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mut der Sieben. Kachelhofer suchte darzuthun, daß der Arbeiter in der freien Schweiz es nicht besser habe als der Arbeiter in Belgien oder Rußland. Mit der Haltung der Berner Arbeiter ist er sehr unzufrieden; die bernischen Arbeiter seienunter dem Hund dumm", unglaublich schläfrig und langsam. Michaelsen hieß die Mitglieder des deutschen Reichgerichts Gauner und Schurken, weil sie Neve verurteilt haben. In einer Resolution erklärte die Versammlung, daß sie die Verurteilung der Chicagoer Anarchisten verdamme und deren Hinrichtung als einen Mord an der zivilisierten Menschheit betrachte.

Frankreich.

Paris, 18 . Okt. Die Blätter sind über die Beilegung des Grenz- falls befriedigt, schnupfen aber über den Jäger Kaufmann ganz abscheulich ; selbst dieRevue des Deux Mondes spricht von der mörderischen Brutalität desselben und wünscht diesemUrheber einer grausamen, jede zivilisierte Nation empörenden Mordthat" eine entsprechende Strafe.

Hcrges-Weirigkeiten.

^ Ostelsheim, 20. Oktbr.Dankbarkeit ist eine der schönsten Tugenden." Das hat sich beim Abschied unseres lieben, unvergeßlichen Hrn. Pfarrer Dettinger gezeigt, der gestern nach 13jähriger reich gesegneter Wirksamkeit auf seine neue Stelle, Steinenberg bei Schorndorf, abgegangen ist. Daß wir in ihm einen vorzüglichen Prediger, treuen Seelsorger und praktischen Schulmann verlieren, ist auch in weiteren Kreisen bekannt. Um der Dankbarkeit, Liebe und Anhänglichkeit Ausdruck zu geben, brachten der Kriegerverein und die Feuerwehr dem verehrten Scheidenden vorgestern abend einen Fackelzug. Unterlehrer Waid mann dankte dabei Hrn. Pf. D. für das Interesse und oie reichen Unterstützungen, welche die genannten Vereine von ihm genießen durften und schloß mit dem Wunsch,daß trotz künftiger Ent­fernung und Trennung das Feuer der Liebe in den Herzen fortbrennen möge". Brausend tönte das Hoch auf den Herrn Pfarrer. Nach dem Fackelzug ver­sammelten sich die bürgerlichen Kollegien, der Kriegerverein, die Feuerwehr und derGesangverein" (zus. gegen 100 Männer) im Gasthof zum Adler, um hier noch einige Stunden bei den lieben Scheidenden sein zu können. Hr. Schultheiß Stahl und Hr. Schullehrer Hirth brachten (ersterer in poetischer Form) Toaste auf den Hrn. Pfarrer aus. Unterlehrer Waidmann brachte sein Hoch der ganzen Pfarrfamilie, indem er nochmals herzlich dankte für alle Liebe, für alle die vielen Wohlthaten, die sowohl ihm als der ganzen Gemeinde in so reichen Maße zu teil geworden sind. Die von Herzen kommende Abschiedsrede unseres Hrn. Pfarrers war ergreifend, und es wird uns unvergeßlich sein, was er uns als sein Vermächtnis hinterlassen hat. Aufrichtig wünschen wir, daß das Wiedersehen ein baldiges und fröhliches sein möchte. Für den musikalischen Teil des Abends sorgte derGesangverein", der unter der Leitung des Unterlehrers seine schönsten Weisen hören ließ. Aber die Trennung von der lieben Pfarrfamilie konnte nicht so leicht ge­schehen, und so begleiteten die bürgerlichen Kollegien, Lehrer, Kriegerverein, Feuerwehr und Schuljugend die Scheidenden noch auf den Bahnhof, um auch dadurch nochmals unfern herzlichsten Dank auszudrücken. Unserer lieben Pfarrfamilie Dettinger aber rufen wir auch noch auf diesem Wege ein herz­lichesLebewohl" und ein herzlichesVergelts Gott" nach.

Stuttgart, 19. Okt. Das N. Tgbltt. berichtet: Wie sehr es an­gezeigt ist, bei der Benutzung von Dampfkochtöpfen dem Personal die größte Vorsicht und Pünktlichkeit anzuempfehlen und überhaupt bei Instandhaltung derselben die möglichste Sorgfalt anzuwenden, beweist ein Unglücksfall, der gestern vormittag gegen 11 >/z Uhr hier in einem Haus der Silberburg­straße sich zugetragen hat. Ein Dampfkochtopf, der, wie es heißt, schon länger schadhaft war, explodierte plötzlich auf bis jetzt noch unaufgeklärte Weise, wobei das Mädchen Lisette S a almüller, gebürtig aus Altensteig, am Kopfe sehr schwer verletzt wurde und auch, da ihre Kleider sofort Feuer fingen, am Körper schwere Brandwunden davontrug. Die Explosion war so stark, daß viele in der Küche befindliche Gegenstände zertrümmert wurden.

Die Verletzte wurde in bewußtlosem Zustande in das Katharinenhospital ver­bracht und war bis gestern nachmittag noch nicht zum Bewußtsein gelangt. Wie wir heute noch erfahren, steht es bei ihr schlecht, und es ist wenig Hoffnung für ihr Leben vorhanden. (Diesem Bericht desNeuen Tagblatt" können wir hinzufügen, daß die Bedauernswerte heute Freitag vorm, um 10 Uhr verschieden ist, ohne wieder zum Bewußtsein gelangt zu sein. D. R.)

Von der Jagst, 18. Okt. Auf dem Markt in Ellwangen ver­kaufte jüngst ein Bauer aus einem Landorte der Gegend ein Rind um 274 welcher Betrag ihm fast ganz in Doppelkronen und nur ganz wenig in Silber auf dem Bahnhof ausbezahlt wurde. Als der Bauer zur Stadt ging, holte ihn ein Fremder ein und bemerkte, er habe beobachtet, wie ihn der Händler betrogen und statt der 20 ^-Stücke 20 Frankenstücke gereicht habe, der Bauer möge ihn einmal das Geld sehen laffen. Der Verkäufer war durch diese Anrede so verblüfft, daß er dem Ansinnen des Fremden ent­sprach und ihm die ganze Summe einhändigte. Sofort ließ der Mann das Geld durch die Finger gleiten, gabs dann zurück mit dem Bemerken, er habe sich getäuscht, das Geld sei richtig, und ging eiligst von dannen. Als aber der Bauer sich die Goldstücke des nähern besah, da fand er zu seinem Schrecken, daß ihm drei davon ä 20 also 60 fehlten. Um diese

Summe war er im Handumdrehen von dem Unbekannten geprellt.

Kevbftnachrichten.

Stuttgart, 20. Okt. Stadt. Bis jetzt kein fester Kauf bekannt. Lese in vollem Gang. Die gestrigen Traubenverkäufe am Stock in der Neinsburg u. s. w. haben einen Durchschnittserlös von 54 pro bl ergeben. Vorstadt Heslach. Zum größten Teil verstellt. Käufe zu 53l/z bis 60 pro Kl. Gablenberg. Verkauf lebhaft bei steigenden Preisen, 50 bis 58 Vz pro KI.

Gaisburg, 19. Okt. Lese geht dem Ende entgegen. Produkt gut, wie erwartet. Einige Käufe zu 120 u. 130 Käufer erwünscht.

Obertürkheim, 19. Okt. Käufe zu 160, 170, 175, 180 und 190 pro 3 Kl. Manches verstellt. Noch viel Vorrat. Lese dauert fort.

Eßlingen, 19. Okt. Eßlingen, Gesellschaftkelter: Lese in vollem Gang. Käufe von 160180 per 3 Kl. Sulzgries: Lese in vollem Gang. Gewicht 80 Grad. Käufe zu 136140 olL per 3 KI. Verkauf geht gut. St. Bernhard: Lese in vollem Gang. Vorrat 150 KI. Gewicht nach Oechsle's Wage 91 Grad. Käufe zu 120 abgeschlossen.

Winnenden, 19. Okt. Weitere Käufe zu 115, 120, 130, 135 -A, für Holzenberger 140 und 150 olL per 3 bl. Noch einiger Vorrat. Breuningsweiler. Heute Käufe zu 130 und 135 nahezu alles verkauft. Höfen. Käufe zu 108 und 110 Bürg. Ein Kauf

zu 100

Marbach, 19. Okt. Der Verkauf ging äußerst lebhaft, die Preise sind am Steigen. Es wurden für 3 Kl 135150 bezahlt. Der Vor­rat zum größten Teil verkauft.

.. H e i l b ro n n , 18. Okt Stadtkelter. Bei reger Kauflust und steigenden Preisen gingen, wie die N.-Ztg. berichtet, die greifbaren Rotweine rasch ab. Die Lese dauert noch die ganze Woche und ist noch manche schöne Partie feil. Die Preise gingen heute von 150 auf 170 per KI. Von Weißwein ist noch kein Kauf bekannt. Eine kleine Partie Schiller wurde zu 145 per 3 Kl verkauft.

Gottesdienste am Sonntag, den 23. Oktober 1887.

Vom Turme: Nro 52. Vormittagspredigt Hr. Dekan Braun (Antrittspredigt). Ordination des Hrn. Predigtamtskandidaten F. Würz. Christenlehre mit den Söhnen. Abends 5 Uhr im Vereinshaus: Vortrag des Hrn. Pfarrer RupP von der Karlshöhe bei Ludwigsburg.

Gottesäienfte in äer Metkoäisteakapekke am Sonntag, den 23. Okt. 1887.

Morgens (2 l0 Uhr, abends 8 Uhr.

Es wird überhaupt keinem leicht fallen, mich heimzuführen", gab sie lachend zur Antwort.

Bis dahin war die Sache immer nur scherzweise zur Sprache gekommen, ja selbst als ein hochgestellter Lord ihr einen Heiratsantrag gemacht und sie ihn rund­weg abgewiesen, da hatte ihr Onkel nur lächelnd bemerkt:

Ich habe Dir ja gesagt, der Rechte ist noch nicht da."

Wer ist denn der Rechte 2" fragte sie neugierig.

Das werde ich Dir nicht verraten, mein liebes Kind, wenn ich Dein liebens­würdiges Geschlecht kenne, würdest Du dem Manne sofort Abneigung entgegen­bringen, wüßtest Du, daß ich ihn Dir bestimmt. So viel aber will ich Dir sagen: Du kennst ihn nicht, denn er ist noch nicht lange in der Stadt, und wir haben ihn noch nie getroffen."

Und Laura überlegte sich am Abend, in der Einsamkeit ihres Zimmers, was sie wohl thun werde, wenn dieser Rechte käme, wenn er um sie anhielte, und ihr Onkel auf Annahme des Antrags bestünde? O Gott, sie konnte es ja nicht, war sie doch Robert Rodens rechtmäßig angetraute Frau!

* >!-

*

Den folgenden Abend gab die Herzogin von St. Maur ein Konzert in ihrem prächtigen Hotel; doch Lady Laura, sonst der Musik sehr zugethan, war heute nicht mit der gewohnten Aufmerksamkeit dabei. Und merkwürdiger Weise war es die Er­scheinung eines Mannes, den sie heute zum ersten Male sah. Sie war sich selbst nicht klar darüber, warum er sie so sehr anzog, vielleicht war es eine entfernte Ähn­lichkeit mit Robert.

Es war eine hohe männliche Gestalt von stolzer Haltung, das Gesicht war nicht gerade schön zu nennen, doch von edlem, vornehmen Ausdruck, eine breite, ge­dankenvolle Stirn, von dunkellockigem Haar umrahmt, wölbte sich über ein Paar braunen durchdringenden Augen. Die ganze Erscheinung erweckte Lady Laura's Interesse und sie fragte ihren Onkel nach dem Namen des Fremden.

Er ist mir nicht vorgestellt", entgegnete der Marquis ausweichend, und Laura bemerkte nicht wie ein befriedigendes Lächeln um seine Lippen spielte; denn schon hatte sie sich mit derselben Frage an ihren anderen Nachbar, einen ihrer eifrigsten Bewunderer, gewandt.

Sie kennen ihn nicht?" fragte dieser.Freilich, man sieht ihn selten in der Londoner Gesellschaft, er macht sich nichts daraus. Es ist Lord Ellerton von Eller­ton Park."

Von diesem Tage an dachte Lady Laura ziemlich häufig an Lord Ellerton, und da sie oft am dritten Orte mit ihm zusammentraf, so erwartete sie stets, er werde sich ihr vorstellen lassen. Doch das geschah nicht, und diese Gleichgültigkeit gegen sie, der doch sonst alle Männer huldigten, pikierte sie und steigerte noch ihr Interesse.

Eines Tages ritt sie mit ihrem Onkel in Rotten Row; Lord Ellerton begegnete ihnen, grüßte den Marquis mit ausgesuchter Höflichkeit, hatte aber für seine schöne Nichte keinen Blick.

Kennst Du den Herrn, Onkel?" fragte Laura erstaunt.

Er wurde mir gestern Abend vorgestellt."

Ah! Und wie gefällt er Dir, Onkel? Ist er geistreich? Er sieht so aus."

Ja", erwiderte der Marquis, er gefällt mir sehr gut, soweit ich nach der flüchtigen Bekanntschaft urteilen kann. Ueberhaupt ist er in Herrenkreisen sehr beliebt, bei Damen weniger."

Warum, Onkel?"

O, er schenkt ihnen nicht genug Aufmerksamkeit. Und dann, was die Damen hauptsächlich beleidigt, ist, daß er, einer der reichsten Edelleute Englands, der Besitzer mehrerer prachtvoller Güter, gar keine Anstalten macht, eine Frau zu suchen."

Vielleicht will er keine", bemerkte Laura.

Ja, das ist es ja gerade, was man ihm übel nimmt; man verdenkt ihm, daß er dadurch die Damen gegen sich einnimmt. Uebrigens liegt ihm nicht viel daran, denn er zieht die Gesellschaft von Herren der ihren bedeutend vor!"

(Fortsetzung folgt.)