Dkl GrselWstrr.
Amts- und Intelligenz-Blatt fiir den Obrramts-Bezirk Nagold
Erscheint Montag, Mittwoch, Donnerstag und LamStag. — Preis »irrtet,ährlich hier mit rrägeÄoh» se «I dem Bezirk 1 ^ außerhalb dis Bezirks 1 so -Z Monats-Abonnements nach Verhältnis. — JnsertionS-Vebühr für dir Ifpaltige Zeile au- gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 bei mehrmalig« je S
^ 168.
Nagold, Samstag Le« 16. Oktober
18S7.
Amtliches.
Nagold.
Den Grtsvorftrhern und Uer»oalt«ttgs- Aktuarett
werden in den nächsten Tagen gedruckte Exemplare der Staatssteuer- und Ämtsschadensumlage pro 1. April 1897/98
zugehen.
Die Unteraustciluug auf die Steuerpflichtigen, einschließlich der Gemeindeumlagen, ist alsbald zu besorgen und der Vollzug, sowie der aus 1 ^ Staatssteuer (bezw. Staatsgewerbesteuer) entfallende Betreff an Amts- und Gemeindeschaden, wie auch die Summe des auf die gesamte Staatsgcwerbesteuer entfallenden Gemeindeschadens (Min.-Amtsbl. 1d90 S. 401) spätestens bis 10. Dezember d. I. hieher anzuzeigen.
Den 14. Oktober 1897.
K. Oberamt. Ritter.
Nagold.
Die Herne« Grtslchriliirlpektore«
werden veranlaßt, die durch Einberufung von Lehrern zu militärischen Uebungen den Gemeinden etwa erwachsenen Stellvertretnugsvdsten
spätestens bis 1. November ds. Js. nach Vorschrift des Konsistorialerlaffes vom 28. März 1890 (Amtsblatt S. 4214) hieher nachzuweisen.
Den 14. Oktober 1897.
K. gemeinsch. Oberamt in Schulsachen.
Ritter. Dieterle.
Die Erhöhung der Revisionssumme.
Vor einigen Tagen war der Präsident des Reichsgerichts in Berlin anwesend und man brachte seine Anwesenheit in Zusammenhang mit dem Plan der Erhöhung der Revisionssumme. Bis jetzt nämlich konnte in solchen Zivilstreitfällen Revision beim Reichsgericht eingebracht werden, deren Höhe den Betrag von 1500 ^ überstieg. Ts ist nun in der letzten Zeit der Plan aufgetaucht, die Revisionsmindestsumme auf den Betrag von 3000 ^ zu erhöhen, d. h. in allen Zivilstreitfällen von 300 bis 3000 ^ soll nur das Landgericht in erster, das Oberlandesgericht in zweiter Instanz entscheiden, während das Reichsgericht als dritte Instanz fortfällt. Gegen diesen Plan sind vielfach Einwendungen erhoben worden, weil dadurch das Recht der Prozessierenden verkümmert werden würde. Es läßt sich allerdings vieles gegen, aber auch vieles für die Erhöhung der Revisionssumme anführen. Die Befürworter der Erhöhung besorgen vor allen Dingen, daß das Reichsgericht bei der Einführung des bürgerlichen Gesetzbuches mit Prozessen, die es in der Revisionsinstanz zu entscheiden hat, überlastet werden würde, wenn nicht gleichzeitig eine Erhöhung der Revistonssumme vorgenommen würde. Wenn jetzt trotz der Vermehrung der Bevölkerung die bei dem Reichsgericht schwebenden Prozesse nicht im gleichen Verhältnis mit dieser Vermehrung zunehmen, so liegt dies daran, daß das Reichsgericht in seiner beinahe zwanzigjährigen Thätigkeit schon über eine große Reihe juristischer Streitfragen endgültig entschieden hat, und daß in solchen Fällen in der Regel eins Revision nicht mehr eingelegt wird. Bei der Einführung des bürgerlichen Gesetzbuchs aber können natürlich Reichsgerichtsentscheidungen in Streitfragen des neuen materiellen Rechts noch nicht vorliegen, und es versteht sich von selbst, daß das Reichsgericht daun sehr häufig angerufen werden wird. Werden nun aber an das Reichsgericht sehr starke Anforderungen gestellt, so müßte eine Erhöhung der Zahl der Senate beim Reichsgericht stattfinden und es würde die Ueber- sichtlichkeit der Entscheidungen des Reichsgerichts darunter leiden.
Es läßt sich ferner für die Erhöhung der Revisions- summe anführen, daß ja auch der Plan besteht, die Zuständigkeit der Amtsgerichte in Zivilstreiten dadurch zu erweitern, daß nicht nur wie bisher Prozesse bis zur Höhe von 300 sondern bis zur Höhe von 500 ^ von den Amtsgerichten entschieden werden, ein Plan, der übrigens vielfache Zustimmung in den Kreisen der Richter und der Anwälte findet. Auch hier würde man sagen können, daß in den Fällen, die zwischen 300 und 500 ^ liegen, das Recht der Streitenden in einer gewissen Weise verkümmert
wird, denn während bisher in erster Instanz drei und in zweiter fünf Richter entschieden haben, werden sich dann in erster Instanz nur ein, in zweiter Instanz nur drei, zusammen also nur vier Richter, mit der Streitfrage zu befassen haben. Man könnte also sagen, daß die Erhöhung der Revisionssumme bei dem Reichsgericht mit der Erhöhung der Zuständigkeit der Amtsgerichte in einem gewissen Zusammenhang steht. Während es nun auf der einen Seite gewiß bedenklich ist, wenn bei der Einführung des bürgerlichen Gesetzbuchs das Reichsgericht mit Prozessen überhäuft wird, weil zuviel Streitfragen vor die höchste Instanz gebracht werden, da noch keine Entscheidungen aus dieser Instanz vorliegen, so ist es aus demselben Grund bedenklich, gerade in diesem Augenblick die Revisionssumme zu erhöhen, also in Prozessen zwischen 500 und 3000 die Anrufung des Reichsgerichts auszuscheiden. Denn gerade weil Entscheidungen der obersten Instanz noch nicht vorliegen, ist die Möglichkeit von Fehlentscheidungen der beiden ersten Instanzen eine um so größere, und es würde sehr leicht der Fall eintreten können, daß jemand, der in Bezug auf dieselbe Rechtsfrage einen Prozeß über 2500 und einen über 3500 gleichzeitig schweben hat, den ersten Prozeß verliert, und wenige Monate später den zweiten Prozeß gewinnt, weil das Reichsgericht die Rechtsauffassung der Vorinstanzen mißbilligt.
Wir möchten also trotz der Bedenken gegen die Ueberlastung des Reichsgerichts dennoch die Erhöhung der Revisionssumme bei der Einführung des bürgerlichen Gesetzbuchs nicht empfehlen. Man sollte auch abwarten, ob überhaupt eine starke Erhöhung der Thätigkeit des Reichsgerichts stattfinden wird, und ob, selbst wenn das der Fall ist, es sich nicht um eine nur sehr vorübergehende Erscheinung handeln wird. Denn man muß bedenken, daß einmal durch das bürgerliche Gesetzbuch die Verschiedenheit des Rechts in Deutschland beseitigt wird, und daß zweitens das bürgerliche Gesetzbuch vor dem jetzt bestehenden Recht den Vorteil einer außerordentlichen Klarheit voraus hat. Es ist also zu hoffen, daß die Zahl der streitigen Rechtsfragen sich vermindern wird, und daß infolge dessen das Reichsgericht zwar in den ersten Jahren stärker belastet, dann aber desto mehr entlastet werden wird._^
Hüges-Aerrigketten.
Derüschrs Reich.
Nagold, 15. Okt. Zu dem Artikel in Nr. 158 d. Bl., betreffend Post- und Telegraphenverkehr mit der Landeshauptstadt in Stuttgart wird dem „N. Tagbl." in Stuttgart geschrieben:
Man erhält von den lieben Stuttgarter Geschäftsleuten Briefbogen und Rechnungen mit Abbildungen prachtvoller Geschäftshäuser, ja ganzer Stadtteile, man liest am Briefköpfe noch manches Interessante, wie z. B. Import und Export, Girokonto Reichsbank, gegründet im Jahre 1697, Telephon Nr. 4000 rc. rc., aber wo der gute Mann wohnt, das wird beileibe nicht gesagt. Woher soll nun unsereiner auf dem Lande wissen, wie eine genaue Adresse lauten soll ? Ein Mittel zur Abhilfe wäre z. B., wenn man uns Geschäftsleuten auf dem Lande Adreßbücher von Stuttgart zur Verfügung stellen würde; ich fürchte nur, daß am Ende nicht genug Exemplare aufzutreiben wären. Man wende sich lieber einmal mit freundlicher Ermahnung an die Stuttgarter Geschäftsleute, sie möchten doch gefälligst auch die Straße und Hausnummer auf ihre Briefe drucken lassen — ein Gummistempel thät's schließlich auch! Wenn dies nichts hilft, dann gicbts noch ein Radikalmittel: Die Post möge einmal einige Wochen lang von jedem nicht vollständig adressierten Briefe als Entgelt für das Nach- schlagcn ein Strafporto von 10 I erheben. Das Resultat wird sein, daß in kürzester Frist die Stuttgarter Geschäftshäuser ihre Geschäftsfreunde „ebenso freundlich als dringend" ersuchen werden, doch ja die angegebene Straße und Hausnummer auf die Adresse zu setzen, ein Verlangen, dem wir dann gerne Folge leisten werden und — der Post ist geholfen!
Ein Kaufmann vom Lande.
Vom Lande. Für den Oktober prophezeit Falb: „1.—7. eine Periode reicher Niederschläge; namentlich ausgiebiger Regen. Die Temperatur hält sich in den ersten Tagen nahe dem Mittel, beginnt aber zu steigen. Es wird sehr warm." Von dem vielen Regen hat man in den letzten Tagen ebensowenig verspürt, wie von der angekündeten großen Wärme und dem Steigen der Temperatur. — Weiter stellt Falb folgende Prognose: „8.—10. Okt. Die Temperatur hält sich auf bedeutender Höhe. Der 10. ist ein kritischer Tag 2. Ordnung. 11.—17. Okt. Es treten neuerdings Regen ein, die stellen
weise sehr beträchtlich sind. Gewitter sind jedoch nicht wahrscheinlich. Die Temperatur geht anfangs ziemlich bedeutend zurück, erreicht jedoch in den letzten Tagen neuerdings eine bedeutende Höhe. 18.—25. Die Niederschläge nehmen ab. Es wird trocken, doch hält sich die Temperatur nahe dem Mittel. Der 25. ist ein kritischer Tag 1. Ordnung. 26. bis 31. Die Niederschläge nehmen wieder etwas zu, erreichen jedoch in vereinzelten Fällen eine bedeutende Höhe. Die Temperatur ist schwankend, entfernt sich jedoch nicht bedeutend von dem Mittelwerte."
Tübingen, 14. Okt. Unter äußerst zahlreicher Beteiligung der gesamten Einwohnerschaft fand heute Vormittag 11 Uhr die Beerdigung des ersten Oberbürgermeisters der Stadt, Gös, statt. Unter Voranritt der Stadtkapelle eröffnet« das Stadtreiter-Corps und die Feuerwehr den nicht enden wollenden Leichenzug, dann folgte der mit Kränzen reich gezierte Trauerwagen, welchem sich die bürgerl. Kollegien, Staats- und städtische Beamte, Vertreter des Offiziers- Corps und der Verbindung „Ulmia" anschlossen. Am Grabe sprach Dekan Elsäßer. Kränze wurden niedergelegt von Gemeinderat Prof. Schönberg namens des Gemeinderats, Bürgerausschußobmann Liesching für den Bürgerausschuß, Polizeiamtmann Haußer namens der städtischen Beamten, Rektor Pfleiderer namens der Universität und im Namen der Feuerwehr Kommandant Eberhardt. Die Amtskorporation ließ dem langjährigen Amtsausschußmitgliede den letzten Gruß bringen. Vor und nach der Feier sang der „Sängerkranz" und die Militärkapelle spielte je einen Trauerchoral.
Stuttgart. Von der deutschen Partei Württembergs ist auf Sonntag den 24. ds. Mts. eine Vertrauensmännerversammlung in den Mozartsaal der Liederhalle einberufen worden. Auf der Tagesordnung stehen: 1) der Entwurf bezüglich VerfaffungS- revision (Referent Landtagsabgeordneter v. Geß), 2) der Entwurf eines Ortsvorsteher-Gesetzes (Landtagsabgeordneter Sachs), 3) die Reichstagswahl von 1898, 4) Organisation und Presse.
Biberach, 14. Okt. Die Räume des hiesigen Bezirkskommandos haben sich bei einer neuerdings durch Vertreter der Armeeverwaltung vorgenommenen Besichtigung als unzureichend erwiesen. Es soll daher hier ein eigenes Gebäude für das Bezirkskommando erstellt werden. Der Stadtrat hat bereits seine Geneigtheit ausgesprochen, h! zu einen geeigneten Platz zur Verfügung zu stellen. Bisher war das Bezirkskommando bei der Stadt in Miete.
Oetisheim, 14. Okt. Eine Kommerz, wie man sich eine solche kaum schöner und reicher mit Trauben behängen, denken kann, befindet sich hier am Hause des Herrn I. Kolb. Gestern wurden die Früchte — sogenannte Kalebstrauben — von ganz bedeutender Größe, abaeschnitten; verschiedene derselben wogen 1*/s Pfund.
Niederstetten, 14. Okt. (Korresp.) Die vom Gewerbeverein in dem Postsaale einberufene Versammlung erfreute sich eines zahlreichen Besuchs. In derselben referierte Reichstagsabgeordneter Augst von Gerabronn in einstündigem klarem Vortrag über die neue Gewerbeordnung und die Organisation des Handwerks. Derselbe erläuterte das bis jetzt so wenig bekannte Gesetz in ausführlicher Weise und es wurde jedem klar, daß dasselbe erst mit seiner Wirkung in unserem Württemberg auf die Verhältnisse und die Handwerker auf dem Lande tief einschneiden wird und das Gesetz nicht nur Rechte, sondern auch Lasten bringe. Besonders betonte er, daß die Gewerbevereine eine wichtige Stellung im Erwerbsleben des neuen Gesetzes einnehmen, durch die Wahlen zur Gewerbekammer. Auch die Paragrafen über die Lehrlingsprüfungen, Gesellenaus- schüffe erläuterte Herr Augst in allgemein verständ- licher Weise. Bildhauer Schümm appellierte an die anwesenden Nichtmitglieder, dem Gewerbeverein beizutreten. Der Vorstand Dill leitete die Versammlung und stattete dem Reichstagsabg. Augst den Dank der Versammlung ab.
Vom Bodensee, 12. Oktbr. In den direkten Schnellzügen der Ver. Schweizerbahnen St. Mar- grethen-Winterthur und Winterthur-St. Margrethen verkehren für Reisende 1. und 2. Kl. von jetzt an direkte Wagen Lindau-Genf; ferner erhalten diese Züge auch direkte Wagen 3. Kl. Zürich-Lindau.