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Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag.
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Der GejrlljWn
Amts und Anzeige-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
74. Jahrgang.
JnsertionS-Gebühr f. d. einspaltige Zeile aus gewöhnl. Schrift oder deren Raum bei einmalig. Einrückung 9 -s, bei mehrmalig, je 6
Gratisbeilagen: Das Plauderstübchen und
Schwäb. Landwirt.
^5 84. Nagold, Donnerstag den 1. Juni 18SS.
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„Der Gesellschafter"
für den Monat Juni
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lich für ca. 30 Mill. Menschen Hungersnot herrscht. Um
solchem Elende zu steuern, könnte doch di« russische Regierung dazu kommen, selbst 10 Mill. Doppelzentner Getreide für die Notleidenden zu kaufen und die Ausfuhr auf einige Monate zu verbieten. In diesem Falle würde sehr leicht der Weizen- und Roggenpreis um 2 bis 5 Mark pro Doppelzentner steigen. Jedenfalls kann der Getreidemarkt bis zum August noch von mancherlei Zwischenfallen beeinflußt werden, und ein dauernder Rückgang der Weizen- und Roggenpreise ist durchaus nicht so sicher.
noch ein Notstall für 10 Rinder. Die Viehwage wird in
nächster Zeit eintreffen, dazu auch ein großer Brunnentrog. An Dürrfutter ist großer Vorrat vorhanden, der noch vermehrt wird durch die demnächst erfolgende Abmähung und Dörrung eines Teils des üppigen FutterS der Weidefläche, die vorerst nicht befahren wird. Auch an guter Streu, Sägmehl und Stroh, ist eine genügende Menge vorhanden. Nach der Kennzeichnung wurden di« Tiere sofort in den umgezäunten GraS- und Baumgarten gelaffen, die Farren abgesondert von den Rindern. Eine Lust war es, anzusehen, wie die jungen Tiere, meist von schönem Simmenthaler Schlag, mit Gier über das üppige Gras herfielen oder gegenseitig neckend, wohl auch stoßend und einander verfolgend, sich in der Freiheit tummelten. Jedem Biehbefitzer mußte das Herz lachen angesichts der herrlichen Weide, der vortrefflichen Stallung und Wasserversorgung. Man hörte auch nur Worte allseitiger Anerkennung der ganzen Einrichtung. Die Aufsicht über die Weide wurde von der Weidekommission H. Schultheiß Schumacher in Oberschwandorf übertragen, die Verpflegung des Viehes und Aufstellung der Wärter H. Gutspächter Könekamp unterstellt. — Bei der geselligen Vereinigung der Weidekommission und der Viehbesitzer im Gasthaus zum „Löwen" hielt H. Oberamtmann Ritter eine Ansprache, seiner Freude Ausdruck gebend über das vorzügliche Gelingen der Anlage und wünschend, das ganze Unternehmen möge zum Segen der Viehzucht im ganzen Schwarzwald gereichen. In das dem Vorstand der Weidekommission, H. Stadtschultheiß Krauß, für seine aufopfernde und ersprießliche Thätig- keit bei der Errichtung der Jungviehweide gewidmete „Hoch" fielen alle Anwesenden mit Beifall ein. Letzterer dankte für die ihm gewordene Ehrung und betonte, daß dem Vorstand des landw. Vereins, H. Oberamtmann Ritter, in erster Linie Lob gebühre für die Anregung zum ganze» Unternehmen und forderte die Anwesenden aus, zum Zeichen der Anerkennung sich von ihren Sitzen zu erheben. Bereitwilligst kam die Versammlung dieser Aufforderung nach. H. Oberamtmann Ritter gedachte nun noch weiter in anerkennenden Worten des Ausschusses vom londwirtsch östlichen Verein für das dem Unternehmen entgegengebracht« lebhafte Interesse. In gemütlicher, zwangloser und heiterer Unterhaltung blieb die zahlreiche Gesellschaft bis gegen Abend beisammen, und die Zeit für die Heimkehr gekommen war. — Für unsere Gemeinde hat die Einrichtung jetzt schon reges Leben gebracht. Der lebhafte Verkehr seit dieses Frühjahr, der sich voraussichtlich im Laufe deS Sommers noch steigern wird, veranlaßte auch schon die hies. Gastgeber zur Erweiterung ihrer Wirtschaftsräumlichkeiten und Stallungen. Hoffen wir, daß die hies. Jungviehweide wie für weitere Kreise, so besonders auch sür unsere Gemeinde von bleibendem Nutzen sein möge.
L. Herrenberg, 31. Mai. Heute fand ein 6wöchiger Kurs, in dem die hies. Arbeitslehrerin Frl. Boloy 8 Teilnehmerinnen aus dem Bezirke tiefer in die weiblichen Handarbeiten insbes. aber in einem methodischen Betrieb dieses Faches einführt»» durch eine von Stadipfarrer Dr. Weber und Oberamtmann Wiegandt geleitete und auch von Freunden der Sache gut besuchte Prüfung ihren Abschluß. Die mit
Gestorben: Siegfried Kiese, SO I. a.. Stuttgart. — Carl
«rünenwald, 30 I. a., Eislingen. — Theodor Eeyffardt, Privatier, Stuttgart. — Gustav Eberlen, Ludwigsburg. — Oberschulrat a. D. Zeller, 77 I. a., Cannstatt. — Wilh. Schmid, Schreiner, 23 I. a., Derendingen.
Hages-Aeuigketten.
Deutscher Leich.
* Nagold, 30. Mai. Wir teilen auf Ersuchen in Nachstehendem zur Ergänzung unseres Berichts über die Versammlung desHandwerkerlandesverbandes in der„Traube" aus der Bekanntmachung der Ministerien des Innern und des Kirchen- und Schulwesens vom 16. September 1885, betreffend die Veranstaltung von freiwilligen Lehrlingsprüfung««, den tz 12 Abs. 3, welcher die Ausfertigung der Prüfungszeugniffe regelt, mit. Derselbe lautet: „lieber die erlangten Prädikate wird auf einem von der Aufsichtsbehörde festqefiellten Formular eine Urkunde (Prüfungszeugnis) ausgestellt, welche von dem Schulrats- sowie von dem Gewerbevereinsvorstand unterzeichnet und zur Beglaubigung der Unterschrift auch mit der Unterschrift deS Ortsvorstands und dem Gemeindefiegel versehen wird." Za der Sache selbst ist uns noch gesagt worden, daß die Unterschrift der Prüfungsmeister nur im Interesse der Geschäftsoereinfachung und der Zeitgewinnung unterblieben ist, zumal auch mehrere Prüfungsmeister, nachdem sie die Prüfung abgenommen hatten, in Geschäften Weggehen mußten. Selbstverständlich haben olle Prüfungsmeister das Prüfungsprotokoll unterzeichnet. Angesichts dieses meinen wir, daß es Keffer gewesen wäre, wenn der Handweikerlandesverband eine Besprechung dieser Sache in seiner Versammlung auf die Art, wie eS geschehen ist, rmterlaffe» hätte, da ja die Unterzeichnung der Zeugnisse durch die genannten Vorstände allein vorschriftsmäßig und der gesetzlichen Bestimmung durchaus entsprechend ist. — Es sei uns ferner noch erlaubt zu bemerken, doß cs zur Klärung dienlich wäre, wenn die beiden Herren Vorstände den Sitzungen gegenseitig beiwohnen würden.
—t. Unterschwandorf, 31. Mai. Vom schönsten Maiwetter begünstigt fand gestern die Eröffnung der hies. Jungviehweide statt. Die Ausnahme der jungen Tiere, 79 Stück, worunter 7 Farren, erfolgte zwischen 8 bis 11 Uhr vormittags. Vom Nagolder Bezirk wurden 61 und vom Ealwer 18 Stück zugeführt. Die Aufnahme von weiteren angemeldeten Tieren aus Altensteig-Dorf, Effringen und Wildberg konnte vorerst nicht erfolgen wegen der zur Zeit dort herrschenden Maul- und Klauenseuche. Jedem Tier wurde als Kennzeichen eine mit einer Nummer versehene Blechklemme am linken Ohr befestigt. Der sehr praktische, gesunde, nahe an der kleinen Maierei neugebaute Stall ist zur Aufnahme von 90 Tieren eingerichtet. Außerdem ist im Stall der Maierei Platz für 30 Tiere, dazu kommt
Die Ernteaussichten und der Getreidemarkt.
-j- In den meisten Ländern Europas sind die Ernte» ausstchten recht gut, und da aus Nord- und Südamerika noch recht beträchtliche Zufuhren an Weizen und Mais nach den europäischen Häfen unterwegs find, so sieht es aus, als ob der Getreidemarkt zu einer rückgängigen Preisbewegung kommen müßte. Die Ernte ist indessen noch nicht geborgen, und kann noch große Ausfälle ergeben. Außerdem liegen aus Nordamerika widerspruchsvolle Saatenstandsberichte vor. In den westlichen Staaten sollen die Ernteausfichten sehr schlecht sein, ein Berichterstatter aus St. Louis behauptet sogar, daß dieses Jahr nur in Californien und Oregon eine gute Weizenernte zu erwarten sei. Da müßte doch ein großer Ausfall in der Ernte entstehen? Oder sollten die Amerikaner groß« Hoffnung auf den Sommerweizen, der erst im Herbste geerntet wird, setzen? — Andere Berichte aus Nordamerika lauten aber auch bezüglich der Ernteausfichten günstiger. Die Ernteflächen find eben dort zu groß und zu verschieden nach Lage und Klima, sodaß man immer Widersprüchen begegnet und schließlich ist wegen der ungeheuren Menge der Getreidefelder die amerikanische Ernte doch beträchtlich. Thal- fache ist auch, daß in Nordamerika das Getreidegeschäst im Allgemeinen ziemlich still liegt. Der „Cincinati Prices Current" bemerkt bezüglich der amerikanischen Ernteaussichten, daß alle seine Korrespondenten meldeten, die Witterung ließe sich für Weizen wie alle anderen Bodenerzeugnisse neuerdings sehr gut an. Das 'Blatt berechnet den wahrscheinlichen Winterweizenertrog auf mindestens 300—310 Mill. Büschels, und bezüglich des Sommerweizens sagt es, daß derselbe sich jetzt schön entwickele, jedoch im Vergleich zu früheren Jahren noch weit zurück sei. So lange sich etwas Bestimmteres über das Sommergetreide nicht ermitteln läßt, scheinen Voranschläge des kommenden Gesamtertrages wenig angebracht zu sein. In den Kreisen Sachverständiger glaubt man aber, daß die Ernte nicht mehr als 550 Mill. Büschels gegen 675 Mill. Büschels im vorigen Jahr ergeben werde. Sehr wichtig ist für die Getreidepreise auch die Ernte in Rußlands großen Ebenen. Die Nachrichten lauten aus Rußland über den Saatenstand teils gut, teils mittelmäßig, reils schlecht. Wichtiger als diese Berichte wird aber die Frage sein, ob in vier russischen Gouvernements thatsäch-
Nagold und seine Zeitung.
(Fortsetzung.)
Daß die Not nach dem Brande groß gewesen sein muß, geht aus einem Erlaß hervor, in dem das K. Oberamt sich darüber beklagt, daß einzelne der hiesigen durch Brand verunglückten Einwohner sich beigehen lassen, durch Herumlaufen in den benachbarten Orten die Mildthätigkeit in Anspruch zu nehmen, zumal sich doch in Nagold ein besonderer Verein gebildet habe zur Annahme und Austeilung aller einkommenden Beiträge. Solche Personen seien als Bettler einzuliefern. Zwei Feuerspritzen, die von der Oberamtspflege Nagold im Jahre 1823 und 1824 wiederholt zum Verkauf ausgeschrieben wurden, scheinen gerade noch rechtzeitig vor dem Brande verkauft worden zu sein, eine davon um 25 fl.
Von amtlichen Erlassen möge als kulturhistorisch interessant noch hervorgehoben werden, der vom 6. Dez. 1823, welcher die ungeheuren Fortschritte des Beleuchtungswesens in unserem Jahrhundert treffend illustrierst Er lautet: „Es ist zur Kenntnis des Oberamts gekommen, daß noch hie und da im Bezirke, besonders in den Waldorten „Spähne" statt der Lichter gebrannt werden". Es soll unnachsichtlich mit einer Legalstrafe von 10 fl. gegen solche Uebertreter der Feuerpolizei vorgegangen werden. Doch scheint trotz dieser elenden Beleuchtung die ledige Jugend auch in der guten alten Zeit in ausgiebiger Weise dem nächtlichen Wirtshausbesuch gehuldigt zu haben, was aus einem oberamtlichen Erlaß vom 20. August 1825 hervorgeht, dessen Anfang also lautet: „Es ist bei dem Oberamt die Klage
vorgebracht worden, daß in den meisten Orten des hiesigen Oberamtsbezirkes der Unfug herrsche, daß von den ledigen Mannspersonen zur Nachtzeit auf den Straßen und in den Wirtshäusern oft bis Mitternacht gesungen und gelärmt werde."
Daß in unserer Stadt im Jahre 1823 ein Pfund Rindfleisch 5 Kr., Kalbfleisch 5 Kr., Schweinefleisch 6 Kr. und eine Maß Milch 4 Kr. kostete, werden unsere Hausfrauen nicht ohne Neid auf ihre Großmütter lesen. Ein Maß Braunbier kostete im gleichen Jahre in Nagold 8 Kr., in Rottenburg nur 6 Kr. Auch die Holzpreise standen weit unter dem jetzigen Revierpreise. Die K. Holzgartenverwaltung Nagold schreibt unter dem 29. August 1825 ein nicht unbedeutendes Quantum Holz zum Verkaufe aus, das Klafter buchene Scheiter 7 fl. 30 Kr., desgleichen tannene 4 fl. 30 Kr.
Als einzige Privatanzeige aus Nagold in 4 Jahren findet sich in Nro. 23 des Jahrgangs 1823 eine Empfehlung echten 3blättrigen Kleesamens von Jakob Friedrich Sautter bei der Kirche.
11. 1827-1830.
Am 20. Dezember 1826 kündigt der Nagolder Buchdrucker Fr. Wilh. Bischer dem geehrten Publikum an, daß er seine Druckerei bis zum neuen Jahre in Gang bringen werde und am 1. Januar 1827 erscheint die erste in Nagold gedruckte Zeitung als „Jntelligenzblatt für die Oberamtsbezirke Nagold und Freudenstadt". Vom Jahr 1829 an kommt noch der Oberamtsbezirk Horb hinzu. Format und An-
ordnung sind ganz wie beim Tübinger Jntelligenzblatt, ebenso das zweimalige Erscheinen am Montag und Freitag und der Preis mit 1 fl. 30 Kr. Besonders groß wird die Auflage in den ersten Jahren nicht gewesen sein; doch kann sie immerhin auf 200—300 Exemplare geschätzt werden. Auf die Bezirksorte hinaus kam von Amtswegen nur 1 Exemplar für den weltlichen und geistlichen Ortsvorsteher gemeinschaftlich. Nach wiederholten Streitereien, ob das K. Pfarramt oder das Schultheißenamt das Blatt zuerst bekomme, scheinen die geistlichen Herren den Sieg davongetragen zu haben. Denn durch einen oberamtlichen Erlaß von 1828 werden die „Amtsbotten" angewiesen, die Jntelligenzblätter zuerst den Pfarrämtem zu überbringen, welch letzteren aber „zur Obliegenheit gemacht wird, daß sie dieselben sogleich den weltlichen Ortsvorstehern zusenden".
Was den Inhalt anlangt, so überwiegen auch jetzt noch die amtlichen Ankündigungen. In dem außeramtlichen Teil nimmt selbstverständlich der Druckort Nagold mit geschäftlichen Anzeigen den ersten Platz ein. Berichte über Tagesereignisse fehlen immer noch, aber das Gebiet der Anekdoten und witzigen Erzählungen in gereimter und ungereimter Form wird von der Redaktion sehr gepflegt. Zwar mußte das Blatt vor seinem Erscheinen die oberamtliche Censur passieren — auf den betreffenden Exemplaren finden wir noch den Censurvermerk des damaligen Oberamtmanns Engel — aber wir lesen eine große Anzahl von derben und derbsten Dingen, die in unserer hochmoralischen Zeit nicht unbeanstandet gedruckt werden könnten.
(Fortsetzung folgt.)