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Der GchlWsttt

Amts- und Anzeige-Blatt sur den Oberamts-Bezirk Nagold

74. Jahrgang.

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Gratisbeilagen: Das Plauderstübche» und

Echwäb. Landwirt.

^ 32.

Nagold, Samstag den 25. Februar

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Für die ordintlichen Sitzungen des Schwurgerichts des l. Quartals ist zum Vorsitzenden ernannt worden: im Schwurgerichts­sprengel Tübingen der Landgerichts:at Dr. Kaps von da.

Die Eröffnung der Schwurgerichtsfitzungen im 1. Quartal, findet a« Montag, den 13. März d. I, vormittags S Uhr in Tübingen statt .

Gestorben: Carl Lehr, Major a. D., Stuttgart. I. Heinzelmann, Wwe, Nürtingen. Math. Stahringer, Bildhauer, Stuttgart.

Deutscher Reichstag.

-j- Der Reichstag setzte am Dienstag die seit mehreren Sitzungen durch die Erörterung anderer BeratunaSstoffe unterbrochen gewe­sene 2. Lesung deS Etats wieder fort. Die Verhandlung galt dem Etat des ReichSjufiizamtes, wobei der zum TitelGehalt des Staats­sekretärs" ringebrachte Antrag deS Äbg. Beckh (fr. BolkSp.), betr. die gesetzliche Regelung der staatlichen Entschädigungspfiicht bei zu Unrecht erlittener Untersuchungshaft, mit erörtert wurde. Abg. Dr. Spahn vom Centrum, der bekanntlich vor einiger Zeit zum RcichSgerichtsrat ernannt worden ist, beleuchtete dir Ueberbürduug des Reichsgerichts und verlangte eine Entlastung desselben. Staats­sekretär des RrichSjustizamtes Nieberding erkannt» dies Verlangen als vollkommen berechtigt an, betaute jedoch, daß die gewünschte Entlastung deS obersten deutschen Gerichtshofes nur durch Erhöhung der Revisionssumme verwirklicht werden könne, letzteren Regirrungs­vorschlag habe aber der varige Reichstag ja abgelehnt. Abg. Ronen (Centr.) trat mit Entschiedenheit für die reichsgesetzlichr Regelung der Frage der bedingten Verurteilung ein, in welchem Sinne sich auch der freisinnige Abg. Dr. Müller-Meiningen äußert». Staats­sekretär Nreberding »erhielt sich dieser Anregung gegenüber keines­wegs ablehnend, meinte indessen, es müßten behufs eines abschlie­ßenden Urteiles über dieselbe noch längere praktische Erfahrungen gesammelt werden. Mit dem Eingreifen des sozialdemokratischen Vertreters für Dresden-Altstadt, Dr. Gradnaurr, in die bis dahin sehr ruhig verlaufene Diskussion erhielt dieselbe plötzlich e ne fast dramatische Wendung. Genannter Herr bezeichnet« das Urteil des Dresdener Landgerichts in einer Wahlfluablatt-Angelegenheit als brutale Gewaltlhat. Der sächsische Generalstaatsanwalt Rüger wies die Kritik GradnauerS an den Urteilen der sächsischen Gerichte scharf zurück und charakterisierte dessen speziell erwähnte Aeuherung als Mißbrauch der parlamentarischen Redefreiheit, welche Gegen- äußerung deS sächsischen Generalstaatsanwalts große Unruhe aus der linken Seite deS Hauses verursachte. Dann lenkte die Ver­handlung wieder in ruhiges Fahrwasser ein, die Form des Zn angs- vollstreckunzswesenS, der Schutz der Bauhandweiker. die Enischädi- gungspflicht für unschuldig erlittene Untersuchungshaft und nochmals die bedingt» Verurteilung kamen hierbei ausS Tapet. Hierauf griff Vicepräfldent Dr. v. Frege auf den Zwischenfall Gradneuer Rüger zurück und erteilte «inerseits dem Abg Dr. Giadnaner wegen der Bemerkungbrutale Gewaltthat" «inen Ordnungsruf, bemerkte aber andererseits dem Benrralstaatsanwalt Dr. Rüger gegenüber, daß Mißbräuche der Redefreiheit nur von Seiten des Präsidiums gerügt werben könnten; dann trat Vertagung ein.

DrnLlches Reich.

Nagold, 24. Febr. Mit dem 25. Febr. tritt Seine Majestät unser König in sein 52. Lebersjahr in der vollen geistigen und körperlichen Kraft deS gereiften Man­nesalters. Auch im letzten Jahr hat Seine Majestät der König alle die an ihm nun schon lange bekannten Regenten­tugenden auSgeübt, der treuen Fürsorge für alle Zweige des wissenschaftlichen, künstlerischen und Erwerbs-Lebens, als Hort der Gerechtigkeit und des inneren Friedens im Lande und als jederzeit znm Wohlthun geneigter Landes- vater, insbesondere der Armen und Bedrängten, dabei als ein treuer Freund des deutschen Kaisers und als konstitu­tioneller Monarch, der sogar bereit war, auf einen Teil feiner kgl. Vorrechte zu verzichten. Das «ürtt. Volk hat deshalb auch die hohe Freude des Königs, anläßlich der Vermählung seiner einzigen Tochter freudig mitgefühlt und teilnahmsvoll und mittrauernd stand es mit dem König an der Bahre einer geliebten Tante und vor allem auch seiner erhabenen Mutter. Möge der gütige Gott unseren König noch recht lange gesund erhalten zum Wohl seines Volkes, sowie des deutschen Reichs und möge er ihn vor allem vor herbem Schmerz bewahren! Das wünscht ihm an seinem Geburtstag jeder treugesinnte Württemberger.

Mönzheim OA. Leonberg, 22. Febr. (Korresp.) In der Atzten Woche hielt unser Schloßherr Frhr. von Puhl z. Skipper mit seiner Gemahlin geb. Freifräulein von Gais- berg hrer seinen Einzug; an dem festlichen Empfang betei- ugtrn sich die bürgrrl. Kollegien, die Vereine und fast die ganze Übrige Einwohnerschaft. Bus Veranlassung des neu- vermählten Paares wurde ein Festester» veranstaltet für die ganze Gemeinde, bei dem jedes reich bewirtet wurde.

Stuttgart, 19. Febr. Herr Rosendahl, Kapitän zur See und «ouoerneur des Kiautschou-Sebiets, ersucht den

StaatS-Anz.. folgende Danksagung zu veröffentlichen:

Tfintau (Kiautschou), den 1. Januar 1899. Im Laufe des JahreS und besonders zum Weihnachtsfeste find den Offizieren und Mannschaften reiche Gaben von der lieben Heimat zugegangrn. Vereine, Gesellschaften und Private haben gewetteifert, unS durch ihre Liebesgaben zu beweisen, daß zwischen ihnen und uns ein festes Band besteht, und nichts ist «ehr als das geeignet gewesen, unS die mancherlei Beschwerden vergessen zu lasten, welche die hiesigen Ver­hältnisse mit sich bringen. Ich sage hiermit allen, welche fich unser so freundlich erinnert und ihrer Liebe zu diesem Teile von Deutschlands Wehr im fernen Osten haben Aus« druck geben wollen, herzlichen Dank."

Stuttgart, 22. Febr. Die Regierung hat bei den Landfiänden ein Gesetz eingebracht betr. Aufhebung der Dienstkautionen der Staatsbeamten. Die Rückgabe der bis­herigen Kautionen erfolgt innerhalb eines JahreS nach dem Inkrafttreten des Gesetzes.

Stuttgart, 22. Febr. Das gestern auSgegebeneRe­gierungsblatt" enthält den Vollzug des Gesetzes betreffend die Wahlkouverts, den Jiolierraum rc. für die Landtags - wählen. Das vom 28. Januar 1899 datierte Gesetz tritt erst mit dem Zeitpunkt der Anordnung einer allgemeinen Neuwahl in Kraft. Im Anschluß an das neue Gesetz wird sodann der Text des ganzen Landtagswahlgesetzes, wie er sich aus den in den Gesetzen vom 18. Juni 1882 und vom 28 Jan. 1899 festgesteüten Aendernngen ergiebt bekannt gemacht.

Eßlingen, 20. Febr. Die Kirche zu St. Bernhardt wurde im vorigen Sommer umgebaut und bedeutend ver­größert. Im Laufe dieses Winters kamen dann die Arbeiten im Innern des Langhauses zur Ausführung und gegenwärtig ist Orgelbaumeister Goll von Kirchhe'M u. T. mit der Aus­stellung eines neuen Orgelwerks beschäftigt. Die Einweihung der Kirche wird voraussichtlich im kommenden Monat voll­zogen werden können.

Gmünd, 21. Febr. Ein altes Schmerzenskind der Gmünder ist bekanntlich ein« Eisenbahnverbindung mit Göppingen. Immer wieder ist diese Frage der Gegenstand eifriger Besprechung. Dazu kommt in neuester Zeit noch eine weitere Eisenbahnagitation, die darauf gerichtet ist, daß für den Anschluß Welzheims an die RemSbahn Gmünd als Ausgangspunkt ins Auge gefaßt werden solle. Da der Vizepräsident der Abgeordnetenkammer Dr. Kiene sich durch Drohbriefe der Gchwarz'fchen Partei, wie seiner Zeit berichtet wurde, abhalten ließ, einen schon an gekündigten Vortrag im Piusverein über die Verwerfung der Verfaffungs- revifion durch das Zentrum halte», so hat der Piusverein darauf verzichtet, ihn nochmals einzuladen. Deshalb sprach letzten Sonntag Seminarrektor Frick im genannten Verein über diese- Thema.

Heilbronn, 23. Febr. Der neue Neckardampfer für den Personenverkehr wird den Namen der StadtHeilbronn" führen, während ein zweiter Dampfer, der wenn nötig be­schafft werden soll,Heidelberg" getauft werden soll. Der Gemeinderat verneinte in Bezug auf die Fleischsteuer nach langer Debatte die Frage, ob der Bürgerausschuß, der sich in überwiegende Mehrheit für Beibehaltung derselben ausgesprochen hätte, in derselben zur Abstimmung zuzulaffen sei und es wird nunmehr, da die letztere Frage nicht ge­klärt ist, die Regierung sich mit derftlben besä ästigen.

Heilbronn, 23. Febr. (Korresp.) Die hiesigen Bäcker haben sich nunmehr dtfiniliv für eine Zwangsinnung ent­schlossen. Von einer gestern nachmittag auf dem hiesigen Rathaus unter Leitung des Amtskomm>ssars stattqefundenen Versammlung wurde dieser Beschluß mit 53 gegen 24 Stimmen gesoßt.

Ravensburg, 23. Febr. Der hies. Gemeinderat hat beschlossen, um die Weitererhebung der örtlichen Verbrauchs­abgabe für Bier nachzusuchen. Per dl ausgeführtes Bier sollen 65 und pro Ztr. eingesührtes Malz 2 60

erhoben werden. Statt der bisherigen 60 -Ä sollen in Zu­kunft nur 52 ^ pro dl den Bierbrauern für auSgeführtes Bier rückvergütet werden.

Vom Bodensee, 20. Febr. In diesen Tagen übt wieder der dichte, melancholisch stimmende Nebel seine Herr- schast über dem Bodensee aus. Infolge dessen wimmelte es gestern auf den zum Pfänder führenden Wegen von fröhlichen Menschen, die dem düsteren Nebel entstiegen waren, um fich des belebenden Sonnenscheins und d«S werdenden Frühlings zu erfreuen. Stundenlang konnte man wie im Sommer aus der Psänderspitze verweilen und in der benachbarten Wirtschaft erfrischte man fich allgemein im Freien. Zu Millionen blicken uns an den Hängen die lieblichen Primeln entgegen und an allen Büschen und Sträuchern schwellen die Knospen. Mit Einbruch der Nacht wurden, einer alten Sitte gemäß, auf den den See um­säumenden Höhen mächtige Holzstöße angefacht. Besonders

am Obersee konnten diese Bergfeuer, die Heuer in großer

Zahl angezündet worden waren, beobachtet werden.

Berlin, 23. Febr. Die Verhaftung des Haupt­manns v. Schachtmeyer ist unter dem Verdacht des gewerbs­mäßigen Glücksspiels erfolgt.- Nach einer anderen Meldung sollen gegen sämtliche in der Spielaffäre verhafteten Per- sonen auch wegen Betrugs Anklage erhoben «erden. Die Hauptve' Handlung dürfte nicht vor Anfang Juni stattfinden, da die Zeugenverhandlungen große Dimensionen ««nehmen.

-j- Dl« preußische Regierung plant die Teilung der Regierungsbezirke Potsdam, Oppeln, Königsberg, Düffeldorf und vielleicht auch Arnsberg.

-j- Etngegangen find im Reichstage die Entwürfe einer Ferusprech-GebÜhrenordnung und eines Gesetzes über die Einführung der obligatorischen Schlachtvieh- und Fleisch­beschau im ganzen Reiche.

1- Die jüngsten in hämischem Tone gegenüber Deutsch, land gehaltene«Reuter"-Mrldungen über die Vorgänge auf Samoa erweise« sich, wie von Berliner unterrichteter Seite versichert wird, als unzutreffend. ES kann keinem Zweifel mehr unterliegen, daß den amerikanischen Ober- richter Chambers in Apia zunächst die Schuld für die dortigen Wirren trifft.

-j- DieNordd. Allgem. Zig." begrüßt die Nrw-Dorker Meldung von der geplanten direkten Kabelverbindung zwischen Deutschland und Amerika mitVenugthuung. Das Berliner Regierungsblatt bezeichnet zugleich die Aeußer- ung desNew-Bork Herald", die Legung dieses Kabels würde die Wohlfahrt der beiderseitigen Völker wie ein Friedensschluß fördern, als einen Beweis, daß in den ein­sichtigen Kreisen der Union dieselben Auffassungen Wurzel schlügen, von denen die leitenden Persönlichkeiten Deutsch­lands zweifellos erfüllt seien.

Ausland.

-j- Der schweizerische Bundesrat lenkt in seiner Antwort auf die Einladung der russischen Regierung zur Teilnahme an der Abrüstungskonferenz die Aufmerksamkeit des Petersburger Kabinets der Notwendigkeit zu, die Be­stimmungen der Genfer Konvention zu erweitern. Hoffent- lich geht diese Anregung des Bundesrates nicht verloren.

Graz, 23. Febr. 250 Kroaten überfielen die Ortschaft Polstrau inUntersteiermark und verwüsteten den Gemeindewald. Die gesamte Gendarmerie ist aufgeboten, um gegen die Ruhestörer vorzugehen.

Pari-, 22. Febr. Ueber den unfreundlichen Empfang des neuen Präsidenten haben wir schon gestern kurze Mit­teilungen gemacht. Ausführlicheres besagt der folgende Be- richt: Die Umgebung des Bahnhofes Saint Lazare war von einer dichten Menge angefüllt, in der diePatrioten" und Vertreter der realistischen Jugend sich durch ihre drohende Haltung hervortaten. AIS Loubet und seine Begleiter er­schienen, tönte eS ihnen entgegen:Nieder mit Panama! Rücktritt! ES lebe das Heer!" Die Hochrufe verhallten in diesem Tumult, von dem der frühere PolizeiprSfrkt Löpine betroffen sagte, er erinnere ihn an Algier. Ein Wagen des Elysee hatte den neuen Präsidenten, dessen erster Besuch der Witwe seines Vorgängers galt, abgeholt. Neben dem Wagen her, in dem Landet und Dupuy srßen. lief eine Bande der bekannten Schreier, die unaufhörlich krächzten: Spuckt auf Loubet! Panama!" Auch eine schwache Vor- Hut und eine Nachhut von mindestens hundert Schreiern umgab den Landauer, von dem auS der Präsident dos längs der Bürgersteige ausgestellte, wenn nicht sehr sympaihtsche, doch nicht feindselige Publikum grüßte, in dessen Reih« hier und da ein Hut geschwenkt wurde oderVive Loubet!" laut wurde. Es wurde bemerkt, daß die Schutzmann schaft die La mmacher gewahren ließ und daß die Kürassiere der Bec-leit mg keine Miene machten, sie auseinander zu treiben. Eist vor der Madeleine-Kirche wurden einigePatrioten" verhaftet, die einer Gruppe von Handelsleuten jenes Viertels nicht gestatten wollten, dem neuen Staatsoberhaupte Blumen zu überreichen. Auch auf der Place de la Concorde mußte eingrschritten werden, als einige Schreier unter Schmäh- rufen sich an den Wagen herandrängen wollten. Jetzt erst wurde die Nachhut abgeschnitten, wobei es zu einem Hand­gemenge zwischen der Schutzmannschaft und dem Pöbel kam. Von der Toncordienbrücke an bis zum Ministerium des Aeußern, der «orläufigen Residenz des Präsidenten der Republik, bekam dieser endlich nur Hochrufe zu hören. Er verweilte kaum eine halbe Stunde am Quay d'Orsay und fuhr dann mit dem General Bailloud, dem Chef deS mili- tärischen HausstaatS der Präsidentschaft, nach dem Luxem- bourg-Palaste zu seiner Familie.

Paris, 20. Febr. Ein Freund des Fürsten von Mo­naco erzählte dem Korrespondenten derFrankfurter Zeitung", daß der Fürst bei Faure am nachmittag von dessen Todes- tag einen Besuch machte. Faure wollte vom Fürsten aus-