Maulbronn. 6. Juni. Gestern nachmittag traf unter Leitung deS Regimentskommandeurs, Oberstleutnant Frhr. v. Starkloff dos Offizierskorps deS Königs-Dragoner-Regi- mentS auf seinem UrbungSritt hier ein. Ln demselben beteiligte sich auch Seine Königliche Hoheit Herzog Robert »on Württemberg. Derselbe nahm im Kgl. Amtsgericht Wohnung. DaS Diner nahmen die Hrn. Offiziere im Gasth. zur Post ein. Diesen Morgen setzte das Offizierkorps den UrbungSritt in der Richtung nach Weil der Stadt fort.
Pforzheim, 7. Juni. Wie der „Pf. Beob." aus ganz zuverlässiger Quelle erfährt, hat der Reichstagsabgeordnete Alfred Agster am letzten Montag seinen Austritt auS der sozialdemokratischen Partei angrmeldet.
Pforzheim, 9. Juni. (Korr.) B« i der gestrigen Stadtverordnetenwahl der II. Wählerklaffe siegte die Liste der Nationalliberalen mit 314 Stimmen gegen die Liste deS Bürgervereins, die 260 Stimmen auf sich vereinigte. — Reichs- tagSabgeordneter Alfred Agster ist gestern kurz nach 12 Uhr plötzlich nach Berlin ab gereist.
Heidelberg, 6. Juni. In Anwesenheit der Großherzogin von Baden wurde heute der 4. Verbandstag der deutschen Frauenvereine vom Roten Kreuz eröffnet. Die Kaiserin ließ die Versammlung durch den Staotsminister v. Hofmann begrüßen, ebenso die Königin von Wüttemberg und die Prinzessin Ludwig von Bayern. Auf die Ansprache deS Ministers v. Hosmann erwiderte die Großherzogin dankend, indem sie gleichzeitig an die Thätigkeit der Kaiserin Augusta erinnerte.
Krefeld. 7. Juni. Die Verhandlungen zwischen den Seidenstoffsabrikanten und den Arbeitern sind gescheitert. Ein großer Streik scheint demzufolge unvermeidlich.
Bremen, 7. Juni. Der LloySdampfer „Kaiserin Maria Theresia", welcher wegen großen Tiefganges im Belt auf Grund geriet, ist durch die thatkräftige Hilfe der deutschen Kriegsschiffe „Aegir", „Odin" und „Norden" gestern abend glücklich adgekommen.
Bremen, 7. Juni. Nach einer hier verbreiteten Mitteilung der Administration des TuezkanalS ist die Pest in Egypten erloschen.
-j- Auch dos preußische Abgeordnetenhaus trat am Dienstag wieder zusammen. In dieser Sitzung wurde der preußisch-württembergische Staatsoertrog. betr. die Flößerei auf dem Neckar und der Glatt, endgiltig genehmigt, worauf dos Haus die Vorlage, betr. die Versetzung älterer richterlicher Beamten in den Ruhestand, in erster Lesung beriet und sie schließlich an eine besondere Kommission »erwies.
A»rla»d.
Paris, 7. Juni. Die Kammergruppe der nationalen Vereidigung wird an die Regierung die Frage stellen, welche Maßregeln sie zu treffen gedenke, um bei Kundgebungen, die am Sonntag bei dem Rennen in LongchampS erfolgen könnten, die Ordruvg zu sichern. In der Anfrage soll auf die Artikel gewisser Blätter hivgewiesen werden, die geradezu zum Bürgerkrieg aussordern. — Der Generalrat der Seine nahm einstimmig eine Tagesordnung an, in der gegen die Vorgänge in Auteuil Protest erhoben und das Vertrauen zum Präsident Laubet ausgesprochen wird. — Wie auS RennrS gemeldet wird, dürste der Oberst Soxiö, Kommandant des 10. Artillerieregiments, den Vorsitz im neuen DreysuS-Prozeffe führen. Die revisionistischen Blätter erklären, daß dies geradezu einen Faustschlag für die Gerechtigkeit bilden würde, da Oberst Soxiö ostentativ an den Treibereien g gen DreysuS ttilgevommen habe. — Grus Dion richtete an den Polizeipräsekten ein Schreiben, in welchem er gegen die Schließung des Automobil-Klubs Einspruch erhebt, der für die französische Industrie so nützlich sei. Gras Dion erbot sich, die Vizeprästdentschast dieses Klubs niederzulegen, wenn derselbe seinetwegen geschloffen worden sei.
Paris, 8. Juni. Nach Londoner Depeschen aus Eayrnne waren alle Bemühungen, Dreyfus zu interviewen, vergeblich, da er von einem Gensdarmerir» Hauptmann und 4 Gensdarmen streng bewacht wurde. Er befindet fich in guter Gesundheit, wenn er auch er- schöpft ist.
Paris, 8. Juni. Der „Figaro" veröffentlicht heute daS Facfimile einer eigenhändigen Erklärung Esterhazys, in welcher derselbe bestätigt, das Bordereou geschrieben zu haben.
Haag, 8. Juni. In der gestrigen Sitzung der Mili- tär-Kommission der Friedenskonferenz sollen bei der Behandlung des holländischen Antrages, auf die Dauer von 5 Jahren die Einführung eines besseren als das gegenwärtig bestehende, im Gebrauch befindliche Gewehrmodell zu verbieten, die Geister heftig aufeinander geplatzt sein. Bei 9 Enthaltungen sei der Antrag schließlich mit 9 gegen S Stimmen (Deutschland und Amerika) angenommen worden.
Petersburg, 8. Juni. In hiesigen leitenden Kreisen ist daS Gerücht verbreitet, daß Fürst Radolin aus seinen Botschafterposten nicht mehr zurückkehrt.
Sofia, 8. Juni. Nach gestern Abend aus Konstantinopel hier eingelausenen Privatdepeschen soll derSultan schwer ertrankt sein. Im Aildiz-Palast herrsche große Verwirrung.
Sofia. 7. Juni. In der Nähe des Hotel Metropol wurde ein Macedonier, der Lehrer Dimitri Schakmanow, wegen angeblichen Verrates von Mocedoniern überfallen; er erhielt 24 Messerstiche.
Madrid, 7. Juni. Nach dem „Berl. Lokal-Anz." sagte der Ministerpräsident Sylvela über den deutschspanischen Vertrag folgendes zu einem Interviewer: „Ich sollte eigentlich nichts verraten", sagte er, „aber viel ist ja schon bekannt geworden, und der VerhandlungStag in dev Cortes — Freitag oder Sonnabend — ist nahe. Es ist uns eine Genugihuurg. daß gerade Deutschland unser Nachfolger in der Herrschaft über die Südseeinseln wird; wir sehen einen lieben Freund dort einziehen, der uns wohl will und dem wir das Beste wünschen. Wir haben die Verkaufsangelegenheit von der vorigen liberalen Regierung übernommen, finden uns aber in völliger Ueber- einstimmung mit dieser. Es kann daher kein Zweifel über die Gutheißung und Annahme durch die Cortes sein; es wird ja viel dort diskutiert und gejammert werden über den Hingang des letzten spanischen Besitzes, und Don Ro- bledo wird mit mächtigen Tiraden wettern und stöhnen — ich empfinde ja das auch mit ihm und allen tief mit — aber es ist dos besser so. Freilich die Koufsumme ist winzig; wir hatten ursprünglich vierzig Millionen verlangt, aber diese Summe war nicht zu erlangen, nun müssen uns 25 genügen. Wir reservieren uns auf jeder Gruppe eine Kohlenstation, die Deutschland schützen wird. — Wir treten zum deutschen Reich in ein gegenseitiges Verhältnis der meist begünstigten Nationen — für Deutschland der niedrigste Tarif in Spanien, für Spanien der niedrigste Tarif in Deutschland und den deutschen Kolonien — dos giebt eine Handelsallianz, die beiden Ländern zum Gegen gereichen soll. Niemanden mehr als Deutschland gönnen wir den Besitz der etwa anderthalb hundert Inseln. Zieht das Ausland darüber Gesichter, so ist das nicht zu ändern. Was die Sanktionirung deS Ankaufes durch den Deutschen Reichstag betrifft, so habe ich von maßgebender Seite bereits genügende Zusicherungen erhalten, die keinen Zweifel über den Ausgang aufkommen lassen." Sylvela, der sich neben mich aus dos Sopha gesetzt hatte, sprach mit der unbefangensten Vertraulichkeit und lehnte meinen lebhaften Dank für die liebenswürdige Auskunft freundlich ab. Als ich von der Zugeknöpftheit der Anderen sprach, lachte er und sagte: „Ja, Stillschweigen muß sein; ich hätte Ihnen gerne mehr gesagt, aber es ist wirklich alles, was ich selber weiß — rch habe nichts hinzuzusügen, weil nichts hinzuzu- sügen ist."
Kleinere Mitteilungen.
Eltingen O.A. Leonberg. 7. Juni (Korr.) Gestern vormittag '/,9 Uhr brach hier ein größeres Schadenfeuer auS, wodurch zwei Wohnhäuser und zwei Scheunen, welche dem Joh. Kreß. Jak Ratsch und Rud. Widmayer gehörten, vollständig eingeäschert wurden. Die Abgebrannten find versichert. DaS F.uer soll durch zündelnde Kinder entstanden sein.
Oberdorf, 8. Juni. In der Nacht vom 27. auf 28. Mai wurden auf dem hiesigen israelitischen Kirchhofe einige Grabsteine umgeworfen. Als Thäter find einige junge Leute von Aujhausen verdächtig, welche in der gleichen Stacht auch dort groben Unfug verübt haben.
Donaueschingen, 7. Juni. Ein hiesiger Bäckergeselle setzte einen Stalljungen, dem er, wie es scheint, einen Begriff
seiner Stärke beibringen wollte, auf den heißen Backofen und ließ ihn trotz der entsetzlichen Schmerzensschreie erst herunter, als dem Bedauernswerten Hose und Hinterteil gehörig verbrannt waren. Für seine Heldenthat erhielt er 2 Monate Gefängnis.
Durbach bei Offenburg. 7. Juni. Dieser Tage starb hler eine Frau, die nicht weniger als 17 lebende Kinder hinterließ.
Ludwigshafen, 8. Juni. In den hiesigen Ziegelei- werken erlitten gestern Nachmittag 2 Arbeiter beim Aus- räumen eines Trockenofens durch Ersticken den Tod. Sie betraten den Raum zur Mittagszeit als der Ventilator still stand.
Versuchten Vatermord, Brandstiftung u. Gelbst, mord vereinigte gestern der 33jährige Bauernbursche Grothe zu Kikebusch bei Schmöckwitz in grauenhafter Weise, um einerseits der lange genährten Rachsucht gegen den Vater Genüge zu thun und anderseits, nachdem er sein Rache- wer! vollendet, der Strafe zu entgehen. Hier geht un- folgende Darstellung zu: Der 33jährige Sohn des Kike- buschers Bauern Grothe hatte in der Sonntugnacht einem Kriegerfest in Woltersdorf beigewohnt und war heute Morgen von dort betrunken nach Kikebusch heimgekehrt. Er wollte die Pferde anspannen, um aufs Feld zu fahren. Sein Vater wollte dies nicht zugeben. „Du bist betrunken.« sagte er, „es wird der Knecht fahren." Zwischen Vater und Sohn entstand nun ein heftiger Streit. Plötzlich ergriff Grothe, von wahrer Berserkerwut befallen, eine Düngergabel, stach mit derselben das ihm zunächst stehende Pferd nieder^ dann ging er mit der Gabel auf seinen Vater los, stach ihm mit derselben ein Auge aus und versetzte ihm auch einen Stich in die Brust. Blutüberströmt sank der Mann nieder. Der zur Hilfe herbeigeeilte Knecht wurde auch von Grothe thätlich angegriffen, wehrte jedoch kräftig ab. Hieraus rannte Grothe wutentbrannt, angeblich um den Gendarmen zu suchen, davon. Tatsächlich schlich er sich aber auf den Heuboden des väterlichen Hauses und setzte diesen in Brand. Bald stackerten die Hellen Flammen empor, im Orte wurde die Sturmglocke geläutet, und die Feuerwehren von Eichwalde, Schmöckwitz, Woltersdorf und Miersdorf erschienen aus dem Brandplatze. Aus der unterhalb des Heubodens befindlichen Stelle, welche ebenfalls vollständig niederbrannte, konnten die Tiere nur mühsam gerettet werden. Bei den Aufräumungsarbeiten machte die Feuerwehr die entsetzliche Wahrnehmung, daß Grothe, welcher den Brand gestiftet hatte, selbst in den Flammen den Tod gefunden. Von seinem Körper war nur noch der halbverkohlte Rumpf vorhanden. Es lag offenbar in der Absicht Grothes, auf diese Weise einen Selbstmord auszuführen. Der Vater Grothes, welchem fich das Mitleid der gesamten Einwohnerschaft von Kikebusch zuwendet, liegt schwer krank darnieder. Die heutige Katastrophe bildete den schrecklichen Abschluß der seit Jahren zwischen Vater und Sohn be- standenen Zw stigkeiten. _
Landwirtschaft, Handel und Verkehr.
Kirchheim u. T., 5. Juni. Der heutige Markt war mit folgenden Tiergattungen befahren: 23 Zuchtfarren, Preis per Stück 140—240 26 Mastochsen, Preis per Paar 780—1002 ^ 83
Zugochsen, Preis per Paar 570—680 151 Zugstiere, Preis per
Paar 300-520 ^ 234 Kühe, Preis per Stück 180—350 245
Kalbel», Preis per Stück 220—700 269 Rinder, Preis per Stück
110—290 Mark, 450 Milchschwrine, Preis per Paar 26—36 ^ 1 , 110 Läuferschweine, Preis per Paar 40—90
Der Getreidemarkt. (Berichtswoche vom 2.—9. Juni.) Trotz der ungünstigen Ernteausstchten in Amerika haben die amerikanischen Landwirte in den letzten Wochen doch noch sehr viele Weizenvorräte auf den Markt gebracht und das Angebot war so bedeutend, daß die Weizen- und Roggrnpreise die Steigerung der letzten Tage wieder verloren haben. In Berlin, Leipzig und Frankfurt a. M wurde in ziemlichen Umsätzen gekauft: Wetzen, je nach Tüte, die Tonne — 20 Ztr. 155—171 Roggen 150—156 Futtergerste 127-140 Hafer 147—153 amerik. Mais 108 bis 112 runder 108—126 ^
Der Postdampfer „Friesland" der „Red Star Linie" in Antwerpen, ist laut Telegramm am 5. Juni wohlbehalten in New- Jork an gekommen. _
Verzeichnis Ver Märkte in der Umgegend.
Vom 12.-17. Juni 1899.
Pfalzgrafenweiler: 13. Krämer-, Vieh-, Roß- u. Flachsm.
Calw: 14. Vieh-, Roß- u nd Schweinem arkt. _
_ Hiezu „Das Plauderstübchen" Nr. 23. _
Druck und Verlag der T. W. Z ais er'scheu Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold. — Für die Redaktion verantwortlich: K. Paur
Amtliche and Privat-Lekaantmachaagea.
Bauarbeitvergebung.
Die bei Neuanlegung der Gtraßenfahrbahn der Hinteren Gaffe erforderlichen
I. Grdarbeile» veranschlagt zu 600 Mark
ll. Chan fiernrrgsarbeiten
u. Keiführr« der Moria,steine „ „ 240
d. Kielte« der M*rta,e „ „ 350 „
e Kleingeschläg sa«i K eifuhr „ „ 680 „
sollen im Submisstonswege in Akkord gegeben werden.
Pläne, Bedingungen und Kostenvoranschlag liegen auf dem hiesigen Stadtbauomte zur Einsicht auf und sind die in Prozenten deS Ueberschlags ausgedrückten Angebote längsten-
bis zum 13. Juni ds. Js. «achm. 4 Uhr
verschlossen und mit der Aufschrift „Angebot" versehen, bei Unterzeichneter Stelle portofrei einzureichen.
Nagold, 8. Juni 1899.
Stadlbauamt:
Lang.
E f f r i n g e n.
Am M»ntag den 12. Juni, nachm. 1 Uhr, verkauft die hiesige Gemeinde aus ihrem Schafweideplatz oberhalb der Brücke im Schwarzenbach nach Nothfelden: 48 St. Eichen mit einem Meßgehalt von circa 17 Festm., sowie 29 St. Linden und 112 St. Astholz, teilweise als Wagnerholz zu gebrauchen. Ferner 27 Stück Langholz. Fichten mit einem Meßgehalt von 28 Fstm. Zusam- menkunst auf dem Platz, wozu Lieb- Haber eingeladen werden.
Gememderat.
Kölnisches Wasser
von Johann Maria Farina, ist zu haben bei
Gtadtgemeinde Nagold.
Verkauf von unaufbereitetem Nadelholz-Stockholz.
Von den Windfällen und in Abtriebsschlägen kommen zum Aufstreich:
1) am Montag den 12. Jnni:
0 Lose im Boden geschätztes Stockholz im Distrikt Killberg Abt. Kazen- leig, Kreuztanne, Gtubenkämmerle, Herrenwäldle, Dreispitz, Linsenweg nd Buch. Zusammenkunft morgens 8 Uhr auf der Höhe der Staige ach Freudenstadt beim Haiterbacher Wegzeiger, und um ,10 Uhr uf der Freudenstädter Straße bei der großen Birke.
2) am Dienstag den 13. Juni:
!5 Lose im Boven geschätztes Gtockholz im Distrikt Killberg, Abteilungen Dachsbau, Lache, Lehmgrube, Gtellesbuckel, Buttenmühle, Sommerhalde md Brunnenhäulr. Zusammenkunft morgens 8 Uhr auf der Freuden- lädter Straße beim Gtundenstein, und um S Uhr beim sogen. Schnepfen- ichle neben der Pflanzschule.
Gememderat.