Amts- und Intelligenz-Matt flir den Oberamts-Bezirk Nagold,
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170.
Nszslö, Samstag den 30. Oktober
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Resormationssest.
Wieder feiert die evangelische Christenheit ihr Reformationsfest, und wer noch etwas auf seine Kirche hält, stimmt heute mit der Gemeinde ein in das alte Schutz- und Trutzlied Luthers „Ein feste Burg ist unser Gott." — Man hat wohl gefragt: Haben wir überhaupt noch Grund ein Reformationsfest zu feiern ? Leben wir doch in einer Zeit, wo die Kirche, wenigstens die evangelische Kirche, fast alle Bedeutung verloren hat! Kein Wunder, spricht man, daß selbst ihre eigenen Kinder so wenig Achtung vor ihr haben und zum großen Teil eine völlige Gleichgiltigkeit ihr gegenüber bekunden! Denn daß dem wirklich so ist, kann leider nicht geleugnet werden. Und doch würde es nicht so sein, wenn man nur dankbar der großen Segnungen sich erinnerte, welche von der Reformation ausgegangen, und wenn man mehr Verständnis hätte für das Wesen und die Aufgaben der evangelischen Kirche. — Gerade wir Deutsche haben alle Ursache die Segnungen der Reformation zu preisen. Wäre doch das deutsche Volk nie geworden, was es heute ist, ohne die Reformation! Die Reformation war nicht nur ein religiöses, sondern auch ein nationales, durch und durch deutsches Werk. Sie war das Werk der Befreiung des deutschen Volksgeistes aus den Fesseln einer jahrhundertealten, seinem innersten Denken und Empfinden völlig fremden Welt- und Lebensanschauung. Protestantismus und Deutschtum gehört unzertrennlich zusammen, seit Luther, der sächsische Bauernsohn, fern Volk wieder deutsch denken, beten, singen, sprechen und leben lehrte. So ist mit ihm ein ganz neues Zeitalter, „das Zeitalter der Reformation" angebrochen, das Zeitalter, welches nach allen Seiten Licht und Bildung und Aufklärung verbreitete. Es ist ein Lebensstrom von ihm ausgegangen, der alle Länder und Völker bewässerte, und alle Gebiete fruchtbar und frisch machte. So ist die Reformation gleichsam das Salz geworden, welches die Welt vor Fäulnis bewahrte. — Und eben darin liegt gleichsam noch immer das eigentliche Wesen und die Aufgabe der evangelischen Kirche. Nicht mit äußeren Machtmitteln die Geister und Völker zu beherrschen, sondern die uralten, ewigen Gotteswahrheiten, welche Christus in die Welt ge-
Menschensresserei.
Von Dr. Lautenbach.
(Schluß.)
Auch in dem weltentlegenen Australien war die Menschenfresserei auf dem Festland sowohl als auf den Inseln im Schwange. Durch das Vordringen der Europäer ist diese Gewohnheit natürlich verschwunden, vielerorts auch die Urbevölkerung selbst. In Gegenden, wo die Europäer noch nicht bis inS Innere haben Vordringen können, wird man wohl auch jetzt noch Menschenlleisch genießen. Auf den Fidji-Jnseln benutzte man bei diesen „Leichen- fch».ä.'s?n" in des Wortes eigenster Bedeutung sogar Gabeln aus Kasnarweholz. Die Malzeiten fanden in der Nähe von „Palmenhäusern" statt, und besondere Gewürzpflanzen, die nur zu Menschenfleisch gegessen wurden, find angepflanzt worden. Die neuseeländischen Wilden sollen diesen Kultus erst eingeführt haben, nachdem die MoaS, die großen Riesenvögel, von ihrer Insel verschwunden waren, und sie dadurch bei dem Mangel an Säugetieren jeder animalischen Kost entbehrten.
Wie beiläufig erwähnt wurde, hat man sich unter Menschenfressern nicht immer etwa ganz tiefstehende Völker vorzustellen, die womöglich noch wie die Tiere mit Haaren bedeckt sind.
Nein, es waren und sind sogar, wie gezeigt
bracht, als den einzigen Lebensgrund der Wohlfahrt des Einzelnen und der Gesamtheit zu hüten und zu bewahren, das rechte religiös-christliche Lebensideal der Welt vorzuhalten, dazu ist sie berufen; und so lange sie dabei bleibt, wird sie nicht untergehen, sondern feststehen wie ein Fels im Meer bei allen Stürmen und Kämpfen. — Und nun wissen wir auch, warum wir ein Reformationsfest feiern. Wir wollen uns unserer Kirche freuen und anstatt sie zu bekämpfen oder glrichgiltig an ihr vorüberzugehen, vielmehr in Treue zu ihr halten und sie unterstützen, damit sie ihre Aufgabe erfüllen könne. Wir wollen sein und bleiben im Geiste unserer Väter treue, evangelische Christen.
Hages-Neuigkeitm.
Deutsches Leich.
*) Wildberg, 29. Okt. Die goldene Hochzeitsfeier der Schneider Wünsch'schen Eheleute (der Jubilar ist 74, die Jubilarin 79 Jahre alt) verlief aufs schönste und beteiligte sich außer den Kindern, Enkeln und Urenkeln, sowie sonstigen Verwandten, ein großer Teil der Einwohnerschaft an dem feierlichen Kirchgang. Nach der Einsegnung begab man sich ins Gasthaus z. Löwen, wo das Jubelpaar alle Teilnehmer um sich versammelte; die alten Leutchen wurden herzlich beglückwünscht und reich beschenkt.
Stuttgart, 28. Okt. (Korresp.) Heute Vormittag 11 Uhr fand im oberen Museum hier die Generalversammlung der Aktionäre der deutschen Verlagsanstalt statt. Vertreten waren nicht ganz 2000 Stimmen. Rechtsanwalt Dr. Löwenstein V trug im Auftrag einiger Aktionäre einige Beschwerden vor, die aber sowohl von dem Vorsitzenden, Kommerzienrat Moser, als von mehrereren nachfolgenden Rednern gründlich widerlegt wurden. Einstimmig wurde die Bilanz gut geheißen und die Decharge mit allen gegen die Stimmen eines einzelnen Aktionärs erteilt. In den Aufsichtsrat wurden die Herren Anton Hoffmann, Professor Dr. Ebers und Kommerzienrat Moser wieder, Kaufmann Leo Schweyer neu gewählt. Die Dividende von 9°/» kommt vom 1. November an zur Verteilung.
Kirchheim u. T., 28. Okt. Im außerordentlich stark besuchten Saale des Vereinshauses sprach gestern Abend Etadtpfarrer Keeser aus Stuttgart über „Luther, der religiöse Reformator und kein politischer Revolutionär." Herr Keeser, den wir während seiner hiesigen Amtsthäligkeit als trefflichen Kanzelredner schätzen gelernt haben, wies an der Hand der Geschichte nach, daß der zur Zeit Luthers ausgebrochene Bauernaufstand ein Ausfluß 'der damaligen wirtschaftlichen Notlage und Luther keineswegs der politische Revolutionär gewesen sei, sondern über allen
worden ist, relativ civilisierte Stämme diesem Bar barismus ergeben. Es hängt das natürlich von den Motiven ab, die sehr verschieden sind.
Daraufhin hat neuerdings der englische Egypto- loge Flinders Paris die Menschenfresser prozentuarisch ungefähr folgendermaßen klassifiziert. Er sagt, daß in cirka 20 "/« der Fälle die Toten verspeist werden, um ihnen Zuneigung und Ehre zu bezeugen und das Glück eines besseren späteren Lebens zu sichern. Das Aufessen der Toten wird bei manchen Kannibalen als die ehrenvollste Leichenfeier angesehen, und die Leute wollen lieber im Leib ihrer Freunde ihr Ende finden, als in der Erde verfaulen. Die Ost- jaken und Samojeden im Innern Asiens, bei welchen auch noch Kannibalismus vorkommt, verzehren das Fleisch der Greise ebenfalls in dem Glauben, daß diese dann ein besseres Leben im Jenseits zu gewärtigen haben.
Die Massageten des Altertums aßen ihre Eltern und Freunde, wenn sie alt genug geworden waren, auf, um sie nicht den Würmern preiszugeben. Aber diese moralische Triebfeder findet sich nicht überall. Ungefähr 19 "/» der Kannibalen stehen schon auf einem weniger idealistischen Standpunkt. Sie denken, daß dje Eigenschaften des Verstorbenen auf sie infolge des Genußes ihres Fleisches übergehen. Darum verzehren sie mit Vorliebe die Leichen von Helden, um deren Mut, diejenigen von Kindern, um deren Jugendkraft auf sich zu übertragen. Etwa 10 °/o
1897 .
Parteien stehend mit echter Glaubenstreue evangelische Freiheit und Wahrheit allen Ständen gepredigt habe. Mit sichtlichem Interesse folgten die Zuhörer den geistreichen Ausführungen des geehrten Herrn Redners.
Münsingen, 27. Okt. (Korresp.) Gestern Nachmittag zwischen 2 und 2Uhr wurde in beträchtlicher Höhe ein großer Luftballon gesehen, der mit dem herrschenden Ostwinde über die Alb wegzog. Der Farbe des Ballons nach wurde auf eine Uebungsfahrt der Münchener militärischen Lustschifferabteiluna geschlossen. Hell glänzte der Ballon und namentlich sein Schlepptau im Sonnenschein. Von den Insassen der Gondel war selbst mit einem Glas nichts zu sehen, dagegen konnte das Ausschütten von Ballast (Sand) in der Höhe von Gomadingen und Marbach a. L. im Sonnenschein mit unbewaffnetem Auge erkannt werden.
Ulm, 28. Okt. (Korresp.) Die hies. städtische Wasserleitung aus dem Lauterthal liefert Wasser in genügender Menge in vorzüglicher Qualität, nur im Frühjahr tritt manchmal Trübung ein, wenn rasches Schneeschmelzen bei hartgefrorenem Erdreich erfolgt, so daß das Schneewasser unfiltriert von den Bodenschichten in die unterirdischen Wafferläufe gelangt, ein Mißstand, der durch die zahlreichen Erdfälle oder Erdtrichter der Alb noch begünstigt wird. Verschiedene Maßregeln zur Abhilfe wurden schon von Seiten der städt. Techniker getroffen und kürzlich war auf Ersuchen der Stadtverwaltung auch die Herren Oberbaurat Ehmann und Medizinalrat Schmerlen von Stuttgart in dem Quellengebiet des „Kalten Brunnens" im Lauterthal, um ihren Rat behufs Beseitigung der periodischen Waffertrübung zu erteilen. Ihrem Gutachten wird nun entgegengesehen.
Hechingen, 26. Okt. Hohen Besuch hatte gestern die Stammburg. Von Sigmaringen trafen mit dem Mittagszuge auf der Station Zollern ein: Fürst Leopold, Prinz Friedrich mit Gemahlin und Erbprinz Wilhelm von Hohenzollern mit dem Herzog Emanuel von Vendöme und Gemahlin. Auf der Burg wurde ein Frühstück eingenommen, zu welchem auch die Offiziere der Besatzungskompagnie und der Vorsteher des hiesigen Rentamts geladen waren. Gegen Abend wurde in der Villa Eugenia hier der Thee eingenommen, worauf die hohen Herrschaften mit dem Abendzuge wieder nach Sigmaringen zurückkehrten.
Karlsruhe, 27. Oktober. Heute haben die Wahlmännerwahlen zur teilweisen Erneuerung der Zweiten Kammer begonnen. Als bedeutungsvolles Ergebnis liegt bis jetzt vor der Sieg der vereinigten Opposition (Sozialdemokraten, Demokraten, Zentrum und Freisinnige) in der Stadt Karlsruhe. Es wurden gewählt 192 nationalliberale, 228 oppositionelle Wahlmänner. Die Stadt Karlsruhe, die bisher im Landtag durch drei National- liberale vertreten war, wird also 2 Sozialdemokraten
essen das Menschenfleisch als Opfer für die Götter.
Bei ungefähr 6 °/o sind eS noch verwerflichere Ursachen, die den Menschen bestimmen, seines Gleichen zu vertilgen, nämlich Haß und Rache; diese glauben ihren Feind eben auf diese Weise am allergründlich sten aus der Welt geschafft zu haben; und wer könnte ihnen in dieser Hinsicht Unrecht geben?! Die übrigen 28 "/<> bilden nun endlich die allermaterialistischen Elemente dieser Gattung „domo sapiens", sie essen das Fleisch ihrer Nebenmenschen ohne jede direkte Veranlassung nur weil sie es für wohlschmeckender und u^petitlicher Hallen als jeoe andere Speise. — Also wohl bekomm's! Seien wir gebildeten Mittel-Europäer aber froh, daß wir über dieses Entwicklungsstadium hinaus sind, wenn wir auch noch viele überflüssige Einrichtungen haben und sehr nützliche nicht haben.
— Einfach. Herr (im Luftballon): „Was würden Sie thun, wenn jetzt der Ballon platzte?' — Luftschiffer: „Na . . . herunterfallen!'
— Ausgerechnet. Vater (zum Sohn, der Medizin studiert): „Wenn du durchaus Spezialist werden willst, so werde doch Zahnarzt statt Ohrenarzt. Zähne hat der Mensch 32, aber Ohren nur 2."
— Empfohlen. Beamter: „Hier haben Sie Ihre Zeugengebühren!' — Zeuge: „Danke schön, und wenn Se wieder einen Zeugen brauchen, uff mich können S« immer rechne!'