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er GrIkllIWer.

Amts- und Anzeige-Matt für den Oberamts-Bezlrk Nagold.

73. Jahrgang.

Insertions-Gebühr f. d. einspaltige Zeile auS gcwöhnl. Schrift oder deren Raum bei einmalig. Einrückung 2 bei mehrmalig, je 6-s.

Gratisbeilagen: Das Plauderstübchen und

Schwäb. Landwirt.

41.

Nagotd, Dienstag den 14. Marz

1898.

Amtliches.

Die Herren Ortsvorsteher

werden beauftragt, die ihnen demnächst zugehenden Losungs­schrine «ach erfolgtem Eintrag der Losnummer in de« Stamm­rollen pro 1898 den Militärpflichtigen sofort einzuhändigen. Nagold, den 12. März 1898.

K. Oberamt. Ritter.

Bekannt«« chnng,

betr. die Umlage zur Bestreitung der Entschädigung für auf polizeiliche Anordnung getötete rc. Tiere, sowie zur Bestreit­ung der Entschädigung für an Milzbrand und an Maul­und Klauenseuche gefallene Tiere.

Durch Verfügung des Kgl. Ministerium des Innern vom 8. d. M. (Staats-Anz. Nr. 57) ist der für das Jahr 1898 zu entrichtende Beitrag für jedes Pferd ans 10 --Z, für einen Esel, ein Maultier oder einen Maulesel auf 15 ^f, für jedes Stück Rindvieh auf 20 festgesetzt worden.

Dies wird mit dem Anfügen bekannt gemacht, daß die in § 13 der Ministerialoersügung vom 16. Jan. 1896 (Reg.-Bl. S. 11) für die Aufnahme der Viehbesitzer und ihres beitragspflichtigen Viehbestandes, sowie für den Voll­zug der Umlage erteilten Vorschriften und Fristen (Aufnahme am 31. März rc.) genau einzuhalten sind.

Für die Belohnung der örtlichen Einbringer der Bei­träge sind die Bestimmungen in tz 15 der vorgenannten Ministerialoersügung maßgebend.

Die erforderlichen Formulare gehen den Ortsoorstehern in den nächsten Tagen zu.

Zugleich wird darauf hingewiesen, daß die Bestimmung­ungen der 88 0, 10, 63 und 65 bis 67 des Reichsoieh- feuchengesetzes gleichzeitig mit der nach Art. 5 des Aus­führungsgesetzes erfolgenden Bekanntmachung des Einzugs der Beiträge der Tierbefitzer von der Ortspolizeibehörde in der ortsüblichen Weise zu veröffentlichen sind.

Nagold, den 12. März 1898.

K. Obrramt. Schöller, Amtm.

Bekanntmachung,

betr. die Aenderung eines Wasserwerks.

Ter Mühlebesitzer Albert Kayser in Pfrondorf

beabsichtigt, in seinem an der Nagold auf Pfrondorfer Markung gelegenen Waffertriebwerk, der sog. Pfrondorfer Mühle, drei schadhaft gewordene Wasserräder von 3.9 in Durchmesser und 0,5 m bezw. 0,7 m Breite herauszunehmen und durch ein neues Rad von 5 m Durchmesser und 1.6 in Breite zu ersetzen, wozu er um die erforderliche Genehmi­gung nachgesucht hat.

Dies wird mit dem Anfügen zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß etwaige Einwendungen gegen das Unternehmen binnen 14 Tagen bei der Unterzeichneten Stelle anzu- bringen find und daß nach Ablauf der Frist Einwendungen in dem Verfahren nicht mehr angebracht werden können.

Beschreibungen, Zeichnungen und Pläne der Anlage sind auf der Oberamtskanzlei zur Einsicht aufgelegt.

Nagold, den 11. März 1898.

K. Obsramt. Schöller, Amtm.

Der Handel der Großstaaten im Vergleiche

mit dem Handel des deutschen Reichs.

ch England mit seinem riesigen Seehandel überragt auf dem Gebiete der Warenausfuhr und Einfuhr allerdings die anderen Großstaaten noch ganz bedeutend, aber es ist gewiß ein sicherer Beweis von Deutschlands hoher Leistungsfähig­keit auf dem Gebiete des Handels und Verkehrs, der In­dustrie und Technik, der Landwirtschaft und des Gewerbes, daß das deutsche sich seit einigen Jahren nach England des bedeutendsten Handelsumsatzes erfreut, daß Frankreich schon um fast den dritten Teil hinter dem deutschen Handel zu­rückbleibt, und nur erst seit vorigem Jahre der Handel der Vereinigten Staaten von Nordamerika den deutschen Handel übertroffen hat, ein Umstand, der indessen noch als keine endgiltige Ueberflügelung Deutschlands durch die Vereinigten Staaten angesehen zu werden braucht, da die jüngsten amerikanischen Zollerhöhungen den amerikanischen Einfuhr­handel außerordentlich begünstigten, und da im Uebrigen erfahrungsgemäß das Wirtschaftsleben in Amerika alle fünf bis sechs Jahre schwere Krisen durchzumachen hat, welche auch dem Handel sehr nachteilig sind.

Lehrreich ist der Ausweis der Handelsumsätze der sechs bedeutendsten Eulturländern aus den beiden verflossenen Jahren. Danach betrugen

die Einfuhr:

die Ausfuhr:

in Mill

Mark

in Mill

. Mark

1896

1897

1896

1897

in England

8836,2

9 024,7

4802.9

4687,0

in Deutschland

4558.0

4832.9

3753,8

3808,1

in Frankreich

3 028,9

3200,1

2720.7

2 940,6

in Oesterreich-Ungarn

1411,4

1520.6

1548,0

1546,8

in Rußland

1909,3

1853.6

2230,4

2241,4

in den Verein. Staaten

2862,7

3118,9

4224,8

4661,2

Lehrreich ist ferner, daß, mit Ausnahme von Rußland, die Einfuhr, das ist die Kaufkraft, in allen übrigen Groß­staaten gewachsen ist. Dn Deutschland sind hauptsächlich mehr Rohstoffe für die Industrie, Chemie u. s. w. einge­führt worden, Rohstoffe, die durch entsprechende Bearbeitung einen bedeutend höheren Wert erlangen. Was die Waren- ausfuhr anbetrifft, so kann bei allen Großstaaten nur von teilweise», und abwechselnden Erhöhungen die Rede sein, aber es kommt dabei in Betracht, daß an veredelter Ware meist doch ein viel höherer Prozentsatz verdient wird, als an Rohstoffen und Naturprodukten, daß also eine etwas nie­driger gewordene Ausfuhr noch lange keine Schädigung des nationalen Vermögens bedeutet.

WSrttemvergischrr Landtag.

(183. Sitzung.)

.-.Stuttgart, 11. März. Auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung standen lediglich Petitionen. Als 1. derselben kam zur Sprache die Bitte des württ. Kranken­kassenverbandes um obligatorische oder fakultative Pensions­berechtigung der Krankenkaffenbeamten. Die Kommission beantragte Uebergang zur Tagesordnung. Der Abg. Hen­ning (V.-P.) sprach für eine Anregung zur Befsergestallung der Verhältnisse dieser Beamten. Wenn auch auf landesgesetz­lichem Wege nichts zu erreichen sei, möge der reichsgesetzliche

Weg betreten werden. Minister v. Pischek erklärt nach

dieser Richtung hin bestimmte Erklärungen heute noch nicht abgeben zu können. Darauf wurde der KommisfionS- antrag angenommen. Die Eingabe des Verbandes der württ. Wildbrethändler vom 8. Dez. 1896 um Aenderung des Jagdgesetzes, resp. um einen Zusatz zu demselben, wird, dem Kommisfionsantrag gemäß, der Regierung zur Berück­sichtigung empfohlen. Zur Tagesordnung wird übergegangen : über die Bitte der Mrtzgergenoffenschaft der Stadt Reut­lingen betr. die Handhabung der 88 44 und 44a der Ge­werbeordnung in Bezug auf das Metzgergewerbe vom 23. Aug. 1896, über die Bitte des vormaligen StationSmeisterS Jos. Hauber in Stuttgart vom 4. Mai 1897 um Hilfe wegen unberechtigter Dienstentlassung, über die Bitte des Bauern Chr. Sieber in Großsachsenheim, OA. Vaihingen, vom 21. Noo. 1897 um Ueberreichung eines Gesuches an den König und über die Eingabe des Karl Blesstg in Weil- heim, OA. Kirchheim, vom 26. Mai 1897, betreff. Tier­quälerei beim Transport des Kleinviehs, insbesondere der Kälber. Die Kommission hatte beantragt, das Gesuch des praktisch-homöopathischen Arztes Dr. Mattes in Ravensburg und der 2 Gemeinden Bodnegg und Grünkraut, OA. Ra­vensburg, um Verleihung des Selbstdispensierrechtes an Aerzte der Regierung zur Kenntnis zu übergeben. Der Abg. Egger (Ctr.) beantragte, das Gesuch der Regierung zur Erwägung zu übergeben. Die Abg. Frhr. v. Herman und Bueble schloffen sich diesem Antrag an. Gegen den Antrag sprachen der Minister des Innern und der Bericht­erstatter Schick. Der Abz. Bstz (B.-P) brachte einen An­trag aus Uebergang zur Tagesordnung ein. Dieser letztere Antrag sowohl wie der des Abg. Egger wurden abgelehnt und der Antrag der Kommission angenommen. Als Revi­sor der Kammer wurde Amtmann Neef-Reutlingen mit 58 von 78 Stimmen gewählt. Nächste Sitzung Dienstag Nach- mittag 3^/2 Uhr. _

Deutscher- Reichst«-.

Berlin, 10. März. Ein schleuniger Antrag Zimmer- mann u. Gen. wegen Einstellung des gegen den Abg. Müller-Waldeck schwebenden Prioatklageversahrens wird debattelos angenommen. Es folgt die Fortsetzung der 3. Beratung des Gesetzentwurfs betr. die freiwillige Gerichts­barkeit, der in 2. Lesung nach den Kommisstonsbeschlüffeu angenommen worden war. Hiezu liegt eine Reihe sozial­demokratischer Anträge vor. Das Gesetz wird nach längerer Beratung in der Gesamtabstimmung angenommen. Hier­auf folgt die 2. Beratung des Gesetzentwurfes betr. die Postdampferverbindungen. Es fand eine kurze Beratung statt, woraus die Fortsetzung derselben auf morgen 2 Uhr vertagt wird.

Tages-Weuigketten.

Deutsches Ueich.

Nagold, 13. März. In verflossener Woche fand im hiesigen Seminar die Aspirantenprüsung statt. Es hatten sich zu derselben 78 Schüler eingefunden; die meisten der­selben besuchten im letzten Jahre besondere Vorbereitungs­schulen; nur wenige kamen direkt aus einer Volksschule.

Die älteste deutsche Lokomotive.

Wenigen dürfte es wohl bekannt sein, daß es außer der ersten deutschen Lokomotive, die am 7. Dezember 1835 zwischen Nürnberg und Fürth ihren Dienst begann, noch eine allererste gab, die bereits im Jahre 1818, also 17 Jahre vor ihrer berühmt gewordenen Nürnberger Kollegin, im Saarkohlengebiete ihre ersten Gehversuche machte. Warum es bei den Versuchen blieb, das wird der Kollege aus der Geschichte dieser Lokomotive ersehen, die wir hier nach einem Aufsatze imBergmannssreund" erzählen wollen.

Es war im Jahre 1815, als mit dem alten Fürstentum Nassau-Saarbrücken auch der Saarkohlenbergbau an Preußen überging und der Uebelstand der weiten Entfernung der Zechen von der Saar sich unangenehm bemerkbar machte. Vor der Zeit der Eisenbahnen waren die Wasserstraßen die einzigen Verkehrswege für Massengüter, und die Saarkohlen mußten an Verkehrswert bedeutend gewinnen, wenn man sie direkt ohne Vermittlung der Landstraße auf der Saar in die Mosel und den Rhein überführen konnte. Von England drang damals die Kunde der ersten Eisenbahn nach Deutschland, und der preußische Staat, als Besitzer der Kohlenbergwerke, beschloß, von der ZecheBauernwald" unverzüglich eine 2'/r Kilometer lange eiserne Schienenbahn zur Sa Z zu bauen und mit Dampfwagen zu betreiben. Man hätte nun wohl eine Lokomotive in England können bauen lassen, aber das sollte über 1000 Thaler kosten, und so beschloß man, um das Geld hübsch im Lande zu behalten, Laß in der königlichen Gießerei zu Berlin ein Dampfwagen

für die Saarbahn gebaut werden solle. Alsbald wurde in oller Eile begonnen, während man am Ort der Bahn selbst rüstig mit dem Legen der Schienen (anscheinend mit Zahn­stangen, obwohl es über eine ganz ebene Strecke ging) sich beeilte. Wie die meisten Maschinenteile jener Zeit, so waren auch die Schienen der Saarbahn aus Gußeisen, da man noch keine Ahnung davon besaß, wie schnell sich unter dem Druck der Wagen die Geleise adnützen. Bald war die Bahn gebaut und im Jahre 18 l8 war endlich auch die Maschine vollendet.

Sie bewegte sich auf dem Hose der Gießerei am Kupfer­graben zu Berlin zum Erstaunen aller vor- und rückwärts, ja sie war im stände, Wagen, mit8000 Pfund Bomben" beladen, nach sich zu ziehen. Nun sollte das Ungetüm nach Geislautern im Saargebiet transportiert werden, ein Weg, der 750 Kilometer beträgt und heule, mit der Bahn zurück- gelegr, 24 Stunden in Anspruch nimmt. Damals blieb nichts anderes übrig, als die berühmte Maschine ausein­ander zu nehmen, sie in acht große Kisten zu packen und die ganze Fracht, welche 175 Zentner wog, auf dem Wasser- wege durch einen französischen Schiffer nach Geislautern bringen zu lassen. Die Reise ging von der Spree durch die Havel und Elbe nach Hamburg, dann über die Nordsee nach Amsterdam, den Rhein, die Mosel und Saar hinauf bis an den Bestimmungsort; sie betrug 1700 Kilometer, nahm 4*/r Monate in Anspruch und kostete 500 Im im Frühling 1819 traf die Maschine in Geislautern ein, und nun ging's an ein Zusammensetzen, Schrauben, Paffen und Probieren, das kein Ende nehmen wollte. Man hatte

nämlich den Erbauer nicht mitgesandt, und die Techniker der Saargruben, die doch mit dem Bau der Strecke ganz gut fertig geworden waren, wußten aus den Bestandteilen der Maschine lange Zeit nichts zu machen. Besonders die Dichtung des Kessels und der Dampfzylinder machte ihnen viel zu schaffen. Mit gewaltigen Mengen Hanf, Kitt, Oel, Leinwand, mit Essig und Mehl, ja mit Rindsblut und Käse wurde an dem widerspenstigen Mechanismus herum- gedoktert, ohne daß er sich bewegen ließ,zu gehen". Briefe und Berichte flogen zwischen Berlin und der Saar hin und her; die Erbauer beriefen sich aus die8000 Pfund Bomben", die der Dampfwagen im Gießhause gezogen die in Geißlautern wären froh gewesen, wenn er nur ein- mal ein Rad gerührt hätte. Endlich nachdem man lange Jahre sich damit gequält und 1965 Thaler 17 Sgr. für die Zusammensetzung ausgegeben hatte, ließ sich die wunder­bare Maschine herbei, ein langsames Tempo einzuschlagen, aber einen Wagen hat sie niemals gezogen. Im Jahre 1835 wurde sie um 335 Thaler 6 Sgr. 7 Psg. als altes Eisen verkauft, während ihr Bau ohne die Kosten der Zu­sammensetzung sich auf 3167 Thaler 1 Sgr. 9 Psg. belaufen hatte. Auf solche Weise kam das Kohlengebiet der Saar um den Ruhm, die erste deutsche Lokornotiobaha besessen zu haben. In demselben Jahre, wo zwischen Nürnberg und Fürth die erste deutsche Eisenbahn lief, wurde jener allererste Dampfwagen dem Trödler verhandelt.

(Schluß folgt.)