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Afrika.

Ein neuer Zulukrieg ist in Sicht, freilich kein großer, denn Engländer und Buren haben wacker an der Vernichtung dieses einst so krie- gerischen Volkes gearbeitet. Wie es scheint, können sich Sohn und Bruder Ketschwayos, Dinizulu und Undobuko, nicht in die neue Lage der Dinge schicken und nicht mit Unrecht, denn einen Teil ihres Landes haben die Buren in die sog. Neue Republik umgewandelt und der andere Teil ist jüngst von den Engländern einverleibt worden, und zwar nur um zu ver­hüten, daß die Buren das Ganze an sich rissen. Der Statthalter, Sir Arthur Havelock, hat beide zu sich entboten; und da sie unler nichtigen Vor­wänden fern bleiben bietet man Truppen gegen sie auf. Gefährlich kann der Zwischenfall nur dann werden, wenn die Buren als die Erben der Zulus auftreten und den Engländern den fetten Bissen streitig machen.

Gcrges-Werrigkerten.

Nagold, 6. Nov. Am gestrigen Abend fand hier eine würdige Huldigung statt. Nachdem Oberamtmann Güntnef, welcher früher schon als Rernsionsassistent hier thätig war und 15 Jahre lang als Oberamtmann wirkte, der Stadt durch Uebersiedlung nach Urach den Rücken gekehrt hatte, galt es, der. neuen Oberamtmann Gugel, seitherigen Amtmann in Hohen­heim, freudig zu empfangen. Um diesen Gefühlen Ausdruck zu geben, ver­anstaltete die Feuerwehr einen Fackelzug, welcher sich vom Rathause aus unter Vorantrttt der städtischen Kapelle, in den Oberamteihof bewegte. Nachdem die Musik im Kreise der fackelntragenden Feuerwehr die Serenade eröffnet hatte, hielt der Feuerwehrkommandant Ehr. Schuster eine kurze Ansprache, den neuen Oberamtmann willkommen heißend, ihn um Wohlwollen und Zuneigung zu dem gemeinnützigen Institut der Feuerwehr bittend und dieselbe mit einem deutschen Hurrah, in welches die Feuerwehr einstimmte, schließend. Der Gefeierte begab sich in den Hof und dankte für die ihm dargebrachte Huldigung in trefflichen Worten, betonend, daß er erfreut sei, von der Feuerwehr Nagolds, welche , sich in verschiedenen Fällen, so auch bei dem letzten großen Brandfall hier rühmlich hervorgethan habe, feierlich em­pfangen zu werden, er wünsche nicht, die Thätigkeit der Feuerwehr ansprechen zu müssen, werde aber das Augenmerk stets daraus lenken, daß in Ernst- fällen dieselbe ihre Aufgabe wie seither zu erfüllen vermöge. Nach dem Vor­trag etlicher Musikstücke ordnete sich der Zug zu einem Zapfenstreich durch die Stadt bis zum Rathause, wo die Fackeln in Ordnung und Ruhe gelöscht und abgegeben wurden.

Herren alb, 3. Nov. Nach heute eingelaufener Nachricht haben S. M. der König die hiesige Gemeinde zur Stadtgemeinde erhoben. Es sind gerade 100 Jahre, daß Hsrrenalb eine politische Gemeinde geworden ist. Obwohl der Umfang der neuen Stadtgemeinde ein mäßiger ist, so ist bei dem raschen Aufblühen des Kurorts eine stetige Zunahme zu hoffen. Herr Schultheiß Beutter hat sich um das Emporblühen des Kurorts die größten Verdienste erworben.

Vom Schwarzwald, 6. Nov. Ein Unteroffizier des 7. württ. Infanterieregiments Nr. 125, ein Norddeutscher, welcher in Spaichingen Rekruten abholen sollte, schimpfte in einer dortigen Wirtschaft derart über die Schwaben, indem er mitdumme Schwaben, Sau-Schwaben" u. s. w. um sich warf, daß ihm schließlich bedeutet wurde, er solle sein Quartier, das Gasthaus zur Krone, aufsuchen, wobei ihn Landjäger Merz begleitete, um ihn vor angedrohten Hieben zu schützen. Wenige Schritte vor der Krone stürzte der Unteroffizier auf den nichts ahnenden Landjäger los, riß ihm sein Seitengewehr heraus und versetzte ihm damit 5 wuchtige Hiebe auf den Kopf, so daß derselbe zwischen Leben und Tod schwebt. Der Unteroffizier ist festgenommen.

Tübingen. Die Mörderin Franziska Langheinz von Kiebingen, OA. Rottenburg, welche, wie bekannt, ihre acht Jahre alte Stieftochter durch Verbrennung und Schläge zu Tode gemartert hatte und vom Schwurgericht

zur Todesstrafe verurteilt worden war, wurde, nachdem zuvor auf Grund genauester gerichtsärztlicher Untersuchung zwar eine gewisse Beschränktheit, wohl aber die volle geistliche Gesundheit und Zurechnungsfähigkeit bekundet worden war, weshalb wohl auch die Königliche Gnade in diesem besonders grossen Falle nicht Platz griff, in der Frühe des 5. Nov. in einem um­schlossenen Hofraume der hiesigen Anatomie durch Enthauptung mittels des Fallbeils hingerichtet. Der Vollstreckungsakt wurde durch den ersten Staats­anwalt Scheurlen geleitet, den geistlichen Beistand leistete der Verurteilten ein Repetent des hiesigen katholischen Wilhelmstifts, auch war ihr eine barm­herzige Schwester zur Seite. Die Verurteilte schritt gefaßt und betend zur Todesmaschine heran und setzte, als sie schon angebunden war, ihr lautes Beten noch bis bis zum Beginne der überaus rasch beendigten Exekution fort. Bei der unmittelbar darauf durch den Gerichtsarzt Prof. Dr. Oesterlen vorgenommenen Sektion sollen, wie man vernimmt, die Gehirnorgane in vollkommen normalem Zustande gefunden worden sein, wodurch die Richtigkeit der zuvor über ihre Geistesbeschaffenheit abgegebenen Gutachtens seine Be­stätigung erhalten hat.

Tübingen, 6. Nov. Der Zimmermann Steinhilber war gestern in einer Wirtschaft in der Schmidthorgasse mit einigen anderen Be­rufsgenossen zusammen, wobei es zu Streitigkeiten kam. Als Steinhilber, aufzefordert von einem Anwesenden, sich auf die Straße begab, verfolgten ihn einige seiner Zechgenossen bis auf den Marktplatz und schlugen so auf ihn ein, daß er liegen blieb. Auf die Polizeiwache gebracht, starb er nach kurzer Zeit. Die Staatsanwaltschaft war bis 5 Uhr morgens in Thätigkeit, um den Thatumstand festzustellen und die Voruntersuchung vorzunehmen.

Ludwigsburg, 7. Nov. Heute vormittag fand die Beeidigung der Rekruten der Infanterie, Artillerie und des Trainbataillons statt. Der feierliche Akt wurde für die Evangelischen in der Garnisonskirche, für die Katholiken in der Schloßkirche vorgenommen. Nach der Beeidigung wurden sämtliche Rekruten der Infanterie der hiesigen Garnison auf dem Arsenalplatz dem Brigadekommandeur Generalmajor v. Wölckern vor­gestellt.

Knittlingen, 7. Nov. Im Elsinger Berg waren heute mittag mehrere konfirmierte Knaben von hier damit beschäftigt, die Reben von den Pfählen zu lösen. In einem Bretterverschlag in der Kelter befand sich das geladene Gewehr des Weinbergaufsehers. Während des Mittagessens ergriff ein Knabe dasselbe und spielte damit. Plötzlich krachte ein Schuß und der 14jährige Sohn des Steinhauers Vogt stürzte von ca. 50 Schroten ins Gesicht getroffen tot nieder. Noch lebend, aber erblindet und entsetzlich zu­gerichtet, brachte man ihn seinen Eltern. An ein Aufkommen ist nicht zu denken.

Berlin, 5. Nov. In der Gesellschaft für Erdkunde gab heute abend Lieutenant Wißmann eine eingehende Darstellung seiner letzten Durchquerung Afrikas. Seine Expedition bestand aus 1000 Köpfen, die während der letzten Zeit schwer unter Pocken und durch wiederholte Kämpfe mit den Eingeborenen zu leiden hatten. Wißmann betont, daß sich seit seiner letzten vor vier Jahren gemachten Reise in jenen Distrikten eine völlige Ver­änderung unter den Stämmen vollzogen. Während früher eine gewisse ur­sprüngliche Kultur dort geherrscht habe, sei dieselbe unter den Einwirkungen des Kongostaates in raschem Hinsterben begriffen. Auch die Tauschmittel ändern sich bereits; nicht mehr die Kaurimuschel, sondern europäische Gewehre und Pulver werden tief im Innern Afrikas von Negerstämmen verlangt, die noch keine Weißen sahen. In Verbindung damit breite sich ein Menschen­handel und Sklavenhandel aus, wie sie früher nicht bestanden. Wißmann's Reiseroute ging von der Westküste Afrikas etwas südlich vom Kongo aus, wandte sich zunächst nach dem Kassaistrom, verfolgte denselben mehrere Grad nördlich, durchschnitt in nordöstlicher Richtung das Kongobecken, und wandte sich dann weil die Schwierigkeiten unübersteiglich wurden, nach Niangwe, von wo aus die Wasserstraßen des ostafrikanischen Seengebiets erreicht wurden, die nach der Ostküste Afrikas führten.

Statuen waren von wunderbar zarter Ausführung, die Möbel elegant und künstlerisch; Bücher in prächtigen Einbünden, juwelengeschmückte Nippes, seltenes altes Porzellan, kleine ausgesuchte Kunstwerke lagen und standen überall umher, ein Teppich, in den der Fuß versank, bedeckte den Boden.

Und dies war das Zimmer seiner Frau! Er verglich es mit dem kleinen, zier­lichen Wohnzimmer in dem Gärtnerhause auf Lord Cardins Besitzung! O Gott! Um dieses Unterschiedes willen hatte sie ihn verlassen!

Er betrachtete die elegante Chaiselongue, auf der ihr schöner Kopf geruht; noch lag das Buch darauf, in dem sie gelesen und dabei ein juwelenbesetzter Fächer. O wie er diesen Glanz und Reichtum haßte, der ihn sein Weib gekostet!

Da wurde die Thüre geöffnet, er hörte ein Rauschen von schleppender Seide, und Lady Ellerton betrat das Gemach.

Er stand im Schatten einer dunklen Portiere, und Lady Ellerton sah nichts, als eine hochaufgerichtete Männergestalt, die sich vor ihr verneigte.

Sie wünschen mich zu sprechen", sagte sie freundlich,des Knaben wegen, den meine Kammerfrau adoptiert?"

Ja, das war ihre Stimme. Er erbebte bei ihrem Klang, und sein Herz schlug so laut, daß er meinte, man müsse es in dem stillen Zimmer hören.

Es war kein Irrtum mehr möglich: es war Laura. Laura, schöner als je, anmutiger, gereifter, aber dennoch unverkennbar Laura. Sie trug ein Kleid von weißer Seide mit Goldspitzen, das in schweren Falten an ihr nieder fiel, köstliche Perlen schlangen sich um ven Hals und durch das goldbraune Haar, die vollen runden Arme waren bis zur Schulter entblößt und mit reichen Armbändern geschmückt, ein süßer Duft schien den Falten ihres Kleides zu entströmen und sie zu umschweben. Und dies war Laura, sein junges Weib. das ihm im einfachen Kattunkleide so reizend erschienen!

Er versuchte auf ihre Frage zu antworten; aber kein Laut kam über seine bleichen Lippen.

Lady Ellerton war nicht erstaunt über sein Schweigen, denn Sie war es ge­

wohnt, Männer in stummer Bewunderung vor sich zu sehen. Freundlich und ermutigend fuhr sie deshalb fort:

Meine Kammerfrau sagte mir. Sie seien dem Knaben sehr zugethan?"

Immer noch keine Antwort, kein Laut, keine Bewegung. Die gnädige Frau hielt ihn für sehr schüchtern, und da sie immer sehr freundlich gegen ihre Untergebenen war, so begann sie nochmals:

Meine Kammerfrau hat auch von ihrem Anerbieten gesprochen, aber ich weiß wirklich nicht, wie wir es annehmen können."

Da bewegte sich die schweigsame Gestalt. Mit wenigen Schritten trat er aus dem Schatten hervor und mit heiserer, von Leidenschaft bebender Stimme rief er:

Laura, kennst Du mich nicht?"

Ah, Lady Ellerton! Wohin ist ihre stolze Ruhe, ihre gelassene Anmut? Mit einem schwachen Schrei sprang sie auf.Wer sind Sie?" rief sie aus.Was wollen Sie?"

Sie standen einander gegenüber, diese Beiden Mann und Frau, Betrogener und Verräterin und sahen sich an mit einem langen, langen Blicke. Endlich senkte sie den ihren, sie war bleich bis in die Lippen und bebte von Kopf bis zu den Füßen.

Wer sind Sie?" fragte sie nochmals.

Da streckte er die Hände nach ihr aus und erfaßte ihr Kleid.

Wer ich bin, Laura? O, Gott, daß Du mich fragen kannst. Ich bin Robert Roden, Dein Mann, Laura."

Zitternd versuchte sie, sich seinen Händen zu entwinden.

Sie irren sich", versuchte sie zu sagen; aber falsch wie sie war, die Lüge wollte ihr nicht über die Lippen.

Er aber hatte erraten, was sie sagen wollte.

Nein", entgegnete er,eS ist leider kein Irrtum, ich bin Robert Roden und Du bist das Mädchen, das ich geliebt, das Weib, das mich verlassen."

Was soll das heißen?" wehrte sie ab.Ich bin Lady Ellerton, ich verstehe Sie nicht." (Forts, folgt.)