n Gesellschafter

Amts- und Irstelligenz-Blatt für dm Obrramts-Bezirk Nagolk

Erscheint Montag, Mittwoch, Donnerstag und Tawstag. Preis vierteli»hrlich hier mit Trsgrrloh« 9V tu dem Bepr! 1 ^ autzerhald des Bezirks 1 ^ S0 ^ Monats-AbonnementS nach Verhältnis. InsertionS Gebühr sik dir Ispaltize Zeile a«S gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung S bet mehrmaliger je S -s.

173.

NsßsLd, Donnerstag den 4. November

1897.

Amtliches.

Die Herbstkontroll-Versammlurrgen

im Jahre 1897 finden im Kontrollbezirk Nagold wie folgt, statt:

Kontrollstation Altensteig-Stadt am 8. November, 9 Uhr vorm, beim neuen Schulhaus für die Gemein­den Altensteig-Stadt, Altensteig-Dorf, Berneck, Ebers­hardt, Egenhausen, Garrweiler, Gaugenwald, Spiel­berg, Ueberberg, Walddorf, Warth.

Kontrollstation Simmersfeld am 8. Noo., 2 Uhr nachm, bei der Kirche für die Gemeinden Beuren, Enzthal, Ettmannsweiler, Fünfbronn, Simmersfeld.

Kontrollstation Haiterbach am 9. Nov., 9 Uhr vorm, bei der Kirche für die Gemeinden Beihingen, Bösingen, Haiterbach. Oberschwandorf, Oberthalheim, Schietingen, Unterschwandorf, Unterthalheim.

Kontrollstation Nagold am 9. Nov., 2 Uhr nachm, bei der Turnhalle für die Gemeinden Eb- haufen, Emmingen, Jselshausen, Mindersbach, Na­gold, Pfrondorf, Rohrdorf.

Kontrollstation Wildberg am 10. Nov, 8'/s Uhr vorm, beim Rathaus für die Gemeinden Effringen, Gültlingen, Nothfelden, Schönbronn, Sulz, Wenden, Wildberg.

Zuden Kontrollversammlungen habenzu erscheinen:

Die Herren Offiziere, Sanitätsoffiziere und oberen Militärbeamten der Reserve, die Dispositionsurlauber, Reservisten einschließlich der Halbinvaliden, sowie die zur Disposition der Ersatz-Behörden entlassenen Mannschaften.

Militärpäsfe und Führungszeugnisse sind mit zur Stelle zu bringen, Orden und Ehrenzeichen find an­zulegen.

Die Mannschaften haben bei Strafvermeidung mit sauber gereinigten Füßen zu erscheinen, weil Letztere gemessen werden.

Unentschuldigtes Fehlen, sowie verspätetes Er­scheinen wird mit Arrest bestraft.

Calw, den 17. Okt. 1897.

Bezirkskommando.

Vorstehendes ist in den Gemeinden durch die Ortsvorstände wiederholt auf ortsübliche Weise bekannt zu geben.

Daß dies geschehen, ist dem Hauptmeldeamt in Calw anzuzeigen.

Die Ortsvorsteher der Kontrollstationen haben je für Bereithaltung eines geheizten Zimmers zum Messen der Füße Sorge zu tragen.

Nagold, den 22. Okt. 1897.

K. Oberamt. Ritter.

Die erledigte ev. Pfarrei Stetten, Dekanats Cannstatt, wurde dem Pfarrer Kappus in Entringen, Dekanats Herrenberg, übertragen.

Gestorben. In Amerika: Johann Christoph Walker aus Pfrondorf, in Philadelphia.

Das parlamentarische Chaos in Oesterreich.

ch Die im österreichischenAbgeordnetenhauseinfolge der notgedrungenen Obstruktions- oder Verschleppungs­taktik der deutschen Linken hervorgerufenen Zustände sind allmälig derartige geworden, daß eine längere Fortdauer der haltlos gewordenen parlamentarischen Lage in Oesterreich kau.» mehr möglich erscheint. Besonders seit dem freiwilligen Verzicht des Deutsch- Clerikalen Dr. Kathrein auf den Präsidentenposten hat die deutsche Opposition mit erneuter Kraft und voller Schärfe ihre Verschleppungsmethode fortgesetzt, da zwischen dem ersten Vizepräsidenten, dem Polen v. Abrahamovicz, und dem zweiten Vizepräsidenten, dem Czechen Dr. Kramarcz, einerseits, und der deutschen Linken andererseits von Anbeginn der neuen Session an ein gespanntes persönliches Verhältnis bestand. Beide Herren sind Ve-treter einer Gewaltpolitik gegenüber der deutschen Opposition, welche Wahr­nehmung schon bisher wachsende Erbitterung auf der deutschen Seite gegen das polmschczechische Vize­präsidentenpaar erzeugte. Diese erbitterte Stimmung der Deutschen erreichte aber ihren Höhepunkt, als das Präsidium ungeachtet des scharfen Protestes der Linken Abendsitzungen behufs Erledigung des Aus- gleichsprovisoriums zwischen Oesterreich und Ungarn, welches vom ungarischen Parlamente bereits geneh­migt worden ist, anberaumte. Am 28. Oktober abends 7 Uhr begann die erste dieser Sitzungen, sie nahm aber durch die rücksichtslose und ausdauernde Obstruktion der Deutschen einen Verlauf, wie er mindestens in der Geschichte des österreichischen Par­lamentarismus bislang einzig dasieht. Denn mit geringen Unterbrechungen wurde nicht nur die ge­samte Nacht hindurch, sondern auch noch den ganzen Freitag über bis gegen 10 Uhr Abends getagt, zu welchem Zeitpunkte endlich der Vizepräsident Abra­hamovicz der Obstruktion nachgab und die Sitzung für geschlossen erklärte. Diese Riesensitzung wurde im Wesentlichen durchDauerreden", unter denen die zwölfstündige Rede des Deutschfortschrittlers Lecher obenan stand, sowie durch von Zeit zu Zeit immer wiederholte furchtbare Lärmscenen ausgesüllt, bis endlich, wie schon erwähnt, die deutsche Opposition nach siebenundzwavzigstündiger S tzungsdauer ihren Willen durchsetzte und durch ihre Ausdauer das Präsidium veranlaßte, den Schluß der Sitzung aus­zusprechen; die nächste Sitzung findet am 4 Nov. statt.

Dieser parlamentarische Vorgang beweist zur Ge­nüge, daß die deutsche Linke fest entschlossen ist, von der Obstruktion, der einzigen ihr zur Verfügung stehenden wirksamen Waffe zur Abwehr der ihr drohenden Vergewaltigungsversuche von Seiten der Mehrheit und der Regierung selbst, den weitgehend­sten Gebrauch zu machen. Nun kann ja die klerikal­slawische Mehrheit eine die Redefreiheit einschränkende neue Geschäftsordnung beschließen, aber die deutsche

Minderheit wird sich nur nicht an derartige Be­stimmungen kehren, sondern auch weiterhin bemüht sein, die Sitzungen nach ihrer bisherigen erprobten Methode zu verschleppen. Da hierdurch jedoch vor Allem das Zustandekommen des Ausgleichsproviso­riums mit Ungarn gefährdet erscheint, was ja auch in der wohlberechneten Absicht der deutschen Oppo­sition liegt, trotzdem daß gerade in deren Reihen die einzigen wahren Freunde des Ausgleichs mit Ungarn in der österreichischen Volksvertretung zu finden sind, so muß die Regierung des Grafen Badem zu einem Entschluß kommen, wie den herrschenden chaotischen Zuständen im Parlamente ein Ende zu bereiten sei. Dies wird sich nun kaum anders erreichen lassen, als daß Badeni das Abgeordnetenhaus nach Hause schickt oder überhaupt gleich auflöst, nachher kann er das Ausgleichsprovisorium mit Ungarn auf dem Ver­ordnungswege zur Ausführung bringen lassen, wogegen Ungarn laut den letzten vom Ministerpräsidenten Baron Banffy abgegebenen Erklärungen im Abgeord­netenhause nichts einzuwenden haben würde. Ob e« noch dahinkommt, das müssen die ferneren Sitzungen des österreichischen Abgeordnetenhauses zeigen, durch die siegreiche Fortdauer der deutschen Obstruktion gegenüber der Gewaltpolitik der Mehrheit. Hie und da wird zwar erneut die Möglichkeit eines Rücktrittes des Grafen Badeni angedeutet, vorerst ist aber noch immer nicht recht zu glauben, daß sich Kaiser Franz Josef entschließen sollte, seinen bisherigen ersten poli­tischen Berater, zu dem er so merkwürdiges Vertrauen besitzt, endlich fallen zu lassen. Außerdem ließe sich nicht recht einsehen, wieso durch die einfache Demission Badeni's eine plötzliche Klärung in der heutigen so gründlich verfahrenen inneren Lage in Oesterreich ermöglicht werden könnte.

Hages-Meuigkeiten.

Deutsches Reich.

* Nagold, 4. Nov. Die Beteiligung an der Bestellung von Abonnementskarten für die Eisbahn war, wie vorauszusehen, eine so rege, daß der Ge­meinderat in der gestrigen Sitzung die Herstellung derselben beschloß. Wir wünschen unfern frischen, fröhlichen Schlittschuhläufern bald das nötige Gefrorene" und damit den etwaigen mißver­gnügten Gegnern der Eisbahn die Gelegenheit an dem fröhlichen Treiben ihr bischen Lebensfreude aufzusrischen. Was lange währt wird endlich gut!

* Nagold, 4. Nov. Der in der Rauser'schen Dampfziegelei verunglückte Arbeiter Natterer ist leider seinen schweren Brandwunden erlegen. Der be­dauernswerten Witwe mit ihren 8 Kindern wendet sich das allgemeine Mitleid zu.

t. Fünfbronn, 4. Nov. Bei der gestern stattgefundenen Wahl eines Ortsvorstehers wurde Matthäus Schwemmte, Bauer und Mitglied des

Von Hamburg nach New-Aork.

Reisebeschreibung von Theod. Herm. Lange.

(Fortsetzung.) (Nachdr. verb.)

Bevor wir mit unserer interessanten Reise-Schil­derung fortfahren, wollen wir nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daßKöhler's Deutscher Kaiser­kalender für 1898", aus welchem dieser interessante Artikel entnommen ist, einer der beliebtesten und angesehensten patriotischen Haus- und Familien- Kalender ist. Derselbe findet alljährlich in weit über 100 000 Exemplaren Verbreitung und dank seines gediegenen und interessanten Inhalts erhöht sich die Auflage von Jahr zu Jahr. Den reichhaltigen In­halt deS Köhler'schen Kalenders hier wiederzugeben, gestattet der Raum nicht, nur das wollen wir er­wähnen, daß derselbe über 200 Seiten Text, ca. 200 Abbildungen und zahlreiche, mehrfarbige Kunst­beilagen sowie einen großen Wandkalender enthält. Derselbe ist sowohl durch die Verlagsbuchhandlung von Wilhelm Köhler in Minden i. W. wie durch jede Buchhandlung zum Preise von nur 50 --Z zu beziehen.

Sobald wir Passagiere uns hinsichtlich der Lage unserer Kabinen u. s. w. orientiert hatten, begaben wir uns in den Hauptsalon, der mit verschwende­rischer Pracht ausgestattet ist. Die Einrichtung der Damen-, Gesellschafts-, Musikzimmer u. s. w. ist eine äußerst luxuriöse. Recht stilvoll und anheimelnd ist

der Rauchsalon der ersten Kajüte, aber auch derjenige der zweiten Kajüte ist ein äußerst behaglicher Raum.

Jetzt ertönt zum ersten Male die Dampfpfeife, zum Zeichen, daß nur noch 10 Minuten an der Abfahrtszeit fehlen. Alles stürzt hinauf aufs Deck. Die letzten Briefsäcke und Handkoffer werden noch schnell an Bord gebracht. Wer nicht mitreist, muß nun schleunigst von dem Ozeandampfer auf den Flußdampfer sich begeben. Aus den Augen der Damen fließen die Thränen reichlicher und rollen oft in die großen Bouquets hinein, die ihnen zum Abschied verehrt worden sind. Noch ein Händedruck, noch ein langer Kuß, dann Tücherwinken und Hüte- schwenken, die Brücken werden heruntergelassen, und der dumpfe langgezogene Ton der Dampfpseife giebt das Zeichen zur Abfahrt. Die Schiffskapelle spielt einen Marsch, das Flußdampfschiff wendet sich dem Ufer zu und derFürst Bismarck" nimmt seinen Kurs hinaus in die Nordsee. Kleiner und kleiner erscheinen uns die Menschen am Cuxhavener Bahn­hof und bald ist auch das Stationsgebäude nebst seinen langen Schuppen unseren Blicken entschwunden. Pfeilschnell schießen wir an Fischerbooten, Signal­tonnen und Leuchtschiffen vorüber. Auch der Leucht­turm von Cuxhaven verschwindet. Das Schiff be­ginnt leicht zu schaukeln und bald darauf befinden wir unS in der Nordsee. Das Land ist unseren Blicken entschwunden, nur Möoen umkreisen noch daS Schiff, das mit außerordentlicher Schnelligkeit

durch die Wogen dahinschießt. Wir fahren 21 Knoten die Stunde, also etwa mit der Schnelligkeit eines deutschen Personenzuges. Vor 40 bis 50 Jahren legten die Ozeandampfer nur 6 bis 8 Knoten zurück. Vor einem Menschenalter galt es noch als etwas Außerordentliches, wenn ein Dampfer 12 bis 14 Knoten die Stunde fuhr. Heute fährt man mit den großen Hamburger Schnelldampfern von der Westküste Englands in 5 '/'2 Tagen nach New- Amk; zu Anfang des nächsten Jahrhunderts werden valleicht nur noch 3 bis 4 Tage für diese Strecke nötig sein.

Wir setzen unS an den Frühstückstisch. Zahl­reiche Kellner servieren, denn nicht weniger als 80 Stewards bedienen in den beiden Kajüten. Der Lunch ist ausgezeichnet und überaus reichlich. Suppe, Frikassees, Roastbeef, Braten, Käse, allerhand kalter Ausschnitt, Torten, Früchte u. s. w. werden in un­geheuren Mengen aufgetragen. Und nun gar erst da« Diner an Bord eines Hamburger Schnell­dampfers. Früh um 8 Uhr wird das erste Früh­stück und um 12 Uhr daS zweite gereicht. Um 5 Uhr wird zu Mittag gegessen, wobei die Schiffs­kapelle konzertiert, und abends zwischen 8 und 9 Uhr der Thee eingenommen. Auch in der zweiten Kajüte ist die Verpflegung eine ganz vorzügliche. Ebenso ist das Zwischendeck verhältnismäßig be­haglich und besteht aus Hellen und luftigen Räumen.

(Forts, folgt.)