Erscheint

Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag.

Auflage: 1800.

Preis vierteljährl. hier mit Trägerlohn 90 im Bezirk 1 außerhalb d. Bezirks 1 ^ 20

Monatsab onnements nach Verhältnis.

er GrlklMter.

Amts- und Anzeige-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

74. Jahrgang.

Insertions-Gebühr f. d. einspaltige Zeile aus gewöhnl. Schrift oder deren Raum bei einmalig. Einrückung 8 -f, bei mehrmalig, je 6

Gratisbeilagen: Das Plauderstübchen und

Schwäb. Landwirt.

^ 64.

Nagold, Montag den 24. April

1899.

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auf

Der Gesellschafter"

für die Monate

Mai und Juni

werden von allen Postanstalten und von der Expedition entgegengenommen.

Auf Grund der am 21. März d. I. und den folgenden Tagen vorgenommenen besonderen Prüfung un Wasserbaufache ist u. a. für befähigt erklärt worden: Johann Heinrich Benz von Nagold.

Bei der in der Zeit vom 17. März bis 12. April d. I. vor» genommenen niederen Finanzdienstprüfung ist u. a. der Kandidat Karl Bareiß von Emmingen, OA. Nagold für befähigt erkannt morden.

Gestorben: Konrad Köhler, 93 I. a., Calw. Michael Burghard, res. Schultheiß, 80 I. a., Engelsbrand. Dorothea Eßlinger, gew. Kronenwirtin, 77 I. a., Weiden. Luise Römer, geb. Klaiber, 82 I. a., Böblingen. Johs. Josenhans, Dr. Ml., 32 I. a., Stuttgart. Friedr. Hofer, pens. Schullehrer, «5 I. a., Schorndorf. Rosine Schöck, 33 I. Böblingen. Johann Georg Klumpp, Fuhrmann, Neuenbürg. Wilhelm Wurster, 36 I. a., Tübingen.

Württembergischer Landtag.

(22. Sitzung.)

Prüf. Payer eröffnet sie um 9>/, Uhr. Forts, der Beratung des Justizetats. Kap. lO Tit. 1 Staatsminister 18000 ^ Justizmin. v. Breitlrng antwortet auf verschiedene, gestern an ihn gerichtete Anfragen. Sein Departement habe nicht die Absicht, bezüglich der Beamtenpensionierungen andere Maßregeln zu ergreifen, als sie das Beamtengesetz an die Hand giebt. Es setzt in jeden seiner Beamten das Vertrauen, daß er sich ernstlich prüft, ob er den neuen Anforderungen noch volle Genüge leisten kann. Glaubt einer, daß er am Ende seiner Laufbahn augelangt ist, so möge er das zeitig wissen lasten, damit für einen Ersatz gesorgt werden kann. Betreffs der Reform des Etrafprozeßverfahrens dürfte man die Zeit über die Einführung des Bürger!. Gesetzb. vorübergehen lasten. Bei der Lieferung der Grundbuchformulare handle es sich im ganzen um 810000 gleichwohl sollen aber die Buchdrucker im Lande Berücksichtigung finden wo dies immer angeht und die Bedingungen erfüllt werden können. Redner schließt mit der Versicherung, er werde stets nach dem Grundsatz handeln: (lvstitis, kanäLinsntum isAnorum! Betz (B.-P.) legt dem Minister nahe, künftig zu ver­hüten, daß, wir der Heilbronner Echwurgerichtspräsident gethan, die Geschworenen am Ende ihrer Arbeit mit abfälligen Kritiken belastet werden. Min. v. Breitling nimmt den angegriffenen Prä­sidenten in Schutz. Dieselben Blätter, die im Anfang seine sachliche Ruhe lobten, seien nachher über ihn hergefallen. Wolle man wegen eines einzigen Falles die Ansprache am Schluß der Gerichtsperioden abschaffen, so trete an Stelle des bisherigen Vertrauensverhältnisses zwischen Richter und Geschworenen ein streng abgeschloffenes Ver­hältnis. (Beifall). Rembold glaubt doch, daß die Haltung des Heilbr. Präs, am Schluß des WahlkrawallprozeffeS nicht ganz korrekt war. Allein es fei ihm eben der Gaul durchgegangen, was Andern auch schon passierte. (Heiterkeit). F. Haußmann sagt: Es war nicht nötig und vicht taktvoll, was sich der Herr Präsident geleistet hat. Tit. 1 wird genehmigt, ebenso die Tit. 2 (Ober-Landesgerichts- präs. 10 400 ^0, 3 (neue Ministerialdirektoren 8380 4 Räte

89006900 Bei Tit. 5 beantragt F. Haußmann namens der Komm, nur 4 neue Ratsstellen für die Bezirksbeamten der größeren Städte (für jeden Kreis 1 Stelle) zu bewilligen. Rembold bean­tragt Zurückstellung dieser Position, bis der Nachtragsetat einge­bracht rst, welcher die 1. Bezirksbeamten in das Dienstaltersvor- rückungssystem einreiht. Schmidt (B.-P.) unterstützt den Antrag

Was lehrt uns Samoa?"

Unter diesem Titel schreibt Prof. Schmoller in der Berliner ZeitschriftDie Woche":Die deutsche Nation steht unter einem ungewöhnlich starken, ja ergreifenden Ein­druck. Zähneknirschend rufen die einen:Das ist ein zweites Olmütz, das hätten wir unter Bismarck nicht erlebt!" Haben wir nicht seit 1880 vorausgesagt, daß wir uns nur Nasenstüber durch neue Kolonialpolitik holen werdend" sagen ihre alten verbissenen Gegner. Daß wir Ursache zur Trauer haben, geben alle zu. Aber eine männliche, aufwärtsgehende Nation schöpft aus Beleidigungen, die ihr zugefügt werden, neue Kraft, neue Impulse zu einheitlichem Auftreten, neue bessere Einsicht in die Wege und Mittel, die zu ergreifen sind. Lassen wir uns also nicht entmutigen, ergehen wir uns nicht in Verdächtigungen gegen Personen, die an der letzigen Katastrophe unschuldig sind, sondern sagen wir offen: Es ist ein Stück Lehrgeld, das wir naturgemäß auf der Straße nach demgrößeren Deutschland" zahlen müssen. Trösten wir uns damit, daß die Engländer viel Schlimmeres erlebt haben, z. B. als die Holländer sie im 17. Jahrhun­dert aus den MolEen hinauswarfen, oder als die Franzosen sie im 18. Jahrhundert in Indien fast an die Wand gedrückt hatten, und als Großbritannien 1783 die Ver. Staaten und Port Mahon auf Minorka herausgeben mußte. Auch in unserem Jahrhundert mußten sie sich vieles gefallen lassen, was ihnen viel bitterer war, als uns die Vorgänge in Samoa zu sein brauchen: der ganze deutsche und französische Kolomalerwerb in Afrika und Asien war der englischen

Rembold und ist für seine Person eher zur Bewilligung von Zulagen

an die 1. Bezirksbeamten bereit Min. v. Breitling verteidigt die Reg.-Borlage, welche mit Rücksicht auf die Neuorganisation im Justizdep. eingebracht sei. Der Antrag Rembold findet die Mehr­heit. Die übrigen Titel des Kapitels 10 werden debattelos erledigt. Schluß der Sitzung 1'/« Uhr. Morgen 9 Uhr Forts, der EtatS- beratung.

(23. Sitzung.)

Präs. Payer eröffnet dieselbe 9'/. Uhr. Forts, der Beratung des Justizetals. Mayser (V -P.) bringt eine Klage der Amtsge­richtsschreiber vor, derzufolge Leute mit guten Examensnoten das ganze Leben hindurch bevorzugt werden. Es sei aber doch zugegeben, daß die Exawenknote noch keine maßgebende Qualifikation für die Befähigung in der Praxis bedeutet. Min. v. Breitling glaubt, daß das Dienstalterssystem die Ungleichheiten nivelliere. Domkap. Stiegele beschwert sich, daß der evang. Lehrer am Ludwigsburger Zuchthaus sich Angriffe auf die kalb. Konfession erlaubte. Man möge auch einen kalh. Lehrer dort anstellen. F. Haußmann warnt davor, die Konfessionalität soweit zu treiben, wie einstens die Augsburger, die einen evang. und kath. Scharfrichter anstellten. Gröber (Z.) findet diesen Vergleich für die Lehrer wenig schmeichel­haft. Min. v. Breitling betont, daß die Bestellung von Lehrern verschiedener Konfession nach Bedürfnis geschehe. Rembold (Z.) fragt, wie sich die Beschäftigung der Amtsgerichlsgefangenen bewähre. Min. v. Breitling erwiderr, man empfinde dieselbe als wahre Wohl- that. Der Jahresgehalt des Nachrichters mit 400 wird, ebenso wie der ganze Rest des Justizetats, bewilligt. Ln Kloo angenommen werden die Etats kapirel: Geh. Rat und Verwaltungsgerichtshof sowie Ausw. Amt (in dem letztern find die Gehälter der Gesandten in Berlin und München 30900 und 18900 ^ enthalten. Kap. 110. Matrikularbeiträge an das Deutsche Reich 19693319 ^ (mehr 2 708 008 ^) Genehmigt. Kap. 111. Bei den Kameralämtern 808 988 ^ (weniger gegen 100000 ^(), da die gerichtlichen Strafen jetzt durch das Justizmin. eingezogen werden. Angenommen, wie das vorige Kap. ohne Diskussion. Kap. 112. Aus Forsten. Finnanzm. v. Zeyer erklärt, daß er sich wegen Arbeitsüberlastung noch kein endgültiges Urteil über die neue Forstorganisation gebildet habe, v. Geh (D. P.) vertritt den Komm.-Antrag: Für di« Jahresnutzung von 940000 Fm. einen Preis von 14 pro Fm. festzulegen, so­nach eine jährliche Einnahme von 13600000 einzustellen (mehr: 1160 000 Finanzm. v. Zeyer bittet aus stnanzwirtschaftlichen und etatstechnischen Gründen um Ablehnung dieses Antrags und den Preis auf 13 ^ 80 zu belassen. Für den Komm.-Antrag sprechen: Frhr. v. Wöllwarlh, Bueble (Z.), Lang (B.-P ), Eommerrll (D. P.), ebenso Hähnle, der Vorstand der Finanzkomm., welcher bemerkt, dieselbe sei sich ihrer Verantwortlichkeit voll bewußt. Da die Holzverkäufe bereits stattgefundeu haben, so wisse man, daß der Satz von 14 ^ pro Fm. sogar überschritten wurde. Der Komm.- Antrag wird angenommen. Sodann erhebt sich die obligate Streu­laubdebatte, an welcher teilnehmcn: Rathgeb (Z.), Beurlen und Henning (V.-P.), Schrempf (Kons.), Schmidt und Weidle (B.-P.), Krug (Z.). Alle Redner verlangen mehr Entgegenkommen der Forst­verwaltung bei der Abgabe von Gras und Laub aus den Staats­waldungen. Frhr. v. Wöllwarth legt der Verwaltung größere Sparsamkeit nahe. Die Bauern sollen mehr Torfmull benützen. Egger (Z.) Torfmull kostet Geld! Sogar im Notstandsjahr sei man mit den Bauern hart verfahren. Diese waren der arme Lazarus und der Wald der reiche Prasser. (Heiterkeit.) Präs. Dorrer meint, die Bauern seien mit der Forstverwaltung unzufrieden ob sie ein gutes oder schlechtes Futterjahr gehabt. Finanzmin. von Zeyer verspricht, nach der Sache zu sehen. Um IV« wird die Sitzung mitten in Kap. 112 abgehrochen. Nächst» Sitzung morgen 9 Uhr. T.-O.: Fortsetzung der heutigen Beratung.

Deutscher Reichstag.

Der Reichstag ließ am Mittwoch den Generaldebatten über die 3 Postvorlagen und über das Fleischschau-Gesetz dir 1. Lesung der Gewerbeordnungs-Novelle Nachfolgen. Diese Vorlage ist von nicht unwesentlicher sozialpolitischer Bedeutung, da sie u. A. die Einführung der Concesfionspflicht für Gefindevermieter und Etellen- vermittler und von Lohnbüchern für die Arbeiter und Arbeiterinnen der Confektionsbranche, sowie die Aufstellung eines Maximalar-

Politik so unangenehm wie möglich. Sie mußte ihn, gelb vor Aerger und Mißgunst, dulden, weil Ferry und Bismarck geschickt zusammen operierten. Solche Konjunkturen werden wiederkommen. Und liegt dann die Leitung unserer Politik in mutigen, kühnen und klugen Händen, so wird die Schande von heute so sicher ausgewetzt werden, wie die von Olmütz. Freilich gehört dazu eines: nämlich, daß die deutsche Nation vom letzten Arbeiter bis zum Großindustriellen und Groß­bankier herauf wisse, was sie wolle. Wir sind die kinder­reichste Nation der Weltdie Kinderstube und das Schul­haus der Welt" hat man uns genannt. In den Vereinigten Staaten allein sind 7 Millionen, die selbst oder deren Eltern in Deutschland geboren sind; sie haben, gering gerechnet, an Erziehungskosten, Fahrgeld und mitgenommenem Kapital der Heimat 78 Milliarden Mark gekostet. Welche Kolonieen hätten wir nicht mit diesem Menschenmaterial und diesem Gelde erwerben können, wenn Deutschland schon von 1815 an ein geeintes Reich unter Preußen gewesen wäre, bei Zeiten eine Flotte gebaut hätte! Wenn die 62 Millionen Deutsche künftig wie bisher jährlich etwa um 1 Prozent zunehmen, werden wir 196070 über 104 Millionen Deutsche zählen. Wie sollen wir sie in der Heimat ernähren ? Wenn wir keine großen Kolonieen haben, keinen maßlos gesteigerten Export erhalten sollen, so ist das nicht möglich. Proletarische Zu­stände, Lohndruck der schlimmsten Art müssen eintreten, wenn wir nicht die Kraft haben, uns auszudehnen. Wenn wir still hinterm Ofen hocken bleiben, wenn wir nicht an den großen Machtkämpfen teilnehmen, so ist diese Zukunft uns verschlossen. Gewiß sollen wir, soweit es geht, friedlich >

beitsteges für die Angestellten »ffener Berkaufsgeschäfte (Laden-

scklußstunde) vorsieht. Eingegangen sind hierzu 2 Anträge von nationalliberaler Seite; der eine, vom Abg. Heil zu Herrnsheim gestellt, verlangt, Ausdehnung der reichsgesetzlichen Bestimmungen über den Arbeiterschutz auf die Hausindustrie und Regelung der Arbeitszeit der Arbeiterinnen der Wäsche- und Confektionsbranche und der Kellnerinnen, der andere Antrag, vom Abg. Baffermann herrührend, betrifft die Kündigungsverhältniffe bei den gewerblichen Arbeitern, Werkmeistern und Technikern. Beide Antragsteller be­gründeten und verteidigten, zuerst Abg. Heyl zu Herrnsheim, dann Abg. Baffermann, ihre Anträge, worauf der Staatssekretär des Innern, Graf PosadowSky, das Wort ergriff, um sich hauptsächlich gegen die Vorschläge des erstgenannten Abg. zu wenden. Speziell bezeichnete der Regierungsvertreter die Forderung des ausgiebigsten Arbeitsschutzes der Hausindustriellen, der Ueberwachung ihrer Woh- nungsverhältniffe u. s. w. als praktisch teilweise garnicht durchführ­bar. Freundlicher stellte sich Graf Posadowsky zu dem Antrag« Bassermann; im Uebrigen befürwortete er natürlich die Regierungs­vorlage. Für die letztere trat auch Abg. Frhr. v. Stumm (freikons.) mit voller Entschiedenheit ein, während er sich sowohl gegen den Antrag Heyl als auch gegen den Antrag Baflermann ablehnend verhielt. Dem Sozialdemokraten Pfannkuch war die Regierungs­vorlage nur Flickwerk, die Bestimmungen über die Arbeitszeit und die Arbeitspausen in offenen Ladengeschäften erachtete er als völlig unzulänglich, diejenigen bezüglich Ausdehnung der Eonzesfionspflicht auf Gefindevermieter u. s. ». als verfehlt; von den Heyl'schen Vorschlägen wollte auch dieser Redner nichts wissen. Hieraus be­kundete der Konservative Jakobskötter seine Zustimmung zu den geplanten Abänderungen der Gewerbeordnung; nachdem dann der Abg. Pauli (Reichsp.) für eine gründliche Kommissionsberatung gesprochen, erfolgte die Vertagung der Verhandlung.

Hages-Hlerrigketten.

Dnüsches Leich.

L. Herrenberg, 21. April. Schultheiß Schürer von Thailfingen, zugleich Landtagsabgeordneter unseres Be­zirks, hat in den letzten Wochen, sein Ortsvorsteheramt mit Rücksicht auf seine Gesundheit und sein vorrückendes Alter abgelegt. An seine Stelle wurde heute Stiftungspfleger I. Schund von dort. Sohn des früheren und Schwieger­sohn des bisherigen Schultheißen, mit 72 von 123 abge­gebenen Stimmen gewählt. Gemeindepfleger Egeler ver­einigte 4S Stimmen auf sich.

Tübingen, 21. April. (Korr.) Bei Beginn des Sommer- Semesters ist es von großem Interesse für Kranke, die in den Universitäts-Instituten Hilfe zu suchen gedenken, sich vor ihrer Herreise darüber zu erkundigen, ob ihrem Auf­nahmegesuch stattgegeben werden kann, da es Vorkommen könnte, daß Kranke «egen Ueberfüllung wieder unverrichteter Sache abreisen oder sich mehrere Tage hier aufhalten müßten.

Stuttgart, 20. April. Der Bürgerausschuß genehmigte in der heutigen gemeinschaftlichen Sitzung ohne Erörterung die Vereinbarung mit der Gemeinde GaiSburg betr. den Eintritt Gaisburgs in den Amts- und Gemeindeverband Stuttgart.

Stuttgart, 20. April. Entsprechend dem vor kurzem vom Bürgerausschuß gestellten Anträge, die Ausdehnung des neuen Rathausbaus bis zur Fluchtlinie der neuen Brücke in Erwägung zu ziehen, um dadurch zugleich auch den Durchbruch dieser Straße zur Eberhardstraße zu er­möglichen, hat die Stadtpflege mit den Besitzern der hiezu erforderlichen 14 Gebäude Verhandlungen eingeleitet. Hiebei

bleiben, soweit es geht, im Verein mit den andern Kultur­nationen die übrigen Teile der Erde der Gesittung der europäischen Rasse unterwerfen. Aber endgiltig müssen wir den Kinderglauben aufgeben, den wir bis 1866 und 1870 hatten, ja, den unser Reichstag noch 1880 bei der ersten Samoavorlage hegte, die Welt sei durch das moderne Völ­kerrecht und die Handelsverträge so friedlich, so harmonisch geordnet, daß der deutsche Handel, die deutsche Arbeit, der deutsche Auswanderer überall auch ohne deutsche Flotte den gleichen Platz und Schutz finde wie der Angelsachse und der Russe, hinter denen Flotten und große Machtmittel stehen. Das ist nicht der Fall. Das sah auch Bismarck ein; er hatte in seiner ersten Zeit noch, auf diesem optimistischen Standpunkt stehend, seine freihändlerisch-antikoloniale Politik getrieben. Die harte Wirklichkeit lehrte ihn, daß der Deutsche überall draußen gemißhandelt wird, daß der Export ins Stocken kommen muß, wenn nicht die Mittel der nationalen Macht für den Schutz der Deutschen draußen eingesetzt wer­den. So kam er zu seiner Kolonialpolitik. So kamen wir zu einer deutschen Flotte, die nur jetzt schon den Stand er­reicht haben sollte, den sie 1905 oder 1920 haben wird! Das sollte jetzt auch jeder Deutsche sich als Lehre ins Herz schreiben. Darin sollten wir einig sein oder werden. Was ist aber das Haupthindernis dieser Einigkeit? Es liegt doch wohl vorwiegend in den Mißverständnissen der sozialen Klaffen untereinander, in der Thatsache, daß naturgemäß gewissen Truppen der Gesellschaft Flotte, Kolonieen und Exportindustrie ganz direkten, offenbaren, den übrigen Klassen nur indirekten und späteren, weniger sichtbaren Vorteil bringen.