zu erstatten.
Nagold, den 7. Aug. 1899.
K. Oberamt. Ritter.
Gestorben: Gottfried Kienle, Hirschwirt, 62 I. a., Mag- stadt. — Friederike Widmann, geb. Krauß, 64 I. a., Böblingen. — Gottlob Schmutz, Rentner, 77 I. a., Heilbronn. — Karoline Schüttle, geb. Schenk, Wwe. des früh. Oberlehrers am Waisenhaus in Stuttgart. — Fran, Braun, früh. Inhaber der Firma G. F. Braun, S6 I. a., Oehringen. — Santitäsrat Dr. Adae, 86 I. a., Eßlingen. — Friedrich Köhler, Werkmeister a. D., Calw. — Robert Eeeger, 26 I. a., Neuenbürg. — Carl Dorner, Kaufmann, 68 I. a., Tuttlingen.
Hages-Meuigkeiten.
Drstsches Leich.
Nagold, 7. Aug. (Korr.) Nagolder Schulen und Anstalten auf der LandeSschulausstellung. Auf der zur Zeit in der Gewerbehalle in Stuttgart statthabenden württ. Landesschulausstellung ist Nagold würdig vertreten, nämlich durch folgende hiesige Schulen und Lehranstalten: Die gewerbliche Fortbildungsschule, die Frauenarbeitsschule, die Lateinschule, die Realschule, das Seminar, der Lehrer- und Zeichenkurs und die Taubstummen-Anstalt. Die gewerbliche Fortbildungsschule hat Zeichnungen aus dem Freihand- und geometrischen Zeichnen, sowie dem gewerblichen Fachzeichnen ausgestellt u. A. von einem Hausthor, Buffet, Kehl- und Balkendach, Portal, von Artikeln der Dreherei u. s. w.; ferner Hefte aus dem Geschäftsaufsatz und der gewerblichen Buchführung. Die Frauenarbeitsschule stellte Zeichnungen aus dem Freihand- und geometrischen Zeichnen und dem Musterschnittzeichnen für Hand-, Maschinen- und Kleidernähen, Hefte auS der Buchführung, dem Geschäftsaufsatz und dem Rechnen und Handarbeiten aus dem Hand-, Maschinen- und Kleiderrähen, sowie dem Sticken aus; namentlich ist sie mit dem Verschiedenartigsten hübschen, feinst gearbeiteten Weißzeug wie Hemden, Servietten, Strümpfe etc. vertreten. Die Lateinschule hat Zeichnungen aus dem Freihand- und Körperzeichnen.. die Realschule aus dem Freihand- und geometrischen Zeichnen ausgestellt, während die hiesige Präparandenanstalt mit Zeichnungen aus dem Freihand-, geometrischen- und Projeknonszeichnen, das Schullehrerseminar mit Zeichnungen aus dem Ornamenten- und Körperzeichnen, Ornamentenschatticren, Zeichnen und Schattieren nach Naturgegenständen, angewandtem Projeklionszeichnen, sowie Schattenkonstruktion und Zen- tralperspektive figuriert. Der seit längerer Zeit alljährlich hier stattfindende Zeichenkurs für evang. Lehrer an Volksund gewerblichen Fortbildungsschulen hat die Ausstellung mit Zeichnungen aus dem Ornamentenzeichnen, Schattieren und Körperzeichnen und dem Piojektions- und technischen Fachzeichnen, die Taubstummenanstalt mit Zeichnungen aus dem Freihand- und geometrischen Zeichnen, sowie der Projektionslehre beschickt. So ist also auch Nagold auf der
Mitte des Gebäudes nimmt ein weit ausgedehnter, glasbedeckter Hof ein — die Stätte für den „Ooneours lüxpiqas" — während rings herum in zwei Etagen, die teils mit Seitenlicht, teils mit Oberlicht versehenen Säle für die Ausstellung von Gemälden disponiert sind. Das ganze Gebäude erinnert in seinen großartigen Abmessungen und in seiner imposanten, ernsten und würdevollen Architektur an die mächtigen Paläste aus römischer Zeit und wird ebenso wie der leichtere Formen zeigende „kleine Palast" in der großen Zahl architektonisch bedeutsamer Bauwerke von Paris einen hervorragenden Platz einnehmen.
Die breite, zwischen den beiden Gebäuden belegene Straße, die an ihrem Nordende tti die Avenue des Champs Elisees mündet, führt in südlicher Richtung auf den „Pont Alexandre III", jene ebenfalls aus Anlaß der bevorstehenden Weltausstellung erbaute, in einem einzigen Bogen die dort 109 m breite Seine überspannende Brücke, zu welcher der Zar Nikolaus II. den Grundstein gelegt hat. Die Arbeiten für diesen technisch wie dekorativ gleich interessanten Bau sind soweit vorgeschritten, daß die Brücke aller Voraussicht nach schon am 1. Januar 1900 dem Verkehr wird übergeben werden können.
Der imposante Eindruck dieser drei nahe beieinander gelegenen, großen architektonischen Schöpfungen wird noch durch den Umstand erhöht und gefördert, daß durch den Abbruch des Jndustriepalastes eine neue, überaus reizvolle Perspektive geschaffen wird, deren effektvollen Abschluß die goldglänzende Kuppel des Jnvalidendoms bildet.
18SS.
LaNdesschulauSstellung würdig vertreten. Dieselbe dauert bis 13. d. Mts. einschließlich, der Eintritt ist frei und ist der Besuch sowohl Fachleuten als allen denjenigen, die «inen teilweisen Einblick in das württ. Schulwesen der Gegenwart, namentlich hinsichtlich Verfolgung gewerblicher Ziele thun wollen, sehr zu empfehlen. Sämtliche Ausstellungsgegenstände durften nur innerhalb der letzten drei Schuljahre, also vom Schuljahr 1896/97 einschl. ab, gefertigt sein. Nach dem Ausstellungskatalog halten im Winterhalbjahr 1898/99 die hiesige gewerbliche Fortbildungsschule 148 Schüler (4 über 17 Jahre) und 6 Lehrer, die Frauenarbeitsschule (3 Kurse jährlich) durchschnittlich 50 Schülerinnen, 2 Klaffen und 2 Lehrerinnen, die Lateinschule 1 Klaffe mit 32 Schülern und 1 Zeichenlehrer, die Realschule 3 Klaffen, 54 Schüler und 2 Zeichenlehrer, das Schullehrerseminar 3 Kurse mit 82 Zöglingen und 1 Zeichenlehrer, die Präparandenanstalt 2 Kurs« mit 7b Zöglingen und 1 Zeichenlehrer, der Lehrer-Zeichenkurs durchschnittlich 12 Teilnehmer und die Taubstummenanstalt 30 Zöglinge, 1 Klaffe und 2 Zeichenlehrer.
Nagold, 8. Aug. Ueber Ursache und Bekämpfung der Nervosität wird Freilag 18. Aug. abends 8 Uhr im Gasthof z. Hirsch hier der weltbekannte Naturarzl Dr. Simoni einen öffentlichen Gratisvortrag halten, der insbesondere für Frauen und Mädchen Anzugskraft haben dürfte. Ueber diesen Redner schreibt die Danz. Zlg., 19. Febr. 1899. Vater Simoni, genannt Abraham a Santa Clara II.", hat auch hier im Naturheiloerein vor einem sehr zahlreich erschienenen Publikum einen lebhaft packenden Vortrag gehalten. Es könnte nicht schaden, wenn wir im Parlamente eine Anzahl solcher wirkungsvoller Redner hätten, wie Dr. Simoni einer ist. Seine Ausführungen über die allgemeine Entartung im „elektrisch beleuchteten Jahrhundert" waren scharf und derb, aber von einer unumstößlichen Logik und dabei mit so köstlichem Humor gewürzt, daß man dem Redner nicht gram sein konnte, so sehr auch jeder Einzelne sich getroffen fühlen mußte. Die Kinder sind Greise, aber niemand wird alt.
Die kraftlose Jugend sucht künstlichen Halt, —
Die Mägdleins am Mieder, die Herrleins am Stock, Falsch sind die Zähne, wattiert ist der Rock.
Es laufen mit Brillen zur Schule die Fratzen, Gtudentenbarette bedecken schon Glatzen.
Und eine akademische Saufbahn,
Die nennt man stolz auch eine Laufbahn!
In dieser Weise ging es abwechselnd, bald in Prosa, bald in Knüttelversen fort, Schlag auf Schlag. Man hatte die Empfindung, einen begeisterten Jüngling zu hören und wenn man dem greisen Apostel naturgemäßer Lebensweise in das verschmitzt lächelnde Gesicht blickte, dann hätte man wahrlich ein sehr hartgesottener Sünder sein müssen, wenn man ihm nicht Recht gegeben haben würde, als er zum Schluffe seiner wirkungsvollen Episteln ausrief:
Erquickt Euch im herrlichen Sonnenlicht,
Verschließt Euren Schlafraum dem Lufthauch nicht, Härtel Euch ab und badet Euch kalt.
Dann wachsen die Kräfte und Ihr werdet alt.
Ueberschreitet man die Alexanderbrücke, so gelangt man unmittelbar auf die „Esplanade des Invalides", jenes schmale langgestreckte Gelände, auf dem 1889 die Hütten der Japaner und die französische Kolonialausstellung ihren Platz gefunden hatten. Diesmal wird die von Baumreihen eingefaßte Esplanade einen der Hauptanziehungspunkte der Ausstellung bilden, da die beiden sich gegenüberliegenden Paläste, die hier errichtet werden, die kunstgewerblichen Erzeugnisse beherbergen sollen, der westliche die französischen, der östliche die aller übrigen Nationen.
Die Bauarbeiten sind weit vorgeschritten, insbesondere ist derjenige Teil, in dem Deutschland seinen verhältnismäßig recht umfangreichen und günstigen Platz erhalten hat, soweit iin Rohbau fertiggestellt, daß mit den deutschen Jnstallations- arbeiten schon in nächster Zeit begonnen werden kann.
Verfolgt man das linke Seineufer von der Esplanade des Invalides aus stromabwärts, so gelangt man auf die sogenannte „Straße der Nationen", eine breite, dem Lauf der Seine folgende Promenade, die das Bindeglied zwischen der Esplanade des Invalides und dem Marsfeld bildet. Hier erheben sich die teils Ausstellungs-, teils repräsentativen Zwecken dienenden Staatsgebäude der an der großen Weltschau beteiligten fremden Länder. Alle diese Gebäude werden auf einer französischerseits hergestellten Plattform errichtet, die eine längs des ganzen linken Seinrufers laufende Eisenbahn überdeckt. Die Bauwerke liegen infolgedessen ziemlich hoch über dem Wasserspiegel des Flusses, was ihrem architektonischen Eindruck wesentlich zu statten kommen wird.
(F. f.)