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Amts- und Anzeige-Blatt für -en Oberamts-Bezirk Nagotd.

74. Jahrgang.

JnsertionS- Gebühr f. d. einspaltige Zeile aus gewöhn!. Schrift oder deren Raum bei einmalig. Einrückung 9 bei mehrmalig, je 6

Gratisbeilagen: Das Plauderftübche» und

Schwäb. Landwirt.

33.

Amtliches.

Auf die Sr. Msj. dem König zu allerhöchst Ihrem Gkburtsfest von der Festversammlung in Nagold auf tele­graphischem Wege dargebrochten Glückwünsche ist nachstehende Erwiderung eingekommen:

Seine Königliche Majestät haben die von der dor­tigen Festversammlung zu allerhöchst Ihrem Geburt-fest dargebrachten Glückwünsche wohlwollend entgegenzuneh- men geruht und lassen für die hiedurch belhatigte Aufmerksamkeit gnädigst danken.

Gemmingen."

Vorstehendes beehre ich mich zur allgemeinen Kennt- nik zu bringen.

Nagold, den 26. Febr. 1899.

Oberamtmsnn Ritter.

Seine Königliche Majestät haben vermöge allerhöchster Ent­schließen g vom L4. gebruar u. a. dkm Oberlehrer Köbele in Nagold d e Verdienstmedaille des Kronordens, sowie dem Forstwart Wieland in Rohrdorf die silberne Verdienstmedaille zu verleihen

geruht.__

Gestorben: Jakob Maisch, Uhrmacher, Haslach. Carl Keßler, Kaufmann, 88 I. a., Stuttgart. (In Amerika: Chr. Eteimle, SS I. a., aus Neubuloch, OA. Calw, in Cleveland, O.

Michael Taiser, aus Freudevstadt, 58 I. a., in Trcnion, N. I.)

Christiane Weik, Drehers Wwe., 88 I. a., Neuenbürg. Wilhelm^^m^n^e^^inanzreftTendär^EßlinMN^

Deutsche Fabrikanten, hütet eure Fabrikations-Geheimnisse!

-j- Es ist bekannt, daß neben dem durch Patent und Gebrauchsmuster geschützten ProduktionS- und Vertriebs- Verfahren jeder leistung-fähige Fabrikationszweig und in demselben wiederum die einzelnen Fabrikanten in Bezug auf die feine, gediegene oder auch schnelle Herstellung ihrer Waren eine besondere Kunst der Herstellung besitzen, die ihnen vor Nachahmern und Stümpern einen natürlichen und durchaus berechtigten Fabrikations- und Handelsoorteil sichert. Mit einer geradezu unglaublichen Dreistigkeit suchen nun ober die Unternehmer fremder Lander, unterstützt von ihrer Regierung und Konsuln, diese Herstellungsverfahren und Fabrikationsgeheimnisse zu erlangen, um dann den deutschen Fabrikanten durch Errichtung von Fabriken im Auslande Konkurrenz zu machen. Diese dreisten Versuche werden am meisten von den Amerikanern und Japanern gemacht, und sollten die deutschen, resp. europäischen Fabri­kanten Amerikanern und Japanern nie Gelegenheit geben, sich in ihren Fabriken längere Zeit aufzuhalten. Bei den Amerikanern geht in vielen Fällen die Unverfrorenheit so weit, daß sie geradezu auf amtlichem Wege sich in den B,sitz derjenigen Fach- und Fabrikationsgeheimnisse zu setzen suchen, die sie zur Errichtung von Konkurrenzfabriken brauchen. Die Konsuln der Vereinigten Staaten werden nämlich von ihrer Regierung nicht selten veranlaßt, über irgend einen Zweig der europäischen Industrie eingehende Berichte zu erstatten, weil ein dortiger Unternehmer eine Fabrik in diesem Geschäftszweige einzurichten wünsche. So lag zum Beispiel der Leipziger Handelskammer in ihrer öffenilichen Sitzung vom 1. Febr. v. I. das Ersuchen deS hiesigen amerikanischen Konsuls vor, ihm eine Reihe von Fragen zu beantworten, über die Zurichtung und Bearbeitung von Kanir.chei f.llen für die Hutmacherei, über die dabei zur Verwendung kommenden Materialien, Werkzeuge. Maschinen, über die Preise, di« Nutzbarmachung der Abfälle u. a., unter möglichst eingehender Beschreibung der verschiedenen Verfahren und Proz.fse, denen die Felle bis zur Fertig- stellung für dm Gebrauch des HutmacherS unterworfen werden. Die Handelskammer erwrderte darauf, daß sie, obwohl gern bereit, den Verkehr Demschlands mit anderen Staaten zu fördern, ei doch grundsätzlich ablehnen zu müssen, über die technischen Vorgänge in der deutschen Industrie Berichte zu erstatten, die geeignet sein könnten, dem aus- ländischen Wettbewerb Vorschub zu leisten. Die jetzt vor­liegende Zusammenstellung der Kousularberichte zeigt, daß doch eine Anzahl mehr oder weniger ausführlicher und sachdienlicher Auskünfte eingelaufen sind aus Antwerpen, Brüssel, Genf, Paris, Marseille, Rheims, auS Frankfurt ' endlich auch aus Leipzig, und zwar, wie es schemt, von dem Kaninchenzüchterverein. Eine andere Umfrage betraf die Erzeugung von Knöpfen aus Perlmutter, Horn, Steinnuß, Celluloid u. s. w. Hier liegen Berichte vor aus Wien und Reichenberg, Paris, Berlin. Barmen, Frerburg. Gera, endlich aus Birmingham. Die beiden Berichte aus Paris und Birmingham sind jedoch lehrreicher und wertvoller für unsere Industrie al- für den amerikani­schen Fragesteller. Der hauptsächliche Inhalt mag hier folgen aus Paris:Ich erlaube mir zu berichten, daß ich viele, aber erfolglose Versuche gemocht habe, Auskunft zu erhalten. Aus irgend welchen Gründen lehnen die be­deutendsten Fabrikanten, wenn auch höflich, so doch bestimmt

Nagold, Montag den 27. Februar

ab, die Einzelheiten ihre- Betriebes bekannt zu geben". Aus Birminaham:Die Fabrikanten haben es jeder Zeit abgelehnt, Besucher zuzulassen oder Einzelheiten über ihre maschinellen Einrichtungen und über dir Ein- und Verkaufs­preise ihrer Erzeugnisse bekannt zu geben, soweit nicht diese Einzelheiten in den Deklarationen zu ihren Waren-Rechnungen angegeben werden müssm"._

Deutscher Reichstag.

j- Die ReichsiagSsitzi'ng vom Mittwoch wurde noch vollständig durch die Dirkwsion üb«r den Ausgabeniitel:Gehalt des Staals- sekreiäis" des Eiats der Reichejusti-venvaltuu- ausgefüllt. Bbg. Heine <Soz.) erkläre, in Anknüpfung an einen Zwischenfall in der Dienstagesikun >, daß sich fein« Partei das Recht der Kritik richter­licher Urteilssprüche nicht nehmen lassen werde; dann erging er sich in lebhaften Klagen über die Ausübung des Strafvollzuges, wobei sich Lbg. He ne namentlich über die Gefängnisdehandlung sozialdewokrotischer Redakteure und Schriftsteller beschwerte. Der Staatssekretär des Reichsjvstizamtes Tr. Nieder ding wies diese Klagen als unbegründet zurück, worauf Abg. v. Stumm (freikons.) sich schar! gegen di» verhetzende Agitation der Sozialdemokratie unter spezieller Bezug ahme auf das bekannte Löbtauer Vorkommnis wandie. Ilm trat der Sozialdemokrat Etadthagen entgegen, er kritifirie in der Hauptsache ebenfalls, wie vor ihm schonGenosse" Heine, die Art des Strafvollzugs. Der sächsische Buadesratsbe- vcllmächltpre Genera atsanwalt Dr. Rüger bekämpft« die Aus­führung n des Abg. Heim, welche er unter dem Lärm der Linken geradezu als eine Entgleisung des Parlamentarismus bezeichnete; er nahm für d'« sächsilct in Richter das Recht, nach eigener Uebrr- zeugung zu u!e le >, in Anspruch und verteidigte schließlich das Geschwrrenen-Verdikt im Löbiauer Prozeß. Die Debatte endete mir einer Au-ewandersetzung zwischen Abg. Dr. Mülle,-Meiningen (sr. Vollsp.) und He rn Nreberdmg über die bedingte Verurteilung und über die Gru dsätze des Strafvollzugs.

:: Nagold, 25. Febr. Das Geburtsfest Sr. M- deS Königs wurde hier in herkömmlicher Weise gefeiert. In der Fi übe höte man einen Choral vom Turme blasen, vormittags 9 Uhr wurden auf dem Rathaus an Feuer­wehrleute mit 20jähngrr Dienstzeit Diplome verteilt; um 9*/, Uhr bewegte sich vom Rathause aus ein stattlicher F. stzug zur Kirche. An demselben beteiligten sich die hies. Schulen mit Präparsndenanstalt und Seminar, die Vereine mit ihren Fahnen, die Feuerwehr, die Beamten und die Bürgerlichen Kollegien. In der von Dekan Römer gehal­tenen Festpredigt wurden die Pflichten der Unterthanen gegenüber dem und der Obrigkeit im allgemeinen

betont und der WühlspruchFurchtlos und treu" in das Licht deS göttlichen Wortes gerückt. Königsfeier im Seminar. An die kirchl. Feier schloß sich die Seminar­feier an. Dieselbe wurde eingeleitet durch einen Marsch für Orchester und Orgel von Mozart, einen Mannerchor: Leih auS deinen Himmelshöhen von Gluck und ein 4hän- d:ges Klamerullegro von Reinecke, ausgesührt von den Se- minarunterlrhrern ker-Häußler. Hierauf folgte die Festrede von Rekior Dr. Brügel über die Bewegungen auf dem Gebiet der Volksbildung: Trotz aller Erfolge auf den verschiedensten Gebieten des Lebens, auf die unsre Zeit stolz ist, herrscht eine pessimistische Stimmung in weiten Kreisen. Viel Not und Elend umschließt die Gegenwart, und unser Jahrhundert überläßt dem nächsten als die Sphinx unserer Zeit die soziale Frage, die die volle Aufmerk­samkeit der Regierenden, der Besitzenden und Gebildeten erheischt. Sie ist nicht nur eine wirtschaftliche (Magen- und Wvhnungs-), auch nicht nur eine politische, sittliche und religiöse Frage, sondern eine Bildungsfrage. Auf dem Unterschied zwischen Bildung und Nichtbildung beruht wesentlich der soziale Gegensatz, und es ist kein Zweifel, daß die Sozialdemokratie erkannt hat, daß Bildung Macht ist, und fir nach ihrem Sinn zu gewinnen sucht. Es ist nun freilich in unsrem Jahrhundert viel für die Volksbild­ung geschehen: Volksschule mit Schulzwang, freiwillige gewerbliche Fortbildungsschule, allgemeine Fortbildungs­schule zur Vertiefung der allgemeinen Bildung, die frei- lich wenig Stunden und diese meist am Abend hat. Sie genügt für daS Bildungs-Bedürfnis sehr vieler nicht. Es ist ein Gebot der Humanität, die geistigen Güter der Nation nicht unter Verschluß zu halten, auch der Arbeiter soll daran teilhaben, und die höhere Bildung, die geistige Ueberlegenheit wird im Wettkampf der Arbeit den Ausschlag geben. Die Einförmigkeit der Arbeit in den Fabriken muß einen Ausgleich finden durch edle geistige Beschäftigung. Auch das allgemeine Wahlrecht fordert ein gewrfsis Maß von Einsicht und Verständnis dessen, was dem Vaterland« frommt, also politische Schulung. Aber wie soll man das machen? In Dänemark, Norwegen, Schwede», Finn­land sind, durch einen Kopenhagener Prediger angeregt, die sog. Volkshochschulen entstanden, die frei aus dem Volk herausgewachsen, doch vem Staate unterstützt, der bäuerlichen Bevölkerung eine allgemeine Bildung vermitteln

1899

«ollen, von religiösem Geiste durchdrungen find und ohne Zweifel viel Gutes wirken. Einen anderen Charakter hat die Bewegung der Universitätsausdehuung in Am «riku und England. Sie will allen Wissen-durstigen, n ment, lich auch Frauen, eine allgemeine höhere (akadern'.scye) Bil­dung vermitteln, und eS soll hier zum Schluß ewePmsaug stattfinden, was bei den nordischen Bauernhochschul,- n cht der Fall ist. Diese Bewegung hat sich von Engl»n) nach Irland und Schottland verbreitet und auch aus dem Fest­lande. in Belgien, Oesterreich, Deutschland Boden gefunden. WaS ist für unsere Verhältnisse in Deutschland d .von zu halten? Jedenfalls werden wir nicht blindlings nkchuhmen, sondern uns nach unfern Bedürfnissen richten. Dies- stad im Land der allgemeinen Schulpflicht nicht in demselben M ße vorhanden, wie in den genannten Ländern. Auch istza bedenken, ob durch solche Hschschulkurse nicht die Wissenschaft verflacht, Halbbildung u. Dünkel erzeugt u. nur vorübergehende Er) ge er­reicht werden. Für unsere Verhältnisse dürftevoneingreifender Bedeutung sein die Bibliothek-oder Bücherhallenbewegung. Es soll ein jeder Bücher nach Hause nehmen und bei dem ihn Jnte- ressierenden länger verweilen können. Es müßten aber auch Lesehallen mit großen Räumen geschossen werden, wo ge­diegener Lesestoff ein Gegengift gegen die so viel Unheil an­richtend« Schundliteratur bilden würde. Solche Lesehallen sind schon in 51 deutschen Städten eingerichtet (Stuttgart, Ulm). Diese Bewegung kann sehr segensreich für d»s deutsche Volk werden, wenn sie im richtigen Sinn geleitet wird, die Stoffe sichtet, nur gediegene Nahrung für Geist und Herz bietet und auf dem Felsengrund der christlichen Weltanschauung ruht; denn die Bildung deS Kopfes allein macht nicht glücklich, die Quellen des wahren Glück- und der wahren Auf­klärung liegen im richtigen Verhältnis zu Gotr, dem Lichte der Welt. Nach dieser Rede, in welcher ein reiches Material in übersichtlicher Form dargeboten wurde, folgte eine von 2 Zöglingen gespielte Ouvertüre für Klavier von Mozart, eine ansprechende Königshymne:Sei gesegnet König Wil­helm . . ." gedichtet von Rusti.-e, komponiert von Speidel, u. zum Schluß ein Menuett für Klavier von Mozart. Da- Festessen im Gasth z.Post" war von zahlreichen Beamten und Bürgern besucht; H. Oberamtmann Ritter brachte den KönigStoast aus, der in einem begeistert aufgenommenen Hoch auf S. M. den >ig ausklanz, H. Oberamtsrichter Sigel gedachte unserer lreuen LavdeSmutter, I. M. d, Königin, und H. Seminarr, klar Dr. Brügel trank auf den dekorierten H. Seminaroberlehrer Köbele. Bei der vorzüglichen Be­wirtung war die Stimmung bald eine belebte und freudige, die durch partrotische Lieder noch gehoben wurde. Die Subalternbeantten hotten ein gemeinschaftliches Essen bei Fritz Köhler; auch dort wurden begeistert aufgenommene Toaste auf die Kgl. M j,stäten auSgebracht. Abends fand sodann seitens des M'luär- und Veteranenvereins ein Bankett im Gasth. z. T>aube statt, welches sehr zahlreichbesucht war; der Abend verlref bei Rede und Gesang in schönster Weise.

Nagold. 25. Febr. (Einges.) Bei der gestern im Gasthaus zumHirsch" abgehaltenen Frühjahrsversammlung des Bienenzüchtervereins Nagold sind etwa 20 Mitglieder erschienen. Der Vorstand begrüßte die Versammlung mit herzlichen Worten und ermahnte die Züchter wegen einiger Fehljahre den Mut nicht finken zu lassen, vielmehr bestrebt zu sein, durch aufmerksames Forschen am Bienenstand und Lesen der Bienenpflege die Kenntnisse zu erweitern und da­durch die Biene-zucht nutzbringender zu machen. Der Jah­resbericht des Kassier- war befriedigend. Bei der Wahl wurde der seither durch 20jährigeS Wirken bewährte Vor­stand Klein einstimmig wiedergewählt; auch Kassier und Schriftführer bleiben die seitherigen, Bücher und Singer. Einer der wichtigsten Punkte bei der Beratung w r die Gewinnung und Ausbildung eines Bezirks uenenwärters; zum Besuch der Schule in Hohenheim soll bis zu 25 ein Beitrag aus der Kasse gegeben werden.

* Nagold, 27. Febr. Dos gestern vom Turnverein gegebene LustspielDaS Stiftungsfest" von G. v. Moser zog, wie vorauszusehen war, eine sehr zahlreiche Zuhörer­schaft an. Wir freuen uns, den Diletlonlenleistungen der Darsteller wiederholt ein uneing, schränk, es L^b zu teil werden lassen zu können und verbinden damit den Wunsch, daß uns die tüchtige Theaterlertung bald müder mit einer Vorstellung erfreuen möchte. Wie wir soeben a> s einer Anzeige ersehen, wird das Stück heute Abend wiederhol! gegeben werden.

t. Alten steig, 26. Febr. Das GeburtSfest Sr. Maj. des König- Wilhelm II wird« gestern hier in wür­diger Weise gefeiert. Mosens früh ertönten Böllersaloen vom Hällesberg; um 10 Uhr arrangierte sich ein Festzug mit Musik zum Besuch deS Gottesdienstes. Nach demselben war rin gemeinschaftlich,s F-st> ff n in derTraube", woran sich außer den Staats- und städtischen Beamten auch hies. Bürger in größerer Zahl, sowie mehrere Gäste von Berneck beteiligten. Toaste wurden ausgebracht von H. Kamera!«