Amts- und Intelligenz-Blatt für den Obrramts-Bezirk Nagold
Erscheint Montag, Mittwoch, Donnerstag und Oamslag. Pr«» viertel;Ehrlich hier mit TrLgevloh» S< » dew Begr' - ^ außerhalb de» l 20
Monats-Abonnements nach Verhältnis. — Insertions-Gebühr Da bi« Ispaltige Zeile aus gewöhnlicher SchrN b» -imnaligei Gwrü«r»«tz v bet mehrmalige je S
.-U 171 NsgsIL, Montag Leu 1. November 1887.
Am 29. Okt. ist von der Ev. Oberschulbehörde die Schulstelle in Oberwaldach, Bez. Psalzgrafenweiler, dem Schulamtsverweser Wilhelm Bürkle in Dennjächt, Be». Calw, übertragen worden.
Die Zukunft des deutschen Handels.
Der deutsche Handel, zumal die Ausfuhr deutscher Waren nach dem Auslande, wird durch die Schutzzollpolitik der Vereinigten Staaten von Nordamerika in seiner Entwickelung bedroht, und es wird deshalb feit einiger Zeit die Frage erörtert, ob es in Hinblick auf solche Bedrohungen des deutschen Handels durch Nordamerika nicht besser sei, einen Zollkrieg gegen die Vereinigten Staaten zu rühren. Der Ausschuß des „Centralverbands Deutscher Industrieller" hat sich nun gegen die Ergreifung von Repressalien ausgesprochen, weil Anzeichen vorhanden seien, daß der Dingley-Tarif kaum die Zeit der jetzigen Legislaturperiode in Nordamerika überdauern werde. Dagegen wird von konservativer deutscher Seite geltend gemacht, daß man bei Andauer der amerikanischen Ausfuhrsteigerung deutscherseits wohl an «ine schärfere Zollbehandlung des Getreides und der Fleischwaren denken könne, Maßnahmen, die nach Ansicht des „Berl. Akt." eine Verschärfung der nordamerikanischen Zollpolitik im Gefolge haben können. Im Uebrigen ist zu bemerken, daß die letzten Jahre uns gelehrt haben, wie sehr der deutsche Handel von den Verhältnissen in den Vereinigten Staaten abhängig ist. Denn wie die ungünstigen, so gingen auch die günstigen Beeinflussungen des letzten Jahrzehnts wesentlich von dort aus. Im Hinblick auf eine zu erstrebende Vergrößerung unserer Handelsbeziehungen wird daher schon jetzt eifrig an den Vorbereitungen für die neue Handelsvertrags- Politik gearbeitet. Unsere Schutzzoll-Aera beruhte auf dem Tarif von 1879; auf Grund desselben wurden erst dann Zugeständnisse den einzelnen Ländern gemacht, mit denen ein Vertrag zustande kam. Die Handelspolitik Anfang der 90ger Jahre legte dann den alten Tarif ihren Verhandlungen zu Grunde; man hatte es verschmäht, mit einem neuen, den geänderten Verhältnissen angep ßten Tarif in Verhandlungen einzutreten, ein Verfahren, welches am besten durch die Thatsache illustriert wird, daß man von dieser Praxis Anfang des neuen Jahrhunderts, wo die neue Handelspolitik entschieden werden soll, abweichen will. Mit dem Plan, handelsstaüstische Untersuchungen über die Wirkungen der Verträge anzustellen und diese dem neuen Tarif dienstbar zu machen, kann man sich nur einverstanden erklären. Es wird zu diesem Zwecke die Anhörung von Zolltechnikern und Kausleuten in größerem Umfange als bisher empfohlen und verlangt. Ueberhaupt dürfte für die Hebung des deutschen Handels und des wirtschaftlichen Lebens aber noch an eine andere Reform zu denken sein. Wie Richard Ehrenberg in seiner Studie über den „Handel" aussührt, ist die fast ausschließlich juristische Vorbildung der Staatsbeamten die denkoar ungünstigste für ihre Ausgabe, den Verkehr zu heben, die Volkswirtschaft zu fördern. „Nur ein Mittel giebt es", meint Ehrenberg, „um die Staatsmaschinerie auf diesem Gebiete in Gang zu erhallen; es heißt: Mitarbeit der sachkundigen Urproducenten, der Landwirte und Fabrikanten, der Gewerbetreibenden und Kausleute an den Verkehrs- und Handelsaufgaben des Staates. In Hamburg besteht eine Organisation des Gemeinwesens, welche es dem Handelsstande ermöglicht und zur Pflicht macht, die staatliche Förderung des Handels selbst zu leiten; in wie weit dies bei einem größeren Staatswesen mit meulger einheitlichen Jnttnssen, also im Deutschen Reiche, noch möglich ist, muß einstweilen eine offene Frage bleiben — jedenfalls bedarf es in einem größeren Staatswesen um so mehr jener beratenden und vertretenden Thätigkeit. Um in solcher Weise die Gesamtheit und das eigene Wohl zu fördern, müssen unsere Kaufleute, Industriellen und Landwirte zunächst selbst ein volles Verständnis für die Aufgaben des Staates, müssen sie dasjenige Maß von Staatsgesinnung erwerben, welches die historische Entwickelung unseres Vaterlandes erfordert. DaS gilt vor allen vom Handelsstande. Dre Zukunft des deutschen Handels und somit auch der ganzen deutschen Volkswirtschaft hängt gegenwärtig in hohem Grade von zwei Faktoren ab: von einer Besserung des wirt
schaftlichen Verhältnisses unserer Beamten und von einer Kräftigung der Staatsgesinnung unserer Kaufleute, Landwirte und Gewerbetreibenden.
Hages-HLemgLeiten.
Destschrs Reich.
Nagold, 30. Okt. Schlittschuhbahn. Auf heute abend waren Liebhaber des Schlittschuhlaufens zu einer öffentlichen Besprechung behufs Errichtung einer Eisbahn in den „Hirsch" eingeladen. Herr Oberamtmann Ritter eröffnet« die Beratung und legte dar, daß das schon im Frühjahr gebildete provisorische Konnte sich nach einem geeigneten Platz inzwischen umgesehen habe und zwei hiezu passende Oertlichkeiten vorschlagen könne. Es ist der städtische Acker auf der untern Breite bei Maler Walz, oder die hinter dem Seminarbad gelegene städtische Wiese. Die Kosten für Herstellung einer Schlittschuhbahn würden sich für elfteren 16 a großen Platz auf etwa 650 für den andern ebenso großen auf 450 ^ (bezw. bei Hinzunahme von weiteren 6 g. entsprechend höher) belaufen. Hiebei ist in Betracht zu ziehen, daß die Ueberrieselung des Platzes auf der untern Breite nur durch die städtische Wasserleitung erfolgen müßte, während der Platz beim Seminarbad durch eine Quelle sowie durch Wasser aus der Nagold bewässert werden könnte. Herr Stadtschultheiß Brod- beck machte hierauf Mitteilung, daß die bürgerlichen Kollegien nicht abgeneigt seien, bei genügender Beteiligung die Sache in die Hand zu nehmen, daß er aber den Platz am Seminarbad für den zweckentsprechenderen halte, namentlich im Hinblick auch darauf, daß die starke Inanspruchnahme der städtischen Wasserleitung bei dem anderen Projekt nicht angängig wäre. Auf die Versammlung wirkte diese Darlegung überzeugend und eS wurde daher der Platz beim Seminarbad zur Herstellung einer Schliu- schuhbahn erwählt. Um aber von vornherein das Unternehmen auf eine feste Grundlage zu stellen, wurde festgesetzt, Abonnements von 2 ^ für em Erwachsenes, 1 ^ für 1 Kind, pro Winter auszugeben und durch Zirkular einen Stamm von festen Abonnenten für 3 Jahre zu gewinnen. Auch das Seminar soll zur Lösung von Abonnements zu 1 ^ pro Mann eingeladen werden. Die Abonnementsgebühren würden der Stadtkasse zufließsn, welche ihrerseits die Herstellung der Bahn und deren Unterhaltung übernähme. Es ist nicht daran zu zweifeln, daß eine stattliche Anzahl voll Abonnenten aus allen Kreisen der Bevölkerung im Interesse der schlittschuhfahrenden Jugend sich anmeldet und daß infolge dessen der Geweinderat in dankenswerter Weise die Herstellung und Erhaltung der hier längst ersehnten Schlittschuhbahn in die Hände nimmt.
Nagold, 30. Okt. Der Württemb. Tierschutz- Verein veröffentlicht folgendes: Wir bitten im Kampfe mit der Rohheit, welche durch das Stopfen der Gänse begangen wird, um Unterstützung. Ein jeder, der Gelegenheit hat, diese Tierquälerei zu sehen, möge dieses verwerfliche Treiben an den armen Tieren, das nur eines kleinen Gewinnes wegen ausgeführt wird, brandmarken und auf die Unterlassung desselben hinwirken. Nur dadurch, daß diese Tierquälerei nicht öffentlich, sondern im Geheimen geschieht, entzieht sie sich der Bestrafung nach dem Gesetze.
Neubulach, 29. Okt. (Tinges.) Gestern wurde unsere von hier nach Station Teinoch führende Straße von den HH. Staatstechnikern übernommen. Dieselbe — schon längst ein Bedürfnis für urq... Ge.;.^u..e — wurde von H. Bauunternehmer Kaupp unter Leitung des H. Bauführer Stotz erbaut und wie wir mit Freude feststellen dürfen, zur größten Zufriedenheit ausgeführt. Manch schönes Stück Geld wurde von den Bewohnern unserer Gegend verdient, wodurch die vor 2 Jahren durch den Hagelschlag eingetretene Not in manchen armen Familien wesentlich gelindert wurde. Dank sei daher auch an diesem Ort der hohen Staatsregierung gesagt, welche durch einen ansehnlichen Staatsbeitrag dieses Unternehmen unter- stützte. Es ist zu hoffen, daß. nachdem nun durch Erbauung dies er Straße die Verbindung der Waldorte mit der Oberamtsstadt Calw eine bedeutend günstigere geworden ist, auch der Verkehr ein lebhafterer werde. Auch unsere fernen Schwarzwaldfreunde, welche als „Sommerfrischler" unser freund
lich gelegener Städtchen besuchen, werden mit Freude diese Neuerung begrüßen.
Wittlensweiler (OA. Freudenstadt), 28. Okt. Unser« Gemeinde durste heute em schönes Fest feiern. Seit der Errichtung einer eigenen Pfarrei hier machte sich der Wunsch nach einer Orgel geltend statt deS kleinen Harmoniums, das bisher bei den wenigen jährlichen Gottesdiensten gedient hatte. Die bürgerl. Kollegien Übernahmen, weil die kirchlichen Mittel nicht ausgereicht hätten, die nicht unerheblichen Kosten der Orgel (von Goll) sowie der damit verbundenen baulichen Aenderungen der Kirche. Heute fand die Uebernahme und Vorführung der Orgel durch Seminar- Oberlehrer Hegele aus Nagold statt. Chorgesänge der zahlreich versammelten Lehrer und andere Musikvorträge umrahmten die Ansprachen des Ortsgeistlichen, Pf.-V. Sandberger, und des Dekans Zeller von Freudenstadt.
Tübingen, 28. Okt. Gestern abend fand eine Abschiedsfeier für den nach Ludwigsburg ernannten Oberreallehrer Behringer statt, zu welcher sich der Lehrkörper der Realschule vollständig, viele Gymnasiallehrer und Bürger eingefunden hatten. Rektor der Realschule Dr. Fink sprach dem Scheidenden den Dank der Schule für seine Lehrthätigkeit aus. Eine ganze Reihe von Toasten wurde ausgebracht. Gin Quartett unter Leitung von Prof. Wörtz verschönte die Feier durch seine Vorträge.
Reutlingen, 28. Okt. Das Gönninger Bahnbauprojekt beschäftigte in der gestrigen gemeinschaftlichen Sitzung die bürgerlichen Kollegien, die dasselbe laut „G.-A." insofern in ferner Verwirklichung förderten, als sie beschlossen, daß die Grunderwerbungskosten für das auf hiesige Markung fallende Areal, wie seiner Zeit beim Bau der Echatzthalbahn, von der Stadt getragen werden sollen.
Wendlingen, 28 Okt. (Korresp.) Der Zuckerrübenbau, w lcher früher in größerem Maßstabe betrieben wurde, hat in diesem Jahr wohl infolge des Preisniederqangs bedeutend abgenommen. Es werden gegenwärtig für den Zentner nur noch 75 ^ bezahlt und sst eS daher unseren Landwirten nicht übelzunehmen, wenn dieselben durch anderweitigen Anbau ihrer Felder eine höhere Rente zu erzielen suchen.
Connweiler, 28. Okt. Auch hier fand wiederholt eine Eisenbahnversammlung statt, die Sonntag Nachmittag tag' und von dm umliegenden Orten Feldrennach, Lchwann, Grasenhausen und namentlich Neue-bürrecht zahlreich besucht war. Es handelt si l, um das Proj ki des Anschlusses der zur Erösslaaa kommenden Albthalbahn, worüber Herr J»^e> um Lutz auf Grund seiner Vorberechnungen etn.'.h nd reserierie. Herr Lutz, ein gewiegter Eisenbadniech >k r. lührte für die Gesellschaft Lenz u. Comp. L ettin schon mehrere Projekte aus. Die Vers<.mw.lm g .eittgte das Resultat, daß nun offizielle Delegierte mm den beteiligten Gemeinden gewählt werden s. lleu, um das P ojekt kräftigst in die Hand zu nehmen und zu verfolgen.
Stuttgart, 28 Okt. Zeitungsmeldungen zufolge wird die Regierung den Ständen eine Vorlage zugehen lassen, in welcher für die Gewitterbeschädigten des Unterlandes ein Kredit von 1,500,000 ^ gefordert wnd. — Premierlieutenant Graf Uexküll, der Duellgegner des Freiherrn von Wangenheim, ist wieder bei seinem Regiment eingetreten.
Stuttgart, 29. Okt. Gestern Abend hielt auf «»muid, . Knufmänn Vereins Dr.
W. No de au-. ^-üutSye.iii, Geschäsu-'üh er des deulschen Vereins gegen den Mißbrauch geistiger G,tränke im großen Saale des oberen Museums vor einer zahlreichen Zuhörerschaft einen lichtvollen, beifällig aufgenommenen Vortrag über das Thema: „Warum trinken die Menschen?" Er führt u. A. folgendes aus: Man könne auf diese Frage allerdings erwidern, wir trinken, weil wir Durst haben; aber es gebe zweierlei Durst, einen natürlichen und einen künstlichen; es sei Ironie des Schicksals, daß gerade die am meisten Durst leiden, die am m isten trinken. Den künstlichen Durst könne sich der Menich leicht obgewöhnen. Der Mensch bestehe zu ^/s aus Wasser; es sei notwendig, daß ein erwachsener Mensch I?/«—2'/t Ar W ssser täglich seinem Körper zusuh denn wo kern Wasser, da sei auch kein Leben. Es