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Kammer von 1849 verlangte. Unter allen Umständen würden die Ortsoorsteher Schutz beim Reichsgericht gegen die ihnen drohenden Verluste finden. Auch sonst übte die Versammlung an dem Vorgehen des Ministeriums herbe Kritik. Stadtschultheiß Kröner- Kirchheim bemerkte: So belohnt man die treuesten Diener des Staates und selbst der Abg. Sachs räumte ein, in seinem Vertrauen zu der Regierung getäuscht worden zu sein. Zur Gemeindesteuerreform sprach Oberbürgermeister Wagner-Ulm. Seine Forderung, eine umfassende Neuordnung des Gemeindesteuerwesens insolanae auszusetzen, bis die Wirkungen der Staatssteuerreform klar und bestimmt erkennbar sind, fand allseitige Zustimmung.
.'. Mergentheim, 20. Juli. Wie wir aus zuverlässiger Quelle erfahren, hat der Turnverein Weikersheim in Verbindung mit dem Gau-Ausschuß mit Rücksicht auf das schwere Unglück, welches einen großen Teil unseres Frankenlandes durch die verheerenden Naturgewalten in den letzten Wochen betroffen, den unter solchen Umständen gewiß begründeten aber auch anerkennenswerten Entschluß gefaßt, das Gauturnsest, welches am 22. August in Weikersheim stattfinden sollte und zu dem die vorbereitenden Schritte bereits geschehen, aus nächstes Jahr zu verschieben. Dagegen wird genannter Verein in Verbindung mit dem dortigen Gesangverein Harmonie im Schloßgarten daselbst zu Gunsten der Hagelbeschädigten ein großes Gartenfest veranstalten.
..Mergentheim, 21. Juli. Für die bedürftigen Beschädigten des Landes sind bis heute in hiesiger Stadt an Geld eingegangen: 1846 ^ 70 ^j, welche durch die Oberamlspflege an die Centralleitung des Wohlthätigkeitsvereins in Stuttgart abaeliefert wurden. Außerdem ist eine große Partie Pflanzen und Sämereien nach Oehringen abgesandt worden.
Ulm, 20. Juli. Hier herrscht gegenwärtig ein förmliches Wettrennen der Großbrauereien in Ankauf und Pacht der Wirtschaften. Die Ulmer Brauereigesellschaft hat die Wilhelmshöhe um 6000 ^ jährliche Pacht an sich gebracht, ebenso die Friedrichsau um 2240 ^ jährliche Pacht. Das Gasthaus zum Bahnhofsteg wurde heute um 80000 ^ von Gebrüder Leibinger zum Goldenen Ochsen gekauft. Von Bierbrauer Herrmann zur Stadtbierhalle wurde dieser Tage gekauft der schwarze Bock und heute das Gasthaus zum deutschen Haus um 90000
Biberach, 20. Juli. Von der K. Eisenbahndirektion waren die Herren Präsident v. Balz und Baudirektor Fuchs hier, um die Einleitungen für den wahrscheinlich im Frühjahr beginnenden Bahnbau nach Ochsenhausen zu treffen. In Begleitung des Stadtvorstandes wurde die Srecke abgefahren und in Ochsenhausen die Lage des dort zu erbauenden Bahnhofs erwogen, der den lokalen Bedürfnissen wie denen der umliegenden Orte entsprechen, aber auch für eine spätere Verbindung in der Richtung aus Wurzach oder Memmingen geeignet sein soll.
.-. Biberach, 20. Juli. Vorgestern fand in unserer Stadt das V. Oberschwäbische Gausängerfest statt, an welchem mit wenigen Ausnahmen die Gesangvereine von Ulm bis Friedrichshafen teilnahmen; von Ulm selbst beteiligten sich 4 Vereine. Als Abgesandter des Ausschusses des Schwäbischen Sängerbundes war Oberpostmeister Steidle erschienen. Es wurde sehr viel und schön gesungen, was das Bundesmitglied Steidle rühmend erwähnte, hauptsächlich thaten sich die Landvereine hervor, so daß gegen das letzte Fest, 1893 in Riedlingen, ein sichtlicher Fort- schrittzuverzeichnrnist. Gaudirigent war Musikdirektor Staudacher von Ravensburg, von dem eine „Hymne an die Musik" mit Orchesterbegleitung zum Vortrag kam, die bei allen Zuhörern reichen Applaus erntete.
Schwendi, 20. Juli. Am 16. ds. Mts. hatte unser Ort anläßlich der Ausführung eines Uebungs- rittes eine kleine Einquartierung von 8 Offizieren, 12 Mannschaften und 10 Pferden des Württ. Pionierbataillons Nro. 13. Von Freiherr von Süßkind waren die sämtlichen Offiziere zum Mittagsmahl geladen.
Bayreuth, 20. Juli. Der König und die KöniginvonWürtlembergundPrinzessinPauline mit Gefolge sind gestern nachmittag '/r3 Uhr mit Eonderzug hier eingetroffen und in der „Sonne" abgestiegen. Zum Empfang hatten sich Frau Cosima Wagner mit Familie, Hostheaterintendant Baron Putlitz mit Gattin und Banquier Groß eingefunden. Letzterem wurde vom König das Ritterkreuz des . Kronordens verliehen. Die Ausführung des Parsival unter der Direktion Seidels und unter Mitwirkung von van Dyk, Grengg, Frau Brema, Perron und Planck war glänzend. Während des Zwischenakts soupierten die fürstlichen Gäste bei Frau Wagner. Um 12 Uhr nachts reiste der König nach Bebenhausen zurück.
Berchtesgaden, 19. Juli. Sicherem Vernehmen nach trifft am 25. Juli die Königin von Württemberg unter strengstem Jncognito einer Gräfin Dyck mit Prinzeß Pauline und Gefolge zu längerem Aufenthalt hier ein. Es mag Schwierigkeiten verursacht haben, bei der bereits stark vorgeschrittenen Saison rin ganzes Anwesen zur ausschließlichen Benutzung
der Königin zu finden, weshalb das bescheiden und verhältnismäßig wenig günstig gelegene MaierhauS bei Schloß Fürstenstein durch Oberkammerherrn Baron Reischach gemietet worden ist.
Frankfurt, 21. Juli. Die Frkf. Ztg. meldet aus Straßburg i. Elf.: In Karlingen b. St. Avold hatte eine blutige Schlägerei zwischen italienischen Arbeitern stattgefunden. 3 Arbeiter wurden getötet, mehrere andere schwer verletzt. — Dasselbe Blatt meldet aus Berlin: Die Bäckerinnung Germania beabsichtigt, gleich der Konkordia eine Mehlbörse einzurichten, die zweimal wöchentlich stattfinden und Preisnotirungen veröffentlichen soll. — Ferner meldet das Blatt aus Homburg v. d. H.: Während des Kaisermanövers werden in der Zeit vom 3. bis 5. Sept. außer dem Kaiser Wilhelm in Homburg ver schiedene Fürstlichkeiten wohnen, so die Könige von Italien und von Sachsen, die Großherzoge von Baden, Sachsen und Hessen, der Fürst von Hohen- zollern, die Prinzen Albrecht und Heinrich von Preußen, 4 bayrische Prinzen, sowie Prinz Bernhard von Sachsen-Weimar, außerdem eine große Anzahl fremdländischer Offiziere.
Detmold, 18. Juli. Der Regent Graf Ernst zur Lippe-Biesterfeld ist mit seiner Familie gestern nachmittag hier eingetroffen und von der Bevölkerung auf das herzlichste begrüßt worden. Die Stadt war festlich geschmückt. Abends fand ein Fackelzug statt, heute soll eine festliche Beleuchtung der Stadt folgen.
Berlin, 21. Juli. Die Nationalliberale Korrespondenz bezeichnet das Gerücht von dem Uebertritt einer Anzahl nationalliberaler Abgeordneter zu den Freikonservativen als erfunden. — Aus London wird dem Berliner Tageblatt gemeldet: Der Premierminister von Kanada kehrte mit der schriftlichen Versicherung der englischen Regierung in seine Heimat zurück, daß Großbritanien beschlossen habe, die Handelsverträge mit Deutschland und Belgien zu kündigen. Die Entscheidung wurde am 12. Juli getroffen.
Berlin, 21. Juli. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht einen vom kaiserlichen Leibarzt Leuthold Unterzeichnete Mitteilung, welche lautet: Die heute früh vom Herzog Karl Theodor in Bayern vorgenommene Untersuchung des Auges des Kaisers hatte ein durchaus befriedigendes Ergebnis. Das Sehvermögen ist in keiner Weise gestört, nur bestehen noch leichte Reizerscheinungen, weshalb der Kaiser noch einige Zeit sich Schonung auferlegen muß. Der Kaiser wird seine norwegische Reise fortsetzen und der Herzog demnächst seine Reise nach Gothenburg antreten.
Hamburg, 20. Juli. Der Kaiser hat gestern nach der Besichtigung der Auguste Viktoria folgendes Telegramm an die Paketfahrtgesellschaft gerichtet: „Soeben Auguste Viktoria inspiziert und freue mich, aussprechen zu können, daß das Schiff in allen Teilen in mustergültiger Verfassung sich befand. Der Kapitän hat mir einen vortrefflichen Eindruck gemacht."
Wilhelmshaven, 19. Juli. Von dem am 23. Juli vorigen Jahres am Shantung-Vorgebirge untergegangenen Kanonenboot „Iltis" haben die Schiffe der z. Z. in Ostasien anwesenden Kreuzerdivision nach langen vergeblichen Versuchen den auf dem Felsenvorsprung verschlagenen Teil des Schiffes abzubringen, diejenigen Schisfsteile geborgen, die zu bergen waren, um sie dann als wehmütige Erinnerungszeichen an den Untergang einer heldenmütigen Besatzung nach der Heimat überzuführen. Die Gegenstände sind mit dem unlängst aus Ostasien heimgekehrten Lloyddampfer „Oldenburg" hieher gebracht worden und werden bei der hiesigen Werft aufbewahrt. Es ist das zunächst die noch ziemlich gut erhaltene Schiffsschraube, die über und über verrostet ist. Ferner finden sich einige Revolvergeschütze, die durch das Seewasser stark gelitten haben und selbstverständlich niemals mehr Verwendung finden können. Dann ist eine große, mehr als 1 m im Geviert haltende Eisenplatte mit zurückgekommen, die als Reserveplatte zur Ausbesserung von etwaigen kleineren Schäden mitgeführt wurde. Außerdem sind mehrfache Bruch- stücke von Holz und Eisenteilen mitgebracht worden; auch ein großer Haufen Steine von der Strandungsstelle hat den weiten Weg von China hieher zurückgelegt. Endlich sind noch einige Photographien vorhanden, die im Auftrag des Reichsmarineamts von der Strandungsstelle und den Trümmern des gestrandeten Schiffes ausgenommen worden sind. Sie gewähren einen traurigen Anblick und lassen in allen Teilen die elementare Gewalt des Orkans erkennen, der dem Schiff und seiner wackeren Besatzung den Untergang brachte.
Ausland.
Bergen, 20. Juli. Der Kaiser ist nach sehr guter Fahrt mit dem Herzog Karl Theodor heute früh in Bergen eingetroffen. Das Wetter ist gut.
Ein erbitterter Kampf wird gegenwärtig zwischen den Metzgern und dem Konsumverein in Chur geführt. Auf Grund eines Abkommens lieferten die Metzger den Mitgliedern des Konsumvereins ihre Waren um 5 Prozent billiger als den übrigen
Kunden. Schließlich kündigten sie aber dieses Abkommen. Daraufhin beschloß der Konsumverein, eine eigene Metzgerei einzurichten und schrieb die Stelle eines Verwalters derselben aus. Alle Metzgermeister von Chur verpflichten sich gegenseitig unter Buße sich zur Uebernahme des Amtes nicht zu melden: doch konnten sie nicht verhindern, daß etwa 40 auswärtige Meister und dazu noch eine Anzahl Gesellen sich meldeten. Sogleich erstand der Konsumverein um 80 000 Frs. am Kasinoplatz zwei Häuser, um dort die Metzgerei einzurichten. Nun haben die Metzger, um der drohenden Konkurrenz zu begegnen, eine Preisreduktion von 10—12 Prozent angekündigt.
Zürich. 21. Juli. Ueber die Gemeinden Harzen, Hirzel, Mannedorf, Staefa und Küßnacht ging gestern Abend ein schweres Hagelwetter nieder, das von einem heftigen Sturm begleitet war. Der angerichtete Schaden ist bedeutend.
Man meldet uns aus Wien: Auf dem Bahnhose zu Franzensbad erfolgte gestern mittag 1 Uhr ein Zusammenstoß zwischen einem dichtbesetzten Personenzuge der bayrischen Staatsbahn und einem Schnellzuge der Buschtehrader Bahn. Beide Lokomotiven wurden schwer beschädigt, sieben Personen verwundet, darunter sehr schwer ein bayrischer Postbeamter und der Bergsarzt Dr. Czermak aus Birken- berg bei Przibram. Letzterer wurde an beiden Armen verwundet und wahrscheinlich auch innerlich verletzt. Der Materialschaden ist sehr groß. Als Schuld des Unfalles wird falsche Weichenstellung angegeben. Zwei Weichenwärter wurden sofort ihres Dienste- enthoben. In Eger und Franzenbad ist die Aufregung groß. Die Heftigkeit des Anpralles wurde dadurch gemildert, daß beide Züge mit verminderter Schnelligkeit fuhren.
-j- Die Ministerherrlichkeit des Grafen Badeni scheint nun doch am längsten gedauert zu haben. Der gegenwärtige österreichische Ministerpräsident soll sich ernsthaft mit Rücktrittsgedanken tragen, vielleicht beginnt er nun einzusehen, welches Unheil er mit seiner czechenfreundlichen Politik angerichtet hat; als mutmaßlichen Nachfolger Badeni's nennt man bereits den Statthalter von Tyrol, Grafen Merveldt. In der That hat das Regime des Polengrafen das Möglichste gethan, die Verwirrung in Oesterreich zu steigern und namentlich die Deutschen durch die Begünstigungderczechischen Ansprüche zu ihremjetzigen Verzweiflungskampfe gegen die Regierung zu treiben. Gerade die Vorgänge in Eger haben aufs Neue die gänzliche Unfähigkeit des Grafen Badeni dargethan, Oesterreich den inneren Frieden wiederzugeben. Drum fort mit diesem „Staatsmann«"!
Kattowitz, 20. Juli. Nach der „Kattow. Ztg." sind bisher aus den Trümmern des eingestürzten neuen Schornsteins der Zinkhütte zu Rosdzin 3 Tote, davon 2 ganz verstümmelt und Schwerverletzte geborgen worden. Man vermutet, daß noch mehr verunglückt sind. Wahrscheinlich ist das Unglück durch eine Explosion in den Flugstaub-Feuerungsan- lagen und der Gase, die sich im Schornstein angesammelt hatten, entstanden. Die Anlage wurde erst gestern zum ersten Male in Betrieb gesetzt.
Antwerpen, 17. Juli. Die Red Star Linie n Antwerpen macht bekannt, daß sie den Passagepreis dritter Klasse von Antwerpen nach New-Aork auf 120 ^ und von Antwerpen nach Philadelphia auf 110 ^ ermäßigt.
Paris, 20. Juli. Obwohl der Untersuchungsrichter Bertulus bereits vor mehr als 10 Tage» seinen Bericht über die Brandkatastrophe in der Rue Jean Goujon der Oberstaatsanwaltschaft überreicht hat, wurde dieses Aktenstück entgegen dem sonst üblichen Verfahren bisher noch keinem Substituten zur Prüfung überwiesen. In den Wandelgängen der Kammer wird erzählt, daß der Bericht des Herrn Bertulus ziemlich ungünstig für den Hauptveranstalter des Wohlthätigkeitsbazars, den Deputierten Baron Mackau, laute und daß sich einflußreiche Kreise bemühen, Baron Mackau vor den etwaigen unangenehmen Folgen dieses Berichtes zu schützen.
-j-Die Franzosen haben am 14. Juli, d em Jahrestage des Bastillensturmes, ihr republikanisches Nationalfest in der herkömmlichen Weise gefeiert. Zu irgendwelchen Zwischenfällen ist es weder in der Provinz, noch in Paris selbst bei der Nationalfeier gekommen; selbstverständlich fehlten in der Hauptstadt auch diesmal nicht die üblichen „patriotischen'^ Kundgebungen vor den Statuen der Stadt Straßburg, der Jeanne d'Ax und Gambettas. Präsident Faure wurde bei der Fahrt zur Truppenrevue auf den LongchampS und bei letzterer selbst von der Menge mit besonderer Lebhaftigkeit begrüßt, waS wohl auf Rechnung der bevorstehenden Präsidentenreise nach Rußland zu setzen ist. Auch eine Kundgebung für die weitere Annäherung zwischen Frankreich und Italien hat da- französische Nationalfest gezeitigt. Der Botschafter Frankreichs in Rom, Lillot, empfing am 14. Juli die Mitglieder der dortigen französischen Colonie, wobei er in einer Ansprache hervorhob, daß das Werk der Annäherung zwischen Frankreich und Italien seinen normalen Fortgang nehme.