62. Jahrgang.

Aro. 114.

Amts- unä IntekkigenMatt für äen Kezir^.

Erscheint Dienstag, Donnerstag L Sarnstag.

Die Einrückungsgsbühr beträgt 9 H p. Zeile m Bezirk, sonst 12

Donnerstag, äen 29. September 188?.

Abonnementspreis halbjährlich 1 80 H, durch

die Post bezogen im Bezirk 2 30 sonst in

ganz Württemberg 2 70 H.

Abonnement-Einladung.

Mit dem 1. Oktober beginnt ein neues Abonnement auf das Calwer Wochenblatt. Der Preis beträgt in der Stadt 90 H excl. 20 H Träger- lohn, auswärts bei der Post bestellt 1.15 pc. Vierteljahr.

Das Wochenblatt erfreut sich einer ansehnlichen, stets wachsenden Abonnentenzahl und zählt gegenwärtig mehr Korrespondenten als je zu seinen Mitarbeitern. Besonderes Interesse beanspruchende Vorfälle, namentlich auch auf politischem Gebiete, erhält das Blatt bekanntlich telegraphisch mrtgeteilt, deren Aufnahme meist in der letzten Stunde vor der Ausgabe noch bewerk­stelligt werden konnte.

Zu zahlreicher Beteiligung ladet sekundlichst ein

die Hledaktio«.

ArnMGe Mekanntnrachirngen.

Amtliche Bekanntmachung,

betr. Aufhebung der Atro ßen sperre.

Der Vicinalweg von Aichelberg nach der Rehmühle kann vom 1. Oktober an wieder befahren werden.

Dies wird hiemit zur öffentlichen Kenntnis gebracht.

Calw, den 26. September 1887. K. Oberomt.

Supper.

Aekanntmackung,

betvsffenö die Wcrchfteusv von Wvcrnntwein.

Nachdem Württemberg in die Bcanntweinsteuergemeinschaft eingetreten ist, unterliegt nach § 46 des Reichsgesctzes vom 24. Juni ds. Js., betreffend die Besteuerung des Branntweins, aller am 1. Oktober ds. Js. im freien Verkehr des Landes befindliche Branntwein der Verbrauchsabgabe in Form einer Nachsteuer von 30 für das Liter reinen Alkohols.

Von der Nachsteuer befreit bleibt:

1) Branntwein, welcher zu gewerblichen Zwecken, einschließlich der Essig­bereitung, zu Heil-, zu wissenschaftlichen oder zu Putz-, Heizungs-, Koch- oder Beleuchtungszwecken verwendet wird,

2) Branntwein im Besitz von Gewerbetreibenden, welche die Erlaubnis zum Ausschenken von Branntwein oder zum Kleinhandel mit Brannt­wein haben, in Mengen von nicht mehr als 40 Liter, im Besitz von andern Haushaltungsvorständen in Mengen von nicht mehr als 10 Liter reinen Alkohols. Zu den erstgenannten Gewerbetreibenden

werden solche nicht gerechnet, welche die Erlaubnis zwar haben, aber von derselben keinen Gebrauch machen, somit den Ausschank oder Kleinverkauf mit Branntwein nicht betreiben; derartige Per­sonen gehören zu denjenigen Haushaltungsvorständen, bei denen nur 10 Liter nachsteuerfrei bleiben.

Ferner bleibt frei:

3) Branntwein, welcher seit dem 26. Juni 1887 nachweislich gegen Er­legung des Zollbetrags vom Ausland eingeführt worden ist.

Die Inhaber des der Nachsteuer unterliegenden Branntweins werden nun aufgefordert, ihren Vorrat an Branntwein (Tiinkbranntwein, Brannt­weinessenzen, Weingeist, Sprit, kölnisches Wasser rc.) innerhalb der 3 Tage 1., 2. und 3. Oktober 1887

bei dem Ortssteuerbeamten ihres Wohnorts anzumetden, von welchem An- meldeformularien bezogen werden können. Die Anmeldung kann auch münd­lich erfolgen.

Wer die Nachsteuer hinterzieht, hat eine Geldstrafe verwirkt, welche dem vierfachen Betrage der vorenthaltenen Abgabe gleichkommt, mindestens aber 5 beträgt. Kann der Betrag der vorenthaltenen Abgabe nicht festgestellt werden, so wird auf eine Geldstrafe von 5 bis 10,000 LL erkannt. Neben der Strafe ist die Abgabe zu entrichten.

Die Ortsvorsteher wollen diese Aufforderung alsbald in ihren Gemeinden noch besonders in ortsüblicher Weise bekannt machen lasten und Vollzugsanzeige hierüber bis 3. Oktober ds. IS. an das Kameral« amt einsenden.

Den 27. September 1887.

K. Kameralamt Hirsau. K. Umgeldskommistariat Calw. Ke mm el. St a i g er. _

'UoLitrfcHe Wcrchvictzten.

Deutsches Reich.

Dem Reichskanzler Fürsten Bismarck sind aus Anlaß seines 25jährigeu Minister-Jubiläums aus allen Teilen Deutschlands, sowie aus dem Auslande, namentlich aus Oesterreich, Italien und England, zahlreiche wohlwollende Begrüßungen zugegangen. Die Zahl der Telegramme allein beläuft sich aus viele Hunderte, an deren Spitze sich Glückwünsche der Kaiserin, der kronprinzlichen Herrschaften, verschiedener deutschen Souveräne und Minister befinden. Besonders sympathische Kundgebungen hat der Reichskanzler von dem Könige von Italien und dem italienischen Ministerpräsidenten Crispi erhalten.

Berlin, 26. Sept. Das deutsche auswärtige Amt hat in das süd­westafrikanische Schutzgebiet 500 Gewehre mit Schießbedarf gesandt zur Bewaffnung den Hereros gegen räuberische Einfälle der Hottentotten.

Feuilleton. «Nachdruck -erd-tm.)

Am Rang «nd Reichtum.

Dem Englischen frei nacherzählt von Leo Sonntag.

(.Fortsetzung.)

Sie sind doch mit der nötigen Vorsicht zu Werke gegangen, Rovway?"

Gewiß, Herr Marquis, ich beobachtete alle gebotene Vorsicht."

Und doch das brauche ich ja wohl kaum zu fragen sie ist nicht ver­heiratet?"

Nein, Herr Marquis."

Und ich haste es, solche Fragen zu thun, die an ein Jnquisitorium erinnern, aber ich muß Gewißheit habe» ließ irgend etwas in dem Benehmen oder in den Worten meiner Nichte darauf schließen, daß ihr irgend Jemand sehr nahe stehe, daß nur in kurzen, klaren Worten daß sie ein Liebesverhältnis habe?"

Nein, Herr Marquis, ich kann Sie auf das Bestimmteste versichern, daß auch nicht die leiseste Andeutung mich zu dieser Annahme hätte verführen können."

Das Antlitz des Advokaten verfärbte sich. Jetzt kam der entscheidende Moment. War der Wechsel einmal in seinen Händen, dann konnte er dem Schicksal Hohn sprechen. Er zitterte, als der Marquis zu seinem Schreibtisch ging. Wie hatte er für diesen Augenblick gearbeitet, wie viel hing davon ab, und was konnte nicht Alles noch dazwischen kommen? Aber cs kam nichts, der Marquis unterschrieb und kam dann auf Rodway zu, die Anweisung in der Hand.

Dies mit meinem besten Dank, lieber Rodway", sprach er, und endlich hielt der Advokat seine fünftausend Pfund in der Hand. Es mischte sich etwas wie Be­dauern, ja fast Reue in seine Freude, doch er wußte dies Gefühl rasch zurückzudrängen. Ich habe nur ihr Bestes gewollt", sagte er sich, um sein Gewissen zu beruhigen.

Der Marquis lud ihn noch zu einem Glase Madeira ein, dann war die Unter­redung zu Ende. Von Laura hatte er sich bereits verabschiedet, jetzt sagte er auch dem alten Herrn Adieu und verließ das Schloß.

Als der Marquis in den Salon zurückkehrte, fand er seine Nichte schon dort, er ging hin zu ihr und küßte ihre weiße Stirn.

Ich konnte Dir nicht viel sagen, mein liebes Kind, so lange der Fremde zu­gegen war. Sei mir nochmals willkommen! Wir müssen einander lieb haben, denn wir sind die beiden Einzigen, die von einer großen Familie noch übrig sind. Ich bin unendlich glücklich, daß ich Dich gefunden; Tu mußt mehr meine Tochter als meine Nichte sein."

Halb freudig, halb betrübt sah er sie an.

Du bist reizend, Laura, eine wirkliche Schönheit, Du hast die echten Züge der Bourdons, vornehm und fesselnd."

Es freut mich, daß ich Dir gefalle, Onkel", war die Antwort.

Auch Deine Stimme klingt gut, man hört ihr sofort an, daß Du aus edlem Blute bist. Ja, unser Blut läßt sich nicht verleugnen. Auch Deine Hände sind schön; eine häßliche, rauhe Hand kann in meinen Augen das schönste Gesicht ver­derben. Aber das sind reizende kleine Hände, nur ein wenig hart. Tu hast wohl arbeiten müssen, Kind?"

Ich habe mich mit meiner Hände Arbeit ernährt."

Armes Kind, warum habe ich Dich nicht früher gesunden; ich habe mein Bestes gethan, schon seit Jahren; aber Deine arme Mutter hatte keine Spur hinter lassen, es mar fast unmöglich Dich zu finden."

Eine Wolke beschattete die weiße Stirn der jungen Dame, doch der Marquis bemerkte es nicht und fuhr fort:

Ich gestehe Dir ganz offen, daß ich manche Befürchtung hegte, ehe ich Dich sah. Ich wußte, daß Deine Mutter sich, wie sie dachte, nrit ihresgleichen vermählt