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Wind und Wetter bieten, oben als Aussichtspunkt dienen soll. Der schöne Anblick des weithin sichtbaren freistehenden Baumes würde freilich darunter leiden. — Die Strafkammer Ulm verurteilte den früheren Bahnhofs« bediensteten Kaspar Schmid, der eine Menge Gegenstände, die Reifende zu amtlicher Aufbewahrung übergeben hatten, sich jahrelang rechtswidrig ange« eignet hat, zu der Gefängnisstrafe von 2 Jahren, sowie zum Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren. Seine Frau trafen wegen Hehlerei 6 Wochen Gefängnis, welche durch die Untersuchungshaft verbüßt sind.
-- In Zug bemerkte man am letzten Samstag bei den Häusern, die zwischen der alten Senkstelle und dem Regierungsgebäude liegen, aufs neue eine Senkung von fast einem Fuß Tiefe; es entstanden Risse in den Mauern. Daraufhin mußte angeordnet werden, daß die Häuser geräumt werden, und auch aus dem Regierungsgebäude wurde ausgezogen. Bis jetzt ist eine weitere Rutschung oder Senkung nicht bemerkt worden.
Wevnrischtes.
— Die Lebensversicherungs- und Ersparnis-Bank in Stuttgart hat laut umstehendem Inserat einen günstigen Zugang an neuen Versicherungen zu verzeichnen nnd die bis jetzt eingetretene sehr mäßige Sterblichkeit läßt für die Versicherten wiederum eine bedeutende Rückvergütung auf ihre Prämien erwarten.
— „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut" — dachte gestern ein Sohn Alt-Englands, alsereine alte schwächliche Frau, unter der Last einer schwer bepackten Mahne keuchend auf der Zeil in Frankfurt a. M. daherkommen sah; er redete einen kräftigen Jüngling an, der gerade vorbeiging, damit dieser die Last der alter. Frau trage. Der aber wurde grob und ging dann seiner Wege. Nun machte sich der alte Herr selbst ans Hilfswerk, gab Cylinder und Stock der alten Frau zu tragen und nahm deren Mahne auf den Kopf. So schritten sie, zum großen Staunen der Menge, selbander dahin.
„Zarte Aufmerksamkeit." Ein türkischer Würdenträger, der dem jungen Fürsten von Bulgarien angenehm sein wollte, sandte diesem jüngster Tage in den Konak von Sofia ein Geschenk. Dasselbe bestand in einer reizenden jungen Sklavin, deren höchste Kunst in der Herstellung echt türkischen Kaffees besteht. Fürst Ferdinand nahm das Geschenk mit bestem Dank an, doch hat das Mädchen in seinem Aufträge die Bezeichnung „Sklavin" ablegen müssen; dasselbe bezieht fortan einen kleinen Gehalt und figuriert als erste „Kaffeeköchin" im Haushalte des jungen Fürsten. Selbstverständlich bereitet „Fräulein Almare" dies Getränk nur für den hohen Gebieter allein; die übrigen Leute muffen sich mit jenem Kaffee begnügen, den ein Koch herstellt.
KevbstrrcrcHvicHten.
Marbach. Kleinbottwar, 28. Okt. Frhrl. von Brüflellesche Weinerlöse: Portugieser 291 302 schwarze Rißling 212 215
Klevner 355—371 Rotwein 276—304 Rißling 243—274 Weißwein 221—231 ^ für je 3 bl.
Neckarsulm. Stadt Neckarsulm, 27. Okt. Die heutige Weinversteigerung der Weingärtnergesellschast nahm einen unerwartet günstigen Verlauf. Die Erzeugnisse gingen reißend ab und es wurden erlöst aus je 1 KI.: Klevner 135, 138, 145, 147, 150, 151 und 152 schwarzem Rißling 1. Kl. 68-104 desgl. 2. Kl. 60, 61 und 62 Trollinger 77. 80, 81—88, 90, 92 und 96 rotem Gewächs 1. Kl. 67—71 und 74 desgl. 2. Kl. 53, 57, 58 und 60 -M, Portugieser 62, 63 und 64 weißem Rißling 76 und 77 weißem Gewächs 1. Kl. 56, 57, 59 und und 60 weißem Gewächs 2. Kl. 45. 46, 47 und 48 Solche Preise
sind seit dem Bestehen der Gesellschaft noch nicht erzielt worden. Im freihändigen Verkauf wurden als höchster Preis 182—220 für 3 KI. erzielt.
KcrrröeL unö WerkeHrr.
Stuttgart, 29. Okt. Der Wochenmarkt zeigt bei dem garstigen Wetter kein sehr freundliches Bild. Der Platz um die Markthalle ist von Woche zu Woche schwächer besetzt und bietet eigentlich nichts als Obst und Trauben. Von schönem Obst sind zu nennen Bergamotbirnen, Luiken- und Rosenäpfel und Quitten bis zur Größe eines Kürbis. Einheimische Trauben sind vom Markte eigentlich ganz verschwunden. Die Halle birgt noch immer Gemüse in genügender Menge. Der Blumenmarkt ist so ziemlich auf dem Nullpunkt angelangt, während der Fisch-, Wildbret- und Geflügelmarkt auf seinem Höhepunkt steht. — Der Holzmarkt ist seit heute zufolge gemeinderätlichen Beschlusses vom alten Postplatz hinweg nach der Haupt« stätterstraße verlegt. Die Holzfuhrwerke nehmen zu beiden Seiten der Haupt- stätterstraße, vom Leonhardsplatz bis zur Färberstraße herauf, Aufstellung.
Stuttgart, 29. Okt. (Kartoffel-, Kraut- und Obst« markt.) 600 Ztr. Kartoffeln, 3 20 H bis 3 50 H per
Ztr. — 12,000 Stück Kraut, 20—26 per 100 Stück. — Güterbahnhof (28. Okt.): 9000 Ztr. Mostobst (4000 Ztr. österr. 7 90 L
bis 8 30 H per Ztr., 5000 Ztr. belg. 6 90 H bis 7 20 L
per Ztr.).
Aanclwirt^a^tkiclier AezieAsoeeein.
WinterrabenöfiHuten öetrr.
Laut hohen Erlaßes der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft vom 20. Okt. d. I., in welchem die Förderung des Fortbildungswesens bezüglich der männlichen und weiblichen bäuerlichen Jugend dem Verein aufs neue dringend ans Herz gelegt wird, ist der letztere auch Heuer in den Stand gesetzt, den bestehenden Abendschulen — freiwilligen und obligatorischen —, ebenso den landw. Abendversammlungen Erwachsener und den Besucherinnen von Haushaltungsschulen rc. Unterstützungen in der bisherigen Weise zukommen zu lassen.
Wegen richtiger Zahlbestimmung der diesen Schulen gratis zugedachten landw. Wochenblätter, sowie im Interesse rechtzeitiger Einreichung der von der K. Zentralstelle gewünschen Liste und der daraus resultierenden Sicherstellung der Unterstützungen an Gemeinden und Prämien an Lehrer, werden die Schul- und Gemeindebehörden hiemit freundlich ersucht, die von dem Unterzeichneten gleichzeitig ausgegebenen speziellen Ansragen längstens bis 12. Nov. d. I. beantwortet an denselben einzusenden, oder auch freie diesbezügliche Mitteilungen ohne Säumnis zu machen.
Calw, den 1. Nov. 1887. A. Anset,
schultech. Vereinsbeirat.
Mißratene Plattwäsche t Ein Schrecken für jede Hausfrau! Zwar garantieren Erfahrung und Sorgfalt eine gewisse Sicherheit, indes am sichersten ist der Gebrauch der seit zehn Jahren erproöteu Amerika«. Klanz-Stärke von lli-it? Svkulri zu»., I-viprsiA. Bei diesem praktischsten Stärkemitter ist ein Mißlingen der Alätt- wäsche nahezu ganz unmöglich und ist das damit erzielte Resultat ein höchst vollkommenes. ä Paket 20 Pfg. Ueberrall vorrätig. Achtung auf Firma llrit? 8<cknilr: zu»., L-vipLiK, und Schutzmarke „HloSus".
Leset und urteilet selbst. Ravensburg (Württbg.). Teile Ihnen mit, daß sich die Apotheker R. Brandt's Schweizerbillen bei dem schon mehrjährigen Leiden meiner Frau, beständigem Kopfweh, Blutandrang gegen den Kopf und fortwährender Verstopfung, als sehr probates Mittel erwiesen haben, sodaß ich dieselben Jedermann, der an ähnlichen liebeln leidet, bestens empfehlen kann- Alois Reisacher. Unterschrift beglaubigt Stadtschultheißenamt. (L. 8.) Apotheker R-Brandt's Schweizerpillen sind ä Schachtel 1 in den Apotheken erhältlich, doch achte man auf das weiße Kreuz im roten Grunde mit dem Namenszug R. Brandt's.
Wohl begegneten ihm die Leute, wenn er tagelang planlos herumirrte und Jeder wunderte sich über sein wirres, verstörtes Aussehen; doch Keiner wagte eine Frage, denn er machte den Eindruck eines Wahnwitzigen und fast war er es auch.
Endlich beschloß Lord Cardin, der stets gütig gegen seine Untergebenen war, selbst nach dem Gärtner zu sehen. Er fand ihn in der kleinen Küche am Boden liegen, die Natur hatte endlich ihre Rechte über den starken Mann geltend gemacht.
Lord Cardin zog seine Feldflasche, die er glücklicherweise bei sich hatte, rieb Robert's Schläfen mit Cognac und versuchte, einige Tropfen der Flüssigkeit dem Ohnmächtigen einzuflößen. Endlich zeigten sich wieder Spuren von Leben.
„Roden", fragte der Edelmann jetzt, „was ist Ihnen zugestoßen? Und warum ist Ihre Frau nicht hier, Sie zu pflegen?"
Mit einem Blick der Verzweiflung, sah der Unglückliche zu ihm auf.
„Meine Frau, o Gott, meine Frau!"
„Wo ist sie?" fragte Lord Cardin.
„Gnädiger Herr", stammelte der Arme, „denken Sie nichts Böses von ihr, sie ist rein wie ein Engel; aber sie war des Lebens hier müde, es war zu einsam für sie und sie ist weggegangen um — nur eine Zeit lang anderswo zu leben."
Und als hätte er mit dieser Verteidigung der über alles geliebten Frau seine Kräfte erschöpft, sank er wieder wie leblos zu Lord Cardins Füßen.
Lange, lange Tage lag Robert krank auf den Tod in dem kleinen, hübschen Häuschen, das noch vor Kurzem sein ganzes Glück umschloffen, krank an einer Krankheit, für die die Aerzte keinen Namen wußten, an der Sehnsucht nach seinem verlorenen Weibe. Er klagte nicht, er sprach zu keinem Menschen von seinem Kummer, für alle seine Bekannten war seine Frau vereist und wenn hie und da Einer war, der die Wahrheit ahnte, so wagte doch Keiner ihn mit Fragen zu belästigen, denn e» lag etwas in dem Ausdruck seines Gesichtes, das jede Frage ungesprochen zurückwies.
Der Unglückliche wünschte sich den Tod, er betete um Erlösung; aber der Tod naht jungen und kräftigen Naturen nicht leicht, auch wenn sie ihn herbeisehnen und auch von Robert wandte er sich ab. Der furchtbare Schmerz ließ nach, die männliche
Kraft rang sich durch und Robert erhob sich von dem Krankenlager, um auf's Neue den Kampf mit dem Leben zu beginnen.
Lord Cardin war außerordentlich gütig gegen ihn; er bedauerte den einfachen Mann, der es verstand, so still zu leiden und zu dulden, er bewunderte seine großherzige Liebe, die ihm die Lippen über das Vergehen seines Weibes schloß. Er hatte das Geheimnis ja natürlich durchschaut; er wußte, daß Laura diesen edlen Mann verlaßen, aber er hielt sie für schlechter noch, als sie war, er glaubte, sie habe Robert mit einem Anderen betrogen. Das war seine Ueberzeugung; aber da er den Schmerz des jungen Gatten ehrte, so erzählte er Andern die Sache in einer Weise, daß nichts mehr zu fragen war.
„Fragt Roden nicht nach seiner Frau", sagte er. „Sie fand das Leben in dem kleinen Häuschen zu langweilig, und ist auf einige Zeit weggegangen, um sich zu zerstreuen. Aber Roden leidet sehr unter der Trennung, darum sprecht nicht darüber."
Und so kam es, daß Lord Cardins Leute alle wußten, der gnädige Herr wünsche nicht, daß man über die Angelegenheit rede, ehe Roden überhaupt wieder unter Ihnen verkehrte. Und als er wieder seiner Arbeit nachging, ein ganz veränderter, gebrochener Mann, da waren alle diese rauhen Leute, die Wildhüter und Gärtnerburschen, so zartfühlend ihm gegenüber, wie nur möglich. Sie vermieden es, in seiner Gegenwart von Weib und Kind, von einem traulichen Daheim zu reden, und gerade durch dies Schweigen erriet Robert, daß sie um seinen Kummer wußten und ihn ehrten, und im Süllen dankte er ihnen dafür.
Nur eine Person verletzte ihn in jener ersten bitteren Zeit, da die offene Wunde noch herbe Schmerzen verursachte, das war Lady Cardin. Als sie von Roberts Krankheft hörte, ging sie selbst hin, ihn zu besuchen, und erschrak förmlich vor der Veränderung, die mü dem kräftigen, blühenden Manne vorgegangen.
„Wie müssen Sie gelitten haben, Roden!" sagte sie. „Ich bedaure Ihr Geschick außerordentlich. Wo ist denn das unselige Weib?"
„Ich möchte lieber nicht davon reden, gnädige Frau", entgegnete er, „wo sie auch sein mag, meine Achtung und Liebe wird sie stets besitzen." (Forts, folgt.)