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Amts- und Anzeige-Natt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

73. Jahrgang.

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Schwäb. Landwirt.

^ 55.

Nagold, Donnerstag den 7. April

1898.

Charsreitag. !

Die Christen begehen morgen in andächtiger Stille dar Gedächtnis der größten Begebenheit, von der die Geschichte der Menschheit weiß. Der Kreuzestod des Heilandes ist ein Ereignis so voll ergreifender und erschütternder Gewalt, daß seinem Eindruck auch verhärtete und verstorbene Ge­müter sich nicht ganz entziehen können. Der reine und unschuldige Zeuge der Wahrheit, der im Vertrauen auf seine Sache und auf seinen Gott mit seinem Blute sein Zeugnis besiegelt, mahnt uns eindringlich, daß nicht das Leben der Güter Höchstes ist und daß keine Macht der Welt den Geist, der in Gott seine Stärke sucht, zu über-

dennoch aber im Ganzen die Vorteile des Gesetzes nicht verkennen. Die Centrumsfraktion gab eine ähnliche Er­klärung ab, die sich auf die Vertretung der katholischen Kirche in der ersten Kammer bezieht. Es folgt der zweite Punkt der Tagesordnung. Gegen daS Gesetz stimmten 10, für dasselbe 78 Abgeordneten. Dagegen stimmte nur ein Teil der Privilegierten. Der zweite Punkt ist also ebenfalls angenommen. Es folgt Punkt 3 der Tagesordnung. Für das Kreiswahlgesetz stimmten 62, gegen dasselbe 19 Abge­ordnete. Dasselbe ist also angenommen. Dagegen stimm­ten sämtliche Ritter und Prälaten. Nächste Sitzung Diens­tag 19. ds. Mts., Nachmittags 3 Uhr.

Backnang, 5. April. Vergangenen Samstag versam­melte sich eine größere Anzahl von Naturfreunden und Lehrern im Engelsaale, um einen Vortrag des Vorstandes d s deut­schen Lehrer-Vereins für Naturkunde, des Dr. K. G. Lutz, anzuhören und behandelte derselbe das Themamikroskopische Blicke in daS Pflanzenleben." Den Dank der Versammelten für den überaus interessanten Vortrag sprach Mittelschul­lehrer Geyer aus. Große Anregung bot die Ausstellung von Versteinerungen aus dem Muschelkalk und dem württ. Jura, auch die überaus interessante Schneckensammlung des

H. Heyer, welche wohl die bedeutendste im Lande sein dürste.

Aalen, 2. April. Nach einem hier eingelaufenen und veröffentlichten Brief ist am 24. Dez. v. I. der alte King Manga Bell gestorben, der Großvater des Manga Bell, der eine Reihe von Jahren in Pflege von Schullehrer Oesterlen hier gewesen war und bei seiner hier oorgenom- menen Taufe den Vornamen Rudolf erhalten hatte. Der Verstorbene ist mit den bei den Eingeborenen in Kamerun üblichen Feierlichkeiten begraben worden. Eine nach Tausenden zählende Menge von Negern führte hiebei auf einem freien Platze ihre Totentänze auf. Die Schlußfeier fand am 10. Januar statt; zu ihr waren die Weißen durch eigene Rund­schreiben von dem Nachfolger des Verstorbenen, dem jetzigen König Manga Bell, eingeladen worden, von dessen Wohnung auS sie sich daS interessante Schauspiel ansahen. Der Brief bestätigt ferner die in unserer letzten Veröffentlichung ausgesprochene Vermutung, daß der Sohn Manga Bells, unser Rudolf Manga Bell nach seiner Zurückkunft in sein Heimatland, wenn nicht in dem Geschäfte seine- Vaters, einer Elfenbeingroßhandlung, im Reichsdienst seine Ver­wendung gefunden haben werde, sofern er zur Zeit als Schreiber deS Bezirksamts in Kamerun angestellt ist. ES steht demnach neben der Oberherrlichkeit des Reichs in Kamerun noch die sich in der Familie Bell sortvererbende Königswürde, die von den Eingeborenen entsprechend respektirt und zu der Rudolf Manga Bell nach dem Tode seines Vaters, Manga Bell berufen werden wird.

Nürnberg, 4. April. (Korresp.) Gutem Vernehmen nach hat Schuckert u. Cie daS Elektrizitätswerk in Ulm, Lichtanlage und elektr. Straßenbahn um 850000 an

die Continental-Elektrizitätsgesellschaft in Berlin verkauft, welch letztere dann den weiteren Ausbau des Stmßenbahn- netzrs durchführen wird. Schuckert u. Cie. garantieren auf eine Reihe von Jahren eine gewisse Verzinsung. Be­trieb und Verwaltung des Ulmer Werks geht schon vom 1. ds. an auf Rechnung der Berliner Gesellschaft, vorbe­hältlich der Genehmigung der Staats- und städtischen Be­hörden.

München, 5. April. Das Süddeutsche Korrespondenz- Bureau meldet: Aerztlichen Berichten zufolge sind dieser Tage beim König Otto von Bayern nicht unbeträchtliche Mengen von Blut im Urin entdeckt worden. Eine vorge­nommene Untersuchung gestattet den Schluß, daß eS sich um ein Blasenbluten mit gleichzeitiger Nierenreizung handelt. Der Zustand giebt zu ernsten Bedenken noch keine Veran­lassung; ob mit der Zeit und innerhalb welcher Zeit eine Lebensgefahr für den König daraus erwachsen kann, ist nicht abzusehen.

winden vermag. Der erbarmende und hingebende Menschen­freund, der, um seine Brüder zu retten, das eigene Leben opfert, lehrt uns, daß nicht die Selbstsucht uns das Glück bringt und daß nur der selig sterben kann, der sein Leben freudig in den Dienst seiner Brüder gestellt hat. Der vom Vater ausgegangene und zum Vater zurückkehrende Gottes­sohn, der am Kreuz den entscheidenden Kampf mit der Sünde und dem Tode auSficht, und durch seine göttliche Liebe und fein himmlisches Leben die ewige Erlösung schafft für alle Sterblichen, macht unsere Herzen getrost, daß wir willig in seiner Nachfolge den Kampf wider die Sünde aufnehmen und fröhlich dem Tode ins Angesicht schauen können, weil wir wissen, daß wir um Jesu willen beim Vater in Gnaden sind.

Denn darauf kommt in der That alles an, daß «ir in Jesu Kreuzestod nicht bloß eine menschlich rührende Ge­schichte, sondern die für uns alle heilbringende Offenbarung der göttlichen Liebe erkennen. Es ist die That Gottes, der, die Menschheit zu erlösen, stch's sein Bestes kosten ließ und in seinem Sohne die Niedrigkeit des Fleisches, die Schmach deS Kreuzes, den Fluch der Sünde auf seine Gottheit über­nahm, damit wir ihm versöhnt und zu ihm zmückgesührt würden. Es giebt keine rechte Charfreitagsfeier, wo wir dem Heilande nicht bekennen: meine Sünden haben dich geschlagen, und die Botschaft nicht inS tiefste Herz fassen: die Strafe liegt auf ihm, auf daß wir Frieden hätten; und durch seine Wunden find wir geheilet.

Dazu segne Gott die Feier dieses heiligen Tages auch in diesem Jahre an unserem ganzen Volke.

Hages-Nemgkeiten.

Vrntschrs Leich.

* Nagold, 6. April. Heute nachmittag brachte die Stallmagd Christine Bäuerle von Walddorf bei Lamm­wirt Klink die rechte Hand in die Futterschneidmaschine; erst nach ca. 20 Minuten konnte die Hand daraus be­freit werden und wurde die Magd ins Krankenhaus ver­bracht. Vier Finger sind stark beschädigt, wovon einer sofort abgenommen werden mußte.

Stuttgart, 5. April. Durch die Ernennung des Ge­neral-Obersten Grafen v. Waldersee zum Chef der Hl. Armeeinspektion hat auch das königlich württembergische Armeekorps einen neuen Armeeinspektor erhalten. General­feldmarschall Graf von Blumenthal, der als Nachfolger deS Kronprinzen Friedrich Wilhelm (Kaiser Friedrich III.) bis jetzt diese Stellung inne hatte, ist bekanntlich deshalb zurück­getreten, weil er wegen hohen Alters schon seit Jahren kein Pferd mehr zu besteigen vermochte. In militärischen Kreisen verlautet nur, daß Graf von Waldersee im Laufe der nächsten Monate auch nach Württemberg zur Inspek­tion unserer Truppen kommen werde. Der Sitz der III. Armeeinspektion, der bislang in Berlin war, ist jetzt nach Hannover verlegt worden.

Cannstatt, 6. April. Um endlich mit der Abschaffung des schon seit den 70er Jahren an einigen Mädchenvolks­schulklaffen ununterbrochen bestehenden Abteilungsunterricht (d. h. Versetzung zweier vollständiger Klaffen mit zusammen oft über 100 Schülern durch nur einen Lehrer) einen Antrag zu machen, soll hier mit beginnendem Schuljahr auf Antrag der Ortsschulbehörde eine weitere ständige Lehrstelle in der Mädchenvolksschule errichtet werden. Da weiter vor einem Jahr mit dem Ausbau des Knabenkomplexer der Volksschule zu einem dreiparallelklassigen begonnen werden mußte, so wird auch hier eine neue Stelle geschaffen werden müssen.

Eßlingen, 6. April. Bei der gestern hier abgehaltenen Bezirksrindviehschau mit Preisprämierung waren zugetrieben: 10 Farven und 33 Kühe. Preise wurden dabei verteilt, für Farren ein dritter mit 100 drei vierte mit je 80

für Kühe zwei dritte mit je 80 drei vierte mit je 60

vier vierte mit je 50 ^

Plochingen, 6. April. In dem benachbarten Köngen wurde wegen der stark verbreiteten roten Flecken eine Klasse der Schule bis auf weiteres geschloffen. Zum Glück ist bis jetzt noch kein Todesfall zu beklagen.

Württembergifcher Landtag.

(198. Sitzung.)

.'.Stuttgart, 5. April. Auf der Tagesordnung steht die Schlußabstimmung über die Entwürfe betr. 1) Das Verfassungsgesetz, 2) Das Landtagswahlgesetz, 3) Das Kreis- wahlgrsrtz. Zu Punkt 1 ist nichts zu erinnern. Es wird daher gleich zur Abstimmung geschritten. Es wird nament­lich abgestimmt. Für das Gesetz stimmten 69, gegen das­selbe 18 Abgeordnete, die erforderliche ^/s-Mehrheit ist also vorhanden (Bravo!). Dagegen stimmten nur die Privi­legierten, mit Ausnahme des Dekan Kollmann. Die deutsch- parteilichen Abg. Sachs, Geß, Albinger, Hartranft-Freuden- stadt, Haffner, Balz, Comerell, Pfaff, Krauß, Schürer und Spieß haben ihrer Abstimmung eine Erklärung beige­geben, dahingehend, daß sie sich von den Vorzügen des Proportionalwahlsystems nicht haben überzeugen können,

Was man von der Sonne weiß.

Von Dr. H. I. Klein.

(Fortsetzung.) (Nachdr. Verb.)

Diese Entfernung der Sonne von der Erde ist so beträchtlich, daß ein Kurierzug volle 330 Jahre laufen müßte, um eine gleich große Distanz zu durchmessen. Der Schall würde, wenn er von der Sonne bis zur Erde gelangen könnte, 15 Jahre bedürfen, das Licht dagegen legt den nämlichen Raum in 8,3 Minuten zurück.

Die Bewegung der Sonne, sowohl die täglich von Ost nach Westen, als die jährliche am Himmel, ist, wie heute jedes Kind weiß, nur scheinbar und wird hervorgerufen durch die Umdrehung der Erde um ihre Achse und durch den Jahres­lauf der Erde um die Sonne. Diese große und fundamen­tale Wahrheit gefunden und der Welt verkündet zu haben, ist das unsterbliche Verdienst des Frauenburger Domherrn Nicolaus Copernikus. Er setzte die Sonne gewissermaßen wie auf einen königlichen Thron inmitten der Planeten und zeigte, daß die Erde, welche die Menschheit so lange als Centrum der Welt betrachtet hatte, nur einer unter den üb­rigen Planeten ist und astronomisch von keiner größeren Be­deutung als diese. Die Sonne erschien dagegen nunmehr als das Herz des Planetensystems und als dessen Hauptteil. Mit der Erfindung des Fernrohres ward dann die Möglich­keit gegeben, den Sonnenball auch genauer als bis dahin zu betrachten, wobei es sich herausstellte, daß die Meinung der alten, die Sonne sei ein reines fleckenloses Feuer, durch­aus unzutreffend ist. Denn man fand in der That dunkle

Flecken auf der Sonnenscheibe, und der erste, dem dies ge­

lang, war der ostfriesische Prediger Fabricius im März 1611. Ein Jahr später veröffentlichte der Jesuit Scheiner zu Ingolstadt eine Schrift, in welcher er seine Beobachtungen über die Sonnenflecke mitteilte. Um dieselbe Zeit sah auch Galilei diese Flecke und zeigte sie zu Rom im Garten deI Kardinals Bandini mehreren hochgestellten Personen, lieber das Wesen dieser Flecke wurden gleich anfangs vielerlei Ver­mutungen ausgesprochen. Galilei war der Ansicht, es seien Wolken, die in dem Lichtmeer der Sonne schwimmen; Schei­ner erklärte die Sonne für einen Feuerocean, aus dem bis­weilen Klippen hervorragten, welch letztere uns dann als Flecke erscheinen; später neigte man zu der Ansicht, die Sonne sei an und für sich dunkel, aber von einer leuchtenden At­mosphäre umgeben, letztere zeige bisweilen Risse, durch welche dann die eigentliche Sonnenoberfläche in Gestalt von dunklen Flecken zu Tage trete. War sonach über das Wesen der Sonnenflecke keine Uebereinstimmung der Meinungen zu er­zielen, so lehrten diese Flecke doch sogleich die Thatsache kennen, daß der Sonnenball sich von Westen nach Osten um seine Achse dreht. Die Flecke erscheinen nämlich am östlichen Rande der Sonne, rücken allmählich über die mittleren Teile der Scheibe hinweg und verschwinden am westlichen Rande. Die Zeit der Sichtbarkeit beträgt etwa 14 Tage und eben­solange bleiben bestimmte Flecken unsichtbar, ehe sie wieder am Ostrande der Sonnenscheibe austauchen. Diese überein­stimmende Bewegung aller Flecke ist nur durch die Annahme zu erklären, daß die Sonne sich um ihre Achse dreht, und zwar beträgt die Dauer dieser Rotation ungefähr 25'/i Tage.

Neben dieser gemeinsamen Bewegung zeigen die Sonnenfleck aber auch eigene Bewegungen und fortwährende Umgestal, tungen ihres Aussehens; dabei sind sie von kurzer Dauere manche entstehen und vergehen in wenigen Tagen, nur selten dauern große Flecke mehrere Monate lang. Manche der Sonnenflecke übertreffen an Größe vielfach unsere ganze Erd­oberfläche, und diese gewaltigen Massen befinden sich in steter Umwandlung, die man am Fernrohr fast mit dem Auge verfolgen kann. Dunkle Massen von der Größe unserer Erdteile Amerika oder Asien erscheinen als kleine Filamente oder Anhängsel an den Rändern der großen Sonnenflecke, und sie verschwinden oder bilden sich wieder im Verlauf von oftmals weniger als einer Stunde. Secchi hat manche solcher Flecken gezeichnet und ihre Veränderungen und Umwälzungen genau beschrieben. So sah er einst an einer Stelle der Sonne drei kleine schwarze Punkte, am folgenden Tage aber hatten sich dieselben zu einem gewaltigen Flecken entwickelt, dessen Durchmesser vier und ein halb mal den Erddurchmesser über- tras. In der Mitte dieses Fleckes sah Secchi eine Anhäufung von leuchtender Materie, die sich in wirbelnder Bewegung zu befinden schien und von zahlreichen Nissen umgeben war. Inmitten dieses Chaos ließen sich vier Hauptcentren der Bewegung unterscheiden, darunter eine klaffende Oeffnung, um welche feurige Zungen in verschiedenen Richtungen herum­wirbelten. Eine andere benachbarte Spalte bot dem Auge ein Chaos, das jeder Beschreibung spottete. Zwischen diesen Höhlen zeigte sich eine Anhäufung von leuchtender Materie, die den Anblick einer im Kochen befindlichen Masse darbot. Alles in diesem Fleck erschien in äußerst stürmischer Bewegung.