impfung der Kuhpockenlymphe erstmals im Jahr 1798 bei einem 8jährigen Knaben günstige Erfolge zu erzielen. Trotzdem sein Mittel zur Gegenwehr gegen die natürlichen Pocken vielfach nicht anerkannt wurde seinerzeit wie noch jetzt, haben doch damals manche Aerzte die günstigsten Erfahrungen mit der Schutzimpfung gemacht. Redner führte des weiteren die einzelnen Perioden des Auftritts der Krankheit bis zur jetzigen Zeit auf und lieferte auf Grund von aktenmäßigen Zahlen den Nachweis, daß die Impfung stets ein treffliches Mittel gegen die gefährliche Pocken­krankheit gewesen sei, weswegen er die gesetzliche Jmpfpfiicht als eine segensreiche Einrichtung für die öffentliche Gesundheitspflege schätze. H. Bez.-Schul- Jnsp. Dieterle zollte dem Redner im Namen der Versammlung warmen Dank für seine belehrenden Ausführungen. Ein Referat über die IV. Auflage der Anweisung zum Turnunterricht in der Volks­schule", gehalten von H. Schullehrer Finckh, das von großer Sachkenntnis zeugte und in eingehendster Weise den Gegenstand beleuchtete, bildete den Schluß der Verhandlung. Auch diesem Redner folgte der Dank des H. Bez.-Schul-Jnsp. Bei dem gemein­schaftlichen Essen im Gasthaus z. Post teilte H. Bez.- Schul-Jnsp. Dieterle zur allgemeinen Heiterkeit noch manche ergötzliche Episode aus dem Schulleben mit.

Stuttgart, 22. Juli. Der bayrische Schnellzug 153 von Nürnberg ist gestern Abend in Crailsheim mit voller Geschwindigkeit auf sein Einfahrtsgleis, welches als Sackgleis endigt, eingefahren und so weit vorgekommen, daß er auf eine am Ende des Sackgleises aufgestellte Lokomotive auffuhr und diese beschädigte. Verletzungen von Reisenden sind nicht gemeldet.

Ludwigsburg. 21. Juli. In letzter Stunde hat sich ein zweiter offizieller Bewerber um die Stadtschult­heißenstelle in der Person des Amtmanns Krauß von Eßlingen eingefunden. Derselbe zog jedoch seine Bewerbung zu Gunsten des Dr. Hartenstein zurück, um eine Stimmenzersplitterung zu verhüten, welche unvermeidlich gewesen wäre, nachdem im Geheimen lebhaft für einen in der Bürgerschaft beliebten Be­amten vom hiesigen Rathaus agitiert wird.

.'. Ludwigsburg, 23. Juli. Stadtschult­heißenwahl. Von 1008 Wahlberechtigten haben 729 abgestimmt. Dr. Hartenstein, der Vorsitzende vom Gewerbegericht in Stuttgart wurde mit 681 Stimmen gewählt. Dr. Haaß erhielt 27 Stimmen.

.'. Pfullingen, 22. Juli. Bei der heutigen Gemeinde-Etatsberatung wurde von den bürgerlichen Kollegien eine Gemeindeschadensumlage von 36 000 ^ beschlossen. Sodann wurde die Gebühr für die Erteilung des Bürgerrechts in den Fällen des Art. 7 Z. 1 des Gem.-A.-Ges. auf 5 ^ ermäßigt, die Erweiterung des Friedhofs und die Herrichtung eines Jugendspielplatzes beim Bleichenhäuschen wurde in Aussicht genommen. Die Erstellung einer Hochdruck­wasserleitung wurde ebenso als Bedürfnis anerkannt und wir dürfen hoffen, daß uns diese Wohlthat bald zuteil werden wird.

.'. Kirchheim u. T 22. Juli. Nächste Woche wird hier allgemein mit der Ernte begonnen. Der wenige im Bezirk angebaute Roggen ist größtenteils schoneingesührt. DieHalmfrüchteversprechenqualitativ wie quantitativ einen ausgezeichneten Ertrag, auch die Hackfrüchte lassen nichts zu wünschen übrig. Für neue Kartoffeln werden im Detail 56 Pfg. pro Pfund, für den Zentner ^ 5. bezahlt.

Kirchheim u. T., 23. Juli. Trotz des gegen­wärtig herrschenden niedern Thermometerstandes hatten wir gestern Nachmittag gegen 1 Uhr ein kurz anhaltendes, aber heftiges Gewitter mit ausgiebigem Regen. Plötzlich fegte mit rasender Schnelligkeit und lautem Getöse eine Windsbraut über die Stadt. Der Wirbelsturm richtete mehrfach Verheerungen an, so wurde ein Kastanienbaum im Durchmesser von 70 ow vollständig im Kreise gedreht und wie ein Streich­holz abgeknickt, 2 weitere Bäume unserer prächtigen Allee sind geschlitzt und viele starke Aeste sind ab- gerissen. Auch an Gebäuden ist mehrfach Schaden entständen. Vom Dach der Riethmüllerschen Papier­warenfabrik wurde mit einem Ruck eine Masse Platten abgehoben, Dachfirste mehrerer anderer Ge­bäude sind beschädigt und große Deckplatten von Schornsteinen wurden wie Spreu auf die Nachbar­häuser geschleudert, auch hier Verheerungen anrichtend. Ein wahres Glück ist es, daß das Unwetter nur ganz kurze Zeit anhielt, sonst wäre zweifelsohne noch vieles dem elementaren Ereignis zum Opfer gefallen.

.-. Saulgau, 22.Juli. Vorgestern Abend zwischen 5 und 6 Uhr wurden von teilweise sehr starkem Hagelschlag betroffen die Gemeinden und Markungen Altshausen, Eichstegen, Kreenried, Käfersulgen, Ragen­reute, Waldhausen, Fleischwangen u. s. w. Von dem während des Gewitters herrschenden orkanartigen Sturm wurden mehrere Gebäude beschädigt, Bäume geknickt, Hopfenanlagen niedergeriffen. Ueber die Verheerungen des gemeldeten Gewitters erfahren wir aus den Gemeinden Kreenried, Eichstegen, Käfersulgen, daß die zu den schönsten Hoffnungen berechtigende Ernte beinahe total vernichtet sei. Die Hagelkörner fielen bei starkem Sturm taubeneiergroß und zertrümmerten auf der Westseite eine Masse Fensterscheiben. Die Gartengewächse und der Klee wurden vollständig ver­

nichtet. Mehrere Besitzer sind versichert. In dem einige Kilometer von den genannten Orten entfernten Unterwaldhausen und Umgebung fielen die Hagel­körner in Wallnußgröße und vernichteten die Feld­früchte ebenfalls beinahe total, viele Bäume sind teils entwurzelt, teils geknickt, Beeren- und Garten­gewächse total zerschlagen, eine Masse Fensterscheiben zertrümmert, Dächer beschädigt u. s. w. Der Schaden ist sehr groß und läßt sich momentan noch nicht über­sehen. Auch von der Göge (Hohentengen) wird von einem gefahrdrohenden Gewitter berichtet, bei welchem der Blitz in eine hart an der Gottesackerkapelle stehende Pappel schlug, ohne diese zu beschädigen, denn er sprang alsbald auf den Dachstuhl der Kapelle über und richtete an demselben ziemliche Verwüstungen an. Dann nahm der Blitz seinen Weg durch einen neben der Kapelle liegenden Telefondraht, denselben vollständig zerschmelzend. In Beizkofen, wohin ein Teil des Stromes seinen Weg nahm, zerstörte der­selbe 4 Telefonständer und demolierte ein Hauseck, in Hohentengen aber wurde der Telefonapparat ver­nichtet; die im Amtszimmer anwesenden Bediensteten kamen mit dem nicht geringen Schrecken davon. Auch in Mengen wurde der Apparat zerstört. Von Hagel­schlag wurden wir, Gott sei Dank, verschont.

.'. Leutkirch, 22. Juli. Vorgestern Abend ent» luden sich in unserer Umgebung einige schwere Gewitter. Die Markungen Wurzach, Seibranz, Roßberg und andere wurden nahezu total verhagelt. Der Sturm deckte Dächer ab und entwurzelte Bäume. Fenster wurden vom Hagel in großer Zahl zer­trümmert. Die Fluren sollen jammervollen An­blick gewähren.

.'. St. Georgen bei Friedrichshafen, 22. Juli. Der Nachzug des fahrplanmäßigen Schnellzuges Nr. 15 entgleiste gestern vor 3 Uhr nach der Aus­fahrt aus dem Seewald. Außer einigen Hautschürfungen kam Zugspersonal wie Passagiere mit dem Schrecken davon. Das Geleise ist bis morgen gesperrt. Hilfszüge befördern die Passagiere an der Unglücksstätte weiter. Sämtliche Personenwagen, 4 an der Zahl, sowie der Tender wurden ganz oder teilweise aus die Seite gelegt und ziemlich stark beschädigt. Der lockere, vom Gewitter aufgeweichte Untergrund mag wohl die Ursache der Katastrophe sein. Hiezu schreibt der Oberschw. Anz.": Der Mittagsschnellzug von Ulm, der um 1 Uhr 54 hier durchfährt, ist im Seewald, ca. 34 Kilometer vor Friedrichshafen entgleist. Infolge dessen ist das Bahngeleise gesperrt. Einige Personen wurden verletzt. Um 3',2 Uhr ging ein Hilfszug von Friedrichshafen an die Unglücks­stätte ab. Der entgleiste Schnellzug hatte nur 3 stark besetzte Personenwagen. Das Geleise ist bis auf 2300 m zerrissen. Der entgleiste Zug 15 wurde von der MaschineOldenburg" geführt. Als er gerade bei St. Georgen angekommen war, merkte der Lokomotivführer, daß die Hinteren Wagen des Zuges, der aus der Lokomotive, dem Gepäckwagen und 2 Personenwagen bestand,schlenkerten". Sofort fuhr er langsamer, konnte aber nicht verhindern, daß diese letzteren zwei aus dem Geleise sprangen. Der hinterste Wagen, mit 35 Passagieren besetzt, fiel um und legte sich auf die linke Seite, so daß die Thüre auf der andern Seite in die Höhe kam, woraus die Insassen heraus geholt werden mußten. Bedeutende Verletzungen sind nicht zu verzeichnen. Von Ravensburg kam ein Vorzug, der bis zur Unglücks­stelle fährt und die von hier kommenden Passagiere, welche natürlich an der betreffenden Stelle umsleigen müssen, nach Meckenbeuren bringt, bis wohin die fahrplanmäßigen Züge verkehren.

Neuenstein, 22. Juli. (Korresp.) Nach vor­liegenden Schätzungsurkunden unparteiischer Sach­verständiger beträgt der durch den Hagelschlag am 1. Juli in Baumschulen hiesiger Markung allein an­gerichtete Schaden und zwar für Oberamtsbaumwart, Baumschulbesitzer Kopenhöfer 26,375 Stadtbaum­wart Megerle 3,195 Hiedurch erhöht sich der Gesamtschaden auf ca. 1,490,000 In der letzten Sitzung der bürgerlichen Kollegien wurde ein Not- standskomits bestehend aus dem Ortsvorsteher, dem Geistlichen und je 3 Mitglieder des Gemeinderats und Bürgerausschusses gebildet, das im Einvernehmen mit dem Bezirkshilfs-Komitö über die Mittel und Wege zur Linderung der Not, Sammlung von Geld und Naturalien und die Verteilung der Gaben end- giltig Bestimmung zu treffen hat. Außerdem wurde nach einem vorausgegangenen Aufruf an die Be­schädigten das Kgl. Finanzministerium um Gewährung eines Notstands-Darlehens von 30,000 ^ unter den in Aussicht gestellten günstigen Bedingungen gebeten. In den nächsten Tagen sollen sodann die beschädigten Einwohner der Stadt in einer öffentlichen Versamm­lung über die von dem Bezirkshilfskomitö weiter beabsichtigten Schritte zu Beschaffung von Früchten, Mehl, Streu rc. belehrt, dabei aber auch aufgefor­dert werden, mit dem Wiederanbauen der total ver­hagelten Felder zum Zweck der Gewinnung eines möglichst reichlichen Futterertrags im kommenden Spätherbst sofort vorzugehen, soweit es noch nicht geschehen ist. Morgen trifft eine von dem Ministerium des Innern abgeordnete Kommission behufs probe­weiser Nachschätzung des ungeheuren Schadens an Bäumen und Weinbergen, der auf 1020 Jahre

nachwirken wird, ein. Die Baumbesitzer ganz be­sonders sind es, die einer traurigen Zukunft entgegen­gehen, da der ganze prächtige Baumbestand der Markung ohne Ausnahme ruiniert ist.

Mergentheim, 22. Juli. Anläßlich des Ge­fechts. welches am 25. Juli 1866 bei Gerchsheim bei Tauberbischofsheim stattgefunden hat, wird am Sonntag den 25. ds. Mts. eine Erinnerungsfeier dort abgehalten. Auf Veranlassung der württ. Re­gierung wurden die auf dem Felde bestatteten württ. Krieger ausgegraben und im Gerchsheimer Friedhof in einem gemeinsamen Grabe beigesetzt. Es liegen zusammen 12 Württemberger etzt in diesem Grabe. Die Württ. Regierung ließ nun ein einfaches Denk­malsetzen, das am genannten Tage enthüllt wird. Ver­schiedene Offiziere aus Württemberg werden sich zu dieser Feier einfinden.

.-. Aus Baden, 21. Juli. Bei den in diesem Spätjahre stattfindenden Landtagswahlen werden die oppositionellen Parteien alle Hebel in Bewegung setzen, um die auf einer Stimme beruhende liberale Kammer-Majorität in eine Minorität zu verwandeln. Man hofft dieses Ziel allein dadurch schon erreichen zu können, daß man in Karlsruhe den drei national­liberalen Kandidaten drei Männer entgegenstellt, die zwar keine eigentlichen Parteipolitiker sind, aber doch den Nationalliberalen abgeneigt wären und zudem bei der Bürgerschaft großes Ansehen genießen. Die Kalkulation wäre so Übel nicht, wenn nicht die Sozial­demokraten als die zweitstärkste Partei der Residenz zum mindesten einen Sitz für sich in Anspruch nehmen würden und überhaupt nichts davon wissen wollten, daß drei farblose, wenn auch oppositionell angehauchte Kandidaten aufgestellt werden. An dem Verhalten der Sozialdemokraten dürste wahrscheinlich das ganze geplante Abkommen scheitern. Uebrigens werden auch noch einige liberale Mandate heiß umstritten werden.

München, 19. Juli, Bei dem 12. Kongreß der Allg. Radfahrer-Union haben die betr. Vereine von Karlsruhe, Stuttgart und Regensburg bei gleicher Punktzahl je einen ersten Korsopreis erhalten.

Bad Kreuth, 20 Juli. Die Kaiserin unter­nahm gestern Nachmittag eine Fahrt nach Kreuth und machte von da einen Spaziergang auf die zum herzoglichen Besitze gehörende Königsalpe. Von diesem Ausfluge, der vom schönsten Wetter begünstigt war, zurückgekehrt, stattete die Kaiserin der Frau Herzogin von Urach, ältesten Tochter des Herzogs Karl, einen Besuch ab und lud diese, sowie den Herzog von Urach ein, an dem in der Molkenhalle bereitgehaltenen Souper zu 20 Kouverts teilzunehmen. Die Kaiserin nahm zwischen dem Herzogspaar Platz. Nach dem Souper wurde die Rückfahrt nach Tegern­see angetreten.

Straßburg, 21. Juli. Der kath. Geistliche und Gymnastalprofessor Wilhelm Bunkofer in Wert­heim veröffentlicht in derStraßburger Post" eine längere Erklärung, wonach er in einem Schreiben an das erzbischöfliche Kapitel in Freiburg seinen Austritt aus der päpstlichen Kirche angezeigt habe. Es sei dies die letzte Konsequenz einer über ein halbes Menschenalter zurückreichenden schweren geistigen. Gemütsarbeit.

-j- Das vom Bund der Landwirte an die Reichsregierung und an die preußische Regierung gestellte Verlangen, es sollten sofort die Reichsgrenzen gegen die Einfuhr ausländischen Getreides auf vor­läufig sechs Monate gesperrt werden, bis der Getreidepreis eine bestimmte mäßige Steigerung er­fahren habe, findet fast auf allen Seiten herbe Kritik und Zurückweisung, abgesehen natürlich von den auf das Programm des Bundes eingeschworenen Preß- organen. Man wirft dem betreffenden Antrag vor,, daß seine Begründung aus schwachen Füßen stehe, und daß sich die deutsche Reichsregierung, sollte sie ihm doch Folge leisten, einer schweren Verletzung der Handelsverträge Deutschlands schuldig machen würde. Auch wird auf das in die Frage hinein­spielende sozial-politische Moment hingewiesen und betont, daß ein Eingehen der Regierung auf das Verlangen des Bundes der Landwirte nur neue be­denkliche Erbitterung in weiten Volkskreisen Hervor­rufen würde. Es verlautet denn auch bereits, daß man an den maßgebenden Berliner Stellen entschlossen, sei, diesen Antrag in Erwägung der Deutschland durch die Handelsverträge auferlegten Verpflichtungen rundweg abzulehnen, immerhin bleibt noch die end- giltige und formelle Stellungnahme der Regierung in dieser Angelegenheit abzuwarten.

Berlin, 22. Juli. Nach einer Meldung der Germania" wird aus den deutschen Schutzgebieten in der Südsee geschrieben, der Forschungsreisende Otto E. Ehlers sei s. Z. in Kaiser Wilhelmsland nicht ertrunken, sondern mit dem begleitenden Polizeiunteroffizier von seinen hungernden und meuternden Bukkaleuten erschossen und dann ins Wasser geworfen worden. Die Sache sei von einem Beteiligten jetzt angezeigt und der Mörder bereits zum Tode verurteilt worden.

Breslau, 20. Juli. Die Frau des Schirmfabrikanten Bote, 24 Jahre alt, ist gestern während der Narkose bei dem Zahntechniker Flieger gestorben. Die Narkose erfolgte ohne Beiziehung eines Arztes mit Bromaethyl. Die Leich« und die Narkotika wurden beschlagnahmt.