Amts- und Intelligenz-Blatt für den Obrramts-Bezirk Nagold
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^ 159.
Nagold, Montag den 11. Oktober
!897.
Amtliches.
Bekanntmachung.
Durch Entschließung des K. Ministeriums des Innern vom 5. d. Mts. ist nachgenannten Personen das Ehrenzeichen für langjährige treu geleistete Dienste in der Feuerwehr verliehen worden und zwar dem
1) Schuhmacher Albrecht Birkle,
2) Kupferschmied Friedrich Frey,
3) Metzger Karl Steel»,
Mitglieder der freiw. Feuerwehr in Altensteig.
Nagold, den 9. Oktober 1897.
K. Oberamt. Ritter.
Seine Königliche Majestät haben die Karl-Olga- Medaille u. a. dem Kameralverwalter Finanzrat Bolz in Reutlingen, dem Oberamtspfleger Wünsch in Freudenstadt zu verleihen geruht.
Am 8. Okt. ist von der Ev. Oberschulbehörde die 1. Schulstelle in Dornstetten, Bez. Pfalzgrafenweiler, dem Schullehrer Seiz in Remmingsheim, Bez. Rottenburg, die Schulstelle in Schömberg, Bez. Freudenstadt, dem Schullehrer Späth in Aach, Bez. Pfalzgrafenweiler, übertragen worden.
Gestorben: Besson, Goldleistensabrikant in Horb. Christian Eiding, Kronenwirtin Ehningen, OA. Böblingen. In Amerika: Karl Wilh. Bühler aus Mötzingen, OA. Herrenberg, in Pa rke rsburg, 68 I. a.
dsges-Weuigkettm.
Deutsches Reich.
^Vlä. Nagold, 10. Okt. Ein Lebenszeichen und Mahnruf seitens des Bezirks-Obstbau- Vereins. Man hört da und dort sagen: „Heuer braucht man keine Klebgürtel gegen den Frostnachtschmetterling an die Bäume zu legen." Der Einsender dieses hält es aber für nötig, ebenso der Ausschuß unseres Obstbau-Vereins, und auch aus der Akademie Hohenheim wie im pomolog. Institut in Reutlingen wird, wie, der Einsender erfuhr, wie fernd so auch Heuer dieses Schutzmittel wiederholt. Wohl hängen reiche Obsternten vor Allem von günstiger Witterung in der Blütezeit, von der Wahl der richtigen Obstsorten nach Klima und Boden, vom Reinigen, Anstreichen und Düngen der Obstbaume ab. Aber trotz alledem haben Insekten schon die ausfichtsvollste Obsternte nachher zerstört. Auch ist es ganz richtig, daß Heuer in erster Linie die naßkalte Witterung im Mai, und nicht die Frostspannerraupen — zumal in den vom Frost mehr als die Höhenlage vom Frost zugigen Thälern uns um den Obstsegen brachte, teilweise schadeten auch die im Mai mit der Raupenfackel nicht getöteten Raupen der Apfelgespinnstmotte. Auch mag es sein, daß z. B. in Walddorf auch nicht mit Klebgürtel versehene Bäume Obst trugen. Aber einmal hat wohl niemand untersucht, ob die mit solchen geschützten Bäumen doch nicht mehr Obst trugen. Sodann würde dies bloß beweisen, daß die betreffenden Bäume allerdings fernd von wenig Frostnachtschmetterlingen
besucht wurden. Dies kann aber im nächsten Jahre anders sein. Der Hauptgrund aber, warum gerade in unserer Gegend noch nötiger als in Hohenheim und Reutlingen solche Klebgürtel wieder angelegt werden sollten, ist der, daß fernd bei uns teils mit geringem zu bald trockenem Leim, teils zu spät, teils nicht in der vom Einsender schon fernd durch einen Vortrag gelehrten Manier die Ringe angelegt, und daß sie nicht rechtzeitig untersucht und erneuert wurden. Es werden tn her Heuer wieder, aber zum letztenmal in diesem Blatt (künftig durch besonders gedruckte Anweisung für die Vereinsmitglieder) im Namen des Obstbau-Vereins nachfolgende auf Erfahrungen beruhende Ratschläge zur Bekämpfung der Blätter und Blüten oft ganz kahlfreffenden Frostspanner-Raupen den Lesern dieses Blatts mitgeteilt: 1. Ohne allen Verzug — nach Mitte Oktober kann es zu spät sein — grabe man die sogenannten Baumscheiben mehrere Meter breit möglichst tief um, wodurch man viele Puppen des Frostspanners und andere Schädlinge zerstören kann. 2. Gleichfalls noch vor Anlage der Klebringe, also noch in dieser Woche, sollte man die Obstbäume mustern, um die jetzt vor Laubabfall leichter kenntlichen dürren Beste, die mit schädlichen Rüsselkäfern besetzt sind, zu entfernen und alsbald zu verbrennen (die zugleich abgesägten überschüssigen grünen Beste aber als Hasen-Aesung über Winter liegen zu lassen). Gleichzeitig sind die tote Borke, Moos, Flechten mit der Baumscharre abzukrazen und Raupennester und Eierhaufen mitzuentfernen, aber alldies in Säcke oder Tüchern zu sammeln und alsbald zu verbrennen. Wenn so die Baumkrone gesäubert ist, streiche man die Stämme mit der bekannten Kalkmilch an, um sie gegen Kälte, Hitze und Unterschlupf für schädliche Insekten möglichst zu schützen. 3. Dann erst schreite man, aber unfehlbar in nächster Woche, zur Anlage der Klebgürtel auf Brusthöhe, aber bei rauhen und nicht kreisrunden älteren Stämmen muß man unter dem Gürtel jede Vertiefung mit Holzwolle oder Oehmd oder Moos dicht aurstopfen, damit die auch hier listigen Weibchen nicht unten durchschlüpfen. Auch darf man nicht vergessen, die etwaigen Baumstotzen mit dem Leim anzustreichen, da sie sonst diese zum Aufsteigen benützen. Man befestigt Las Pergamentpapier, das 10—1b Centimeter breit sein soll, besser mit Draht als mit der von Bubenhand mehr bedrohten Schnur, oben und unten möglichst fest und biege den untern Rand etwas aufwärts, um den zumal auf der Sonnenseite abtriefenden Leim aufzufangen. Noch besser geschieht dies so, daß man blos oben mit Draht bindet und den untern Rand mit einem bei Seiler Schlotterbeck hierzu beziehenden Cocos- faserstrick festbindet. Dann streift man den Leim, den dickeren mit einem Anstrichbürstchen, den dünnen mit einem Pinsel 3—4 Millimeter dick gleichmäßig
auf. Das Wichtigste ist dann aber: die Klebgürtel stets im Auge zu behalten, alle 14 Tage nicht blos zu visitieren, ob und was man abfangt, sondern ob der Leim nicht stellenweise trocken wird, wo dann die Weibchen doch in die Krone hinaufspazieren, um dort 300 Eier pro Stück abzulegen. Die eine Leimsorte trocknet schon nach 3, die andere nach 6—8 Wochen ein. Sie sind auch mitunter nicht alle Jahre gleich beschaffen. Herr Kaufmann Friedr. Schmid hier hat ja bereits den bekannten verbesseren Leim von Hübler ausgeschrieben. Der Obstbau-Verein bestellte von den 3 durch Versuche des Einsenders fernd als am längsten fängisch erprobten aber etwas teureren Sorten von Jungclaußen, F. A. Wider und Wagner und ist vom nächsten Samstag oder Montag ab der erster« von H. Gärtner Raas hier, der zweite von Baumwart Helber in Haiterbach, der dritte von H. Baumwart Breymeier in Wildberg zu beziehen. Ebenso hat H. Kaufm. C. W. Lutz in Altensteig einen Vorrat von ersterem. Aber auch alle diese Sorten sind mindestens noch einmal im November oder Dezember in diesem Jahr und dann bei Tauwetter Ende Februar zum letztenmal aufzufrischen, weil von da an weitere Frostspanner und andere Obst-Schädlinge darauf abzufangen sind. Erst Ende April sind sie ganz zu entfernen und alles was unter den Gürteln sich versammelte, alsbald zu verbrennen oder tief zu vergraben. Mit den 3 genannten Leimsorten werden auch die nötigen Pergamentpapiere abgegeben. Wer Hüblerschen Leim verwendet, kann gutes billiges Pergamentpapier in der hies. Zais er'schen Druckerei beziehen. Ein Pfund Leim reicht zu 5 alten oder 10 jungen Bäumen. Die Auslage für einen alten Baum ist ja blos 8 bis 10 Pfennige einschließlich des Perg.- Papieres, für einen jungen Baum die Hälfte. Man übersehe dabei nicht, daß man auf diesen Klebgürtrln außer dem Frostspanner auch andere Obstschädlinge abfängt. Unsere Ortsbehörden könnten schließlich solche Schutzmaßregeln, die natürlich bei allgemeiner Anwendung voll wirksamer sind, nach Artikel 33 Ziffer 2 und Art. 52 des Polizeistrafgesetzes zwangsweise durchsetzen. Auch in der Republik Schweiz zwingt man durch Strafen resp. Exekution die Leute zum Kampf gegen die Qbstbaumschädlinge. Traurig genug, wenn man Landwirte am Ende des 19. Jahrhunderts noch zu, von Sachverständigen als sicher nachgewiesenen, Schutzmaßregeln in ihrem eigenen Interesse durch Gesetz und Obrigkeit zwingen muß! Behandeln wir unsere Apfel-, Birn- und Steinobstbäume Heuer besser als fernd, d. h. genau und ohne allen Verzug so, wie oben unter 1. 2. und 3. gelehrt ist, so haben wir gethan was wir sollten und konnten, und können dann 3 bis 4 Jahre lang die Klebgürtel weglassen, weil dann bei uns ein Frostspannerfraß Jahre lang nicht mehr zu befürchten ist.
Der tapfere Ossiziersbursche.
(Nachdruck verboten.)
Es war im Biwak, eine Nacht vor der Schlacht von Wörth. Ruhig lagen die blauen bayerischen Chevaulegers neben ihren Rossen; viele rauchten ein Pfeifchen, die Offiziere ihre Cigarre. Leutnant Felix von Aste allein ging unruhig auf und ab.
„Was hast Du alter Kamerad?" fragte es aus den Haufen heraus.
„Ist Dir bange um Dein Leben, alter Junge?"
„Oder hast Du Sorge, das Dir die *<>'-6° sz^iit untreu werde?"
„Oder daß Dein pfiffiger Bursche Bäuchle Dein Reseroepferd vertrödelt?"
Leutnant von Aste unterbrach seinen Gang:
„Daß Ihr Euch nicht schämt, am Vorabende einer Schlacht, die nach allen Vorzeichen eine blutige werden dürfte, mich so etwas zu fragen! — Wollt Ihr wissen woran ich dachte? — Ich erwog, was aus meiner alten Mutter werden sollte, wenn ich fiele; ich dachte an Gott und Ewigkeit! Für den Ignaz sorgt nicht: geht's an'S Einhauen, so konkurriert er noch mit mancher OffizierSepaulette; nicht wahr, Bäuchle?"
„Zu B'sehl, Herr Leutnant!" erhob sich bei diesen Worten ein strammer Chevauliger. „Wir werd'n d' Franzosen klopfe, daß es a Lust ischt!"
„Recht so, Ignaz! — Und nun laßt mich in Ruhe!"
Die Andern schwiegen, denn von Aste stand im hohen Ansehen; Bäuchle aber war wegen seines unverwüstlichen Humors berüchtigt geworden.
Am andern Morgen früh gegen 4 Uhr ward schon das Allarmsignal gegeben und die Chevaulegers rückten auf Wörth vor. Die Einzelheiten dieser Schlacht sind aber so oft besprochen worden, daß wir füglich wohl an dieser Stelle davon absehen können. Was nun Leutnant Astes Zug betraf, so ward ihm die Aufgabe, nach der Schlacht einen Haufen Turkos zu zerstreuen, die sich auf einer waldigen Höhe in einem Chateau festgesetzt hatten. Ignatius Bäuchle char yieH 8-r Tapfer
keit, aber die Turkos wurden dennoch nicht gefangen, i sondern setzten sich auf einer zweiten Höhe fest.! Diese zu erstürmen, war die Schaar von Astes zu gering. Er sandte deshalb Ignaz ab, SukkurS herbeizuholen.
Ignaz Bäuchle gehorchte, sah aber auf dem Rückwege am Fenster eines Wirtshauses einen roten Fetz; das kam ihm verdächtig vor und mußte erhascht werden. Er rief den Wirt heraus und fragte, sein Bischen französisch zusammennehmend:
„J'attihl dä Turko in sed ohtell?" (Sind Turkos in diesem Wirtshause.)
„Non, non!" beteuerte aber der Wirt, die Zipfelmütze devot in der Hand.
Doch Meister Bäuchle hatte scharfe Augen:
„Sakra, Diabel," (Teufel) fluchte er, „ftlluh, (Spitzbube) da hat's sie ja!"
Und er sah sechs Turkos sich durch den Garten salvieren.
Im Nu hatte der Chevauleger das Pferd herumgeworfen, setzte über den Gartenzaun und schrie:
„Wart't, ihr Malefizbuabn, euch soll das Sakra!"
Aber die schnellfüßigen Söhne Afrikas entwischten in einen Sumpf, welcher in der Nähe lag. in dem die Schwörenröter auch, alle Listen deS kleinen Krieges von Afrika her voll, recht gut Bescheid wußten. Lachend eilten sie durch den gefährlichen Bruch, den Verfolger in der peinlichsten Lage zurücklaffend.
. Lunge dauerte es nämlich nicht, so saß das schwere ! Roß unseres Freundes Ignaz bis an die Brust im Morast und als der Reiter abstieg, um dem Tiere herauszuhelfen, betrat er kaum den trügerischen Boden, als er selbst auch schon bis an die Brust im stinkigen Bruch versank. Nur mit Mühe und Not gelang es ihm, wieder festen Boden zu fassen und sein Rößlein auf's Trockene zu bringen. Zuletzt vollbrachte er beides, aber unser Ignaz mußte nun in der heißen Augustsonne, naß und abscheulich duftend, den rechten Weg nach seinem Heeresteile suchen. Dabei geriet er immer mehr in die Irre.
Die TurkoS hatten sich indeß auf die Straße gen Chalons begeben, wo ls bravs <Io (der
Tapfere von Magenta — Mac Mahon) sein gesprengtes Heer zu sammeln gedachte. (Forts, folgt.)