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172.
Nagold, Mittwoch de« 3. November
1897.
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auf
„Jer Gesellschafter"
für die Monate
November und Dezember
werden jederzeit von allen Postanstalten und Landpostboten, in Nagold von der Expedition, entgegengenommen.
daß die Behandlung der wirtschaftlichen Fragen in maßvolle Bahnen zurückkehren und Sachlichkeit und wirtschaftliche Kenntnis wieder mehr Geltung im Wirschaftsleben erlangen werden. Hoffentlich kommen wir dann auf diese Weise allmählich zu einer gesunden nationalen Wirtschaftspolitik, welche sich neben der Sammlung der wirtschaftlichen Kräfte im Volke einen gesunden Ausgleich der Interessen zum Ziele setzt. Je mehr Irrwege eingeschlagen werden, um so leichter wird man dann oft auf den rechten Weg gedrängt, da es ganz unmöglich ist, Irrwege dauernd gehen zu können. Hoffen wir also in dieser Hinsicht auf eine Reform in der Behandlung deS wirtschaftlichen Lebens durch den Staat und die Parteien.
schilderte zunächst den verschiedenartigen landschaftlichen Charakter, um sodann zu den Details der von ihm im Jahre 1896 nur in Begleitung eines schwarzen Dieners unternommenen Reise überzugehen. Seit 2 Jahren hat kein Europäer mehr das Land bereist, die türkischen Behörden suchen dies aus Angst vor Spionage unmöglich zu machen und es gelang Grothe nur dadurch ins Innere zu kommen, daß er sich heimlicherweise einer Karawane anschloß. Schließlich wurde er auch von einem türkischen DistriktSvorsteher aufgehalten und war gezwungen, die Rückreise anzutreten, ehe er seinen Zweck vollständig erreicht
Die Behandlung wirtschaftlicher Fragen.
In unserem gesamten öffentlichen Leben überragen seit Jahren die wirtschaftlichen Fragen ganz bedeutend die reinpolitischen und auch die sozialen Angelegenheiten. Der Eintritt der Kulturstaaten in den Weltverkehr und die Weltwirtschaft infolge der hohen Entwickelung der Verkehrsmittel verlangt ganz andere Bedingungen und Leistungen für das Gedeihen des wirtschaftlichen Lebens als vor dreißig und vierzig Jahren. Wer mit Ernst Volkswirtschaft getrieben oder einen tiefen Blick in das praktische Wirtschaftsleben gethan hat, wird aber zwei Erscheinungen in Bezug auf die Behandlung der wirtschaftlichen Fragen sehr bedauern. ES ist dies erstens die Verquickung wirtschaftlicher Fragen mit Parteipolitik, die doch nur zu leidenschaftlichen Kämpfen und Verbitterungen weiter Volkskreise führen kann, und zweitens die irrtümliche Meinung, daß vorzugsweise durch eine Aenderung der Staatsgesetze der Wohlstand des Einzelnen wie ganzer großer Schichten des Volkes gefördert werden könne. Sollte dies versucht und gewissen notleidenden Volkskreisen Vorteile oder Vergünstigungen durch Aenderungen der Gesetze zugewandt werden, so könnte dies doch nur dadurch geschehen, daß andere Volkskreise davon den Nachteil hätten. Solche Gesetze wären keine weise, erhaltende Staatspolitik mehr, sondern ein Element des Unfriedens und der Zersetzung. Dabei soll aber den einseitigen manchester- lichen Anschauungen, daß sich alles wirtschaftliche Leben frei und frank nach besten Kräften entwickeln oder unterliegen müsse, keineswegs das Wort geredet werden. Der Staat hat mit seiner Gesetzgebung, seinen Einrichtungen und seinen Organen sehr wohl den Beruf und die Pflicht, die Berufsarbeit im wirtschaftlichen Leben zu hegen, zu pflegen und auch zu schützen, ganz besonders muß dies von den Berufsarten gelten, welche an die heimatliche Scholle gebunden sind, also von der Landwirtschaft, der Industrie und dem Handwerk. Die Selbstverantwortung und der freie Wettbewerb dürfen dabei aber niemals auf Kosten von staatlichen Stützen eingeschränkt oder unterbunden werden. Da die wirtschaftlichen Kämpfe der letzten Jahre in der entgegengesetzten Richtung keine Erfolge gehabt haben, so ist auch zu hoffen.
hatte. Der betreffende Beamte wurde übrigens sofort liebenswürdiger, als Dr. Grothe ihm mitteilte, daß
Hages-WeuigLeiten.
Vestsches Reich.
—t. Nagold, 1. Nov. Heute Nacht verbrannte sich ein in der Rauser'schen Dampfziegelei beschäftigter, verheirateter Arbeiter so schwer, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird. Dem unglückl. Mann und seiner kinderreichen Familie wendet sich das allgemeinste Mitleid zu.
* Nagold, 2. Nov. Der Landtag wird lt. Staats-Anz. am 13. Nov. wieder zusammentreten.
Calw, 30. Okt. (Korresp.) Am vorgestrigen Feiertag fand im Dreiß'schen Saale hier eine musikalische Aufführung des Bezirkslehrervereins Calw statt, zu welcher sich die Kollegen mit ihren Familiengliedern sehr zahlreich eingefunden hatten. Nach der Begrüßungs-Ansprache seitens des Vorstandes Götz-Hirsau wurde rin interessantes Programm bestehend in Männerchören, Quartetten, Solostücken, Deklamationen und humoristischen Ausführungen in genußreicher Weise abgewickelt.
Von der Universität. Wie die Kreuz-Zeitung hört, hat der ordentliche Professor der Theologie an der Beil. Universität Dr. Schlatt er einen Ruf nach Tübingen erhalten.
Stuttgart, 29. Okt. (Korresp.) Im württ. Verein für Handelsgeographie hielt gestern Abend den zweiten Vortrag des Wintersemesters Herr Dr. Grothe von Wiesbaden über: „Eine Reise ins tri- politanische Mittelgebirge." Während die dunkelsten Teile Asrikas durch militärische und wissenschaftliche Expeditionen mehr und mehr erschlossen werden, sei Tripolis verhältnismäßig wenig bekannt. Wenn man heute das unter türkischer Oberheit stehende Land bereise, so sollte man nicht glauben, daß vor Jahrhunderten daselbst römische und griechische Kultur blühte und berühmte Gelehrte verschiedener Wissenschaften dort wirkten. Tripolis hat bedeutende natürliche Hilfsquellen und deshalb eine ökonomische Zukunft. Es ist ganz falsch zu glauben, daß gleich nach den Küstenstrichen die Wüste beginne. Redner
sei. Auffallend war, daß die Bewohner dort wußten, daß der „Sultan" der Deutschen ein Freund deS türkischen Sultans sei. Sie erzählten, daß Elfterer gelegentlich eines Besuches in Konstantinopel 4 Frauen geschenkt bekommen habe. Die türkischen Soldaten führen daselbst ein äußerst bequemes Leben. Sie werden u. a. zum Eintreiben der Steuern verwendet und versäumen dabei nicht für sich selbst auch Nahrungsmittel zu erpressen. Die Justiz ist sehr summarisch, wer seine Steuer nicht bezahlt, wird geprügelt. Die Bewohner des Innern sind umgänglicher und weniger fanatisch als diejenigen an der Küste. Seinen interessanten Vortag schließend, teilte Redner mit, daß in nächster Zeit weitere Versuche zur wissenschaftlichen Erforschung von Tripolis gemacht werden sollen.
Stuttgart, 31. Okt. Seine König!. Majestät haben dem General der Inf. z. D. von Wölckern, der am heutigen Tage zugleich mit seinem 68. Geburtstag sein bOjähr. Dienstjubiläum feiert, hiezu mittelst huldvollen Handschreibens zu beglückwünschen geruht. Auch I. M. die Königin haben demselben die gnädigsten Glückwünsche zu dieser Feier aus- drücken lassen.
Stuttgart, 31. Okt. Im Auftrag Seiner Königlichen Majestät ist heute der Reisemarschall a. D. Kammerherr Frhr. v. Brüffele-Schaubeck nach England abgereist um als Vertreter Seiner Majestät der am nächsten Mittwoch zu Windsor stattfindenden Beisetzung I. K. H. der verewigten Herzogin Mary von Teck, geb. König!. Prinzessin von Großbritannien und Irland, anzuwohnen.
Stuttgart, 1. Nov. Die Wafserrechtskom- misfion der Kammer der Abgeordneten tritt zur zweiten Beratung des Entwurfs eines WafferrechtS- gesetzes am Montag, 15. November wieder zusammen.
Cannstatt, 1. Nov. (Korresp.) Der Stadtgemeinde Cannstatt ist von Sr. Maj. dem Könige aus Mitteln des Straßenbaufonds pro 1897/98 der Betrag von 10400 ^ verwilligt worden als Beitrag zu den Kosten der Verbesserung der Nachbarschaftsstraße Cannstatt, Münster. Mühlhausen. — Reiche
Von Hamburg nach New-Iork.
Reisebeschreibung von Theod. Herm. Lange. AuS: Köhlrr's Deutschem Kaiserkalendrr für 1898. Preis 50 Pfg. Verla- von Wilhelm Köhler, Minden i. W.
(Nachdruck verboten.)
Nicht weniger «ls 8 Mal habe ich den Atlantischen Ozean gekreuzt. Die schönste Fahrt war aber doch meine letzte von Hamburg nach New-Aork an Bord des prächtigen Doppelschrauben-Schnelldampfers „Fürst Bismarck". Dem stolzen Schiffe, dem prächtigsten der deutschen Handelsflotte, entströmt die bewegende Kraft des Dampfes durch 3 Riesenschornsteine. Der Appetit, den die gefräßigen Feuer dieses schwimmenden Palastes entwickeln, ist ein ganz enormer, denn der Dampfer verbraucht auf der Fahrt täglich 6000—7000 Zentner westfälischer Kohle. Dafür ist dieser Koloß aber auch ein „Windhund des Ozeans", denn „Fürst Bismarck" legt täglich 450—500 Seemeilen zurück.
Die großen Doppelschrauben-Schnelldampfer der Hamburg-Lmerikanischen Paketfahrt-Gesellschaft führen bei einer einzigen Reise oft 60000 Zentner Kohlen und darüber bei sich. Die gewöhnlichen Postdampfer, welche langsamer fahren, verbrauchen täglich auch 2800—3000 Zentner. Als wir in den Hafen von New-Aork hineindampften, ging unser über 520 Fuß langer Doppelschrauben-Schnelldampfer sechs Fuß höher über dem Wasser als bei der Ab-
fahrt von Cuxhaven. Solche gewaltige Massen westfälischer Kohle waren während der Fahrt verbraucht worden. Durch diesen bedeutenden Kohlenverbrauch stellt sich für die Gesellschaft die Unterhaltung dieser Schnelldampfer auch so außerordentlich teuer.
Die Einschiffung der Paffagiere der großen Ozeandampfer der Hamburg-Amerika-Linie erfolgt meist in Cuxhaven. Ein Sonderzug der Hamburg-Amerikanischen Paketfahrtgesellschaft brachte uns in etwa zwei Stunden von Hamburg nach Cuxhaven und zwar bis nahe an die Ufermauer. Die Gegend zwischen Hamburg und Cuxhafen ist flach und bietet besondere landschaftliche Reize nicht dar. Nur die stattlichen Bauernhöfe, die wohlgepflegten Felder und Gärten beweisen, daß hier ein thätiger und durchweg wohlhabender Bauernstamm auf der Scholle sitzt.
In Cuxhaven ändert sich die Landschaft. Auf dem weiten Elbestrom herrscht ein außerordentlich reger Verkehr. Große und kleine Dampfer, Segelschiffe, Lootsenkutter und Fischerboote gehen zu Dutzenden stromauf- und abwärts, während die Feuer- und Signalschiffe meist fest verankert mitten im Strombette liegen. Den gewaltigen Schnell- dampser „Fürst Bismarck" erblickten wir, sobald wir nun den Eisenbahnzug verlassen und uns an die Ufermauer begeben hatten. Doch lag der statt- liche Doppelschrauben-Schnelldampfer noch einen Kilo-
meter stromabwärts. Der Sonderzug der Paketfahrt- Gesellschaft hatte von Hamburg etwa 700—800 Passagiere bis nach Cuxhaven befördert, darunter übsr 600 Ozeanreisende und etwa 100 Personen, welche elfteren das Geleit bis an Bord geben wollten: Verwandte, Freunde, Bekannte u. s. w. Von der Ufermauer am Bahnhofe brachte uns ein großer Flußdampfer hinüber an Bord des „Fürst Bismarck". Eine starke und gut geschulte Musikkapelle, das Schiffsorchester deS „Fürsten Bismarck," ließ heitere und ernste Weisen erklingen und wenige Minuten später befanden wir uns an Bord des mächtigen Schiffes.
Von dem Deck des Flußdampfers, des sog. Tenders, wurden Holzbrücken an Bord deS großen Dampfers gelegt und auf diesen ziemlich steil emporstrebenden Laufstegen erfolgte der Uebergang vom Flußdampfer zum Ozeandampfer. Das Handgepäck der Paffagiere wurde von Stewards (Schiffskellnern) in die Kabinen (Schlafzimmer) gebracht, wohin auch die Reisenden von den Angestellten der SchiffSgesellschaft zunächst geleitet wurden. Die Mitreisenden Damen werden gewöhnlich von den Offizieren und die Frauen und Töchter hervorragender Persönlichkeiten, besonders die Damen von Gesandten, Generalkonsuln u. s. w. von dem Kapitän auf das zuvorkommendste begrüßt.
(Forts, folgt.)