62. Jahrgang.

Aro. 102.

Amts- mul Intekkigenzökatt für äen Oezir^.

Erscheint Ate«»t«g, Ao««er,tag L Samstag.

Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H p. Zeile im Bezirk, sonst 12 H.

Donnerstag, äen 1. September 1887.

Abonnementspreis halbjährlich 1 80 H, durch

die Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in

ganz Württemberg 2 70 H.

Zum Abonnement auf das Calwer Wochenblatt pr. September ladet steundlichst ein

öie Weöcrktron.

Amtliche Wekarrrrtmcrchrmgerr.

Amtliche Bekanntmachung,

betv. Gvtöscherr öev ScHafrräuöe.

Unter den Schafen des Michael Schau; in Naislach (Gem.-Bez. Würzbach) ist die Räude erloschen , was hiemit zur öffentlichen Kenntnis gebracht wird.

Calw, 29. August 1887. K. Oberamt.

Supper.

Wotttifche Wachrichten.

Deutsches Reich.

Berlin, 29. August. Die Nachrichten aus Hofkreisen über das Befinden des Kaisers Wilhelm lauten überaus günstig. Man nimmt jetzt an, daß nicht einmal eine Beschränkung des Programms für die Beteiligung des Kaisers an den Herbstmanövern in Ost- und West­preußen in nennenswerter Weise erforderlich werden wird. Auch soll der Kaiser wie in früheren Jahren die Absicht haben, einen Teil des Herbstes nach den Manövern in Baden-Baden zuzubringen.

Babel sberg, 30. Aug. Gestern waren der Prinz und die Prinzessin Wilhelm bei den kaiserlichen Majestäten zum Thee. Heute nahm der Kaiser die Vorträge des Grafen Perponchers, des Oberstallmeisters v. Rauch und des Generals Albedyll entgegen. Heute nachmittag um 1 Uhr empfing die Kaiserin die Herren und Damen der Potsdamer Gesellschaft. Zum Diner um 4>/z Uhr sind einige Herren ge­laden. Im Laufe des morgigen Tages findet die Rückkehr des Kaiserpaares nach Berlin statt.

DieStraßb. Post" erhält eine Zuschrift eines Alt-Elsässers aus dem Kreis Zabern über die Gesinnung der Landbevölkerung. Der Einsender behauptet, daß die Fälle von extravaganten französischen Sympathien, die durch die Blätter bekannt werden, die Ausnahme bilden und daß gerade die

Landbewohner, denen man nach den Wahlen die größte Schuld in die Schuhe schob, ganz loyaler Gesinnung seien. Er schreibt:Daß man bei diesen Leuten nicht Ausdrücke und Gefühle einesbiereifrigen" Patriotismus er­warten darf, ist selbstverständlich; dies war bei unfern Bauern auch vor 1870 nicht der Fall. Darf man sich aber nicht schon damit zufrieden geben, wenn diefe durchschnittlich mit ihrem jetzigen Lose zufrieden sind, wenn sie, wie ich mich selbst durch zahlreiche Anfragen überzeugt habe, durchaus keine Veränderung des Schicksals ihres Heimatlandes wünschen, im Gegenteil sogar meist vor einer foschen die größten Befürchtungen hegen? Mehr kann man eigentlich in einem Zeitraum von 17 Jahren speziell von den älteren Leuten nicht verlangen. Wie steht es nun mit der jüngeren Generation? Sehr oft habe ich mich gefreut, wenn ich zuhörte, wie junge Elsäffer, gediente Soldaten, mit ihren Vätern, Oheimen u. s. w., die bei der französischen Armee gestanden und deren Begeisterung man nach ihrer oft 14jährigen Dienstzeit wohl begreifen kann, in Streit gerieten über die Vorzüge ihrer Heere, wenn ich bemerkte, mit welchem Selbstbewußtsein und Stolz der junge Mann auf die Erfolge des deutschen Heeres hinwies, mit welcher Sachkenntnis er die Vorteile schilderte, die dasselbe in den Werk­zeugen des Krieges erlangt, mit welcher Zuversicht er von der Tüchtigkeit und den Fähigkeit seiner Offiziere sprach, mit welcher Begeisterung er nam­entlich seinen obersten Kriegsherrn erwähnte, und mit welchem Verständnis er endlich die Zweckmäßigkeit der allgemeinen Wehrpflicht erörterte und dem Nutzen derselben gerade für den Landbewohner sprach, der noch nie vom Hause weggekommen.

Dänemark.

Ueber den Empfang der russischen Kaiserfamilie in Kopenhagen berichtet der dortige Korrespondent derVoss. Ztg." folgen­des:Dichter Nebel verzögerte die Ankunft der russischen Schiffe um meh­rere Stunden, aber die Menschenmaffen, welche zu vielen Tausenden von der Zollbude bis zum Bahnhofe Spalier bildeten, warteten geduldig. Die Könige von Dänemark und Griechenland, der dänische Kronprinz und der griechische Prinz fuhren dem russischen Geschwader entgegen. Eine Meile südlich von Dragör in der Kjögebucht gegen 11 Uhr kamen die russischen Kaiseryachten Dershawa" undCzareweck", welche von den KreuzernCorrez" und Razbojuik" begleitet wurden, in Sicht. Alsbald begaben sich die dänischen und griechischen Herrschaften zur Begrüßung an Bord desDershawa"; dann folgte ihnen das russische Kaiserpaar mit den drei Söhnen und den beiden Töchtern auf die dänische DachtDanebrog". Inzwischen war auch das dänische Uebungsgeschwader, bestehend aus den PanzerschiffenTordenskjold"

Feuilleton. (Nachdruck »erboten.»

Am Bang und Reichtum.

Dem Englischen frei nacherzählt von Leo Sonntag.

(Fortsetzung.)

Das wird ja immer schöner!" lachte er.Welche mustergültige Hausfrau ich aus Dir gemacht habe. Gar nicht auf die Zeit zu achten und den Mann mit samt seinem Hunger zu vergessen! Und ich muß nachher gleich in das Schloß hinüber? was fange ich denn da nur an? Schließlich bleibt mir nichts übrig, als mich mit einem Kusse zu begnügen;" und leise ihr Köpfchen am Kinn in die Höhe richtend, drückte er einen innigen Kuß auf ihre schwellenden Lippen.

Nein, nein Robert! Das wäre doch eine gar zu frugale Mahlzeit!" meinte sie verschämt lächelnd und wandte sich leise aus seinen Armen.Etwas Substan­tielleres kann ich Dir doch bieten, und zwar mit leichter Mühe! Gedulde Dich nur einen Augenblick!"

Und fort eilte sie, ehe er noch eine Einwendung hätte machen können, emsig herbeisuchend, was die kleinen Vorräte der Haushaltung boten, um das Mittagsmahl zu ersetzen, so gut dies in der Eile möglich war. Der Segen der Arbeit bewährte sich auch an ihr, und wie sie jetzt eifrig bemüht war. Alles aufzubieten, damit der Gatte möglichst wenig unter den Folgen ihrer Träume von Glanz und Reichtum leiden möchte, war sie nur das, was sie vor Gott gelobt hatte zu sein: die treue, liebende Frau des armen Gärtners. Nicht länger weilten ihre Gedanken bei den glänzenden Bildern, die ihre Phantasie ihr vor Kurzem noch so geschäftig vorgemalt hatte, denn sie war mit Leib und Seele bei ihrer Pflicht, deren Erfüllung ihre Freude und Genugthuung gewährte. Diese innere Befriedigung spiegelte sich auch auf ihren Zügen und verlieh ihr eine solche Anmut, einen solchen Liebreiz, daß der entzückte Gatte seine Augen nicht losreißen konnte von ihr, die sein ganzes Glück ausmachte, von ihr, die das Licht seines Lebens, ja sein Leben selbst war. Das Gefühl seines Glückes war stark in ihm und groß seine Dankbarkett für das liebliche Geschöpf, das

ihm ein solches Glück zu bereiten verstand und er war zu zufrieden, sich mit seinem Weibchen zusammen endlich an dem gedeckten Tische niederlassen zu können, als daß er es versucht hätte, wegen der Vorkommnisse des Morgens noch weiter in dieselbe init Fragen zu dringen, denen auszuweichen sie sichtlich bestrebt war.

Anfangs war die Unterhaltung bei Tische eine sehr angeregte, allein nach und nach wurde dieselbe, wenigstens von ihrer Seite, immer einsilbiger, und schließlich sah die junge Frau wortlos vor sich hin in ihre Theetasse, deren kalt gewordenen Inhalt sie leise umrührte; und wieder schlich sich jener ticfnachdenkliche Ausdruck über ihre Züge, den Robert das erste Mal vorhin bei seinem Eintritt dort beinerkt hatte. Nach­dem er sie eine kleine Weile aufmerksam beobachtet hatte, sagte er endlich scherzend, wie um ihre Gedanken abzulenken:

Ein wahres Glück für Euch Damen ist es, daß Ihr den Thee habt; denn ich könnte mir wahrhaftig nicht recht vorstellen was ihr ohne denselben anfangen wolltet!"

Für uns Damen?" warf sie leicht fragend hin, allein ein unbefangenerer Be­obachter als Roden, hätte leicht eine gewisse Spannung heraushören können, mit welcher sie die Antwort erwartete.Hältst Du mich denn für eine Dame?"

Unzweifelhaft, mein Herz!"

Wenn Du mich nun zum Beispiel nicht kenntest und sähest mich zufällig, würdest Du mich wohl für eine Dame halten? Ich ineine eine Dame wie Lady Cardin?"

Ganz gewiß, mein Lieb! Denn Dir hat die Natur selbst den Stempel des einzigen und ivahren Adels aufgedrückt und keine aristokratische Dame, möge sie eine noch so hohe Stellung einnehmen, könnte sich über Dich stellen, was diesen ange­borenen, unnachahmlichen Adel des Wesens betrifft. Mir wenigstens ist noch nie­mals eine Daine begegnet, die sich in Schönheit und unbeivußter Anmut hätte mit Dir inessen können."

Du willst mir schmeicheln, Robert!"

Waruin sollte ich? Es war von jeher meine innerste Ueberzeugung, so lange ich Dich kenne, Laura, daß es Deinesgleichen nicht mehr geben könne auf der ganzen, weiten Welt. Schon damals als ich nur verstohlen um Euer Haus schleichen durfte, machte es mich unnennbar glücklich, wenn es mir gelang. Deiner nur von Weitem ansichtig